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E000 EU- Recht allgemein;Norm
32003L0086 Familienzusammenführung-RL;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/18/0406 Ra 2017/18/0405Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien 1. H A, 2. S T A, 3. S A, alle vertreten durch Mag. Petra Trauntschnig, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2017, Zlen. W242 2158033-1/2E, W242 2158030-1/2E, W242 2158031-1/2E, betreffend Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Botschaft Damaskus), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheiden vom 24. Februar 2017, bestätigt durch Beschwerdevorentscheidung vom 20. April 2017, wies die Österreichische Botschaft Damaskus die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, weil deren Bezugsperson in Österreich (der seit 27. April 2016 asylberechtigte Sohn bzw. Bruder der revisionswerbenden Parteien) bereits volljährig sei.
2 Die dagegen erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte das BVwG für unzulässig.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit - zusammengefasst - geltend gemacht wird, das BVwG hätte vor seiner Entscheidung den Ausgang des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH zu C-550/16 abwarten müssen. Sollte der EuGH nämlich in diesem Verfahren - wie auch die revisionswerbenden Parteien meinten - zu dem Schluss kommen, dass die Familienzusammenführungsrichtlinie auch Personen als unbegleitete Minderjährige ansehe, welche zum Zeitpunkt des Antrags auf internationalen Schutz noch minderjährig waren, zum Zeitpunkt der Asylgewährung sowie des Antrags auf Familienzusammenführung aber bereits das 18. Lebensjahr vollendet hätten, dann müsse dies umso mehr für Fälle wie den der revisionswerbenden Parteien gelten.
4 Über die Revision wurde mit verfahrensleitender Anordnung vom 2. Jänner 2018 das Vorverfahren eingeleitet, in dem die belangte Behörde vor dem BVwG eine Revisionsbeantwortung erstattet hat. Sie beantragt mit näherer Begründung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, sie abzuweisen.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
7 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen bereits mehrfach Stellung genommen. Zuletzt (nach Einleitung des gegenständlichen Vorverfahrens) ist er auch auf das jüngst ergangene Urteil des EuGH vom 12. April 2018, A und S, C-550/16, eingegangen und hat dargelegt, dass es für die Beurteilung der Minderjährigkeit einer in Österreich asylberechtigten Person, auf die sich Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG 2005 beziehen, (weiterhin) auf den Zeitpunkt der Entscheidung über diese Anträge, nicht aber auf jenen der Antragstellung ankommt. Auch nach der Familienzusammenführungsrichtlinie ist es nicht geboten, den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 über dessen Wortlaut hinaus zu erweitern. Um das unionsrechtliche Ziel einer Familienzusammenführung zu erreichen, ist es hinreichend, dass den revisionswerbenden Parteien im Einklang mit den Vorgaben der Familienzusammenführungsrichtlinie bei unionsrechtskonformer Interpretation des nationalen Rechts ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt wird (vgl. zum Ganzen VwGH vom 3.5.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611, mwN, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
9 Von dieser - jüngst bekräftigten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das BVwG mit seiner Entscheidung im Ergebnis nicht abgewichen. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
10 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 30. Mai 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62016CJ0550 A und S VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017180404.L00Im RIS seit
27.06.2018Zuletzt aktualisiert am
11.07.2018