Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder J***** R*****, geboren ***** 2001, F***** R*****, geboren ***** 2001 und N***** R*****, geboren ***** 2004, wegen Unterhalts, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Kinder, vertreten durch Prof. DI Mag.iur. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 30. Jänner 2018, GZ 44 R 601/17h, 602/17f-247, mit dem die Beschlüsse des Bezirksgerichts Hietzing vom 30. Oktober 2017, GZ 7 Pu 10/11f-234 und -235, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die Kinder begehrten, ihren Vater zu Unterhaltsleistungen von monatlich 592 EUR je Kind für den Zeitraum vom 1. 4. 2008 bis zum 31. 12. 2010, von je 600 EUR für den Zeitraum vom 14. 1. 2011 bis zum 30. 11. 2011, von je 835 EUR für die beiden älteren Kinder bzw 600 EUR für das jüngere Kind für den Zeitraum vom 1. 12. 2011 bis zum 31. 12. 2011 und von je 895 EUR für die beiden älteren Kinder bzw 750 EUR für das jüngere Kind ab 1. 1. 2012 zu verpflichten. Mit (Teil-)Beschluss wurden Unterhaltsverpflichtungen des Vaters (rechtskräftig) festgesetzt, und zwar mit [zumindest] monatlich je 362 EUR für die beiden älteren Kinder und mit 306 EUR für das jüngere Kind für den Zeitraum Dezember 2011 bis April 2014 sowie mit 343 EUR je Kind für den Zeitraum Jänner bis November 2011 und ab Mai 2014.
Das Erstgericht wies nun mit seinem ersten Beschluss (ON 234) die Unterhaltsbegehren für den Zeitraum vom 1. 4. 2008 bis zum 13. 1. 2011 ab. Mit seinem zweiten Beschluss (ON 235) wies es den Antrag, den Vater zusätzlich zu den bereits auferlegten monatlichen Unterhaltsbeiträgen zu weiteren Zahlungen zu verpflichten, ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidungen und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
Das dagegen von den Kindern erhobene, als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnete Rechtsmittel, in dem eine Abänderung im Sinn eines Zuspruchs der begehrten Unterhaltsbeträge angestrebt wird, legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.
Soweit die Revisionsrekurswerber eingangs ihrer Eingabe ausführen, die dreifache Jahresleistung des begehrten Kindesunterhalts übersteige die Summe von 30.000 EUR, weshalb die Voraussetzungen des § 62 Abs 5 AußStrG gegeben seien, übersehen sie offenbar, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands für jedes Kind einzeln zu berechnen ist und eine Zusammenrechnung der Begehren mehrerer Unterhaltsberechtigter nicht stattzufinden hat (RIS-Justiz RS0017257). Grundsätzlich sind Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN mit dem Dreifachen der Jahresleistung zu bewerten (RIS-Justiz RS0046544), und zwar auch dann, wenn neben dem laufenden und zukünftigen Unterhalt bereits fällig gewordene Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit Entscheidungsgegenstand sind (RIS-Justiz RS0114353). Dabei sind stets nur jene Beträge maßgeblich, die zusätzlich zu bereits (rechtskräftig) zuerkannten Beträgen verlangt werden (RIS-Justiz RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands im Rekursverfahren ist darauf abzustellen, welche Beträge zum Zeitpunkt der Entscheidung des Rekursgerichts (noch) strittig waren (RIS-Justiz RS0122735).
Unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze erreicht der Wert des rekursgerichtlichen Entscheidungsgegenstands für keines der Kinder den Gesamtbetrag von 30.000 EUR. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs aber jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur einen Antrag an das Rekursgericht (Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 und Abs 2 AußStrG) stellen, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; mit dieser Zulassungsvorstellung ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.
Da im vorliegenden Fall die maßgebliche Wertgrenze bei keinem der Kinder überschritten wird, kommt dem Obersten Gerichtshof im derzeitigen Verfahrensstadium keine Entscheidungskompetenz zu. Das Erstgericht wird zu beurteilen haben, ob es die Eingabe der Kinder als eine (mit einem ordentlichen Revisionsrekurs verbundene) Zulassungsvorstellung an das Rekursgericht (§ 63 AußStrG) oder aber als verbesserungsbedürftig ansieht (RIS-Justiz RS0109505).
Textnummer
E121740European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00052.18F.0430.000Im RIS seit
23.06.2018Zuletzt aktualisiert am
27.06.2018