Index
E6J;Norm
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/17/0931 Ra 2017/17/0930Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revisionen 1. der F KFT, 2. der V G L, und 3. des M A, alle vertreten durch Mag. Ralf Mössler, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Singerstraße 11/7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 28. August 2017, VGW-002/085/10774/2016, VGW- 002/V/085/10775/2016 und VGW-002/085/11304/2016, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 23. Mai 2016 wurden über die Zweitrevisionswerberin als handelsrechtlicher Geschäftsführerin der erstrevisionswerbenden Gesellschaft wegen Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 1. Fall iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen in näher bezeichneter Höhe verhängt, gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben, sowie gemäß § 9 Abs. 7 VStG die Haftung der erstrevisionswerbenden Gesellschaft für die verhängte Geldstrafe, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand ausgesprochen.
2 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 8. Juni 2016 wurden weiters betreffend den auch dem genannten Straferkenntnis vom 23. Mai 2016 zugrundeliegenden Sachverhalt über den Drittrevisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft wegen Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 4. Fall iVm § 2 Abs. 4 GSpG Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen in näher bezeichneter Höhe verhängt und gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag vorgeschrieben.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien den dagegen erhobenen Beschwerden teilweise statt und stellte die Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang ein; im Übrigen wurden die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien unter Vornahme einer näher ausgeführten Spruchmodifizierung abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig sei.
4 Der Verwaltungsgerichtshof hat die in der Folge erhobenen außerordentlichen Revisionen wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die erstrevisionswerbende Gesellschaft sowie die Zweitrevisionswerberin führen in den gleichlautenden Zulässigkeitsbegründungen ihrer Revisionen jeweils aus, die "erfolgte Beschlagnahme" sei unionsrechtswidrig und greife "in persönliche, verfassungsmäßig gewährleistete Rechte ein", weshalb sich "die Beschlagnahme" als unrechtmäßig erweise. Das Verwaltungsgericht Wien gehe weiters zu Unrecht davon aus, dass Unionsrecht nicht anwendbar sei; die Zuständigkeit "der einschreitenden Behörde" liege nicht vor und der Gerichtshof der Europäischen Union habe die Regeln des österreichischen Glücksspielgesetzes nicht als "kohärent" erachtet.
9 Dieses Zulässigkeitsvorbringen geht zum einen gänzlich am Inhalt der bekämpften Entscheidung vorbei, da mit dieser nicht wie behauptet über eine Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, sondern allein über Übertretungen des Glücksspielgesetzes abgesprochen wurde. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer erfolgten Beschlagnahme kann daher nicht aufgezeigt werden. Wenn die erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien zum anderen ausführen, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einer Nichtanwendbarkeit des Unionsrechtes aus, übersehen sie, dass das Verwaltungsgericht die Frage, ob im konkreten Fall ein Sachverhalt mit Auslandsbezug besteht, ausdrücklich dahingestellt ließ und nach Durchführung einer Gesamtwürdigung die Frage der Unvereinbarkeit der anzuwendenden Bestimmungen des Glücksspielgesetzes mit dem Unionsrecht verneint hat.
10 Soweit die erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien in ihren Zulässigkeitsbegründungen weiters vorbringen, der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe die Regeln des österreichischen Glücksspielgesetzes "in keiner Weise und zu keinem Zeitpunkt" für kohärent erachtet, ist festzuhalten, dass die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt sind (vgl. EuGH vom 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f, vom 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff, vom 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31 ff, sowie vom 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser in den Revisionsfällen anwendbaren Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis nicht abgewichen.
11 Mit der weiteren unsubstantiierten Behauptung darüber hinaus, die Zuständigkeit "der einschreitenden Behörde" liege nicht vor, wird weder eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG im Zusammenhang mit der Zuständigkeit des entscheidenden Verwaltungsgerichtes, noch der bescheiderlassenden Behörde aufgezeigt (VwGH 9.11.2017, Ra 2017/17/0856).
12 Soweit schließlich der Drittrevisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision ausführt, das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Erkenntnis "den Unterschied zwischen Betreibung und Veranstaltung verkannt", und der Drittrevisionswerber wäre aufgrund der getroffenen Feststellungen keinesfalls "als Veranstalter zu apostrophieren" gewesen, ist dem zu entgegnen, dass betreffend den Drittrevisionswerber gerade nicht eine Bestrafung als "Veranstalter" ausgesprochen wurde, sondern das Verwaltungsgericht - nach Durchführung eines mängelfreien Verfahrens - zum Ergebnis der (teilweisen) Bestätigung der erfolgten Bestrafung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 4. Fall i.V.m. § 2 Abs. 4 GSpG gelangt ist. Aus welchem Grund in diesem Zusammenhang eine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegen sollte, wird im Zulässigkeitsvorbringen nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich (vgl. etwa VwGH 15.12.2017, Ra 2017/17/0012, mwN).
13 Insgesamt werfen daher die Revisionen keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
14 Die Revisionen waren daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 8. Juni 2018
Gerichtsentscheidung
EuGH 62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170929.L00Im RIS seit
27.06.2018Zuletzt aktualisiert am
03.09.2018