Index
L82000 Bauordnung;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Dr. Bayjones und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision der H S in M, vertreten durch Mag. Martin Schallhart, Rechtsanwalt in 6200 Jenbach, Schalserstraße 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 31. Jänner 2018, LVwG- 2018/40/0136-1, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Münster; mitbeteiligte Partei: T GmbH in K; weitere Partei: Tiroler Landesregierung, Eduard-Wallnöfer-Platz 3, 6020 Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Münster vom 1. Dezember 2017 wurde der mitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit 12 Wohneinheiten unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen auf Grundstück Nr. X, KG M., (im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Münster als "Bauland-Wohngebiet" gewidmet) erteilt. Die Einwendungen der Revisionswerberin, die Eigentümerin des unmittelbar an den Bauplatz angrenzenden Grundstückes Nr. Y, KG M., ist, wurden in der Begründung des Bescheides als verspätet betrachtet, gleichzeitig aber auch inhaltlich behandelt und (im Ergebnis) abgewiesen.
2 Die von der Revisionswerberin gegen den Baubewilligungsbescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 31. Jänner 2018 als unbegründet abgewiesen. In seinen Erwägungen hielt das Verwaltungsgericht unter anderem fest, dass die Revisionswerberin im Rahmen der Bauverhandlung lediglich eine Verletzung des § 26 Abs. 3 lit. a Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) geltend gemacht habe und - soweit für die gegenständliche Revisionsentscheidung von Relevanz - das Vorbringen "in Bezug auf die Mauer entlang am Grünsbach, die Beeinträchtigung ihres Grundstückes durch Oberflächenwässer (...) und den Widerspruch zum Gefahrenzonenplan (...) nicht von den subjektiv-öffentlichen Rechten gemäß § 26 Abs. 3 TBO 2011 umfasst" sei, weshalb der Revisionswerberin in diesen Punkten kein Mitspracherecht zukomme.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Zur Zulässigkeit der Revision bringt die Revisionswerberin vor, ihrer Ansicht nach seien ihre Einwendungen "in Bezug auf die Mauer entlang am Grünsbach, die Beeinträchtigung ihres Grundstückes durch Oberflächenwässer und den Widerspruch zum Gefahrenzonenplan" von § 26 Abs. 3 lit. a TBO 2011 erfasst. Diese Einwendungen stünden "in direkter rechtlicher Verbindung mit jenen Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, mit welchen ein Immissionsschutz verbunden ist"; sie wären daher zu berücksichtigen und im Rahmen des Bauverfahrens zu behandeln gewesen. Die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bestehe darin, ob die von ihr erhobenen Einwendungen zu den subjektivöffentlichen Rechten als Nachbarin im Sinne des § 26 Abs. 3 lit. a TBO 2011 gehörten. Dazu bestehe - soweit ersichtlich - keine einschlägige bzw. einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
8 Dieses Vorbringen trifft jedoch nicht zu.
9 Alle drei erwähnten, in der Zulässigkeitsbegründung der Revision vorgebrachten Einwendungen haben befürchtete negative Auswirkungen auf das im Eigentum der Revisionswerberin stehende Grundstück Nr. Y im Zusammenhang mit dem Abfluss von Oberflächenwässern bzw. im Hochwasserfall zum Inhalt.
10 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes haben Nachbarn im Baubewilligungsverfahren gemäß § 26 Abs. 3 TBO 2011 kein Mitspracherecht unter anderem hinsichtlich der Frage der Abwasserbeseitigung bzw. der Versickerung von Regenwasser (VwGH 5.11.2015, Ro 2014/06/0036, mwN) oder der Frage der Ableitung von Oberflächenwässern (vgl. das auf die vergleichbare Rechtslage gemäß § 25 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung 2001 Bezug nehmende Erkenntnis VwGH 3.5.2012, 2012/06/0061).
11 Einem Nachbarn kommen im Baubewilligungsverfahren auch keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte hinsichtlich Gefährdungen seiner Liegenschaft in Folge von Naturgewalten, wie etwa Hochwasser oder Vermurung zu, weil diese Fragen lediglich öffentliche Interessen berühren. Diese Bestimmungen dienen nämlich nicht der Abwehr von typischen, durch das örtliche Naheverhältnis begründeten negativen Auswirkungen eines Baus auf die Umgebung. Die Revisionswerberin hat daher unter baurechtlichen Gesichtspunkten auch kein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass bei baulichen Maßnahmen auf Nachbargrundstücken darauf zu achten wäre, dass die im Katastrophenfall für das Grundstück der Revisionswerberin zu erwartenden Naturgefahren keine quantitative Veränderung erfahren (vgl. zum Ganzen erneut VwGH 30.9.2015, 2014/06/0001, und die dort zitierte Judikatur).
12 Vor diesem Hintergrund werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Mai 2018
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018060045.L00Im RIS seit
27.06.2018Zuletzt aktualisiert am
11.07.2018