TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/14 W169 2184535-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.06.2018
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Entscheidungsdatum

14.06.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2184535-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2017, Zl. 1077395605-150832305, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, und §§ 52, 55 FPG idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. wie folgt lautet:

"Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt".

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 10.07.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.07.2015 gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er aus dem Bundesstaat Telangana stamme und die Sprachen Telugu sowie Hindi in Wort und Schrift beherrsche und etwas Englisch spreche. Er gehöre der Religionsgemeinschaft der Hindus und der Volksgruppe der Telugu an. Der Beschwerdeführer habe von 1988 bis 1998 die Grundschule besucht, sei verheiratet und habe zwei Kinder. In Indien würden die Ehefrau und die zwei Kinder des Beschwerdeführers sowie seine Eltern und seine drei Brüder leben. Zu seinem Ausreisegrund führte der Beschwerdeführer an, dass er seit ungefähr 18 Jahren für die politische Partei TDP in seinem Dorf tätig sei. Die gegnerische Partei TRS habe ihn aufgefordert, für sie zu arbeiten. Da sich der Beschwerdeführer geweigert habe, sei er mehrmals geschlagen, verfolgt und mit dem Tod bedroht worden. Die Mitglieder dieser Partei hätten auch seiner Familie Probleme gemacht und habe er aus Angst um sein Leben beschlossen, das Land zu verlassen.

2. Anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.09.2017 gab der Beschwerdeführer an, dass er aus dem Bundesstaat Telangana stamme und der Religionsgemeinschaft der Hindus angehöre. Er spreche die Sprachen Telugu, Hindi und ein wenig Englisch. Der Beschwerdeführer habe in Indien zehn Jahre die Schule besucht und fünf oder sechs Jahre als Schneider gearbeitet. Er habe gemeinsam mit seiner Gattin und seinen zwei Kindern im Elternhaus gewohnt, wo auch seine drei Brüder und seine Eltern gelebt hätten. Seine Angehörigen würden auch weiterhin dort wohnen und habe der Beschwerdeführer zuletzt vor sechs Monaten Kontakt zu seiner Frau gehabt.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer Folgendes vor (VP: nunmehriger Beschwerdeführer; LA: Leiter der Amtshandlung):

"(...)

LA: Sie haben einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Nennen Sie Ihre Fluchtgründe!

VP: Ich habe 18 Jahre lang für eine politische Partei TDP gearbeitet. Mein älterer Bruder namens XXXX, ist im Gemeinderat. Ich habe meinem Bruder immer geholfen und unsere gegnerische Partei heißt TRS. Sie wollte nicht, dass ich meinen Bruder unterstütze. Sie haben das erste Mal im Jahr 2010 darüber mit mir gesprochen. Sie haben mich bedroht und gesagt, dass sie mich umbringen werden. Diese Streitigkeiten haben 4 bis 5 Jahre gedauert. Sie sind ab und zu, zu uns nach Hause gekommen und haben verlangt, dass ich diese Partei verlassen soll. Deswegen bin ich aus Indien ausgereist.

LA: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?

VP: Nein, ich habe keine weiteren Fluchtgründe.

Vorhalt: Das ist vage und unkonkret. Bitte konkretisieren Sie Ihre Fluchtgründe!

VP: Im Jahr 2014 oder im Jahr 2015, ich weiß es nicht genau. Hat mir die politische Partei TRS bedroht, dass sie mich umbringen werden.

Auff. Bitte machen Sie konkrete Angaben rund um Ihre Fluchtgründe!

VP: Im Jahr 2014 oder im Jahr 2015, ich weiß es nicht genau. Hat mir die politische Partei TRS bedroht, dass sie mich umbringen werden.

LA: Wurden Sie jemals persönlich bedroht oder verfolgt?

VP: Ja.

Auff. Bitte machen Sie konkrete Angaben rund um die Bedrohung!

VP: Sie haben gesagt, ich soll das Dorf verlassen und wenn ich aus Indien ausreise, wird es besser. Das waren die Leute von TRS.

LA: Das ist vage und unkonkret. Können Sie detaillierte Angaben rund um diesen Vorfall machen?

VP: Es war im Jahr 2015, es war im März oder April, ich weiß es nicht genau. Es sind 6 bis 7 Personen zu mir nach Hause gekommen. Meine Frau und Kinder waren auch zuhause. Diese Personen haben mich bedroht. Ich müsste die Partei verlassen, ansonsten würden sie mich umbringen. Dann habe ich meinen Heimatort verlassen und bin nach Mombay zu einem Freund gegangen. Dort habe ich einen Schlepper gesucht und bin anschließend ausgereist.

LA: Waren Sie bei der Polizei wegen der Bedrohung?

VP: Nein, ich war nicht bei der Polizei.

LA: Wieso waren Sie nicht bei der Polizei?

VP: Wenn ich zur Polizei gegangen wäre, hätten mich die Personen von der TRS geschlagen.

LA: Können Sie mir etwas von den Personen erzählen, die Sie bedroht haben?

VP: Ich kann diese Personen nicht beschreiben, sie haben mir nur gesagt, dass sie von der TRS Partei kommen würden.

Auff. Das ist vage und unkonkret. Machen Sie konkrete Angaben!

VP: Ich habe diese Personen nicht genau beobachtet.

LA: Erzählen Sie mir etwas von Ihrer politischen Tätigkeit!

VP: Ich habe die Werbeplakate aufgehängt, dann habe ich allgemeine Arbeiten erledigt.

LA: Erzählen Sie mir etwas von der politischen Tätigkeit Ihres Bruders!

VP: Mein Bruder ist im Gemeinderat und hat ein Hühner-Geschäft.

LA: Erzählen Sie mir etwas von der Partei, der Sie zugehörig sind!

VP: Meine Partei heißt Telu Gueshem Partei.

LA: Fahren Sie fort!

VP: Ich weiß sonst nichts. Ich weiß nur, wie die Partei heißt.

LA: Wurden Sie aus Gründen Ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder Ihrer politischen Überzeugung verfolgt?

A: Nein.

(...)."

Weiters gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er keine Probleme mit den Sicherheitsbehörden wie Militär, Gerichten und Polizei gehabt habe. Auf die Frage, ob er sich in Indien politisch oder religiös betätigt habe, führte er an, dass er Anhänger der politischen Partei TDP gewesen sei. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen gab der Beschwerdeführer an, dass die TRS, solange diese Partei an der Macht sei, ihn umbringen würde. Wenn seine Partei TDP an die Macht kommen würde, würde er nach Indien zurückkehren.

Zu den Lebensumständen in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er keine Verwandten oder Familienangehörigen habe. Zu seinen Freunden und seinem Privatleben befragt führte er an, dass er einen Deutschkurs besuche und ansonsten nichts mache, "nur schlafen". Seinen Unterhalt im Bundesgebiet finanziere er durch sein Einkommen als Zeitungszusteller und verdiene er dabei ungefähr 300 Euro monatlich. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation.

Dem Beschwerdeführer wurden am Ende der Einvernahme aktuelle Länderberichte zur Situation in Indien zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit der Einsichtnahme und einer etwaigen Stellungnahme eingeräumt. Dazu gab der Beschwerdeführer an, dass er das nicht brauche.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten

(Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien

(Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurden gemäß §§ 57, 55 AsylG Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen kein Glauben geschenkt werde. Unabhängig davon stehe dem Beschwerdeführer aber eine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Auch eine refoulementschutzrechtlich relevante Gefährdung im Falle einer Rückkehr nach Indien sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der nicht sehr langen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht käme. Angesichts der abweisenden Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergebe sich die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien. Die Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ergebe sich aus § 55 FPG, da besondere Umstände, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen habe, nicht gegeben seien.

4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde. Nach Wiederholung der Fluchtgründe wurde moniert, dass die Behörde ihrer Ermittlungspflicht nicht nachgekommen sei und sich die im Bescheid zitierten Länderberichte kaum auf die konkrete Situation des Beschwerdeführers beziehen würden. Auch habe die Einvernahme in der Sprache Hindi stattgefunden, welcher der Beschwerdeführer kaum mächtig sei. Er verstehe sie zwar weitgehend, jedoch könne er sich nicht derart ausdrücken, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinreichend ermittelt werden könnte. So lasse sich das vermeintlich unkooperative Verhalten des Beschwerdeführers in seiner Einvernahme durch die mangelnden Sprachkenntnisse erklären. Da der Beschwerdeführer in seinem Heimatort aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt werde und ein Schutz seitens der staatlichen Behörden nicht möglich sei, sei ihm der Status eines Asylberechtigten zu gewähren. Da bei einer Rückkehr nach Indien auch die reale Gefahr einer Verletzung seiner in Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte bestehe, sei ihm zumindest der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren gewesen. Auch bestehe in seinem Fall keine innerstaatliche Fluchtalternative, da sich der Beschwerdeführer bereits seit über zwei Jahren im Bundesgebiet befinde und keinen Kontakt zu seiner Familie habe. Somit könne nicht von einem familiären oder sozialen Netz im Herkunftsstaat ausgegangen werden. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien aus dem Bundesstaat Telangana und gehört der Volksgruppe der Telugu und der Religionsgemeinschaft der Hindus an. Seine Identität steht nicht fest. Er spricht die Sprachen Telugu, Hindi und etwas Englisch. Er ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder. Im Herkunftsstaat lebte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehegattin, seinen zwei Kindern, seinen Eltern und seinen drei Brüdern im Elternhaus im Bundesstaat Telangana, wo er zehn Jahre die Schule besuchte und fünf bis sechs Jahre als Schneider arbeitete. Seine Familienangehörigen leben nach wie vor im Elternhaus im Herkunftsstaat.

Der Beschwerdeführer hatte keine Probleme mit den Behörden in Indien.

Die Verfolgungsbehauptungen des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Indien eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung droht. Dem Beschwerdeführer steht in Indien eine inländische Schutz- bzw. Fluchtalternative offen.

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstige Familienangehörigen in Österreich. Er besucht einen Deutschkurs, bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung und ist strafgerichtlich unbescholten. Er verdient als Zeitungszusteller ungefähr 300 Euro monatlich. Der Beschwerdeführer hat keine österreichischen Freunde und ist auch nicht Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation. Er ist gesund und steht im erwerbsfähigen Alter.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Allgemeine Menschenrechtslage

Indien hat 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet (AA 16.8.2016). Die nationale Gesetzgebung in Menschenrechtsangelegenheiten ist breit angelegt. Alle wichtigen Menschenrechte sind verfassungsrechtlich garantiert (ÖB 12.2016). Die Umsetzung dieser Garantien ist allerdings häufig nicht in vollem Umfang gewährleistet (AA 16.8.2016). Eine Reihe von Sicherheitsgesetzen schränken die rechtsstaatlichen Garantien, z.B. das Recht auf ein faires Verfahren, aber ein. Diese Gesetze wurden nach den Terroranschlägen von Mumbai im November 2008 verschärft; u. a. wurde die Unschuldsvermutung für bestimmte Straftatbestände außer Kraft gesetzt. Besonders in Unruhegebieten haben die Sicherheitskräfte zur Bekämpfung sezessionistischer und terroristischer Gruppen weitreichende Befugnisse, die oft exzessiv genutzt werden (AA 16.8.2016).

Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind Missbrauch durch Polizei und Sicherheitskräfte einschließlich außergerichtlicher Hinrichtungen, Folter und Vergewaltigung. Korruption bleibt weit verbreitet und trägt zur ineffektiven Verbrechensbekämpfung, insbesondere auch von Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Mitglieder registrierter Kasten und Stämme sowie auch gesellschaftlicher Gewalt aufgrund von Geschlechts-, Religions-, Kasten- oder Stammeszugehörigkeit bei (USDOS 13.4.2016).

Die Menschenrechtslage ist in Indien regional sehr unterschiedlich (BICC 6.2016), eine verallgemeinernde Bewertung kaum möglich:

Drastische Grundrechtsverletzungen und Rechtsstaatsdefizite koexistieren mit weitgehenden bürgerlichen Freiheiten, fortschrittlichen Gesetzen und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft. Vor allem die Realität der unteren Gesellschaftsschichten, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, ist oftmals von Grundrechtsverletzungen und Benachteiligung geprägt (AA 16.8.2016). Ursache vieler Menschenrechtsverletzungen in Indien bleiben tiefverwurzelte soziale Praktiken wie nicht zuletzt das Kastenwesen (AA 16.8.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016). Während die Bürger- und Menschenrechte von der Regierung größtenteils respektiert werden, ist die Lage in den Regionen, dort wo es interne Konflikte gibt teilweise sehr schlecht. Dies trifft insbesondere auf Jammu und Kaschmir und den Nordosten des Landes zu. Den Sicherheitskräften, aber auch den nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen, seien es separatistische Organisationen oder regierungstreue Milizen, werden massive Menschenrechtsverletzungen angelastet. Dem Militär und den paramilitärischen Einheiten werden Entführungen, Folter, Vergewaltigungen, willkürliche Festnahmen und außergerichtliche Hinrichtungen vorgeworfen. Insbesondere hinsichtlich der Spannungen zwischen Hindus und Moslems, welche im Jahr 2002 zu Tausenden von Todesfällen führten, wird den Sicherheitskräften Parteilichkeit vorgeworfen Die Stimmung wird durch hindunationalistische Parteien angeheizt, welche auch in der Regierung vertreten sind (BICC 6.2016).

Separatistische Rebellen und Terroristen in Jammu und Kaschmir, den nordöstlichen Bundesstaaten und im Maoistengürtel begehen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde an Zivilisten, Polizisten, Streitkräften und Regierungsbeamten. Aufständische sind für zahlreiche Fälle von Entführung, Folter, Vergewaltigung, Erpressung und den Einsatz von Kindersoldaten verantwortlich (USDOS 13.4.2016).

Die Behörden verstoßen auch weiterhin gegen die Privatsphäre der Bürger. In manchen Bundesstaaten schränkt das Gesetz die religiöse Konversion ein und es gibt Berichte von Verhaftungen, aber keine Verurteilungen nach diesem Gesetz. Manche Einschränkungen in Bezug auf die Bewegungsfreiheit dauern an (USDOS 13.4.2016).

Im Oktober 1993 wurde die Nationale Menschenrechtskommission (National Human Rights Commission - NHRC) gegründet. Ihre Satzung beinhaltet den Schutz des Menschenrechtgesetzes aus dem Jahre 1993. Die Kommission verkörpert das Anliegen Indiens für den Schutz der Menschenrechte. Sie ist unabhängig und wurde durch ein Umsetzungsgesetz des Parlaments gegründet. Die NHRC hat die Befugnis eines Zivilgerichtes (NHRC o.D.). Die NHRC empfiehlt, dass das Kriminalermittlungsbüro alle Morde, in denen die angeblichen Verdächtigen während ihrer Anklage, Verhaftung, oder bei ihrem Fluchtversuch getötet wurden, untersucht. Viele Bundesstaaten sind diesem unverbindlichen Rat nicht gefolgt und führten interne Revisionen im Ermessen der Vorgesetzten durch. Die NHRC Richtlinien weisen die Bundesstaatenregierungen an, alle Fälle von Tod durch Polizeihandlung binnen 48 Stunden an die NHRC zu melden, jedoch hielten sich viele Bundesstaatenregierungen nicht an diese Richtlinien. Die NHRC forderte von den Bundesstaatenregierung, den Familien von Opfern eine finanzielle Kompensation zu bieten, aber die Bundesstaatenregierungen erfüllten diese Richtlinien nicht konsequent. Die Behörden haben die Streitkräfte nicht dazu aufgefordert, Todesfälle während der Haft an die NHRC zu melden (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 13.12.2016

-

NHRC - The National Human Rights Commission India (o. D.): The National Human Rights Commission India, http://www.nhrc.nic.in/Documents/Publications/NHRCindia.pdf, Zugriff 5.1.2017

-

ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 13.12.2016

Relevante Bevölkerungsgruppen

Die Verfassung verbietet Diskriminierung auf Basis von Rasse, Geschlecht, Invalidität, Sprache, Geburtsort, Kaste oder sozialen Status. Die Regierung arbeitet mit unterschiedlichem Erfolg an der Durchsetzung dieser Bestimmungen (USDOS 13.4.2016). Frauen, Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten sowie niedriger Kasten werden systematisch diskriminiert (BICC 6.2016).

Quellen:

-

USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 23.12.2016

-

BICC - Bonn International Centre for Conversion (6.2016):

Informationsdienst - Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte: Länderinformation Indien,

http://ruestungsexport.info/uploads/pdf/countries/201607/indien.pdf, Zugriff 7.12.2016

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt landesweite Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Migration und Repatriierung und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 13.4.2016). Das staatliche Gewaltmonopol wird gebietsweise von den Aktivitäten der "Naxaliten" in Frage gestellt. Abgesehen davon ist Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes gewährleistet (AA 16.8.2016).

Die Regierung lockerte Einschränkungen in Bezug auf Reisen nach Arunachal Pradesh, Nagaland, Mizoram, Manipur und Teilen von Jammu und Kaschmir, außer für Ausländer aus Pakistan, China und Burma. Das Innenministerium und die Bundesstaatenregierungen verlangen vor Reiseantritt von den Bürgern spezielle Genehmigungen einzuholen, um in bestimmte gesperrte Regionen bzw. Sperrzonen zu reisen. Die Sicherheitskräfte untersuchen Wagen und deren Inhaber bei Checkpoints im Kaschmirtal, vor öffentlichen Veranstaltungen in Neu Delhi oder nach großen terroristischen Angriffen (USDOS 13.4.2016).

Die Regierung darf die legale Ausstellung eines Passes, an einen Anwärter, von dem geglaubt wird, dass er in Aktivitäten außerhalb des Landes verwickelt ist, die "schädlich für die Souveränität und Integrität der Nation" sind, verweigern Bürger von Jammu und Kaschmir sind auch weiterhin mit massiven Verzögerungen bei der Ausstellung eines Passes konfrontiert, oft dauert es bis zu zwei Jahre, bis ihnen das Außenministerium einen Pass ausstellt oder erneuert. Die Regierung setzt Antragsteller - geboren in Jammu und Kaschmir -, darunter auch Kinder von Militäroffizieren Berichten zufolge zusätzlichen Kontrollen aus, bevor sie einen Pass erhalten (USDOS 16.8.2016).

Mit dem geplanten Datenverbundsystem für die zentralen Sicherheitsbehörden und die Unionsstaaten, Crime and Criminal Tracking Network System (CCTNS), soll künftig ein Informationsaustausch auf allen Ebenen gewährleistet sein. Für 2012 war eine Anbindung von 15.000 Polizeistationen und 6.000 übergeordneten Stellen vorgesehen. Die Umsetzung des ambitionierten Vorhabens liegt jedoch weit hinter dem ursprünglichen Zeitplan (AA 3.3.2014).

Indien ist das siebtgrößte Land der Erde mit über einer Milliarde Einwohnern (ÖB 12.2016). Es ist davon auszugehen, dass Betroffene sich durch Flucht in einen anderen Landesteil jeglicher Art der privaten/halbstaatlichen Probleme entziehen können, da nicht davon auszugehen ist, dass über das Dorf hinaus Anwohner oder lokale Behörden Hinweise erhalten oder recherchieren können oder sich überhaupt dafür interessieren, was ein Zugezogener in der Vergangenheit gemacht haben könnte. Es fehlen jegliche zentrale Aktenführung oder Informationsaustausch. Es bedarf lediglich eines sehr einfachen, öffentlichen Namensänderungsverfahrens, um seine Identität zu verschleiern (AA 3.3.2014).

Es gibt kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem, so dass ein Großteil der Bevölkerung keinen Ausweis besitzt. Dies begünstigt die Niederlassung in einem anderen Landesteil im Falle von Verfolgung. Auch bei laufender strafrechtlicher Verfolgung ist nicht selten ein unbehelligtes Leben in ländlichen Bezirken eines anderen Landesteils möglich, ohne dass die Person ihre Identität verbergen muss (AA 16.8.2016). Ob der Betreffende nach der Umsiedlung dort die Möglichkeit hat, sich ein wirtschaftliches Auskommen zu verschaffen, hängt ausschließlich von seiner Eigeninitiative ab (AA 3.3.2014).

In den großen Städten ist die Polizei jedoch personell und materiell besser ausgestattet, so dass die Möglichkeit, aufgespürt zu werden, dort größer ist. Bekannte Persönlichkeiten ("high profile" persons) können nicht durch einen Umzug in einen anderen Landesteil der Verfolgung entgehen, wohl aber weniger bekannte Personen ("low profile" people) (ÖB 12.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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ÖB - Österreichische Botschaft New Delhi (12.2016):

Asylländerbericht Indien

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USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Pracitces 2015 - India, http://www.ecoi.net/local_link/322482/461959_de.html, Zugriff 28.12.2016

Meldewesen

Es gibt kein Meldewesen in Indien (AA 16.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

Grundversorgung/Wirtschaft

Indiens Wirtschaft hat sich zuletzt erholt und an Dynamik gewonnen. Indien zählt nach wie vor zu den am stärksten expandierenden Volkswirtschaften der Welt. Das Wirtschaftswachstum lag im Haushaltsjahr 2015/2016 bei 7,6% (AA 9.2016).

Das Land hat eine aufstrebende urbane Mittelschicht. Die große Zahl an Facharbeitskräften macht es zu einem beliebten Ziel für internationale Firmen, die versuchen ihre Arbeit auszulagern. Der Großteil der ländlichen Bevölkerung ist weiterhin arm, da deren Leben auch weiterhin durch das altertümliche Hindukastensystem beeinflusst wird, welches jeder Person einen Platz in der sozialen Hierarchie zuweist (BBC 27.9.2016)

Das hohe Wachstum der Jahre bis 2011 hat die regionalen Entwicklungsunterschiede auf dem Subkontinent und das zunehmende Einkommensgefälle zwischen der expandierenden städtischen Mittelschicht und der überwiegend armen Bevölkerung auf dem Lande, wo noch knapp 70% aller Inder leben, schärfer hervortreten lassen. Ende September 2014 verkündete Premierminister Modi die "Make in India" Kampagne und rief ausländische Investoren dazu auf, in Indien bei verbesserten Investitionsbedingungen zu produzieren. Zur Ankurbelung der weiteren Industrialisierung werden groß angelegte Infrastrukturprojekte verfolgt. Auch im Bereich Schiene, den Häfen und im Luftverkehr sind erhebliche Investitionen nötig und geplant. Wachstum und Wohlstand verdankt Indien vor allem dem Dienstleistungssektor mit einem Anteil von über 53% am BIP. Hiervon profitiert aber bei einem Beschäftigungsanteil von etwa 30% nur ein kleiner Teil der Bevölkerung. Zur Überwindung der Massenarmut sollen neue Arbeitsplätze geschaffen werden, vor allem auch für nicht oder gering qualifizierte Kräfte (AA 9.2016).

Indien hat eine Erwerbsbevölkerung von 404,5 Millionen, von welchen 43 Millionen im formellen Sektor und 361 Millionen im informellen Sektor arbeiten, wo sie weder gegen Krankheit oder Arbeitsunfälle abgesichert sind, noch Anspruch auf soziale Leistungen oder Altersversorgung haben (AA 9.2016). Der Hauptteil der Menschen, die im informellen Sektor arbeiten, sind im privaten Sektor tätig (BAMF 12.2015). Die überwiegende Mehrheit der indischen Bevölkerung lebt in ländlich-bäuerlichen Strukturen und bleibt wirtschaftlich benachteiligt. Der Anteil der Landwirtschaft an der indischen Wirtschaftsleistung sinkt seit Jahren kontinuierlich und beträgt nur noch etwa 17,4% (2015/16) der Gesamtwirtschaft, obgleich rund 50% der indischen Arbeitskräfte in diesem Bereich tätig sind (AA 9.2016).

Die Regierung hat überall im Land mehr als 900 Arbeitsagenturen (Employment Exchanges) eingeführt um die Einstellung geeigneter Kandidaten zu erleichtern. Arbeitssuchende registrieren sich selbständig bei den Arbeitsagenturen und werden informiert sobald eine geeignete Stelle im Regierungssekte frei ist. Das MGNREGA Gesetz (Mahatma Gandhi National Rural Employment Guarantee Act) ist ein Arbeitsgarantieprogramm. Erwachsenen eines ländlichen Haushalts, welche gewillt sind Handwerksarbeit zum Mindestlohn zu verrichten, wird hierdurch eine gesetzliche Jobgarantie für 100 Tage im Jahr gewährt. Das Kommissariat oder Direktorat der Industrie (The Commissionerates or Directorates of Industries) bieten Hilfe bei der Geschäftsgründung in den verschiedenen Staaten. Einige Regierungen bieten Arbeitslosenhilfe für Personen, die bereits mehr als drei Jahre bei der Stellenbörse registriert sind (BAMF 12.2015)

Indien steht vor gewaltigen Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung und in der Bildungs- und Infrastrukturentwicklung. Das durchschnittliche jährliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 1.313 Euro. Etwa 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze von 1 USD pro Kopf und Tag. Rund 70% haben weniger als 2 USD pro Tag zur Verfügung. Auf dem Human Development Index des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations Development Programme - UNDP) steht Indien auf Platz 135 unter 187 erfassten Staaten. Während es weltweit die meisten Millionäre und Milliardäre beheimatet, liegt Indien bei vielen Sozialindikatoren deutlich unter den Durchschnittswerten von Subsahara-Afrika. Gleichzeitig konnten in den letzten beiden Jahrzehnten hunderte Millionen Menschen in Indien der Armut entkommen (AA 9.2016).

In Indien haben derzeit von 400 Millionen Arbeitskräften nur etwa 35 Millionen Zugang zum offiziellen Sozialen Sicherungssystem in Form einer Altersrentenabsicherung. Dies schließt Arbeiter des privaten Sektors, Beamte, Militärpersonal und Arbeitnehmer von Unternehmen des staatlich öffentlichen Sektors ein (BAMF 8.2014). Die Regierung betreibt eine Vielzahl von Programmen zur Finanzierung von Wohnungen. Diese richten sich jedoch zu meist an Personen unterhalb der Armutsgrenze. Weiters bieten die Regierungen eine Vielzahl an Sozialhilfen an welche sich jedoch an unterprivilegierte Gruppen, wie die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze richten. Diese Programme werden grundsätzlich durch die lokalen Verwaltungen umgesetzt (Panchayat) (BAMF 12.2015).

Die Arbeitnehmerrentenversicherung ist verpflichtend und mit der Arbeit verknüpft. Das staatliche Sozialversicherungsprogramm (National Social Assistance Programme) erfasst nur die Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze oder physisch Benachteiligte. Das staatliche Rentensystem National Pension System (NPS) ist ein freiwilliges, beitragsbasiertes System, welches es den Teilnehmer ermöglicht systematische Rücklagen während ihres Arbeitslebens anzulegen (BAMF 12.2015).

Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum. Sofern es nicht zu außergewöhnlichen Naturkatastrophen kommt, ist jedoch eine für das Überleben ausreichende Nahrungsversorgung auch den schwächsten Teilen der Bevölkerung grundsätzlich sichergestellt. Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, Sozialhilfe oder ein anderes soziales Netz. Rückkehrer sind auf die Unterstützung der Familie oder Freunde angewiesen. Vorübergehende Notlagen können durch Armenspeisungen im Tempel, insbesondere der Sikh-Tempel, die auch gegen kleinere Dienstleistungen Unterkunft gewähren, ausgeglichen werden (AA 16.8.2016).

Als Teil einer Armutsbekämpfungsinitiative wurde seit 2010 Millionen indischer Bürger eine Aadhaar ID Nummer ausgestellt. Obwohl diese nicht verpflichtend ist, gaben Beamte an, dass der Nichtbesitz den Zugang zur Staatshilfe limitieren werden könnte (FH 3.10.2013). Die unverwechselbare Identitätsnummer ermöglicht es beispielsweise, dass staatliche Zuschüsse direkt an den Verbraucher übermittelt werden. Anstatt diese auf ein Bankkonto zu senden, wird sie an die unverwechselbare Identitätsnummer überwiesen, die mit der Bank verbunden ist und geht so an das entsprechende Bankkonto. 750 Millionen Inder haben derzeit eine derartige Identitätsnummer, ca. 130 Millionen haben diese auch mit ihrem Bankkonto verknüpft (International Business Times, 2.2.2015).

Die Identifizierungsbehörde Indiens wurde eingerichtet, um die rechtliche und technische Infrastruktur zu schaffen, die notwendig ist, um allen indischen Einwohnern eine 12-stellige Identitätsnummer (UID) auszustellen, die online überprüft werden können. Dieses Projekt soll gefälschte und doppelte Identitäten ausschließen. Das neue Identitätssystem wird mit Fotos, demographischen und biometrischen Details (Fingerabdrücke und IrisBild) verbunden. Der Erwerb einer UID ist freiwillig und kostenlos. Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, sich registrieren zu lassen (UK Home Office 2.2015).

Da die im Rahmen des UID bzw. Aadhaar Projektes gesammelten Daten nicht in das nationale Bevölkerungsregister (NPR) integriert werden, stellt dieses jedoch nur eine bloße Auflistung von Namen und demographischen Details dar. Bisher wurden 1,04 Milliarden Aadhaar Nummern generiert, mit dem Plan der vollständigen Erfassung der Bevölkerung bis März 2017. Die zuständige Behörde für die einheitliche Identifikationsnummer weigert sich, die gesammelten Daten an das für das Bevölkerungsregister zuständige Innenministerium weiterzuleiten, da sie aufgrund des im Juli 2016 verabschiedeten Gesetzes von einem Datenaustausch ausgeschlossen ist (HT 8.8.2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Indien, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8E633C2F61937CFE7189E5065CD31B93/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Indien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 23.12.2016

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BBC - British Broadcasting Corporation (27.9.2016) India profile - Overview, http://www.bbc.co.uk/news/world-south-asia-12557384, Zugriff 28.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (8.2014):

Länderinformationsblatt Indien, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_indien-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 29.12.2016

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

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FH - Freedom House (3.10.2013): Freedom on the Net 2013 - India, http://www.ecoi.net/file_upload/3714_1380802722_fotn-2013-india.pdf, Zugriff 9.1.2017

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HT - Hindustan Times (8.8.2016): National Population Register project now a Rs 4,800-crore sinkhole, http://www.hindustantimes.com/india-news/national-population-register-project-now-a-rs-4-800-crore-sinkhole/story-xwmSEA3NwijJFoOpxYe3dN.html, Zugriff 9.1.2017

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International Business Times (2.2.2015): One Billion Indians To Have UID Numbers By Year-End As India Seeks To Boost Social Security,

http://www.ibtimes.com/one-billion-indians-have-uid-numbers-year-end-india-seeks-boost-social-security-1802126, Zugriff 9.1.2017

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UK Home Office (2.2015): Country Information and Guidance India:

Background information, including actors of protection, and internal relocation,

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/402790/cig_india_background_2015_02_04_v2_0.pdf, Zugriff 29.12.2016

Rückkehr

Allein die Tatsache, dass eine Person in Deutschland einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zu nachteiligen Konsequenzen nach der Abschiebung. In den letzten Jahren hatten indische Asylbewerber, die in ihr Heimatland abgeschoben wurden, grundsätzlich - abgesehen von einer intensiven Prüfung der (Ersatz-) Reisedokumente und einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden - keine Probleme. Polizeilich gesuchte Personen müssen allerdings bei Einreise mit Verhaftung und Übergabe an die Sicherheitsbehörden rechnen (AA 16.8.2016). Die indische Regierung hat kein Reintegrationsprogramm und bietet auch sonst keine finanzielle oder administrative Unterstützung für Rückkehrer (BAMF 12.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (16.8.2016): Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Indien

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (12.2015):

Länderinformationsblatt Republik Indien, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772099/18364589/Indien_-_Country_Fact_Sheet_2015%2C_deutsch.pdf?nodeid=17927013&vernum=-2, Zugriff 29.12.2016

2. Beweiswürdigung:

2.1. Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokumentes steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Seine Staatsangehörigkeit und seine Herkunft erscheinen auf Grund seiner Sprach- und Ortskenntnisse glaubhaft.

Die Feststellungen über die Lebenssituation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat sowie die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Freunde, Verwandten oder Familienangehörigen hat, Zeitungen zustellt und dabei ungefähr 300 Euro monatlich verdient, einen Deutschkurs besucht, nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation sowie gesund ist, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.09.2017.

Dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch nimmt und strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem und ins österreichische Strafregister.

Dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keine Probleme mit den Behörden hatte, ergibt sich aus seinen Angaben in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.09.2017.

Die Beurteilung der belangten Behörde, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Bedrohung durch politische Gegner der Partei TRS nicht glaubhaft sei, ist zutreffend. Der Beschwerdeführer hat zwar eine derartige Bedrohungssituation sowohl im Verlauf der sicherheitsbehördlichen Befragung am 12.07.2015 als auch bei der Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.09.2017 behauptet, seine diesbezüglichen Angaben sind jedoch insgesamt als sehr abstrakt sowie wenig konkret und detailliert zu qualifizieren.

So führte der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an, dass er 18 Jahre lang Mitglied der TDP Partei gewesen sei und seinen Bruder, welcher im Gemeinderat sitze, unterstützt habe. Nach der politischen Tätigkeit seines Bruders befragt, beschränkte sich die Angabe der Beschwerdeführer auf: "Mein Bruder ist Gemeinderat und hat ein Hühner-Geschäft.". Auch konkret nach seiner eigenen politischen Tätigkeit befragt, führte der Beschwerdeführer nur sehr allgemein an, dass er Plakate aufgehängt und allgemeine Arbeiten erledigt habe. Genauere Angaben zu seiner achtzehnjährigen politischen Aktivität vermochte er nicht zu tätigen. Auch hatte der Beschwerdeführer kein Wissen über die Partei, der er 18 Jahre lang angehört haben will. Diesbezüglich befragt, führte der Beschwerdeführer lediglich an, dass diese "Telu Gueshem Partei" heiße. Aufgefordert, weitere Informationen über die Partei zu geben, entgegnete der Beschwerdeführer dem Leiter der Amtshandlung, dass er sonst nichts wisse, nur, wie die Partei heiße. Wie im angefochtenen Bescheid richtig ausgeführt, ist es somit nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer fast zwei Jahrzehnte bei der TDP gewesen sein will, jedoch weder Angaben zu seinen eigenen Aufgaben, noch zu seinem Bruder - welcher überdies laut Vorbringen eine hohe Position in der Partei innegehabt haben soll - oder allgemein zu seiner Partei machen konnte.

Weiters war der Beschwerdeführer weder von sich aus noch auf Nachfrage seitens des einvernehmenden Beamten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - wie schon im angefochtenen Bescheid festgehalten wurde - in der Lage, das fluchtauslösende Ereignis konkret, ausführlich und nachvollziehbar zu schildern. So konnte der Beschwerdeführer nicht angeben, wann die gegnerische Partei ihn mit dem Umbringen bedroht haben soll. Zunächst führte er danach befragt an, dass es im Jahr 2014 oder 2015 passiert sei. Aufgefordert, konkrete Angaben zu seinen Fluchtgründen zu machen, wiederholte er bloß die bereits angegebene, lange Zeitspanne und gab diesbezüglich an, dass er nicht wisse, wann es genau gewesen sei. Zu den konkreten Verfolgungshandlungen seitens der Anhänger der TRS gab er schließlich - auch nur lapidar - an, dass im März oder April 2015 sechs bis sieben Personen zu ihm nachhause gekommen seien und zu ihm gesagt hätten, er soll die Partei verlassen, ansonsten würden sie ihn umbringen. Weitere konkrete Details vermochte der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht anzugeben. Auch war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, die Personen, die ihn bedroht haben wollen, genauer zu beschreiben und führte er nach erneuter Aufforderung, konkrete Angaben zu machen an: "Ich habe diese Personen nicht genau beobachtet.". Darüber hinaus ist es auch keinesfalls nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer eine derart intensive Verfolgung, die ihn schließlich zur Ausreise bewogen haben soll, vier bis fünf Jahre lang ertragen und sich erst nach vielen Jahren entschlossen hat, das Land zu verlassen, und in seinem Asylverfahren - wie oben dargestellt - nicht in der Lage ist, die von ihm behauptete jahrelange Bedrohung durch seine Gegner konkret und unter Angabe von Details darzulegen.

Soweit im Beschwerdeschriftsatz zu den im Bescheid vorgehaltenen vagen Aussagen des Beschwerdeführers moniert wird, dass dieser Verständigungsprobleme aufgrund seiner mangelnden Sprachkenntnisse in Hindi habe, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer weder während der Erstbefragung noch im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Verständigungsprobleme mit den jeweiligen Dolmetschern vorgebracht hat. Im Gegenteil, der Beschwerdeführer gab eingangs der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, den anwesenden Dolmetscher zu verstehen, und auch am Ende der Einvernahme führte er an, keine Verständigungsprobleme gehabt zu haben (siehe Protokoll der Erstbefragung). Ebenso wurde er am Beginn seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gefragt, ob er den anwesenden Dolmetscher gut verstehe und wurde er weiters darauf hingewiesen, dass er bei Unklarheiten gerne nachfragen könne. Schließlich gab der Beschwerdeführer am Ende der Einvernahme an, dass er den Dolmetscher gut verstanden habe, die Möglichkeit gehabt habe, alles zu erzählen, dies "alle meine Fluchtgründe" gewesen seien und er nichts mehr hinzuzufügen habe. Zudem unterzeichnete er das Protokoll eigenhändig auf jeder Seite, weshalb das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer die in den Niederschriften enthaltenen Angaben in der entsprechenden Einvernahme auch so getätigt hat, zumal gemäß § 15 AVG eine gemäß § 14 leg. cit. aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung - soweit nicht Einwendungen erhoben wurden - vollen Beweis liefert, wobei der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorbringens zulässig bleibt. Ungeachtet des Umstandes, dass Protokollrügen bei Rückübersetzung der Niederschrift grundsätzlich im Rahmen derselben Amtshandlung vorzubringen sind (§ 14 Abs. 3 und 4 AVG), vermochte der Beschwerdeführer der Beweiskraft der Niederschrift der Einvernahme vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor dem Bundesamt nichts Entscheidendes entgegenzusetzen.

Aufgrund der völlig vagen und wenig nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Verfolgung durch die TRS-Partei war davon auszugehen, dass es sich bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen lediglich um ein gedankliches Konstrukt handelt.

Darüberhinaus würde sich auch bei Wahrunterstellung der Bedrohungsbehauptungen des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen über die Lage in seinem Herkunftsstaat daraus keine ernsthafte Bedrohungssituation für den Beschwerdeführer ableiten lassen. Aus den Länderberichten ergibt sich deutlich, dass in Indien volle Bewegungsfreiheit gewährleistet ist. Es kann grundsätzlich örtlich begrenzten Konflikten bzw. Verfolgungshandlungen durch Übersiedelung in einen anderen Landesteil ausgewichen werden. Weiters gibt es kein staatliches Melde- oder Registrierungssystem für indische Staatsbürger und diese b

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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