TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/17 99/18/0457

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Veröffentlicht am 17.02.2000
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §34 Abs1 Z1;
FrG 1997 §37;
MRK Art8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des L S, geboren am 12. Juni 1961, vertreten durch Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Universitätsstraße 8/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Oktober 1999, Zl. SD 753/99, betreffend Ausweisung gemäß § 34 FrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. Oktober 1999 wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1991 in das Bundesgebiet eingereist und habe erstmals über einen von 31. März 1991 bis 21. April 1991 gültigen Sichtvermerk verfügt. Im Anschluss daran seien ihm Aufenthaltsberechtigungen, zuletzt für den Zeitraum von 3. Februar 1999 bis 3. Februar 2001, erteilt worden. Am 27. November 1997 sei der Beschwerdeführer wegen der Vergehen nach den §§ 223 Abs. 1, 224, 229 Abs. 1 und 134 Abs. 1 StGB (Fälschung besonders geschützter Urkunden, Urkundenunterdrückung und Unterschlagung) zu einer unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Wochen rechtskräftig verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe Ende Juli 1997 einen österreichischen Reisepass, einen Meldezettel, eine "Euro-Card" und Bargeld im Wert von S 100,-- gefunden und unterschlagen. Den Reisepass - also eine besonders geschützte inländische öffentliche Urkunde - habe er durch Lichtbildaustausch verfälscht und sei damit am 1. August 1997 von Wien-Schwechat nach Paris gereist, um nach Kanada auszuwandern. Am Flughafen in Paris sei die Passverfälschung entdeckt worden. Von diesen Straftaten habe die Erstbehörde erst am 22. März 1999 durch eine Mitteilung des Landesgerichtes Korneuburg Kenntnis erhalten. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers erweise sich als nachträglich bekannt gewordener Versagungsgrund im Sinn des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre. Da der Beschwerdeführer seit etwa achteinhalb Jahren legal im Bundesgebiet aufhältig sowie langjährig rechtmäßig beschäftigt sei, liege ein Eingriff in das Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG vor. Die Ausweisung sei jedoch zum Schutz der Rechte anderer und auch zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen dringend geboten. Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer ledig sei und in Österreich keine Angehörigen habe, seien die Auswirkungen der Ausweisung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht so schwer wiegend wie die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme. Mangels besonderer Gründe komme auch eine Abstandnahme von der Ausweisung im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens nicht in Betracht. Aufgrund der Dauer der rechtmäßigen Niederlassung des Beschwerdeführers sei § 35 Abs. 2 FrG anzuwenden. Nach dieser Bestimmung sei die Ausweisung jedoch zulässig, weil der Beschwerdeführer erstens durch ein inländisches Gericht rechtskräftig wegen Begehung einer strafbaren Handlung verurteilt worden sei und zweitens sein weiterer Aufenthalt (deswegen) eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstellte.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Der Beschwerdeführer befindet sich unstrittig im Besitz eines bis 3. Februar 2001 gültigen Aufenthaltstitels.

Gemäß § 34 Abs. 1 FrG können Fremde, die sich aufgrund eines Aufenthaltstitels oder während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhalten, mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn (Z. 1) nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre.

Gemäß § 10 Abs. 2 FrG kann die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2 leg. cit.) insbesondere versagt werden, wenn (Z. 3) der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Der Beschwerdeführer hat durch die Verfälschung des österreichischen Passes und die Verwendung dieses Passes für den Grenzübertritt die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens in gravierender Weise beeinträchtigt. Schon im Hinblick darauf begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt, keinem Einwand.

1.2. Der Beschwerdeführer erfüllt somit den Tatbestand des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen - wie vorliegend (siehe unten 2.) - eine Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 37 FrG durchzuführen ist, eine zusätzliche Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens eines Versagungsgrundes nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0235 mwN).

Da die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers vom 27. November 1997 der Behörde unstrittig erst nach Erteilung des aktuellen Aufenthaltstitels bekannt geworden ist, kann die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 34 Abs. 1 Z. 1 FrG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2. Die belangte Behörde hat aufgrund des berechtigten Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Inland seit März 1991 und der legal ausgeübten Beschäftigung zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in dessen Privatleben angenommen. Sie hat aber zu Recht den Standpunkt vertreten, dass die Ausweisung ungeachtet dieser persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland gerechtfertigt sei. Der Beschwerdeführer hat durch die Verfälschung eines österreichischen Passes und die Verwendung dieses Passes zum Grenzübertritt die Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt Fremder, denen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt, nachhaltig beeinträchtigt. Da der Beschwerdeführer auch eine Unterschlagung und eine Urkundenunterdrückung begangen hat, ist seine Ausweisung nicht nur zum Schutz der öffentlichen Ordnung, sondern auch zur Verhinderung strafbarer Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 EMRK) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Angesichts dieses gravierenden Fehlverhaltens und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer die maßgeblichen öffentlichen Interessen in mehrfacher Hinsicht gefährdet, ist der seit der Tatbegehung verstrichene Zeitraum zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung als weggefallen oder entscheidend gemindert anzusehen.

Unter Zugrundelegung des dargestellten öffentlichen Interesses an einer Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich haftet auch dem Ergebnis der von der Behörde im Grund des § 37 Abs. 2 FrG vorgenommenen Abwägung keine Rechtswidrigkeit an. Wenngleich die für einen Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden Interessen im Hinblick auf die Dauer des rechtmäßigen Aufenthaltes und die daraus ableitbare Integration spürbar ins Gewicht fallen, kommt ihnen doch - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - kein größeres Gewicht zu als dem durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers nachhaltig gefährdeten Allgemeininteresse.

3. Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 34 Abs. 1 eingeräumten Ermessen, von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte.

4. Die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass § 35 Abs. 2 FrG der Ausweisung nicht entgegenstehe, begegnet im Hinblick auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides keinem Einwand.

5. Da nach dem Gesagten bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 17. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999180457.X00

Im RIS seit

03.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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