TE Vwgh Beschluss 2018/5/25 Ra 2018/10/0075

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Veröffentlicht am 25.05.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kacic-Löffler, LL.M., über die Revision der D E in S, vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 12. März 2018, Zl. LVwG-S-1229/001-2017, betreffend Übertretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Tulln), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 12. März 2018 wurde der Revisionswerberin - durch Abweisung deren Beschwerde gegen ein Straferkenntnis der belangten Behörde vom 12. April 2017 - eine Übertretung des § 8 Abs. 2 Spielzeugverordnung 2011 iVm § 90 Abs. 3 Z 2 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz - LMSVG zur Last gelegt:

2 Die Revisionswerberin habe es als verantwortliche Beauftragte der K. GmbH zur verantworten, dass am 17. Juni 2016 in einer bestimmten Filiale der K. GmbH in T. das Produkt "5-er Kette mit Lutscher in Schnullerform" zum Verkauf feilgehalten und somit in Verkehr gebracht worden sei, obwohl nicht gemäß § 8 Abs. 2 Spielzeugverordnung 2011 geprüft worden sei, ob die Kennzeichnung des Produktes der Spielzeugverordnung 2011 entsprochen habe. Die Probe "5-er Kette mit Lutscher in Schnullerform" enthalte kleine Teile und sei daher nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet. Solches Spielzeug müsse gemäß Anlage 5 Teil B Z. 1 Spielzeugverordnung 2011 mit einem gut lesbaren und geeigneten Hinweis, dass das Spielzeug nicht für Kinder unter drei Jahren geeignet sei, ergänzt durch einen kurzen Hinweis auf die Gefahren, die diese Vorsichtsmaßregel erforderlich machten, versehen sein, in diesem Fall mit dem Hinweis "Erstickungsgefahr auf Grund ablösbarer Kleinteile".

3 Über die Revisionswerberin wurde nach § 90 Abs. 3 Z 2 LMSVG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 50,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden) verhängt.

4 Das Verwaltungsgericht führte begründend - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren von Belang - aus, bei der Untersuchung des Produktes (5 Kunststoffschnuller mit Zuckerkomprimat-"Saugteil") durch die AGES sei festgestellt worden, dass sich bei der Zugprüfung ein kleiner Teil (Zuckerkomprimat-"Saugteil") abgelöst habe.

5 Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin falle das gegenständliche Produkt unter den Begriff des Spielzeugs gemäß § 3 Z 7 lit. e LMSVG iVm § 1 Abs. 1 Spielzeugverordnung 2011, weil es - wenn auch nicht ausschließlich - dazu bestimmt oder gestaltet sei, von Kindern unter 14 Jahren für den Gebrauch beim Spielen verwendet zu werden. Da beim gegenständlichen Produkt ein kleiner Teil ablösbar sei, sei dieses für Kinder unter drei Jahren nicht geeignet, weshalb ein entsprechender Warnhinweis nach Anlage 5 Teil B Z 1. der Spielzeugverordnung 2011 hätte angebracht werden müssen.

6 Der objektive Tatbestand sei somit erfüllt. Mangels Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems durch die Revisionswerberin sei nach § 5 Abs. 1 VStG von deren Verschulden auszugehen.

7 Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin sei gegen das Konkretisierungsgebot im Sinn des § 44a Z 1 VStG nicht verstoßen worden; insbesondere seien nähere Angaben zu "Charge/Los/MHD" durch das amtliche Untersuchungszeugnis vom 18. Juli 2016 sowie das Probenbegleitschreiben innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung vorgeworfen worden.

8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 3.1. Soweit die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision sich zunächst auf "fehlende Judikatur zur SpielzeugVO" berufen und vorbringen, der Verwaltungsgerichtshof habe sich "noch nie mit den auf Lebensmittel, die ein Plastikteil enthalten, anwendbaren Rechtsvorschriften beschäftigt", wird eine konkrete Rechtsfrage nicht aufgezeigt. Die im Folgenden tatsächlich formulierte Rechtsfrage, ob ein zum menschlichen Verzehr bestimmtes Zuckerkomprimat, das "mit einem - allenfalls zum Spielen geeigneten - Plastikteil verbunden ist", als Spielzeug angesehen werden kann, ist allerdings anhand der klaren Legaldefinition des § 1 Abs. 1 Spielzeugverordnung 2011 ohne Weiteres zu bejahen.

12 Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht auf den ihm vorliegenden Sachverhalt die insoweit klaren Bestimmungen des § 1 Abs. 1 Spielzeugverordnung 2011 und des Anhanges V Teil B Z 1. der Spielzeugverordnung 2011 auf unbedenkliche Weise angewendet (vgl. etwa VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0011, mwN).

13 3.2. Entgegen dem weiteren Vorbringen der Revisionswerberin ist der schon im Straferkenntnis der belangten Behörde erhobene Tatvorwurf ausreichend bestimmt iSd § 44a Z 1 VStG; so enthält er etwa hinreichend deutlich auch das Element, dass die notwendige Überprüfung des Spielzeuges vor dem In-Verkehr-Bringen gemäß § 8 Abs. 2 Spielzeugverordnung 2011 unterlassen worden sei. Ausgehend davon ist auch nicht - wie die Revisionswerberin meint - Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG eingetreten.

14 3.3. Schließlich kann die Revisionswerberin eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auch nicht daraus ableiten, dass ein anderes Straferkenntnis mit "weitgehend gleich formuliertem Tatvorwurf" wegen nicht gesetzmäßiger Konkretisierung des Tatvorwurfs beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erfolgreich bekämpft worden sei, stellt doch Art. 133 Abs. 4 B-VG auf eine nicht einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (und nicht etwa eines Verwaltungsgerichtes) ab.

15 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Mai 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018100075.L00

Im RIS seit

27.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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