TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/18 W260 2185051-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.2018
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Entscheidungsdatum

18.06.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W260 2185051-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Vorsitzender und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Herbert PICHLER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 23.11.2017, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.01.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Aufgrund eines Antrages auf erhöhte Familienbeihilfe wurde die Beschwerdeführerin erstmals am 30.10.2017 bei einer allgemeinmedizinischen Sachverständigen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge "belangte Behörde" genannt) untersucht. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 30.10.2017 erstatteten Gutachten vom 31.10.2017 stellte die Sachverständige das Leiden "Cephalea" mit einem Grad der Behinderung von 50 vH fest. Da eine Besserung möglich sei, empfahl die Gutachterin eine Nachuntersuchung in drei Jahren.

2. Am 16.11.2017 beantragte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde die Ausstellung eines Behindertenpasses und die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass.

2.1. Die belangte Behörde stellte der Beschwerdeführerin am 21.11.2017 einen bis 31.03.2021 befristeten Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 vH aus und legte dabei das im Rahmen des Familienlastenausgleichgesetzes erstellte Sachverständigengutachten vom 31.10.2017 zugrunde.

2.2. Zur Überprüfung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass ersuchte die belangte Behörde den Ärztlichen Dienst um eine Stellungnahme. In der "Sofortigen Beantwortung" des Chefarztes des Ärztlichen Dienstes vom 21.11.2017 stellte dieser fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorlägen. Im allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten vom 31.10.2017 seien ein freies Gangbild sowie ein unauffälliger psychischer Befund beschrieben. Eine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sei daher nicht nachvollziehbar.

2.3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.11.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass gemäß §§ 42 und 45 BBG ab.

Dem Bescheid wurde das allgemeinmedizinische Sachverständigengutachten vom 31.10.2017 und die sofortige Beantwortung vom 21.11.2017 in Kopie beigelegt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die durch ihre Mutter bevollmächtigte Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Darin brachte sie im Wesentlichen vor, an einer Gesichtsnerventzündung und permanentem starkem Kopfschmerz (Grundschmerz von 6-7 auf einer Skala von 1-10) zu leiden. Dieser Schmerz werde durch Wind, Zugluft, Licht, Temperaturschwankungen und vor allem klimatisierte Räumlichkeiten wesentlich verstärkt. Dies schränkte den Alltag der Beschwerdeführerin stark ein, sie könne kaum das Haus verlassen. Seit bald zwei Jahren gehe sie nicht in die Schule und mache keine Ausbildung. Eine Behandlung gestalte sich sehr schwierig, da bei der Beschwerdeführerin viele Medikamente nicht wirken würden. Die Beschwerdeführerin werde zu sämtlichen Kontroll-Arztbesuchen und zur Schmerztherapie von ihrer Mutter mit dem Auto gebracht. Anders als in der ärztlichen Stellungnahme vom 21.11.2017 liege daher sehr wohl eine psychische Belastung vor. Der Beschwerde wurde eine Bestätigung eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 27.11.2017 angeschlossen, wonach der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen der Zugluft und der Klimaanlage nicht zumutbar sei.

3.1. Aufgrund der Einwendungen in der Beschwerde holte die belangte Behörde ein auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.01.2018 basierendes Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 19.01.2018 ein. Darin wurde das Leiden "chronische Kopf-/Gesichtsschmerzen" festgestellt und ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht vorlägen. Es ergebe sich somit keine Änderung der Einschätzung.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 19.01.2018 wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht vorliegen würden. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass aufgrund der Beschwerde ein Gutachten einer ärztlichen Sachverständigen eingeholt worden sei, das zu diesem Ergebnis komme und der Entscheidung zugrunde gelegt werde. Gleichzeitig übermittelte die belangte Behörde das Gutachten vom 19.01.2018.

4.1. Mit E-Mail vom 26.01.2018 stellte die durch ihre Mutter vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht einen Vorlageantrag.

Dabei brachte sie zusammengefasst vor, dass im eingeholten Sachverständigengutachten auf jedes Detail wie Hörvermögen, Faustschluss, Kraft etc. eingegangen werde, jedoch handle es sich bei den chronischen Kopf-/Gesichtsschmerzen um keine motorische, sondern eine neurologische Einschränkung. Durch den permanenten Grundkopfschmerz sei die Beschwerdeführerin fast dauernd erschöpft und müde und sei ihr die Konzentration generell auch anstrengend. Natürlich könne sie den Fuß heben oder den Finger zur Nase führen, es gehe jedoch darum, dass sämtliche Gerüche, Wind (auch künstlich durch Klimaanlagen herbeigeführt), Hitze und Anstrengungen zu vermehrten Kopfschmerzen führen würden. Da leider keine Medikation helfe, werde selbstverständlich alles versucht, um solche Auslöser zu verhindern. Dazu gehöre neben der Vermeidung körperlicher Anstrengung auch die Vermeidung der Benützung sämtlicher klimatisierter und zughaltiger Räumlichkeiten wie öffentliche Verkehrsmittel. Die Wohnadresse der Beschwerdeführerin sei mindestens 450 Meter von der nächsten öffentlichen Verkehrsanbindung entfernt. Sämtliche Befunde und Unterlagen seien bereits vorgelegt worden.

4.2. Der Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben der belangten Behörde vom 02.02.2018 zur Vorlage gebracht.

4.3. Mit Schreiben vom 23.04.2018 brachte die Beschwerdeführerin dem Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnis, dass seitens der Pensionsversicherungsanstalt ein Gutachten erstellt worden sei, aus dem hervorgehe, dass die Beschwerdeführerin berufsunfähig sei. Das Gutachten wurde nicht übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit der Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass nicht einverstanden erklärt hat, war dies zu überprüfen.

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland und besitzt einen Behindertenpass.

1.2. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: gut

Ernährungszustand: gut

Stuhl: unauffällig Miktion: unauffällig Händigkeit: rechts

Neurologisch:

Hirnnerven:

Geruch: anamnestisch unauffällig

Gesichtsfeld: fingerperimetrisch keine Einschränkung

Visus: gut

Pupillen mittelweit, rund isocor

Optomotorik frei, keine Doppelbilder, Nystagmus: keiner

Facialis: seitengleich innerviert, kein mimisches Defizit

Sensibilität: unauffällig

Hörvermögen anamnestisch unauffällig,

Zunge: wird gerade herausgestreckt, stgl. gut beweglich

Uvula mittelständig, Gaumensegel hebt symmetrisch

Kopfdrehung und Schulterhebung: unauffällig

Obere Extremitäten:

Rechtshänder

Kraft: seitengleich unauffällig

Trophik: unauffällig

Tonus: unauffällig

Motilität: Nacken und Schürzengriff: nicht eingeschränkt

Seitabduktion bds. bis zur Senkrechten

Faustschluss und Fingerspreizen gut durchführbar

Pinzettengriff: bds. möglich

Feinmotorik: ungestört

MER (BSR, RPR, TSR): seitengleich mittellebhaft

Pyramidenbahnzeichen: negativ Eudiadochokinese

AVV: beidseits gehalten ohne Absinken, ohne Pronation

FNV: zielsicher bds.

Sensibilität: seitengleich unauffällig

Untere Extremitäten:

Kraft: seitengleich unauffällig

Trophik: unauffällig

Tonus: unauffällig

Motilität: nicht eingeschränkt

PSR: seitengleich mittellebhaft

ASR: seitengleich mittellebhaft

Pyramidenbahnzeichen : negativ

Laseque: negativ

Beinvorhalteversuch: kein Absinken

Knie- Hacke- Versuch : zielsicher bds.

Sensibilität: seitengleich unauffällig

Stand und Gang: unauffällig

Romberg: unauffällig

Unterberger Tretversuch: unauffällig, sicher, kein Abweichen, keine Falltendenz

Zehen- und Fersenstand: unauffällig

Sprache und Sprechen: unauffällig

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt frei gehend zur Untersuchung, wird von Mutter begleitet.

Führerschein: nein

Status Psychicus:

kooperativ und freundlich, gut auskunftsfähig, bewußtseinsklar, voll orientiert, kein kognitiv- mnestisches Defizit, Gedankenductus:

geordnet, kohärent; Konzentration und Antrieb unauffällig;

Stimmungslage ausgeglichen, stabil, in beiden Bereichen affizierbar;

Affekte: angepasst, keine produktive Symptomatik

Art der Funktionseinschränkungen:

- Chronische Kopf-/Gesichtsschmerzen

1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vor.

Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 Metern und das Überwinden üblicher Niveauunterschiede sind der Beschwerdeführerin zumutbar, der sichere Transport ist möglich.

Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der psychischen, neurologischen oder intellektuellen Funktionen vor.

Insbesondere ist auch eine spezifische erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel durch die angegebenen Kopf/Gesichtsschmerzen nicht gegeben.

Es liegt keine schwere Erkrankung des Immunsystems vor.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen, dem Wohnsitz der Beschwerdeführerin im Inland und zum Behindertenpass ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2) Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Zumutbarkeit zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 19.01.2018 ist schlüssig und nachvollziehbar, es weist keine Widersprüche auf. Es wird auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wird zu den Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel eingehend Stellung genommen und nachvollziehbar ausgeführt, dass es der Beschwerdeführerin - trotz der vorliegenden Funktionseinschränkung - möglich und zumutbar ist, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen.

Die Beschwerdeführerin bringt selbst vor, dass sie an keinem motorischen Defizit leide, sondern dass es sich bei der festgestellten Funktionseinschränkung um ein neurologisches Leiden handle. Es liegen daher unbestritten keine erheblichen Einschränkungen der unteren Extremitäten vor, die das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Überwinden üblicher Niveauunterschiede oder den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel unmöglich bzw. unzumutbar machen würden. Ebenso wenig liegen Einschränkungen von Sinnesfunktionen oder eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, vor. Das bei der Beschwerdeführerin vorliegende neurologische Leiden erreicht kein nach dem Maßstab des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen erforderliches Ausmaß. Diesbezüglich wird auf die Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Das Zurücklegen einer Strecke von 300 bis 400 Metern ist der Beschwerdeführerin möglich und zumutbar. Insoweit die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag vorbringt, die nächste öffentliche Verkehrsanbindung sei mindestens 450 Meter von ihrer Wohnadresse entfernt, so ist dieses Vorbringen nicht geeignet, zu einer Änderung der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu führen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Die von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde vorgelegte fachärztliche Bestätigung ist nicht geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen. Die darin getroffene Einschätzung, die Beschwerdeführerin könne wegen der Zugluft und der Klimaanlage keine öffentlichen Verkehrsmittel benützen, ist nicht ausreichend, um eine für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung geforderte erhebliche Einschränkung neurologischer Funktionen zu belegen. Im Rahmen des Vorlageantrages legte die Beschwerdeführerin keine Befunde vor.

Was den Hinweis der Beschwerdeführerin auf das nach Vorlage des Verwaltungsaktes an das Bundesverwaltungsgericht am 02.02.2018 eingeholte Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt betrifft, wird an dieser Stelle ausgeführt, dass der darin allenfalls angegebene Grad der Behinderung auch insofern keine Aussagekraft für das gegenständliche Verfahren haben kann, da diesem Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt für die Einschätzung am allgemeinen Arbeitsmarkt andere Beurteilungskriterien zu Grunde liegen als einem medizinischen Sachverständigengutachten auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung zum Bundesbehindertengesetz.

Die Beschwerdeführerin ist mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde und im Vorlageantrag dem auf einer persönlichen Untersuchung basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 19.01.2018 im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens vom 19.01.2018, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 18.01.2018 und wird dieses in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Entscheidung in der Sache:

Der Vollständigkeit halber wird zunächst darauf hingewiesen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23.11.2017 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.01.2018 der Antrag der Beschwerdeführerin auf Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 32/2018 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.

Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)

Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)

Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist u.a. jedenfalls einzutragen:

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(§ 1 Abs. 4 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idF BGBl II Nr. 263/2016 auszugsweise)

Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktions-beeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(§ 1 Abs. 5 Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen)

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird u.a. Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise):

"Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes "dauerhafte Mobilitätseinschränkung" hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe "erheblich" und "schwer" werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleich bedeutend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Zusätzlich vorliegende Beeinträchtigungen der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen

....

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-

Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-

hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-

Schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen

-

nachweislich therapiefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden

-

Begleitperson ist erforderlich.

..."

Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen. (§ 29b Abs. 1 StVO 1960)

Ausweise, die vor dem 1. Jänner 2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr vom 16. November 1976, BGBl. Nr. 655/1976, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 80/1990, entsprechen, verlieren ihre Gültigkeit mit 31. Dezember 2015. Ausweise, die nach dem 1. Jänner 2001 ausgestellt worden sind und der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über den Ausweis für dauernd stark gehbehinderte Personen (Gehbehindertenausweisverordnung), BGBl. II Nr. 252/2000, entsprechen, bleiben weiterhin gültig. (§ 29b Abs. 6 StVO 1960)

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH vom 23.05.2012, Zl. 2008/11/0128, und die dort angeführte Vorjudikatur sowie vom 22. Oktober 2002, Zl. 2001/11/0242, vom 27.01.2015, Zl. 2012/11/0186).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.

Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 - 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014)

Wie unter Punkt II.2. im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen -, wird im seitens der belangten Behörde eingeholten, auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 19.01.2018 nachvollziehbar verneint, dass im Fall der Beschwerdeführerin - trotz der bei ihr vorliegenden körperlichen Defizite - die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass vorliegen. Bei der Beschwerdeführerin liegen ausgehend von diesen Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen, welche die Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen überschreiten würden, vor. Die Beschwerdeführerin leidet weder an Klaustrophobie, Soziophobie oder einer phobischen Angststörung als Hauptdiagnose, noch an einer hochgradigen Entwicklungsstörung mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten, schweren kognitiven Einschränkungen oder einem nachweislich therapiefraktären, schweren, cerebralen Anfallsleiden, das eine Begleitperson erforderlich machen würde. Der bei der Beschwerdeführerin bestehende chronische Kopf- bzw. Gesichtsschmerz erreicht somit kein für die beantragte Zusatzeintragung notwendiges Ausmaß.

Auch erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit liegen nicht vor. Ebenso wenig sind entscheidungsmaßgebliche Einschränkungen von Sinnesfunktionen objektiviert. Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht festgestellt werden.

Was das Vorbringen der Beschwerdeführerin betrifft, die nächste Station eines öffentlichen Verkehrsmittels sei mindestens 450 Meter von ihrer Wohnadresse entfernt, so wird der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Berechtigung der Zusatzeintragung in den Behindertenpass hinsichtlich der "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" wie bereits zuvor ausgeführt, entscheidend auf die Art und die Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ankommt, nicht aber auf andere Umstände, die die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erschweren (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.10.2002, Zl. 2001/11/0258). Im vorliegenden Fall beruhen die Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Bezug auf diesen Teil des Beschwerdevorbringens nicht in der Art und Schwere der Gesundheitsschädigung, sondern entscheidend in der Entfernung ihres Wohnortes von der nächsten Haltestelle eines öffentlichen Verkehrsmittels. Dieser Umstand vermag nicht die Überschreitung der zuvor erläuterten Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 2 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, die durch die medizinische Sachverständige getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes der Beschwerdeführerin zu belegen.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Der Inhaberin des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar" in den Behindertenpass rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen überprüft. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen, schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung - trotz des in der Beschwerde gestellten Antrages - nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen.

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über für den beantragten Zusatzvermerk sind die Art, das Ausmaß und die Auswirkungen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher von der belangten Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt.

Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Die Beschwerdeführerin hat von dem Sachverständigengutachten vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Das Beschwerdevorbringen war allerdings - wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt - nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Feststellungen hervorzurufen. Die vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zur gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen und dokumentieren keine Leidenszustände, welche das Vorbringen fundiert erhärten bzw. die sachverständigen Beurteilungen überzeugend in Zweifel ziehen.

Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen sowie zu § 46 letzter Satz BBG stützen.

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II 495/2013 wird ausgeführt, dass damit präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden sollen. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt. Es war sohin keine - von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende - Neuregelung beabsichtigt.

Vielmehr wird in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten, dass im Hinblick auf die ab 01.01.2014 eingerichtete zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit, um Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Einheitlichkeit der Vollziehung der im Behindertenpass möglichen Eintragungen sicherzustellen, die Voraussetzungen, die die Vornahme von Eintragungen im Behindertenpass rechtfertigen, in einer Verordnung geregelt werden sollen.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W260.2185051.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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