TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/18 W261 2187346-1

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Veröffentlicht am 18.06.2018
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Entscheidungsdatum

18.06.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W261 2187346-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und den Richter Mag. Markus BELFIN sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 18.01.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 12.10.2017 (einlangend) beim Sozialministeriumservice (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und legte dabei ein Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.12.2017 erstatteten Gutachten vom 09.01.2018 führte der medizinische Sachverständige für Allgemeinmedizin im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer an schweren Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen, an Funktionseinschränkungen des Schultergelenkes links, an Depressionen und Nebenniereninsuffizienz leide. Der Gesamtgrad der Behinderung betrage 60 v.H. (von Hundert).

Unter Zugrundelegung des ärztlichen Sachverständigengutachtens stellte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 18.01.2018 einen Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. aus. Diesem ausgestellten Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu. Die belangte Behörde schloss diesem Schreiben das oben genannte Sachverständigengutachten an.

Der Beschwerdeführer stellte in weiterer Folge am 24.01.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises, der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt.

Mit Emailnachricht vom 30.01.2018 erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen "den Behindertenpass vom 18.01.2018". Er führte in seiner Beschwerde aus, dass im Sachverständigengutachten folgende Behinderungen nicht berücksichtigt worden seien, bzw. er vergessen habe, diese anzuführen. Er sei an beiden Beinen behindert, rechts durch eine Zehenamputation nach einem Rasenmäherunfall (Phantomschmerzen), links durch mangelnde Versorgung durch die Nervenleiter nach Operationen der LWS. Entsprechende Nachweise habe er erbracht. Bei der Untersuchung habe er lediglich ca. sechs Schritte im Untersuchungsraum getätigt, und sei dies zur Begutachtung herangezogen worden. Leider sei es ihm aufgrund der im Gutachten angeführten Beschwerde sehr oft nicht möglich, mehr als fünfzig Meter in einem zu gehen (weniger als 80 Schritte im Durchschnitt). Sein Heimatdorf liege im Wienerwald und habe keine Infrastruktur zum Einkauf. Die nächsten Geschäfte seien acht Kilometer entfernt, die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei sehr dürftig. Er könne seine Wege nur mit dem Auto bewältigen. Er ersuche daher, aufgrund dieser Angaben eine Ergänzung im Behindertenpass vorzunehmen, wonach die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass vorgenommen werde. Der Beschwerdeführer schloss seiner Beschwerde keine neuen Befunde an.

Die belangte Behörde wies den Antrag des Beschwerdeführers vom 24.01.2018 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass mit Bescheid vom 31.01.2018 ab. Dieser Bescheid ist mangels Beschwerde des Beschwerdeführers in Rechtskraft erwachsen.

Die belangte Behörde übermittelte den Aktenvorgang mit Schreiben vom 27.02.2018 an das Bundesverwaltungsgericht, wo dieser am selben Tag einlangte.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.05.2018 eine Abfrage im Zentralen Melderegister durch, wonach der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger ist und seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer brachte am 12.10.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand:

Guter Allgemeinzustand

Ernährungszustand: Guter Ernährungszustand

Größe: 181,00 cm Gewicht: 84,00 kg Blutdruck: 120/80

Klinischer Status - Fachstatus: Caput: unauffällig

Collum: unauffällig

Thorax: unauffällig

Mammae: unauffällig

Cor: HA rein, rhythmisch, normfrequent

Pulmo: VA bds, Basen frei

Abdomen: weich, kein Druckschmerz, Leber unter dem Rippenbogen

Obere Extremitäten:

Schultergelenke: Kontur regelrecht, links vorhalten und seitlich bds. bis 90 Grad, blande Narbe nach Schulter OP, rechts bis 140 Grad, keine Funktionseinschränkung, Nacken - und Kreuzgriff möglich

Ellenbogen: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Handgelenke: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Fingergelenke: frei beweglich, Faustschluss bds. möglich, Pinzettengriff bds. möglich

Wirbelsäule:

im Lot, blande Narbe über der der LWS, trägt Mieder, keine Klopfdolenz, ISG bds. frei, FBA 20 cm, KJA 0 cm, Schober 10/14, Lasegue bds. negativ

Untere Extremitäten: Hüftgelenke: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Kniegelenke: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Sprunggelenke: links in S 20 - 0 - 30, rechts in S 30 - 0 - 50, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Haut: unauffällig

Neurologisch: grob neurologisch unauffällig

Zehengang: möglich

Fersengang: nicht möglich

Gesamtmobilität - Gangbild:

Trägt Konfektionsschuhe, Gangbild frei und flüssig, symmetrisches Armpendeln, An - und Auskleiden alleine möglich

Status Psychicus:

Allseits orientiert, Gedankengang geordnet, nachvollziehbar, Antrieb normal, Stimmung depressiv, Affekt stabil, Mnestik unauffällig

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

-

Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen schweren Grades

-

Funktionseinschränkung Schultergelenk links

-

Depression

-

Nebenniereninsuffizienz

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt aktuell 60 v.H. Das ist ein Dauerzustand.

Der Beschwerdeführer stellte am 24.01.2018 einen Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO, der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt.

Die belangte Behörde wies diesen Antrag mit Bescheid vom 31.01.2018 ab. Dieser Bescheid ist mangels Beschwerde in Rechtskraft erwachsen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen hinsichtlich der Antragsstellung basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland basieren auf der vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Abfrage im Zentralen Melderegister vom 22.05.2018.

Der Gesamtgrad der Behinderung gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 09.01.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 11.12.2017.

Darin wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und dessen Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden sowie mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen; die Gesundheitsschädigungen sind nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft. Der Sachverständige geht in seinem Gutachten vom 09.01.2018 ausführlich auf sämtliche vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunde ein. Die vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde, welche sich ausdrücklich gegen den Behindertenpass vom 18.01.2018 richtet, angeführten Beschwerden sind bei der Einschätzung der einzelnen Leiden und Funktionsbeeinträchtigungen entsprechend berücksichtigt. Der Beschwerdeführer legte seiner Beschwerde keine neuen Befunde bei.

Der Beschwerdeführer ist damit den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen nicht und damit insbesondere auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 09.01.2018. Es wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Insoweit das Vorbringen der Beschwerde sich gegen die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass richtet, sei darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer einen entsprechenden Antrag erst am 24.01.2018 - somit nach Übermittlung des Behindertenpasses, der mit Schreiben vom 18.01.2018 an den Beschwerdeführer versendet wurde, eingebracht hat. Diesen Antrag wies die belangten Behörde mit Bescheid vom 31.01.2018, somit nach Einlangen der verfahrensgegenständlichen Beschwerde bei der belangten Behörde am 30.01.2018, ab. Der Beschwerdeführer ergriff gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel. Die entsprechenden Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Beschwerdeakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen."

Die maßgebenden Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung, BGBl. II. Nr. 261/2010 idgF BGBl II. Nr. 251/2012) lauten auszugsweise wie folgt:

"Behinderung

§ 1. Unter Behinderung im Sinne dieser Verordnung ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft, insbesondere am allgemeinen Erwerbsleben, zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Grad der Behinderung

§ 2. (1) Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung zu beurteilen. Der Grad der Behinderung wird nach Art und Schwere der Funktionsbeeinträchtigung in festen Sätzen oder Rahmensätzen in der Anlage dieser Verordnung festgelegt. Die Anlage bildet einen Bestandteil dieser Verordnung.

(2) Bei Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen, die nicht in der Anlage angeführt sind, ist der Grad der Behinderung in Analogie zu vergleichbaren Funktionsbeeinträchtigungen festzulegen.

(3) Der Grad der Behinderung ist nach durch zehn teilbaren Hundertsätzen festzustellen. Ein um fünf geringerer Grad der Behinderung wird von ihnen mit umfasst. Das Ergebnis der Einschätzung innerhalb eines Rahmensatzes ist zu begründen.

Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 v.H. sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht. Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.

Grundlage der Einschätzung

§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.

(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.

..."

Zunächst ist rechtlich festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.

Wie oben unter Punkt 2. (Beweiswürdigung) ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 09.01.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers vom 11.12.2017, zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 60 v. H. beträgt.

Das vom Beschwerdeführer im Rahmen der Beschwerde getätigte Vorbringen war nicht geeignet, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes zu belegen. Zudem legte der Beschwerdeführer keine entsprechenden neuen Befunde vor.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell erfüllt. Hinweise dafür, dass der Gesamtgrad der Behinderung höher als der bereits von der belangten Behörde festgestellte Gesamtgrad der Behinderung von 60 v. H. sein könnte, sind im Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Insoweit das Beschwerdevorbringen sich gegen die beantragte Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass richtet, sei ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vom 30.01.2018 ausdrücklich den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 18.01.2018 angefochten hat. Mit diesem Bescheid wird jedoch nicht über die Vornahme der genannten Zusatzeintragung entschieden, sondern festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit dem Zeitpunkt der Antragstellung Inhaber eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. ist. Sohin geht das Vorbringen in der Beschwerde, insoweit es die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel betrifft, ins Leere.

Die entsprechende abweisende Entscheidung über den vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom 24.01.2018 gestellten Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises nach § 29b StVO, der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gilt, nahm die belangte Behörde mit Bescheid vom 31.01.2018 vor, welcher vom Beschwerdeführer nicht angefochten wurde und daher rechtskräftig wurde.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde und insbesondere aus dem von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten, das auf einer persönlichen Untersuchung beruht, auf alle im Verfahren vorgelegten Atteste des Beschwerdeführers in fachlicher Hinsicht eingeht, und welchem der Beschwerdeführer nicht substantiiert entgegengetreten ist. Die strittige Tatsachenfrage, genauer die Art und das Ausmaß der Funktionseinschränkungen des Beschwerdeführers sind einem Bereich zuzuordnen, der von einem Sachverständigen zu beurteilen ist. Der Beschwerdeführer hat keinen Verhandlungsantrag gestellt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W261.2187346.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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