TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/13 W183 2175132-1

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Veröffentlicht am 13.06.2018
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Entscheidungsdatum

13.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9

Spruch

W183 2175132-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Kenia, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.06.2018 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 05.01.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 06.01.2017 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Am 05.10.2017 wurde BF von der belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zu seinen Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen.

Im behördlichen Verfahren gab BF als Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass seine ganze Familie bei einem Überfall auf sein Dorf durch al Shabaab getötet worden sei. Er sah keine Möglichkeit zu bleiben.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid (zugestellt am 12.10.2017) wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG 2005) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kenia (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), gegen BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Kenia zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter Spruchpunkt IV. wurde ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung beträgt.

Das BFA stellte dem BF amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.

3. Mit Schriftsatz vom 24.10.2017 erhob BF durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang.

4. Mit Schriftsatz vom 25.10.2017 (eingelangt am 02.11.2017) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5. Mit Schreiben vom 21.03.2017 wurden der BF sowie das BFA zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.06.2018 geladen und wurde darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigt, die Länderberichte gemäß dem "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Kenia, Gesamtaktualisierung am 25.1.2017" (in der Folge LIB 2017) als Grundlage für die Feststellungen zur Situation in Kenia heranzuziehen. Es wurde Gelegenheit zur Einsicht- und Stellungnahme gegeben. Mit Schriftsatz vom 24.04.2018 wurde die mündliche Verhandlung auf den 13.06.2018 verlegt.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 13.06.2018 unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Englisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die Rechtsvertreterin des BF teilnahm. BF ist unentschuldigt nicht erschienen. Das BFA nahm an dieser Verhandlung nicht teil und gab keine schriftliche Stellungnahme zu der Situation im Herkunftsland ab.

Ein Strafregisterauszug wurde am Tag der Verhandlung eingeholt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

BF ist ein volljähriger kenianischer Staatsangehöriger. BF stellte am 05.01.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es kann nicht festgestellt werden, dass BF an einer physischen oder psychischen Erkrankung leidet.

Es kann nicht festgestellt werden, dass BF im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende oder lebensgefährliche Situation gelangen würde.

Es kann nicht festgestellt werden, dass BF über familiäre oder sonstige verwandtschaftliche Bindungen in Österreich verfügt. Es kann nicht festgestellt werden, dass BF über familienähnliche soziale Bindungen in Österreich verfügt bzw. intensive Bemühungen zur Integration in Österreich gesetzt hat.

1.2. Zum Fluchtvorbringen

Es kann nicht festgestellt werden, dass BF im Falle einer Rückkehr nach Kenia Verfolgung durch al Shabaab droht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass BF aus anderen Gründen asylrelevante Verfolgung in Kenia droht.

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat

Politische Lage

Kenia ist nach der Verfassung von 2010 eine Präsidialrepublik. Der Staatspräsident verfügt über weitreichende Exekutivvollmachten. Ihm unterstehen sowohl die Regierung als auch die Streitkräfte (AA 4.2016a). Seit der Einführung der neuen Verfassung Ende August 2010 beschleunigt sich der Wandel der staatlichen Strukturen (GIZ 12.2016a). Seit 2008 ist das politische System im Umbruch. Die wichtigsten Änderungen sind die Begrenzung der Macht des Präsidenten, die Stärkung des Parlaments und die Dezentralisierung. Auch ist der Präsident bei der Bildung seines Kabinetts auf das Parlament angewiesen. Das Parlament muss der Auswahl der Minister, welche von 42 auf 22 reduziert wurden, zustimmen, und kann im Notfall sogar den Präsidenten absetzen (GIZ 12.2016a). Kenia ist seit den allgemeinen Wahlen vom 4.3.2013 ein dezentral aufgebautes und verwaltetes Land. Neben dem Präsidenten und Vizepräsidenten wurden erstmals Gouverneure und Parlamente auf Bezirksebene ("Counties") gewählt (AA 4.2016a).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.2016a): Kenia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kenia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Kenia, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 29.12.2016

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage im Land hat sich etwas gebessert, bleibt aber weiterhin angespannt (AA 29.12.2016). Nach wie vor ist die Kriminalität in Kenia Besorgnis erregend hoch (GIZ 12.2016c) und es besteht weiterhin die Gefahr terroristischer Anschläge. Es gibt Drohungen der somalischen Terrororganisation al Shabaab mit Vergeltungsaktionen als Reaktion auf die Beteiligung der kenianischen Streitkräfte an der AMISOM-Mission in Somalia (AA 29.12.2016).

Das deutsche Auswärtige Amt rät von Reisen in das Grenzgebiet zu Somalia, in die Provinz Lamu ab (AA 29.12.2016). Das österreichische Außenministerium warnt vor Reisen in die Provinzen Mandera, Wajir und Garissa. Abgeraten wird von Reisen in die nördliche Küstenprovinz. Aufgrund der verstärkten Präsenz der kenianischen Sicherheitskräfte in den genannten Gebieten hat sich die Sicherheitslage in den vergangenen Monaten allerdings etwas gebessert (BMEIA 12.1.2017).

Die kenianischen Sicherheitsbehörden haben ihre Präsenz in den nördlichen und nordöstlichen Landesteilen deutlich verstärkt. Es kommt sporadisch zu kriminellen Aktivitäten im Grenzgebiet zwischen Kenia und Tansania (AA 29.12.2016). Auch politisch und wirtschaftlich motivierte Zusammenstöße zwischen ethnischen Gruppen haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Todesopfer gefordert. Diese finden jedoch hauptsächlich in abgelegenen Gebieten statt. Im Grenzgebiet zu Äthiopien kommt es ebenfalls zu vereinzelten Kampfhandlungen. Aufgrund der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2017 nehmen politische Spannungen bereits zu. Seit Mai 2016 kommt es zu lokalen gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und den Sicherheitskräften, vereinzelt auch zu Todesopfern und Verletzten (EDA 29.12.2016).

Gewalttätige Anschläge der al-Shabaab mehrten sich 2015. Die meisten Anschläge ereignen sich in Nordost-Kenia, Nairobi, Mombasa und Lamu (AI 2015). Um al-Shabaab-Kämpfer aus der Region Boni Forest im Norden von Lamu und dem südlichen Garissa County zu vertreiben wurden Sicherheitsoperationen von kenianischen Verteidigungskräften und Polizeieinheiten durchgeführt (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (29.12.2016): Kenia: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KeniaSicherheit_node.html, Zugriff 29.12.2016

AI - Amnesty International (2016): Amnesty Report 2016 - Kenia, http://www.amnesty.de/jahresbericht/2016/kenia, Zugriff 2.1.2017

AI - Amnesty Report (2015) : KENIA, http://www.amnesty.de/jahresbericht/2015/kenia?destination=node%2F2957, Zugriff 23.1.2017

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (12.1.2017): Kenia - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kenia/, Zugriff 12.1.2017

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (29.12.2016): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Kenia, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016c): Kenia, Alltag,

https://www.liportal.de/kenia/alltag/#c60360, Zugriff 29.12.2016

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/322593/462070_de.html, Zugriff am 29.12.2016

Rechtsschutz/Justizwesen

Das kenianische Gerichtswesen gliedert sich in Magistrates Courts, High Courts, Court of Appeal und den neu geschaffenen Supreme Court. Daneben sprechen die Kadhi's Courts Recht in Erb- und Familienrechtsangelegenheiten muslimischer Kenianer nach islamischem Recht (AA 4.2016a). Der Oberste Staatsrichter Willy Mutunga, ein ehemaliger Dissident und Menschenrechtler (GIZ 12.2016a), hat das Image der Justiz als eine vertrauenswürdige Institution aufgebaut und die Schaffung des neuen Supreme Court, eines Berufungsgerichtes und eines Obersten Gerichtshofes beaufsichtigt (FH 27.1.2016). Die Reform der Justiz setzte sich im Laufe des Jahres 2015 fort (USDOS 13.4.2016).

Das Parlament ignoriert manchmal richterliche Entscheidungen. Die Behörden respektierten im Allgemeinen Gerichtsbeschlüsse, und die Ergebnisse der Prozesse scheinen nicht vorbestimmt zu sein (USDOS 13.4.2016). Die Verfassung von 2010 verstärkte die Unabhängigkeit der Justiz (FH 27.1.2016; vgl. USDOS 13.4.2016).

Die Justiz zeigt Unabhängigkeit und Unparteilichkeit, es gibt aber häufige Meldungen und andere Anschuldigungen über weit verbreitete Korruption (USDOS 13.4.2016). In vielen Zivil- und Strafrechtsbereichen herrscht keine Rechtsstaatlichkeit, Hauptgrund dafür ist die Korruption bei der Polizei (FH 27.1.2016). Eine umfassende Umbesetzung des Justizpersonals wurde durchgeführt, um zu versuchen, die Korruption innerhalb der Justiz abzubauen. Die Judicial Services Commission beaufsichtigt die Ernennung von Richtern (FH 27.1.2016) und nimmt auch Beschwerden über gerichtliches Fehlverhalten entgegen. Sie führt Disziplinarverfahren durch oder entlässt Justizbeamte und führte Programme für die Ausbildung von Richtern durch. Im Gegensatz zu 2014 wurde im Laufe des Jahres 2015 keine Richter von der Regierung entlassen (USDOS 13.4.2016).

Das Gesetz sieht auch "qadi" Gerichte, bzw. Kadhi Courts vor. Dies sind nach Sharia-Recht urteilende Gerichte für Zivilangelegenheiten zwischen Muslimen (USDOS 13.4.2016; vgl. GIZ 12.2016a). Es gibt keine anderen traditionellen Gerichte. Die nationalen Gerichte nutzten das traditionelle Recht einer Volksgruppe als Leitfaden für persönliche Angelegenheiten, solange dieses Recht nicht im Widerspruch zum formellen Recht steht (USDOS 13.4.2016).

Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. Das Gesetz sieht eine Unschuldsvermutung vor, und Angeklagte haben das Recht, an ihren Verhandlungen teilzunehmen, Zeugen zu laden und Beweise zu ihrer Verteidigung vorzulegen. Die Behörden respektieren im Allgemeinen diese Rechte und das Recht sich mit einem Anwalt zu beraten, obwohl es keine öffentlichen Verteidiger gibt. Es kommt jedoch zu Verzögerungen der Gerichtsverfahren. Das Fehlen eines formellen Rechtshilfe-Systems erschwert vielen Angeklagten eine angemessene Verteidigung. Rechtshilfe ist nur in den Hauptstädten verfügbar, wo einige Menschenrechtsorganisationen, wie die Federation of Women Lawyers, sie zur Verfügung stellen (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.2016a): Kenia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kenia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Kenya,

http://www.ecoi.net/local_link/327711/468383_de.html, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Kenia, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 29.12.2016

KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (29.12.2016): Auslandsbüro Kenia, über uns http://www.kas.de/kenia/de/about/, Zugriff 29.12.2016

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/322593/462070_de.html, Zugriff am 29.12.2016

Sicherheitsbehörden

Für die Sicherheit innerhalb des Landes ist die dem Innenminister unterstehende Polizei zuständig. Das Kenya Police Service erfüllt die generelle Polizeiarbeit und verfügt über spezialisierte Untereinheiten. Das Administration Police Service kümmert sich um die Grenzsicherheit, erfüllt aber zunehmend auch normale Polizeiarbeit. Daneben gibt es noch die Kriminalpolizei. Der National Intelligence Service ist der innere und äußere Nachrichtendienst und untersteht direkt dem Präsidenten (USDOS 13.4.2016).

Die Polizei ist schlecht ausgerüstet und nicht sehr gut bezahlt und agiert manchmal nicht professionell. Gegen die wachsende Gewaltkriminalität gibt sich die Polizei zumeist machtlos. Selbst Morde werden selten aufgeklärt, und wenn, dann fehlen gerichtsfeste Beweismittel. Aufgrund der schlechten Bezahlung sehen es zudem viele Polizisten als ihr gutes Recht an, kleine Geschenke zu verlangen (GIZ 12.2016a). Die kenianischen Sicherheitsbehörden haben ihre Präsenz deutlich verstärkt (AA 29.12.2016).

Es wurde eine unabhängige polizeiliche Aufsichtsbehörde "The governmental Independent Policing Oversight Authority" (IPOA) eingerichtet, um Fälle von Fehlverhalten der Polizei zu untersuchen (USDOS 13.4.2016).

Die kenianische Armee gilt als professionell und schlagkräftig. Sie genießt seit Jahrzehnten Förderung u.a. durch Briten und Amerikaner, auch in Form von Ausbildung und Training. Sie ist innenpolitisch zurückhaltend und in der jüngeren Vergangenheit öffentlich bislang erst zwei Mal im Landesinneren in Erscheinung getreten: 1982 und 2008 (GIZ 12.2016a).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (29.12.2016): Kenia - Reise- und Sicherheitshinweise

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_041EB3B9434356806FF20C2D4200F2F0/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KeniaSicherheit_node.html, Zugriff 29.12.2016

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/327711/468383_de.html,Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Kenia, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 29.12.2016

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/322593/462070_de.html, Zugriff am 29.12.2016

Korruption

Korruption stellt in Kenia ein ernstes Problem dar (FH 27.1.2016). Das Land wurde 2015 auf Platz 139 von 168 Ländern im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International eingestuft (TI 11.2016; vgl. FH 27.1.2016). Der Ethik- und Antikorruptionskommission der Regierung (EACC) fehlen Strafverfolgungsbefugnisse. Untersuchungen der EACC führten einige Politiker und Beamte als Verdächtige (FH 27.1.2016).

Schwache institutionelle Kapazitäten haben die Bemühungen um eine Erhöhung der Transparenz in Bezug auf den Haushaltsentwurf, die Beschaffung und andere staatliche Aktivitäten untergraben. Im August 2014 startete die Regierung ihr Integrated Financial Management Information System (IFMIS), eine Website, die den Beschaffungsprozess dokumentiert, um die Bestechungsmöglichkeiten zu reduzieren (FH 27.1.2016). Straflosigkeit stellt weiterhin ein Problem dar, und so auch die Korruption innerhalb der Polizei (USDOS 13.4.2016). Der Polizeiapparat zählt im Wechsel mit der Teachers Commission zu den korruptesten Behörden des Landes, beklagt Transparency International (GIZ 12.2016a).

Kenyatta hat den Kampf gegen die Korruption zum Thema seines "State of the Nation" gemacht und forderte den Rücktritt von allen leitenden Beamten, die in einem EACC-Bericht über die Korruption genannt wurden (FH 27.1.2016). Korruption besteht auf allen Ebenen des Zivilrechts. Bestechung, Erpressung und politische Einflussnahme beeinflussten die Ausgänge in einigen zivilen Prozessen (USDOS13.4.2016). Eine umfassende Umschichtung des Justizpersonals im April wurde als Versuch gesehen, um Korruptions-Kartelle innerhalb der Justiz abzubauen. In vielen Zivil- und Strafrechtsbereichen herrscht keine Rechtsstaatlichkeit (FH 21.7.2016).

Quellen:

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Kenya,

http://www.ecoi.net/local_link/327711/468383_de.html, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Kenia, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 29.12.2016

TI - Transparency International (29.12.2016): CPI - Corruption Perceptions Index (2015) http://www.transparency.org/country#KEN, Zugriff 29.12.2016

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/322593/462070_de.html, Zugriff am 29.12.2016

Folter und unmenschliche Behandlung

Während die Verfassung und das Gesetz Folter verbieten, definiert der Gesetzestext Folter nicht und enthält keine Verurteilungsrichtlinien für die Verletzung der verfassungsrechtlichen und rechtlichen Verbote. Diese Lücken verhindern eine strafrechtliche Verfolgung von Folter (USDOS 13.4.2016).

Polizeiangehörige sind für rechtswidrige Tötungen, Vergewaltigungen, Folter und andere Misshandlungen verantwortlich. Es gibt zahlreiche Anschuldigungen, dass die Regierung oder ihre Vertreter willkürliche und rechtswidrige Tötungen begangen haben. Mehrere Organisationen dokumentierten mutmaßliche außergerichtliche Tötungen oder das Verschwinden lassen durch Sicherheitskräfte. Es gibt auch viele Berichte zu Menschenrechtsverletzungen durch Folter, welche der Armee zugeschrieben wurden. Die Medien und eine Reihe von Menschenrechtsorganisationen berichteten über Fälle von Folter während Verhören und von wahllosen körperlichen Angriffen der Polizei, die mit Straflosigkeit begangen wurden. Der Bericht der Kenya National Commission on Human Rights (KNCHR), enthielt Auflistungen von Folter durch Sicherheitskräfte, insbesondere nach dem Terroranschlag am Garissa University College (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/322593/462070_de.html, Zugriff am 29.12.2016

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtssituation ist vergleichsweise gut. Die Verfassung enthält einen Grundrechtekatalog ("Bill of Rights"), seine Verwirklichung in der Praxis bleibt gleichwohl eine Herausforderung. Wichtigste Menschenrechtsthemen bleiben Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsorgane und gewaltsame Zusammenstöße zwischen einzelnen Ethnien (AA 4.2016a).

Mit der 'Kenya National Commission on Human Rights' (KNCHR), deren Rolle in der neuen Verfassung verankert ist, verfügt Kenia über eine aktive, unabhängige staatliche Organisation zur Überwachung der Menschenrechte (AA 4.2016a). Die bereits während des Moi-Regimes sehr aktive Kenya Human Rights Commission versteht sich weiterhin als Anwalt der Rechtlosen gegenüber staatlicher Willkür. Hervorzuheben ist auch People against Torture (PAT), welche Folteropfer vertritt. Von den internationalen Menschenrechtsorganisationen befasst sich Human Rights Watch besonders mit der Frage der Eigentumsrechte der kenianischen Frauen - vor allem für Frauen auf dem Lande ein Problem (GIZ 12.2016a).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.2016a): Kenia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kenia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016a): Kenia, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/, Zugriff 29.12.2016

Todesstrafe

Die Todesstrafe wird in Kenia seit 1987 nicht mehr vollzogen, ist allerdings seit der Kolonialzeit in der Verfassung verankert (TA 25.10.2016). Am 24.10.2016 hat Präsident Uhuru Kenyatta alle Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Betroffen waren

2.655 Männer und 92 Frauen (AI 25.10.2016; vgl. TA 25.10.2016). Der für die Region Ostafrika zuständige Direktor von Amnesty International, Muthoni Wanyeki, begrüßte diesen Schritt ausdrücklich. Er rief die kenianische Regierung dazu auf, die Todesstrafe auch formell abzuschaffen (AI 25.10.2016).

Quellen:

AI - Amnesty International, Koordinationsgruppe gegen die Todesstrafe (25.10.2016): Kenia wandelt sämtliche Todesurteile um, http://www.amnesty-todesstrafe.de/index.php?id=770, Zugriff 29.12.2016

TA - Tages Anzeiger (25.10.2016): 2747 kenianische Häftlinge entgehen Todesurteil,

http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/2747-kenianische-haeftlinge-entgehen-todesurteil/story/19217988, Zugriff 29.12.2016

Religionsfreiheit

Spiritualität und Religion spielen eine sehr große Rolle (GIZ 12.2016b). Die Verfassung legt fest, dass es keine Staatsreligion geben soll. Zugleich verbietet die Verfassung religiöse Diskriminierung und schützt die Religionsfreiheit (USDOS 10.8.2016).

Zwischen Christen und Muslimen gibt es seit dem Angriff auf das Garissa University College Spannungen. Medien berichten, dass einige Kirchen aus Angst bewaffnete Wachen anstellen. Auch Muslime haben nach den Anschlägen zunehmend Feindseligkeit durch die christliche Mehrheit erlebt (USDOS 10.8.2016). Es entladen sich immer wieder interreligiöse Konflikte (AA 4.2016a).

Rund 70 Prozent der Kenianer sind Christen. Davon sind 26,5 Prozent anglikanisch und 26,4 Prozent römisch-katholisch konfessionell gebunden. Die evangelikalen Pfingstgemeinden, die sich vor allen Dingen in der kenianischen Mittelschicht zunehmender Beliebtheit erfreuen, liegen auf einem vergleichbaren Niveau. 2,5 Prozent der Christen sind orthodox. Zum Islam bekennen sich etwa 20 Prozent der Kenianer. Die Kenianer islamischen Glaubens leben überwiegend an der kenianischen Küste von Mombasa bis Lamu sowie im Norden des Landes. Die asiatisch-stämmige Bevölkerungsgruppe verteilt sich auf die großen Religionen des indischen Subkontinents: Es gibt Hindus, Jainas und Sikhs (AA 4.2016a). Es ist im privaten wie im öffentlichen Rahmen üblich, zu Beginn einer Veranstaltung zu beten, oft auch Vertreter mehrerer Religionen. Seit hundert Jahren gibt es in Nairobi auch eine Synagoge für die jüdische Gemeinde. Großen Zulauf haben jedoch auch Prediger von Erweckungsbewegungen. Auch die stark an Amerika orientierten Pfingstkirchen präsentieren sich im Internet. Immer wieder füllen fanatische Prediger und Wunderheiler große Foren. An der Küste stellen die Muslime, die für einen liberalen Islam stehen, die Mehrheit dar (GIZ 12.2016b).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.2016a): Kenia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kenia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Kenia, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/, Zugriff 29.12.2016

USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/328326/469105_de.html, Zugriff 29.12.2016

Ethnische Minderheiten

Kenia ist ein Vielvölkerstaat und ein Einwanderungsland. Mehr als 40 unterschiedliche Ethnien leben in Kenia und sprechen mehr als 50 verschiedene Sprachen (AA 4.2016a). Auch wenn junge, gebildete Großstädter heute weniger auf ihre Ethnie als Bezugspunkt rekurrieren als früher, so spielt die Frage der ethnischen Herkunft doch noch immer eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft. Heiraten unter bestimmten Gruppen - etwa Kikuyu und Luo - bleiben noch immer eher die Ausnahme (GIZ 12.2016b).

Da keine Ethnie in Kenia von der Zahl her dominant ist (außer in einigen Counties), gab es seit der Staatsgründung politisch immer eine Notwendigkeit, Bündnisse zu schließen, wollte man die Macht erlangen oder halten. Politische Gegnerschaft muss aber nicht in Form ethnischer Polarisierung ausgetragen werden und darf es laut Verfassung theoretisch neuerdings auch nicht mehr. Verschiedene Institutionen haben die Aufgabe, Hasstiraden und die Bildung von Milizen zu unterbinden und einen nationalen Konsens zu fördern (GIZ 12.2016b). Trotzdem entladen sich in Kenia immer wieder ethnische Konflikte (AA 4.2016a).

Die Bevölkerung Kenias lässt sich in folgende ethnischen Gruppen einteilen: Kikuyu 22 Prozent, Luhya 14 Prozent, Luo 13 Prozent, Kalenjin 12 Prozent, Kamba 11 Prozent, Kisii 6 Prozent, Meru 6 Prozent, andere Afrikaner 15 Prozent, nicht-Afrikaner (Asiaten, Europäer, und Araber) 1 Prozent (CIA 29.12.2016).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.2016a): Kenia - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kenia/Innenpolitik_node.html, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Kenia, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/, Zugriff 29.12.2016

CIA - Central Intelligence Agency (29.12.2016): World Factbook - Kenya: People, http://www.ciaworldfactbook.us/africa/kenya.html, Zugriff 29.12.2016

Bewegungsfreiheit

Verfassung und Gesetze sehen das Recht auf Bewegungsfreiheit vor und die Regierung respektierte dieses Recht auch in der Praxis (USDOS 13.4.2016).

Es gibt in Kenia kein zentrales Melderegister und auch keine Meldepflicht. Es bestehen durchaus Ausweichmöglichkeiten im eigenen Land. Nairobi ist eine Stadt von ca. 6,5 Mio. Einwohnern, in der es jedem möglich sein sollte, in Anonymität zu leben, sofern dies gewünscht wird Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Menschen in einer anderen Region des Landes, wo ihre jeweilige ethnische Gruppe dominiert, ohne Probleme niederlassen können (ÖB 20.12.2016).

Die Sperrstunde im Landkreis Lamu und die umfangreiche Mobilisierung der Sicherheitskräfte in anderen Landkreisen, insbesondere Garissa und Mandera, beschränkten die Bewegungsfreiheit im Jahr 2015 (FH 27.1.2016).

Quellen:

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Kenya,

http://www.ecoi.net/local_link/327711/468383_de.html, Zugriff 29.12.2016

ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (20.12.2016): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/322593/462070_de.html, Zugriff am 29.12.2016

Grundversorgung und Wirtschaft

Unter der Regierung von Kenyatta hat sich die wirtschaftliche Expansion beschleunigt - trotz zunehmender Unsicherheit in der Tourismusindustrie (BS 2016). Dieser Wirtschaftszweig wird von der problematischen Sicherheitslage an der Küste beeinträchtigt, von überhöhter Preispolitik und wachsender Konkurrenz ähnlicher Destinationen (AA 4.2016b). Auch die Weltbank bestätigt das hohe Wachstumspotenzial der kenianischen Wirtschaft und die Regierung schaffte es, das Vertrauen in die Wirtschaft wiederherzustellen.

Die Wiederbelebung der Wirtschaft hebt Kenia in die Kategorie der Länder mit geringerem Einkommen (BS 2016). Kenias Volkswirtschaft ist die leistungsfähigste in der EAC (East African Community) mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 63,1 Milliarden US-Dollar 2014. Das Wirtschaftswachstum liegt relativ konstant bei 5 bis 6 Prozent (AA 4.2016b).

Das Gesetz sieht gleiches Entgelt für gleiche Arbeit vor. In vielen Fällen liegen die Lebenshaltungskosten weit über dem Lohnwachstum. Es gibt keine offizielle Schätzung für das Armutseinkommensniveau (USDOS 13.4.2016). Es fehlt ein Konsens für die Berechnung der Arbeitslosigkeit (BS 2016). Rund 50 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Etwa ein Viertel der Kenianer muss mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen. 60 Prozent der Bevölkerung der Hauptstadt Nairobi leben in Slums (AA 4.2016b). Nichtsdestotrotz wächst Kenias Mittelschicht schnell und umfasst bereits etwa 10 Prozent der Bevölkerung, was zu einer erhöhten inländischen Kaufkraft führt (BS 2016). Die offizielle Arbeitslosenquote beträgt 21 Prozent, wogegen einige Analysten die reale Rate mit etwa 40 Prozent oder sogar 50 Prozent einschätzen. Nach Ansicht der Weltbank wiederum ist die tatsächliche Arbeitslosenrate relativ niedrig (7 Prozent städtisch, 2,5 Prozent ländlich). Die Jugendarbeitslosigkeit gilt als das dringlichste Problem für den Arbeitsmarkt (BS 2016).

Kenia ist Gründungsmitglied des Common Market für Eastern and Southern Africa (COMESA) und der East African Community (EAC) (AA 4.2016b). Obwohl der Agrarsektor das Rückgrat der Wirtschaft bleibt, haben andere Sektoren, insbesondere der Dienstleistungssektor, die Banken und der verarbeitende Sektor, ihre niedrige Wachstumsrate kompensiert. Kenias Wirtschaft verfügt über einen modernen formellen Sektor (Teile der Landwirtschaft, Tourismus, Dienstleistungen) mit starker Exportorientierung (Tee, Kaffee, Schnittblumen und Gartenbau). Der formelle Sektor wächst nur langsam. Mit Blick auf das Bevölkerungswachstum strebt die Regierung ein Wirtschaftswachstum an. Um dieses Ziel zu erreichen, sind weitere Strukturreformen erforderlich (AA 4.2016b).

Das Gesetz verbietet Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Alter, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, Staatsangehörigkeit, ethnischer oder sozialer Herkunft, Behinderung, Sprache, Schwangerschaft, geistigem Status oder HIV-Status. Die Regierung setzt das Gesetz nicht wirksam durch (USDOS 13.4.2016). Und für viele Kenianer bleibt die Zugehörigkeit zu einer Ethnie Teil ihres sozialen Netzwerkes, wichtig bei Jobsuche und in Krisensituationen. Die Mehrgenerationenfamilie bildet das soziale Rückgrat der Gesellschaft (GIZ 12.2016b).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (4.2016b): Kenia - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Kenia/Wirtschaft_node.html, Zugriff 29.12.2016

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Kenya Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kenya.pdf, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Kenia, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/, Zugriff 29.12.2016

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Kenya,

https://www.ecoi.net/local_link/322593/462070_de.html, Zugriff am 29.12.2016

Sozialbeihilfen

Die neue Verfassung garantiert jedem Bürger das Recht auf Sozialhilfe (BS 2016). Sozialfür- und -vorsorge als Mittel zur Armutsbekämpfung ist immer Teil der offiziellen Sozialpolitik gewesen, doch die Ergebnisse der Bemühungen müssen als durchwachsen bezeichnet werden (GIZ 12.2016b).

Kenia hat ein dreigliedriges Sozialversicherungssystem. Die Sozialhilfe steht allerdings nur Beschäftigten zu, da diese in der Lage sind, in das System zu zahlen. Personen mit regulärem Zugang zum Gesundheits- und Rentensystem sind im formellen Sektor der Wirtschaft tätig. Es gibt öffentliche Programme für verschiedene Sektoren, in denen die Mitgliedschaft für Mitarbeiter obligatorisch ist. Dazu gehören der National Social Security Fund (NSSF), die Pensionskasse für den öffentlichen Dienst und der National Hospital Insurance Fund (NHIF) (BS 2016). Die staatliche Rentenkasse NSSF zieht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils 6 Prozent des Bruttolohns für die Rentenkasse ein, jedoch reichen die Ausschüttungen nach Eintritt ins Rentenalter von 60 Jahren nicht zum Überleben (GIZ 12.2016b). Die NSSF ist bekanntlich eine der korruptesten Institutionen im Land (BS 2016). NSSF und NHIF haben nur minimale Beitragsgebühren und bieten daher keine angemessene Entschädigung bei sozialen Risiken. Die Mitarbeiter des formellen Sektors sind zusätzlich mit einer obligatorischen privaten Krankenversicherung und Rentenversicherung ausgestattet, die eine realistischere Sicherheit bei sozialen Risiken bietet (GIZ 12.2016b). Der größte und für Beamte und Angestellte obligatorische Gesundheitsversicherer NHIF zählt ein Bruchteil der Bevölkerung als Kunden. Eine Absicherung für den Fall von Arbeitslosigkeit gibt es nicht. Inzwischen haben die privaten Versicherer aber die wachsende Mittelklasse als Kunden für sich entdeckt (GIZ 12.2016b).

Quellen:

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Kenya Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Kenya.pdf, Zugriff 29.12.2016

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2016b): Kenia, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/, Zugriff 29.12.2016

Rückkehr

Asylwerber, welche nach Kenia zurückkehren, sind aufgrund der Tatsache, dass sie im Ausland um Asyl angesucht haben, nach Wissen und Informationen der Botschaft keinen Repressionen des Staates ausgesetzt (ÖB 20.12.2016).

Quellen:

ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (20.12.2016): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail

1.4. BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und durch das BFA, der Beschwerdeschriftsatz, das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Kenia, Gesamtaktualisierung am 25.1.2017 (in der Folge LIB 2017) mit den darin enthaltenen, bei den Feststellungen näher zitierten Berichten und der Strafregisterauszug vom 13.06.2018.

2.2. Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt wie folgt:

2.2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität konnte mangels Vorlage (unbedenklicher) Dokumente nicht bewiesen werden, weshalb hinsichtlich Name und Geburtsdatum Verfahrensidentität vorliegt.

Betreffend Volljährigkeit, Staatsangehörigkeit und Gesundheitszustand sind die Angaben des BF glaubwürdig, weil sich aus den Aktenbestandteilen nichts Gegenteiliges ergab und auch die belangte Behörde diese Feststellungen traf. Auch das Beschwerdeverfahren erbrachte nichts Gegenteiliges. Betreffend die Familienangehörigen in Kenia bzw. die Herkunftsregion des BF, aber auch die Volksgruppenzugehörigkeit kann keine Feststellung getroffen werden, weil BF dazu widersprüchliche Angaben machte - wie ein Vergleich der Protokolle vom 06.01.2017 und 05.10.2017 deutlich macht. Im Rahmen der Beschwerde wurden die Widersprüche nicht aufgeklärt, einer vom BVwG anberaumten Verhandlung blieb der BF fern.

Dass BF eine Rückkehr nach Kenia zumutbar ist, ergibt sich zum einen aus der Tatsache, dass es sich bei BF um einen volljährigen, jungen und gesunden Mann handelt, der - wie er selbst angab - sein Leben im Wesentlichen in Kenia verbrachte und dort auch die Schulde besuchte sowie als Fischer arbeitete. Dokumente, wonach er einen schlechten Gesundheitszustand hätte oder nicht arbeitsfähig wäre, legte BF zu keinem Zeitpunkt vor. Die Angaben, wonach seine ganze Familie umgebracht worden sei und er niemanden in Kenia habe, ist nicht glaubwürdig, weil BF was die Familienangehörigen betrifft grob widersprüchlich ist. So vertauschte er die Namen der Familienangehörigen und kann sich auch nicht an einen noch bei der Erstbefragung angeführten Bruder erinnern (Niederschrift BFA S 5f). Die Erklärung, er sei nervös gewesen, ist nicht nachvollziehbar, weil es sich bei den Familienangehörigen um so einen wesentlichen Faktor handelt, dass hier Widersprüche oder ein nicht-Erinnern nicht anzunehmen sind. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass der BF angab, durch den Verkauf von Fischen gut gelebt zu haben. Seine Arbeit als Fischer verdankt er seinem Freund, welcher ein Fischerboot besaß (vgl. Niederschrift BFA S 3). Dass seine wirtschaftliche Situation auf der seiner Familie basiert, brachte BF nicht vor.

Auch vor dem Hintergrund der eingeführten und unwidersprochen gebliebenen Länderberichte in Bezug auf die allgemeine Sicherheitslage und die wirtschaftliche Situation ist eine Rückkehr des BF nach Kenia möglich und ist kein Grund ersichtlich, warum er in eine lebens- oder existenzbedrohende Lage geraten sollte.

2.2.2. Zum Fluchtvorbringen

BF ist in Bezug auf sein Fluchtvorbringen persönlich nicht glaubwürdig, weil er einerseits angibt, dass seine ganze Familie bei einem Überfall ums Leben kam, er aber andererseits die Namen der Familienangehörigen widersprüchlich angibt. Auch sind die Zeitangaben in Bezug auf den Vorfall widersprüchlich und kann sich BF erst nach längerem Nachdenken an einen Zeitpunkt erinnern (Niederschrift BFA S 4f). Eine persönliche Verfolgung des BF ist auch insofern nicht anzunehmen, als er selbst angibt, dass es wahrscheinlich ein großes Pech gewesen sei, dass das Dorf seiner Familie angegriffen wurde. Al Shabaab sei es darum gegangen, Vieh zu stehlen. Er selbst habe nie Probleme mit al Shabaab gehabt (Niederschrift BFA S 4). Insgesamt war das Fluchtvorbringen vage und wenig detailreich. Auch vor dem Hintergrund der Länderberichte ist eine Verfolgung des BF durch al Shabaab nicht plausibel, weil es zwar Drohungen der al Shabaab gibt, es aber Sicherheitsoperationen der kenianischen Verteidigungskräfte gibt. Die Aktionen der al Shabaab sind auch als Reaktionen auf die kenianische AMISOM Beteiligung in Somalia zu verstehen. Eine persönliche Bedrohung des BF ist somit nicht objektivierbar.

Die Feststellung, wonach dem BF auch aus anderen als den angeführten Gründen keine Verfolgung in Kenia droht, ergibt sich aus seiner Einvernahme, wo er von sich aus keine weiteren Gründe vorbrachte, welche asylrelevant wären, sowie aus den amtswegigen Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichts in Form von Einsichtnahmen in die relevanten Länderberichte und dem am Bundesverwaltungsgericht vorhandenen Fachwissen.

Das BFA führte im angefochtenen Bescheid eine schlüssige Beweiswürdigung durch. Im Rahmen der Beschwerde ging der BF jedoch nicht konkret darauf ein, sondern begnügte sich mit allgemeinen Ausführungen. Die Beschwerde verweist lediglich auf das bisher im Asylverfahren Vorgebrachte. Konkrete Sachverhaltselemente wurden nicht genannt. Wenn BF in der Beschwerde vorbringt, aufgrund des Todes seiner Familie über keine tragfähigen Beziehungen in Kenia zu verfügen, so geht dies ins Leere, weil zu einen die Angaben des BF betreffend seine Familie nicht glaubwürdig waren und zum anderen die wirtschaftlich existentiellen Beziehungen zu einem Freund bestanden, welcher ein Fischerboot besaß.

Zur Situation in Kenia

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation wiedergegebenen und zitierten Berichten. Die aktuellen Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Das Bundesverwaltungsgericht teilte den Verfahrensparteien im Rahmen der Ladung zur mündlichen Verhandlung mit, welche Berichte es beabsichtigt, der Entscheidung zugrunde zu legen, und bot die Möglichkeit zur Einsicht- und Stellungnahme an. Den Länderberichten wurde nicht entgegengetreten, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht auch aus diesem Grund keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

Zur Situation des BF in Österreich

Wie der BF selbst angibt, verfügt er in Österreich über keine familiären Bindungen (Niederschrift BFA S 2). Auch führte er an selber Stelle an, dass er seinen Alltag mit anderen Flüchtlingen verbringt. Seitens des BF wurde nichts vorgebracht, was auf eine tiefergehende Integration in Österreich verweisen würde. Dokumente betreffend Sprachkenntnisse oder soziale Aktivitäten in Österreich wurden zu keinem Zeitpunkt vorgelegt. Auch der Beschwerdeschriftsatz geht mit keinem Wort auf Aktivitäten des BF in Österreich bzw. sein familiäres oder soziales Umfeld in Österreich ein. Der Ladung zu einer mündlichen Verhandlung leistete BF ohne Angabe von Gründen keine Folge.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A)

3.1.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides - Asyl gemäß § 3 AsylG 2005

3.1.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (in Folge: AsylG 2005), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.11.2003, 2003/20/0389, ausführte, ist das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ganzheitlich zu würdigen und zwar unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Behaupteten.

3.1.1.2. Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt wurde, ist BF hinsichtlich seines Fluchtvorbringens weder persönlich glaubwürdig noch ist eine Verfolgung aufgrund der Länderberichte plausibel. Er konnte somit keine persönliche Verfolgung glaubhaft machen. Des Weiteren ist zu beachten, dass der BF auch nicht Verfolgung durch den Staat Kenia vorbringt, sondern einen Überfall der al Shabaab als fluchtauslösend nennt. Die al Shabaab ist allerdings unter Zugrundelegung der zitierten Länderberichte nicht als derart stark anzusehen, dass eine mangelnde Schutzfähigkeit (vgl. dazu VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119) des Staates Kenia anzunehmen wäre. Auch ist eine mangelnde Schutzwilligkeit Kenias im Fall von terroristischen Aktivitäten der al Shabaab den Länderberichten nicht zu entnehmen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Darüber hinaus ergibt sich auch aus den Länderberichten nicht, dass ein Rückkehrer nach Kenia staatlichen Repressionen ausgesetzt wäre. Eine asylrelevante Verfolgung des BF ist somit nicht gegeben.

3.1.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides - Subsidiärer Schutz gemäß § 8 AsylG 2005

3.1.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht werden (vgl. EGMR vom 06.02.2001, Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH vom 21.08.2001, 2000/01/0443).

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016 mwN).

Abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde, obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH vom 25.05.2016, Ra 2016/19/0036; VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 - mit Verweis auf EGMR vom 5.09.2013, I. vs Schweden, Nr. 61204/09).

3.1.2.2. Im gegenständlichen Fall liegen in der Person des BF keine Gründe, welche ein solches reales Risiko nahelegen. So handelt es sich um einen volljährigen, aber noch jungen, gesunden Mann, der sein Leben im Wesentlichen in Kenia verbracht hat. Er ging dort zur Schule und arbeitete. Er ist somit mit den Lebensgewohnheiten des Landes vertraut. Es sind auch keine Tatsachen hervorgekommen, wonach es dem BF im Falle einer Rückkehr nicht möglich wäre, eine Existenz aufzubauen. Auch aus den eingeführten und unwidersprochen gebliebenen Länderberichten ist nicht ersichtlich, dass der BF im Falle einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Lage geraten würde. Im Ergebnis liegen somit im konkreten Fall keine exzeptionellen Umstände, welche einer Außerlandesbringung gemäß den Vorgaben des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 widersprechen würden, vor.

3.1.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

3.1.3.1. Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt (Z 1), wenn dies zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel notwendig ist (Z 2) oder wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist (Z 3).

Der BF befindet sich seinen eigenen Angaben zufolge seit 02.01.2017 im Bundesgebiet. Sein Aufenthalt i

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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