Entscheidungsdatum
18.06.2018Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W261 2192164-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und den Richter Mag. Markus BELFIN sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, vertreten durch den ÖZIV Burgenland - Verband für Menschen mit Behinderungen, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 05.01.2018, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.04.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist seit 11.03.1999 Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 50 v.H.
Am 31.08.2016 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass. Nach Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 08.11.2016 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Zusatzeintragung nicht vorlägen. Die belangte Behörde wies den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass mit Bescheid vom 22.12.2016 ab.
Der Beschwerdeführer beantragte am 30.10.2017 binnen der Jahresfrist aufgrund von Verschlechterung erneut die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Befunden vor.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag, die am 21.12.2017 basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am selben Tag ein Gutachten erstellte. Die medizinische Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht zumutbar sei.
Mit angefochtenem Bescheid vom 05.01.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung" in den Behindertenpass ab. In der Begründung des Bescheides gab die belangte Behörde im Wesentlichen die Ausführungen des ärztlichen Sachverständigengutachtens, welche als schlüssig erachtet würden, wieder. Mit dem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer das ärztliche Sachverständigengutachten übermittelt.
Mit Schreiben vom 14.02.2018 erhob der durch den ÖZIV Burgenland - Verband für Menschen mit Behinderungen (in der Folge als ÖZIV bezeichnet) bevollmächtigt vertretene Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin brachte er im Wesentlichen vor, er leide unter schmerzhaften Verkrampfungen der Muskulatur in den Beinen, sogar beim Sitzen. Im der Beschwerde angeschlossenen Röntgenbefund vom 02.02.2018 sei eine Varusfehlstellung bei deutlicher Gonarthrose im linken Knie angeführt, die zu einer deutlichen Verkürzung der möglichen Wegstrecken führe. Dies sei auch der Grund, warum das Knie des Beschwerdeführers unkontrolliert einschnappe und bei Belastung zu starken Schmerzen führe. Das im ebenfalls der Beschwerde angeschlossenen schmerztherapeutischen Befund vom 13.11.2017 angeführte ISG Syndrom führe zu heftigen Schmerzen im Iliosakralgelenk. Die ISG Schmerzen würden meist anfallsartig auftreten, was den sicheren Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln, sowie das sichere Ein- und Aussteigen unmöglich mache. Aufgrund der umfangreichen Einschränkungen und Belastungsstörungen sei auch das Zurücklegen kurzer Wegstrecken nicht zumutbar.
Aufgrund der Einwendungen in der Beschwerde holte die belangte Behörde ein weiteres Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung vom 05.04.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.03.2018 ein. Die medizinische Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel aus medizinischer Sicht zumutbar sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 06.04.2018 wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass aufgrund der Beschwerde ein Gutachten einer ärztlichen Sachverständigen eingeholt worden sei, das zu diesem Ergebnis komme und der Entscheidung zugrunde gelegt werde. Gleichzeitig übermittelte die belangte Behörde das Gutachten vom 05.04.2018.
Der durch den ÖZIV vertretene Beschwerdeführer stellte mit E-Mail vom 11.04.2018 einen Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht.
Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang mit Schreiben vom 12.04.2018 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.05.2018 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist, und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.
Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers:
Allgemeinzustand:
gut, 82 Jahre
Ernährungszustand:
Gut
Größe: 172 cm Gewicht: 82 kg Blutdruck: 110/80
Gesamtmobilität - Gangbild:
Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen ohne Hilfsmittel, das Gangbild hinkfrei und unauffällig, flüssig, zügig, teilweise unsicher. Während Untersuchung Kreislaufprobleme, Besserung nach Hinsetzen. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.
Klinischer Status - Fachstatus:
Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen
Thorax: symmetrisch, elastisch. Narbe nach Sternotomie nach Klappenoperation, unauffällig
Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, arrhythmisch, VHFL.
Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:
Rechtshänder. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden. Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett, Fingerspreizen beidseits unauffällig, die grobe Kraft in etwa seitengleich, Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.
Becken und beide unteren Extremitäten:
Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang beidseits mit Anhalten und ohne Einsinken kurz durchführbar. Der Einbeinstand ist mit Anhalten möglich. Die tiefe Hocke ist ansatzweise möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, periphere Pulse tastbar, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Kniegelenk rechts: unauffällig
Kniegelenk links: geringgradige Varusstellung, keine Überwärmung, keine Umfangsvermehrung, kein Erguss, Patella mäßig verbacken, stabil.
Hüftgelenke beidseits unauffällig.
Sämtliche Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Aktive Beweglichkeit: Hüften S beidseits 0/110, IR/AR 20/0/40, Knie beidseits 0/0/130, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.
Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.
Wirbelsäule:
Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule. Narbe obere LWS median.
Aktive Beweglichkeit:
HWS: F 20/0/20, R 50/0/50
BWS/LWS: FBA: 20 cm, Abstützen beim Aufrichten, F und R je 20°
Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.
Der Beschwerdeführer hat folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
-
Zustand nach Mitralklappenrekonstruktion mit Ringimplantation 1997 mit guter Herzfunktion ohne Dekompensationszeichen
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Degenerative Veränderungen in der Wirbelsäule mit Funktionseinschränkungen mittleren Grades ohne neurologisches Defizit
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Abnützungserscheinungen in beiden Hüftgelenken mit Funktionseinschränkung geringen Grades
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Abnützungserscheinungen im linken Kniegelenk mit Funktionseinschränkung geringen Grades
-
Abnützungserscheinungen in beiden Schultergelenken mit Funktionseinschränkung geringen Grades
Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkten. Es sind im Bereich der Hüft- und Kniegelenke keine Defizite, welche die Steh- und Gehleistung maßgeblich einschränkten, objektivierbar, die Gesamtmobilität ist ausreichend, um kurze Wegstrecken von 300 bis 400 Meter zurücklegen zu können und um Niveauunterschiede zu überwinden. Eine Gangbildbeeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden, eine ausreichende Trittsicherheit ist mit Schuhen gegeben. Das sichere Aus- und Einsteigen ist möglich. An der oberen Extremität sind keine relevanten Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft seitengleich und gut, sodass die Benützung von Haltegriffen zumutbar und möglich ist. Darüberhinaus ist auch eine höhergradige Herzerkrankung oder Lungenfunktionseinschränkung, welche die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschweren müsste, nicht objektivierbar. Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einhergehen, können nur indirekt erfasst werden. Anhand des beobachteten Gangbilds - hinkfrei und unauffällig, flüssig, zügig, teilweise unsicher, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (Parkemed, analgetische Medikation nach WHO Stufenschema 1) ergibt sich kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, welche das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden von Niveauunterschieden und den Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich erschwerten.
Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Behindertenpass ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" führt, gründet sich auf das orthopädische Sachverständigengutachten vom 05.04.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.03.2018. Damit wird auch das ebenfalls auf einer persönlichen Untersuchung basierende allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 21.12.2017 bestätigt, das bezüglich der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zum selben Ergebnis kommt. Im Unterschied zu diesem, dem angefochtenen Bescheid vom 05.01.2018 zugrunde liegenden Gutachten schätzt die orthopädische Sachverständige nunmehr das Leiden "Hyperlipidämie" nicht mehr ein, was sich jedoch nicht auf die beantragte Zusatzeintragung auswirkt.
Im Gutachten vom 05.04.2018 wird unter Berücksichtigung der erstatteten Einwendungen und der vorgelegten Befunde vollständig, widerspruchsfrei und schlüssig auf die bestehenden Funktionseinschränkungen und die für eine allfällige Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" geforderten Voraussetzungen eingegangen und nachvollziehbar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer aktuell zumutbar ist.
Beim Beschwerdeführer bestehen zwar Einschränkungen der oberen und unteren Extremitäten, jedoch erreichen diese kein Ausmaß, welches seine Mobilität erheblich und dauerhaft einschränkt. Die Zurücklegung einer kurzen Wegstrecke von 300 bis 400 Metern ist möglich. Der Beschwerdeführer ist auch in der Lage, Niveauunterschiede zu überwinden - und damit in öffentliche Verkehrsmittel sicher ein- und auszusteigen. Im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 07.03.2017 zeigte sich das Gangbild des Beschwerdeführers hinkfrei und unauffällig, flüssig und zügig, wenn auch teilweise unsicher. Der Beschwerdeführer benötigt zur Fortbewegung jedoch keine Gehhilfe, eine ausreichende Trittsicherheit ist mit Schuhen gegeben. Die in der Beschwerde vorgebrachte Varusstellung im linken Kniegelenk ist ebenso wie die Gonarthrose im Gutachten berücksichtigt, führt jedoch nicht zu einer erheblichen Mobilitätseinschränkung. Die diesbezüglich geschilderten Beschwerden konnten in der Statuserhebung, in welcher - wie bereits festgehalten - ein unauffälliges Gangbild festgestellt wurde, gerade nicht objektiviert werden. An den oberen Extremitäten sind keine relevanten Funktionsbehinderungen fassbar, die Kraft ist seitengleich und gut, Haltegriffe können daher für einen sicheren Transport benützt werden.
Darüber hinaus ist auch keine höhergradige Herzerkrankung oder Lungenfunktionseinschränkung objektivierbar, welche die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel maßgeblich erschweren würde.
Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, er leide an einem Schmerzsyndrom das zu heftigen Schmerzen im Iliosakralgelenk und in weiterer Folge zur Unmöglichkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel führe, hält die orthopädische Sachverständige dazu fest, dass Art und Ausmaß allfälliger Schmerzzustände, die speziell mit der Benützung öffentliche Verkehrsmittel einhergehen, nur indirekt erfasst werden können. Anhand des beobachteten Gangbilds, des aktuellen Untersuchungsergebnisses mit ausreichender Beweglichkeit sämtlicher Gelenke der unteren Extremitäten und der derzeitigen Therapieerfordernis (analgetische Medikation nach WHO Stufenschema 1), ergibt sich demnach kein Hinweis auf höhergradige Schmerzzustände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar machen würden.
Sämtliche vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde sind in den Beurteilungen der Sachverständigen berücksichtigt. Sie sind nicht geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände des Beschwerdeführers zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen zu können. Im Vorlageantrag wurden keine weiteren aktuellen Befunde vorgelegt.
Der Beschwerdeführer ist somit dem auf einer persönlichen Untersuchung am 07.03.2018 basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Orthopädie vom 05.04.2018 im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Orthopädie vom 05.04.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.03.2018 und wird dieses in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 05.01.2018 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.04.2018 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 32/2018 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde.
Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen."
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, idg F BGBl II Nr. 263/2016 lautet - soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
"§ 1 ....
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. .......
2. ......
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
-
erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
-
erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
-
erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller
Fähigkeiten, Funktionen oder
-
eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
-
eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1
Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)......"
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist, und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit der Beschwerdeführerin zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Bei der Beurteilung der zumutbaren Wegstrecke geht der Verwaltungsgericht von städtischen Verhältnissen und der durchschnittlichen Distanz von 300 bis 400 Metern bis zur nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels aus (vgl. das Erkenntnis vom 27. Mai 2014, Zl. Ro 2014/11/0013).
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen -, wurde im seitens der belangten Behörde eingeholten orthopädischen Sachverständigengutachten vom 05.04.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 07.03.2018, nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers - trotz der bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorliegen. Damit wird das Ergebnis des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden, allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 21.11.2017 präzisiert und bestätigt.
Ausgehend vom vorliegenden Sachverständigengutachten sind beim Beschwerdeführer aktuell weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren oder oberen Extremitäten noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, oder eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit im Sinne der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen objektiviert.
Die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befunde waren, wie bereits erwähnt, nicht geeignet, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes der Beschwerdeführerin zu belegen. Es ist daher im Beschwerdefall zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt rechtlich davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und aus den über deren Veranlassung eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten, die auf persönlichen Untersuchungen sowie der Aktenlage beruhen, auf alle Einwände und vorgelegten Atteste des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingehen, und welchen der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurden keine diesen Gutachten widersprechende Befunde oder Gegengutachten vorgelegt. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers und damit verbunden die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. Beide Parteien haben keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Sachverständigengutachten, ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W261.2192164.1.00Zuletzt aktualisiert am
26.06.2018