TE Vwgh Beschluss 2018/5/30 Ra 2017/18/0280

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Veröffentlicht am 30.05.2018
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E19103000;
E6J;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

32003L0086 Familienzusammenführung-RL;
62016CJ0550 A und S VORAB;
AsylG 2005 §35 Abs5;
AsylG 2005 §35;
EURallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/18/0281 Ra 2017/18/0283 Ra 2017/18/0282

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision 1. des H B, 2. der N A, 3. des C B, und 4. der M B, alle in D und vertreten durch Mag. Katharina Kolland-Twaroch als bestellte Verfahrenshelferin, diese vertreten durch Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in 3100 St. Pölten, Europaplatz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. Juni 2017, Zlen. W161 2154045-1/2E (ad 1.), W161 2154034- 1/2E (ad 2.), W161 2154047-1/2E (ad 3.) und W161 2154037- 1/2E (ad 4.), betreffend die Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Botschaft in Damaskus), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheiden vom 9. Februar 2017, bestätigt durch Beschwerdevorentscheidung vom 4. April 2017, wies die Österreichische Botschaft Damaskus die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab, weil deren Bezugsperson in Österreich (der seit 8. April 2016 asylberechtigte Sohn bzw. Bruder der revisionswerbenden Parteien) bereits volljährig sei.

2 Die dagegen erhobenen Beschwerden der revisionswerbenden Parteien wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte das BVwG für unzulässig.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit - zusammengefasst - geltend gemacht wird, das BVwG hätte vor seiner Entscheidung den Ausgang des Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH zu C-550/16 abwarten müssen. Der der Revision zugrunde liegende Fall gleiche nämlich jenem, der für das Vorabentscheidungsverfahren ausschlaggebend gewesen sei und dieses behandle die Frage, ob die Eigenschaft als unbegleiteter Minderjähriger im Sinne der Familienzusammenführungsrichtlinie erhalten bleibe, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjährige Asylwerber während des Asylverfahrens die Volljährigkeit erreicht. In diesem Zusammenhang weiche das Erkenntnis des BVwG auch von jener Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach Feststellungen zu treffen seien, ob im Verfahren vor dem EuGH ein gleich- oder ähnlich gelagerter Sachverhalt wie im zu entscheidenden Fall vorliege und demgemäß das Verfahren auszusetzen sei.

4 Über die Revision wurde mit verfahrensleitender Anordnung vom 8. Jänner 2018 das Vorverfahren eingeleitet, in dem die belangte Behörde vor dem BVwG eine Revisionsbeantwortung erstattet hat. Sie beantragte mit näherer Begründung die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise sie abzuweisen.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu den in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen bereits mehrfach Stellung genommen. Zuletzt (nach Einleitung des gegenständlichen Vorverfahrens) ist er auch auf das jüngst ergangene Urteil des EuGH vom 12. April 2018, A und S, C-550/16, eingegangen und hat dargelegt, dass es für die Beurteilung der Minderjährigkeit einer in Österreich asylberechtigten Person, auf die sich Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG 2005 beziehen, (weiterhin) auf den Zeitpunkt der Entscheidung über diese Anträge, nicht aber auf jenen der Antragstellung ankommt. Auch nach der Familienzusammenführungsrichtlinie sei es nicht geboten, den Anwendungsbereich des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 über dessen Wortlaut hinaus zu erweitern. Um das unionsrechtliche Ziel einer Familienzusammenführung zu erreichen, ist es hinreichend, dass den revisionswerbenden Parteien im Einklang mit den Vorgaben der Familienzusammenführungsrichtlinie bei unionsrechtskonformer Interpretation des nationalen Rechts ein Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (und ein entsprechender Einreisetitel nach Österreich) erteilt wird (vgl. zum Ganzen VwGH 3.5.2018, Ra 2017/19/0609 bis 0611, mwN, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird). Von dieser - jüngst bekräftigten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das BVwG mit seiner Entscheidung im Ergebnis nicht abgewichen.

9 Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Zulässigkeitsvorbringens ist den revisionswerbenden Parteien zu entgegnen, dass die Zulässigkeit der Revision neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 19.12.2017, Ra 2017/18/0325). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. Mai 2018

Gerichtsentscheidung

EuGH 62016CJ0550 A und S VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017180280.L00

Im RIS seit

27.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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