TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/12 W170 2184628-1

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Veröffentlicht am 12.06.2018
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Entscheidungsdatum

12.06.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §2 Abs1 Z17
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §35 Abs1
AsylG 2005 §35 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2184626-1/6E

W170 2184628-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2018, Zl. 1140898507/ 170821375, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.01.2018, Zl. 1140898703/ 170821567, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX und XXXX (in Folge: beschwerdeführende Parteien) sind miteinander verheiratete, syrische Staatsangehörige und Eltern des in Österreich Asylberechtigten XXXX . Die beschwerdeführenden Parteien stellten am 14.11.2016 jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels und am 13.07.2017 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen des Administrativverfahrens brachten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen vor, im Krieg sei ihr Haus zerstört worden. Darüber hinaus hätten sie keine eigenen Fluchtgründe und würden bei ihrem Sohn in Österreich leben wollen.

Im Rahmen des Administrativverfahrens legten die beschwerdeführenden Parteien jeweils einen Reisepass und einen Personalausweis sowie deren gemeinsames Familienbuch vor.

3. Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurden die gegenständlichen Anträge der beschwerdeführenden Parteien mit den in den Sprüchen I. und II. bezeichneten Bescheiden vom 09.01.2018, jeweils erlassen am 11.01.2018, hinsichtlich der Zuerkennung des "Status des Asylberechtigten" abgewiesen. Unter einem wurde diesen jeweils der "Status des subsidiär Schutzberechtigten" zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die beschwerdeführenden Parteien hätten jeweils keine eigenen asylrelevanten Fluchtgründe angegeben.

4. Mit am 26.01.2018 bei der Behörde eingebrachten Schriftsätzen wurde von der damaligen Rechtsvertreterin der beschwerdeführenden Parteien (die zur Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht erschien und deren Vollmacht von den beschwerde-führenden Parteien in der Verhandlung aufgelöst wurde) gegen Spruchpunkt I. der in den Sprüchen I. und II. bezeichneten Bescheide jeweils Beschwerde erhoben.

Begründend wurde im Wesentlichen gleichlautend ausgeführt, da die beschwerdeführenden Parteien aus Syrien geflohen seien und die belangte Behörde dies auch festgestellt habe, komme ihnen die Flüchtlingseigenschaft zu. Darüber hinaus sei der in Österreich asylberechtigte Sohn der beschwerdeführenden Parteien minderjährig und sei den beschwerdeführenden Parteien daher zumindest im Familienverfahren der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen.

5. Die Beschwerden wurden samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 31.01.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

6. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Verwaltungsakt des in Österreich asylberechtigten Sohnes der beschwerdeführende Parteien,

XXXX , beigeschafft.

Vom zur Entscheidung berufenen Richter des Bundesverwaltungsgerichtes wurde am 29.05.2018 eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers abgehalten. In dieser gaben die beschwerdeführenden Parteien an, Syrien des Krieges und der Familienzusammenführung wegen legal verlassen zu haben. Sie hätten wegen der Familienzusammenführung jeweils am 24.02.2016 Reisepässe von den syrischen Behörden ausstellen lassen. Es habe bei der Passausstellung durch syrische Beamte keine Probleme gegeben und sie hätten auch keine Bestechung zahlen müssen. Laut dem Dolmetscher befinden sich in den vorgelegten syrischen Reisepässen der beschwerdeführenden Parteien (schwer lesbare) syrische Ausreisestempel vom 11. oder 21.07.2017, die beschwerdeführenden Parteien bestätigten, dass ihre Pässe bei der Ausreise gestempelt wurden. XXXX gab an, alle Kinder hätten Syrien verlassen, zwei Söhne seien in Österreich und er und seine Frau hätten nicht mehr alleine leben wollen. Er habe nie den Militärdienst abgeleistet, da sein Jahrgang vom Militärdienst befreit worden wäre.

XXXX gab an, ihr Haus sei während eines Angriffs teilweise zerstört worden, danach hätten sie noch ein Jahr in dem Haus gelebt.

Die beschwerdeführenden Partei gaben weiters zusammengefasst beide an, nie Probleme mit staatlichen, kurdischen oder anderen Stellen gehabt zu haben und wiederholten, keine eigenen Fluchtgründe zu haben.

XXXX gab an, dass die beschwerdeführenden Parteien seine Eltern seien. Der zur Entscheidung berufene Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hielt fest, dass XXXX zum Zeitpunkt des Antrags auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Parteien volljährig war bzw. ist und gab allen Parteien die Möglichkeit, sich dazu zu äußern. XXXX gab an, um die Familienzusammenführung angesucht zu haben, als er noch minderjährig war. Als seine Eltern nach Österreich gekommen waren, sei er schon volljährig gewesen. Sein auch in Österreich asylberechtigter Bruder XXXX sei älter als er. Die beschwerdeführenden Parteien bestätigten diese Angaben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitigen und zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu XXXX :

XXXX ist der Sohn von XXXX und XXXX und wurde am XXXX geboren. Er ist in Österreich asylberechtigt.

1.2. Zu XXXX :

1.2.1. XXXX ist ein volljähriger syrischer Staatsangehöriger, der der Volksgruppe der Araber und der Konfession der Sunniten angehört. XXXX ist im 86. Lebensjahr. Die Identität des XXXX steht fest.

1.2.2. XXXX hat am 14.11.2016 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Familienverfahren gestellt, ist rechtmäßig nach Österreich eingereist und hat am 13.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt; im Rahmen des diesbezüglichen Administrativverfahrens wurde XXXX mit in Spruch I. bezeichnetem Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.2.3. XXXX ist in Österreich unbescholten.

1.2.4. XXXX hat angegeben, aus XXXX zu stammen, dieses Vorbringen ist glaubhaft. Im Herkunftsgebiet des XXXX hatten zum Zeitpunkt seiner Ausreise und haben zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt kurdische Kräfte die Macht in der Hand.

1.2.5. XXXX hat vorgebracht, dass er Syrien verlassen habe, um in Österreich bei seinem Sohn zu leben sowie keine eigenen Asylgründe zu haben. Sein Haus sei teilweise von einer Rakete zerstört worden. Diese Vorbringen sind glaubhaft. Darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens wurden nicht vorgebracht.

1.2.6. Es ist nicht feststellbar, dass XXXX in Syrien vor Antritt der Reisebewegung eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu seiner Ethnie oder seiner Konfession gedroht oder getroffen hat oder im Falle einer Rückkehr droht.

1.2.7. XXXX wurde in Syrien nicht zum Militärdienst einberufen und droht ihm auch keine solche Einberufung.

1.2.8. Es ist nicht feststellbar, dass XXXX vom syrischen Regime bzw. vom syrischen Staat oder kurdischen Machthabern eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wurde oder XXXX dies objektiv nachvollziehbar fürchten musste oder muss.

1.2.9. Alleine aus dem Grund, dass XXXX syrischer Staatsangehöriger ist, drohte oder droht diesem in Syrien keine Verfolgung.

1.2.10. Es ist nicht feststellbar, dass XXXX wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt wurde bzw. ihm eine solche Verfolgung gedroht hat oder droht; es ist auch nicht erkennbar, dass ein solches Risiko objektiv bestanden hatte oder besteht.

1.2.11. XXXX ist am 11.07.2017 aus syrischer Sicht rechtmäßig aus Syrien ausgereist; er ist im Besitz eines syrischen Reisepasses, der ihm am 24.02.2016 ohne Probleme ausgestellt wurde.

1.2.12. Es sind keine anderen Gründe erkennbar, aus denen XXXX in Syrien Verfolgung durch das syrische Regime bzw. den syrische Staat oder kurdische Machthaber droht.

1.2.13. Andere Verfolger hatten bzw. haben im Herkunftsgebiet des XXXX keinen Zugriff auf diesen.

1.3. Zu XXXX :

1.3.1. XXXX ist eine volljährige syrische Staatsangehörige, die der Volksgruppe der Araber und der Konfession der Sunniten angehört. XXXX ist im 62. Lebensjahr. Die Identität der XXXX steht fest.

1.3.2. XXXX hat am 14.11.2016 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Familienverfahren gestellt, ist rechtmäßig nach Österreich eingereist und hat am 13.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt; im Rahmen des diesbezüglichen Administrativverfahrens wurde XXXX mit in Spruch II. bezeichnetem Bescheid der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

1.3.3. XXXX ist in Österreich unbescholten.

1.3.4. XXXX hat angegeben, aus XXXX zu stammen, dieses Vorbringen ist glaubhaft. Im Herkunftsgebiet der XXXX hatten zum Zeitpunkt ihrer Ausreise und haben zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt kurdische Kräfte die Macht in der Hand.

1.3.5. XXXX hat vorgebracht, dass sie Syrien verlassen habe, um in Österreich bei ihrem Sohn zu leben sowie keine eigenen Asylgründe zu haben. Ihr Haus sei teilweise von einer Rakete zerstört worden, sie habe danach noch ein Jahr darin gelebt. Diese Vorbringen sind glaubhaft. Darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens wurden nicht vorgebracht.

1.3.6. Es ist nicht feststellbar, dass XXXX in Syrien vor Antritt der Reisebewegung eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu ihrer Ethnie oder ihrer Konfession gedroht oder getroffen hat oder im Falle einer Rückkehr droht.

1.3.7. Es ist nicht feststellbar, dass XXXX vom syrischen Regime bzw. vom syrischen Staat oder kurdischen Machthabern eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt wurde oder XXXX dies objektiv nachvollziehbar fürchten musste oder muss.

1.3.8. Alleine aus dem Grund, dass XXXX syrische Staatsangehörige ist, drohte oder droht dieser in Syrien keine Verfolgung.

1.3.9. Es ist nicht feststellbar, dass XXXX wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt wurde bzw. ihr eine solche Verfolgung gedroht hat oder droht; es ist auch nicht erkennbar, dass ein solches Risiko objektiv bestanden hatte oder besteht.

1.3.10. XXXX ist am 11.07.2017 aus syrischer Sicht rechtmäßig aus Syrien ausgereist; sie ist im Besitz eines syrischen Reisepasses, der ihr am 24.02.2016 ohne Probleme ausgestellt wurde.

1.3.11. Es sind keine anderen Gründe erkennbar, aus denen XXXX in Syrien Verfolgung durch das syrische Regime bzw. den syrische Staat oder kurdische Machthaber droht.

1.3.12. Andere Verfolger hatten bzw. haben im Herkunftsgebiet der XXXX keinen Zugriff auf diese.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweiswürdigung zu 1.1.:

Die Feststellungen zur Familienangehörigeneigenschaft und dem Geburtsdatum des Ai XXXX ergeben sich aus den Anträgen auf Erteilung eines Einreisetitels zur Familienzusammenführung der beschwerdeführenden Parteien vom 14.11.2016 und den gleichbleibenden Angaben aller Parteien diesbezüglich. Das Geburtsdatum ergibt sich zusätzlich noch aus seinem Konventionsreisepass, ebenso wie die Feststellung, dass er in Österreich asylberechtigt ist (siehe auch Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2016, Zl. 1091484105/ 151567729).

2.2. Beweiswürdigung zu 1.2.:

2.2.1. Beweiswürdigung zu 1.2.1:

Die Feststellungen zur Person des XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) gründen sich im Wesentlichen auf den vorgelegten Reisepass und den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

2.2.2. Beweiswürdigung zu 1.2.2:

Die Feststellungen zur Stellung des Antrags auf einen Einreisetitel im Familienverfahren, zur rechtmäßigen Einreise nach Österreich, zur Stellung des Antrags auf internationalen Schutz und zum diesbezüglich geführten Administrativverfahren ergeben sich aus der Aktenlage.

2.2.3. Beweiswürdigung zu 1.2.3:

Die Feststellung der Unbescholtenheit gründet sich auf die im Verfahren eingeholte Strafregisterauskunft.

2.2.4. Beweiswürdigung zu 1.2.4:

Die Feststellungen zum Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers gründen sich auf die diesbezüglich hinreichend gleichbleibenden und diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen desselben.

Dass zum Zeitpunkt der Flucht und zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers kurdische Kräfte die Macht in der Hand hatten und haben, ergibt sich aus der damaligen bzw. aktuellen Berichtslage (siehe etwa https://syria. liveuamap.com/).

2.2.5. Beweiswürdigung zu 1.2.5:

Die Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er Syrien verlassen habe, um in Österreich bei seinem Sohn zu leben sowie keine eigenen Asylgründe zu haben, sowie dass eine Rakete sein Haus teilweise zerstört habe, ergeben sich aus der Aktenlage und der durchgeführten Verhandlung. Dass diese Vorbringen glaubhaft sind, ergibt sich daraus, dass diese einerseits gleichbleibend vorgetragen wurden, andererseits mit der allgemeinen Lage in Einklang zu bringen sind und schließlich insgesamt nachvollziehbar wirken. Dass darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens nicht vorgebracht wurden, ergibt sich aus der Aktenlage.

2.2.6. Beweiswürdigung zu 1.2.6., 1.2.8, 1.2.9. und 1.2.10.:

Die Feststellungen ergeben sich daraus, dass der Beschwerdeführer eine drohende Verfolgung durch das syrische Regime bzw. den syrischen Staat oder kurdische Kräfte wegen der Zugehörigkeit zu seiner Ethnie oder seiner Konfession, einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung, seiner Staatsangehörigkeit oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe selbst nicht vorgebracht hat und im Verfahren dahingehend auch nichts hervorgekommen ist.

2.2.7. Beweiswürdigung zu 1.2.7:

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer keine Einberufung zum Militärdienst in Syrien droht und er auch nicht einberufen wurde ergibt sich einerseits aus seinen eigenen Angaben (s. Verhandlungsprotokoll S. 7) und seinem hohen Alter (85 Jahre). Nach dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (in Folge: LIB) werden Reservisten - also Personen mit militärischer Ausbildung, die Wehrdienst geleistet haben - je nach Gebiet und Fall auch im Alter von 50 bis 60 Jahren zum aktiven Dienst einberufen. Der Beschwerdeführer hat selbst angegeben, nie den Militärdienst abgeleistet zu haben und befindet sich weit jenseits auch dieser Altersgrenze.

2.2.8. Beweiswürdigung zu 1.2.11:

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer aus syrischer Sicht rechtmäßig aus Syrien ausgereist ist, sowie das Datum der Ausreise ergeben sich aus seinem vorgelegten Reisepass, insbesondere dem syrischen Ausreisestempel, sowie seinen diesbezüglichen Angaben. Lt. dem Dolmetscher in der Verhandlung ist der Ausreisestempel vom 11. oder 21.07.2017 (s. Verhandlungsprotokoll S. 4), da der Beschwerdeführer bereits am 13.07.2017 den Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hat, ist davon auszugehen, dass es sich beim Datum des Ausreisestempels um den 11.07.2017 handelt. Dass der Beschwerdeführer im Besitz eines syrischen Reisepasses ist sowie die Umstände der Ausstellung desselben ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben (s. Verhandlungsprotokoll S. 5) sowie der Vorlage des Passes.

2.2.9. Beweiswürdigung zu 1.2.12:

Dass keine anderen Gründe erkennbar sind, aus denen dem Beschwerdeführer in Syrien Verfolgung durch das syrische Regime bzw. den syrische Staat oder kurdische Machthaber droht, ergibt sich aus dem Umstand, dass solche nicht behauptet wurden und sich auch kein diesbezüglicher Hinweis aus dem LIB ergibt; da der Beschwerdeführer erst Jahre nach der Flucht seiner Söhne aus Syrien legal ausgereist ist und zuvor wegen seiner Söhne keine Verfolgung hatte erleiden müssen sowie legal einen Reisepass erhalten hat, ist nicht zu erkennen, dass er im Falle einer Rückkehr nach Syrien wegen der allfälligen Entziehung seiner Söhne vom Kriegsdienst mit hinreichender Sicherheit Verfolgung erleiden müsste, auch wenn dies zwar unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich ausgeschlossen ist.

2.2.10. Beweiswürdigung zu 1.2.13:

Die Feststellung ergibt sich aus dem Umstand, dass im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt seiner Ausreise bzw. aktuell kurdische Kräfte an der Macht sind.

2.3. Beweiswürdigung zu 1.3.:

2.3.1. Beweiswürdigung zu 1.3.1:

Die Feststellungen zur Person der XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin) gründen sich im Wesentlichen auf den vorgelegten Reisepass und den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin.

2.3.2. Beweiswürdigung zu 1.3.2:

Die Feststellungen zur Stellung des Antrags auf einen Einreisetitel im Familienverfahren, zur rechtmäßigen Einreise nach Österreich, zur Stellung des Antrags auf internationalen Schutz und zum diesbezüglich geführten Administrativverfahren ergeben sich aus der Aktenlage.

2.3.3. Beweiswürdigung zu 1.3.3:

Die Feststellung der Unbescholtenheit gründet sich auf die im Verfahren eingeholte Strafregisterauskunft.

2.3.4. Beweiswürdigung zu 1.3.4:

Die Feststellungen zum Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin gründen sich auf die diesbezüglich hinreichend gleichbleibenden und diesbezüglich glaubwürdigen Aussagen desselben.

Dass zum Zeitpunkt der Flucht und zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt im Herkunftsgebiet des Beschwerdeführers kurdische Kräfte die Macht in der Hand hatten und haben, ergibt sich aus der damaligen bzw. aktuellen Berichtslage (siehe etwa https://syria. liveuamap.com/).

2.3.5. Beweiswürdigung zu 1.3.5:

Die Vorbringen der Beschwerdeführers, dass sie Syrien verlassen habe, um in Österreich bei ihrem Sohn zu leben sowie keine eigenen Asylgründe zu haben, sowie dass eine Rakete ihr Haus teilweise zerstört und sie danach noch ein Jahr darin gelebt habe, ergeben sich aus der Aktenlage. In der durchgeführten Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergänzte die Beschwerdeführerin, dass sie noch ein Jahr im teilweise zerstörten Haus gelebt habe (s. Verhandlungsprotokoll S. 7). Dass diese Vorbringen glaubhaft sind, ergibt sich daraus, dass diese einerseits gleichbleibend vorgetragen wurden, andererseits mit der allgemeinen Lage in Einklang zu bringen sind und schließlich insgesamt nachvollziehbar wirken. Dass darüberhinausgehende Gründe für das Verlassen Syriens nicht vorgebracht wurden, ergibt sich aus der Aktenlage.

2.3.6. Beweiswürdigung zu 1.3.6., 1.3.7, 1.3.8. und 1.3.9.:

Die Feststellungen ergeben sich daraus, dass die Beschwerdeführerin eine drohende Verfolgung durch das syrische Regime bzw. den syrischen Staat oder kurdische Kräfte wegen der Zugehörigkeit zu ihrer Ethnie oder ihrer Konfession, einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung, ihrer Staatsangehörigkeit oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe selbst nicht vorgebracht hat und im Verfahren dahingehend auch nichts hervorgekommen ist.

2.3.7. Beweiswürdigung zu 1.3.10:

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin aus syrischer Sicht rechtmäßig aus Syrien ausgereist ist, sowie das Datum der Ausreise ergeben sich aus ihrem vorgelegten Reisepass, insbesondere dem syrischen Ausreisestempel, sowie ihren diesbezüglichen Angaben. Lt. dem Dolmetscher in der Verhandlung ist der Ausreisestempel vom 11. oder 21.07.2017 (s. Verhandlungsprotokoll S. 4), da die Beschwerdeführerin bereits am 13.07.2017 den Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hat, ist davon auszugehen, dass es sich beim Datum des Ausreisestempels um den 11.07.2017 handelt. Dass die Beschwerdeführerin im Besitz eines syrischen Reisepasses ist sowie die Umstände der Ausstellung desselben ergeben sich aus ihrer diesbezüglichen Angaben (s. Verhandlungsprotokoll S. 5) sowie der Vorlage des Passes.

2.3.8. Beweiswürdigung zu 1.3.11:

Dass keine anderen Gründe erkennbar sind, aus denen der Beschwerdeführerin in Syrien Verfolgung durch das syrische Regime bzw. den syrische Staat oder kurdische Machthaber droht, ergibt sich aus dem Umstand, dass solche nicht behauptet wurden und sich auch kein diesbezüglicher Hinweis aus dem LIB ergibt.

2.3.9. Beweiswürdigung zu 1.3.12:

Die Feststellung ergibt sich aus dem Umstand, dass im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt ihrer Ausreise bzw. aktuell kurdische Kräfte an der Macht sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu I. und II. A)

1. Gemäß § 35 Abs. 5 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 (in Folge: AsylG), ist nach dieser Bestimmung Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes ist, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde. Gemäß § 35 Abs. 1 AsylG kann der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland stellen.

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 AsylG gilt ein von einem Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, gestellter Antrag auf internationalen Schutz als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn näher genannte Ausschlusskriterien nicht vorliegen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes ist.

XXXX , der Sohn der beschwerdeführenden Parteien, wurde am XXXX geboren und war somit zum Zeitpunkt der Antragstellung der beschwerdeführenden Parteien auf einen Einreisetitel gemäß § 35 AsylG am 14.11.2016 zwar minderjährig, nicht jedoch zum Zeitpunkt der der Antragstellung der beschwerdeführenden Parteien auf internationalen Schutz am 13.07.2017. Wiewohl die beschwerdeführenden Parteien zu Recht den Einreisetitel gemäß § 35 AsylG beantragt und erhalten haben, konnten ihre Anträge auf internationalen Schutz nach ihrer Einreise nach Österreich nicht mehr als Familienverfahren gemäß § 34 AsylG in Bezug auf ihren Sohn geführt werden, da dieser zu dem Zeitpunkt schon volljährig war und die beschwerdeführenden Parteien nicht mehr als Familienangehörige im Sinne des AsylG galten. Dementsprechend ist zu prüfen, ob den beschwerdeführenden Parteien jeweils aus eigenem der Status von Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

2. Gemäß § 3 AsylG ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A

Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Syrien, da die beschwerdeführenden Parteien syrische Staatsangehörige sind.

Es ist daher zu prüfen, ob den beschwerdeführenden Parteien in Syrien vor deren Ausreise jeweils Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK gedroht hat oder im Falle einer Rückkehr drohen würde, wobei auf Grund der rechtskräftigen Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten davon auszugehen ist, dass den beschwerdeführenden Parteien mangels hinreichender Sachverhaltsänderung eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung steht (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).

3. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Wie sich aus den obigen Feststellungen ergibt, droht den beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum Entscheidungszeitpunkt jeweils nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung durch den syrischen Staat bzw. durch diesem zurechenbare Verfolger, insbesondere die kurdischen Regionalkräfte, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der unterstellten politischen Gesinnung. Vielmehr haben beide beschwerdeführenden Parteien wiederholt vorgebracht, keine eigenen Fluchtgründe zu haben, erhielten ohne Probleme syrische Reisepässe ausgestellt und konnten unbehelligt und aus syrischer Sicht legal ausreisen.

Zu I. und II. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter I. und II. A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung, befristete
Aufenthaltsberechtigung, Bürgerkrieg, Familienangehöriger,
Familienverfahren, Familienzusammenführung, mündliche Verhandlung,
Nachvollziehbarkeit, subsidiärer Schutz, Verfolgungsgefahr,
Volljährigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W170.2184628.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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