TE Vwgh Beschluss 2018/5/29 Ra 2017/15/0108

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Veröffentlicht am 29.05.2018
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
61/01 Familienlastenausgleich;

Norm

EStG 1988 §22 Z2;
FamLAG 1967 §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Tiefenböck, über die Revision der D GmbH in D, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 24. Oktober 2017, Zl. RV/2100758/2012, betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrags für die Jahre 2006 bis 2011, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand in den Streitjahren die Ausübung der Rechtsanwaltschaft einschließlich der erforderlichen Hilfstätigkeiten und der Verwaltung des Gesellschaftsvermögens war. Am Stammkapital der Revisionswerberin waren drei Gesellschafter zu gleichen Teilen beteiligt, die diese laut Firmenbuch seit 9. September 2005 gleichzeitig als Geschäftsführer selbständig vertraten und auch als Rechtsanwälte tätig waren.

2 Im Zuge einer GPLA-Außenprüfung stellte der Prüfer u. a. fest, dass die Geschäftsführervergütungen sowie die von der GmbH übernommenen Beiträge zur Krankenversicherung, Pensionsvorsorge, Selbständigenvorsorge und Rechtsanwaltskammer lohnabgabenfrei abgerechnet worden seien und den Geschäftsführern auch ein Firmen-PKW, der auch privat genutzt habe werden können, ohne Berücksichtigung eines Sachbezugs zur Verfügung gestellt worden sei.

3 Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers zu den Geschäftsführerbezügen und erließ entsprechende Bescheide betreffend die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages für die Jahre 2006 bis 2011.

4 In den dagegen erhobenen Beschwerden wies die Revisionswerberin u.a. darauf hin, dass die Tätigkeit der Rechtsanwaltskanzlei im Jahr 1999 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts begonnen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei auch die gesamte Kanzleiorganisation gestaltet worden. Dabei seien die geschäftsführenden GesbR-Gesellschafter der Kanzlei nahezu ausschließlich operativ, dh. mit der Erbringung von rechtsanwaltlichen Leistungen, tätig gewesen. Diese Art der Kanzleiorganisation und sohin auch die Eingliederung der geschäftsführenden Gesellschafter mit ihrem nahezu ausschließlichen operativen Wirken in der GesbR sei dann weitergeführt und - ungeachtet des durch eine Einbringung nach Art III UmgrStG eingetretenen Rechtsformwechsels von der GesbR in eine GmbH - bis zum heutigen Tag unverändert beibehalten worden. Im Innenverhältnis sei wiederum eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts entstanden, weil nicht nur sämtliche Kosten der Gesellschafter auf Gesellschaftsebene erfasst worden seien, sondern auch die Gewinnverteilung (nach Köpfen) beibehalten worden sei (jeder Gesellschafter habe den gleichen Gewinnanteil erhalten). Die nunmehr geschäftsführenden Gesellschafter würden nach wie vor weisungsunabhängig als selbständige Rechtsanwälte im Rahmen ihrer Berufs- und Standespflichten arbeiten und würden ein entsprechendes Unternehmerrisiko tragen, weil der abgeschlossene Gesellschaftsvertrag der Revisionswerberin keine Regelung über eine fortlaufende Mindestentlohnung enthalte, womit dies bis zum Entfall der Entlohnung der Tätigkeit führen könne.

5 Damit bestehe zwischen einem lohnabgabenfreien GesbR-Geschäftsführer und einem lohnabgabenpflichtigen GmbH-Geschäftsführer eine grobe, unsachliche Ungleichbehandlung zweier inhaltlich gleicher Tätigkeiten, denn die organisatorische Eingliederung der operativ tätigen Rechtsanwälte sowohl als GesbR-Geschäftsführer als auch in weiterer Folge als GmbH-Geschäftsführer habe sich in keinster Weise verändert. Vor dem verfassungsrechtlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatz, der ständigen Rechtsmeinung des VwGH, wonach es bei einer Beurteilung der Tatbestandmäßigkeit gemäß § 47 Abs. 2 EStG immer auf das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild ankomme, und vor dem Hintergrund der Steuergerechtigkeit sei dies nicht zu rechtfertigen.

6 Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung ergänzte die Revisionswerberin, auf Grund der fachlichen und persönlichen Weisungsfreiheit der Rechtsanwälte im Rahmen ihrer Berufsausübung sei die Qualifizierung ihrer Tätigkeit als Dienstnehmer und die daran anknüpfende Abführung eines Dienstnehmerbeitrages nicht möglich. Die Gesellschaftergeschäftsführer der revisionswerbenden GmbH seien an keine bestimmten Arbeitszeiten oder Tätigkeitsorte gebunden. Sie könnten den Umfang ihrer Arbeitsleistung selbst bestimmen und hätten die Möglichkeit, sich (unter Einhaltung der berufsrechtlichen Vorschriften) vertreten zu lassen. Wenn schon nicht wesentlich beteiligte Gesellschaftergeschäftsführer von Freiberufler-GmbHs, die nicht in einem klassischen Dienstverhältnis zur GmbH stünden, und freie Dienstnehmer, die auf Grund ihrer Tätigkeit einer der Kammern der freien Berufe oder der Wirtschaftskammer angehörten, keine Kommunalsteuer und keinen Dienstgeberbeitrag auslösen würden, könne auch die Tätigkeit der Gesellschaftergeschäftsführer der revisionswerbenden GmbH keine Pflicht zur Zahlung von Dienstgeberbeiträgen und einer Kommunalsteuer auslösen (Hinweis auf VwGH 26.1.2017, Ra 2015/15/0064, und 26.1.2017, Ro 2016/15/0022).

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerden der Revisionswerberin ab. Begründend führte es aus, für die Beurteilung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 komme nach dem Erkenntnis des VwGH vom 10.11.2004, 2003/13/0018, dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, ob der Gesellschafter bei seiner Tätigkeit in den betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert sei. Die Eingliederung des wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft werde dabei durch jede nach außen hin auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit der der Unternehmenszweck der Gesellschaft, sei es durch ihre Führung, sei es durch operatives Wirken auf ihrem Betätigungsfeld, verwirklicht werde, ohne dass dabei von Bedeutung wäre, in welcher Weise die aus der Tätigkeit erzielten Einkünfte zu qualifizieren wären, wenn die Tätigkeit nicht für die Gesellschaft geleistet würde. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spreche für die Eingliederung.

8 Die Gesellschafter-Geschäftsführer seien in den Streitjahren an der Revisionswerberin mit je einem Drittel an ihrem Stammkapital wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 2. Teilsatz EStG 1988 beteiligt gewesen, und verträten sie laut Firmenbuch seit 9. September 2005 selbständig. Diese kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spreche für die Eingliederung, unabhängig davon, ob durch die Führung des Unternehmens oder durch operatives Wirken. Wenn in diesem Zusammenhang bemängelt werde, dass sich die organisatorische Eingliederung der operativ tätigen Rechtsanwälte sowohl als GesbR-Geschäftsführer als auch in weiterer Folge als GmbH-Geschäftsführer in keiner Weise verändert habe, und der GesbR-Geschäftsführer lohnabgabenfrei, aber der GmbH-Geschäftsführer lohnabgabenpflichtig behandelt werde, sei darauf hinzuweisen, dass die GmbH im Gegensatz zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts als juristische Person nach dem Trennungsprinzip gegenüber ihren Gesellschaftern verselbständigt sei. Dieses sich aus der Rechtspersönlichkeit der Kapitalgesellschaft ableitende Trennungsprinzip ermögliche steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter und der Kapitalgesellschaft. Der Gesellschafter-Geschäftsführer sei nicht für den eigenen Betrieb, sondern für den der Kapitalgesellschaft und somit für einen fremden Betrieb tätig.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision. Zur Zulässigkeit brachte die Revision vor, es habe seitens der Revisionswerberin "keine Rechtsprechung des VwGH hinsichtlich des zu beurteilenden streitgegenständlichen Sachverhaltes aufgefunden werden (können), der sich auf (eine) tätige Rechtsanwalts-GesbR bestehend aus drei Gesellschafter-Geschäftsführern, welche nach außen hin in der Rechtsform einer GmbH aufgetreten sind, bezieht bzw. sich mit der daraus ergebenden Frage des Vorliegens einer Zahlungs- oder Nichtzahlungspflicht von Dienstgeberbeiträgen beschäftigt hat".

10 Die Revision erweist sich als unzulässig.

11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

14 Gemäß § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

15 Dienstnehmer sind nach § 41 Abs. 2 FLAG (u.a.) Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988.

16 Gemäß § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

17 Im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. November 2004, 2003/13/0018, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, werde die gesonderte Prüfung des in § 47 Abs. 2 EStG 1988 normierten Tatbestandselements der Weisungsgebundenheit durch den Ausdruck "sonst" in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 beseitigt, dann könne sich der Ausdruck "alle" in derselben - auf die gesetzliche Definition des steuerlichen Dienstverhältnisses in § 47 Abs. 2 EStG 1988 verweisenden - Vorschrift nur auf das verbleibende gesetzliche Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers beziehen. Weiteren Elementen, wie dem Fehlen eines Unternehmerrisikos und einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, könne - in Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung - Bedeutung für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nur noch in solchen Fällen zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft nicht klar zu erkennen wäre. Von einer solchen fehlenden Eingliederung sei aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen.

18 In der Revision wird nicht bestritten, dass die drei Geschäftsführer und Gesellschafter kontinuierlich über einen längeren Zeitraum die Aufgaben der Geschäftsführung wahrgenommen haben. Dadurch ist im Sinne des zitierten Erkenntnisses des verstärkten Senates für den wesentlich beteiligten Geschäftsführer das Merkmal der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der revisionswerbenden Gesellschaft bereits zweifelsfrei gegeben (vgl. VwGH 23.1.2013, 2010/15/0187).

19 Der in der Revision angestrebten Gleichstellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers mit einem GesbR-Mitunternehmer steht - worauf schon das Bundesfinanzgericht zu Recht hingewiesen hat - das Trennungsprinzip entgegen (vgl. nochmals VwGH 23.1.2013, 2010/15/0187 sowie 29. 1. 2004, 2004/15/0007, mwN).

20 Den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis über die als Bemessungsgrundlage der Festsetzung der Dienstgeberbeiträge herangezogene Höhe der Geschäftsführerbezüge ist die Revision nicht entgegen getreten.

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 29. Mai 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150108.L00

Im RIS seit

27.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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