Entscheidungsdatum
18.06.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z2Spruch
W159 2017358-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , alias XXXX StA. der Elfenbeinküste, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
1. Die Beschwerde wird gemäß §§ 57 Asylgesetz, 10 Absatz 2 Asylgesetz in Verbindung mit § 9 BFA-VG, 52 Absatz 9 FPG, 55 Absatz 4 FPG und 18 Absatz 2 Z 1 BFA-VG hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., V. und VI. als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 Z 1 FPG auf sieben Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger der Elfenbeinküste, reiste am 10.03.2006 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte unter der Identität XXXX , geboren XXXX , einen Antrag auf Internationalen Schutz.
Im Hinblick auf die bereits am 14.07.2006 erfolgte Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten (davon zwei Monaten unbedingt), erließ die Bundespolizeidirektion Wien am 09.08.2006 zur Zahl: XXXX , ein Rückkehrverbot/Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11.09.2006 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 3,8 Asylgesetz abgewiesen und eine Ausweisung ausgesprochen, wobei dieser Bescheid mit 27.09.2006 in Rechtskraft erwuchs. Unter der Identität XXXX , erhielt der Beschwerdeführer vom österreichischen Konsulat in Mailand C für die Dauer vom 11.03. bis 21.08.2013, wobei er auch im Besitz eines schriftlichen Aufenthaltstitels für Italien bis zum 24.02.2013 war.
Am 08.06.2013 ehelichte der Antragsteller die österreichische Staatsbürgerin XXXX am Standesamt XXXX .
Vom XXXX wurde am 17.06.2013 erstmals ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger", gültig bis zum 16.06.2014 ausgestellt. Am 04.06.2014 wurde ein Antrag auf Verlängerung des Aufenthaltstitels gestellt, der verlängerte Aufenthaltstitel wurde laut Bescheid des Bundesministeriums für Inneres für nichtig erklärt, die dagegen erhobene Beschwerde des Landesverwaltungsgerichtes für
Oberösterreich mit Erkenntnis vom 06.03.2015, Zahl: XXXX , als unbegründet abgewiesen, die Behandlung der dagegen erhobenen Revision mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 01.07.2015,
Zahl: XXXX , abgelehnt.
Am 01.09.2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes, welcher mit Bescheid des BFA vom 29.12.2014 gemäß § 69 Absatz 2 FPG abgewiesen wurde. Dagegen erhob der Antragsteller Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welches die Beschwerde am 08.02.2018 zur Zahl XXXX , als gegenstandslos erklärte und das Verfahren einstellte.
Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 15.09.2014, Zl. XXXX wurde der Antragsteller § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten (bedingt) verurteilt.
Nachdem der Beschwerdeführer am 12.07.2017 wegen des Verdachts des Suchtgifthandels festgenommen wurde und er in der Folge in der Justizanstalt XXXX in U-Haft angehalten wurde, erfolgte am 17.07.2017 eine Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Dabei gab der Antragsteller an, dass er Französisch, Italienisch, Spanisch und Englisch, sowie die afrikanischen Sprachen Bambara, Fulla und Mandingo spreche. Am Besten spreche er Italienisch. In Deutsch habe er maximal Grundkenntnisse. Er wohne in der Wohnung seiner Frau in Linz, wobei er auch die genaue Adresse angab. Nachgefragt gab er an, dass er am XXXX in XXXX in der Elfenbeinküste geboren sei. Er habe fünf bis sechs Jahre die Grundschule in Französisch und Arabisch absolviert. Eine weitere Ausbildung habe er nicht. In Afrika sei er auch nie berufstätig gewesen. Er habe Afrika mit 16 Jahren verlassen und sei dann nach Frankreich gegangen und habe sich einige Zeit in Paris aufgehalten. Er sei dann in die Schweiz weitergereist. 2006 sei er dann nach XXXX /Italien gekommen und habe dort eine Zeitlang die Schule besucht, aber keinen Abschluss gemacht. Er habe dann Tischler und Tapezierer gelernt und in diesen Berufen gearbeitet, auch als Möbelrestaurator habe er gearbeitet. In Österreich sei er 2012 oder 2013 gekommen. Es könnte sein, dass er im Jahr 2009 das erste Mal in Österreich auf Besuch gewesen sei. Er habe auch andere europäische Länder bereist. Er sei immer im Besitz einer italienischen Aufenthaltsgenehmigung gewesen. Es könne sein, dass er noch Verwandte in seinem Herkunftsstaat habe. Er kenne jedoch niemanden. Er sei lediglich in ständigem Kontakt mit Freunden seines Vaters und auch mit der Familie seiner Mutter, welche allerdings verstreut in Europa leben würden. Kontakt zu Verwandten in der Elfenbeinküste bestehe nicht mehr. Es gebe jedoch schon noch Verwandte seiner Mutter, welche er zuletzt in Senegal besucht habe. Er habe Frau XXXX sowohl nach traditionellem afrikanischen Ritus, als auch offiziell standesamtlich geheiratet. Das Geburtsdatum seiner Frau wisse er nicht. Seine Frau habe ihm gesagt, dass er in XXXX geheiratet habe. Er habe seine Frau vor etwas mehr als vier Jahren in einem afrikanischen Lokal in Linz kennengelernt. Seine Frau habe ihn öfters in Italien besucht und er sie in Österreich. Er habe mit seiner Frau eine Tochter. Diese heiße XXXX . Wann sie geboren sei, erinnere er sich nicht. Er glaube jedoch am XXXX . Diese sei österreichische Staatsbürgerin. Manchmal sei seine Tochter auch bei der Oma. Seine Tochter gehe in den Kindergarten, den Namen könne er nicht angeben. Er bringe sie aber öfters dorthin. Mit seiner Tochter spreche er Deutsch, mit seiner Frau Englisch und wenig Deutsch. Er arbeite jetzt bei der Firma XXXX . Er habe auch schon Kurse beim AMS besucht. Weiters habe er Deutschkurse besucht und auch schon Prüfungen absolviert, aber er könne nicht sagen, auf welchem Niveau, wobei er eine Karte mit der Grundstufe A1 vorlegte. Weiters habe er versucht seine Lehre als Tischler bzw. Tapezierer in Österreich abzuschließen. Dies sei jedoch nicht möglich gewesen. Bei der XXXX sei sein erster Arbeitsplatz in Österreich. Was er im Monat netto verdiene, wisse er nicht. Bei Vereinen oder Institutionen sei er auch nicht. Er habe eine italienische Aufenthaltsberechtigungskarte. Er möchte aber in Österreich bleiben, weil hier seine Familie sei. Einen Asylantrag habe er niemals gestellt. Über Vorhalt, dass er bereits am 10.03.2006 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe, konnte er dazu keine Angaben machen. Sein richtiger Name sei XXXX . Er habe auch einen Pass von der Botschaft der Elfenbeinküste erhalten. Über Vorhalt, dass er andere Namen und gegenüber dem Landeskriminalamt XXXX andere Daten hinsichtlich der Auswanderung angegeben habe, führte er aus, dass er keine Erinnerung betreffend Daten habe. Er könne sich überhaupt nicht mehr an die Vergangenheit erinnern und nur Aussagen zur Gegenwart machen.
Mit Datum 01.08.2017 gab XXXX seine Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführer bekannt und erstattete einen Schriftsatz in Beantwortung der vorgehaltenen Länderfeststellungen. Darin führte er aus, dass der Antragsteller einer ethnischen Minderheit angehöre, da er Mandingo/Falah sei. Der Beschwerdeführer befinde sich in U-Haft. Er sei jedoch das Opfer einer Verwechslung und habe keine Straftat begangen. Er sei seit Mai 2013 durchgehend in Österreich polizeilich gemeldet und sei gesund. Er führe ein Familienleben mit seiner Ehefrau Mag. XXXX und der gemeinsamen Tochter XXXX , die beide die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Er habe zwei Jahre lang in Österreich legal gearbeitet, aber seit Ungültigerklärung seines österreichen Aufenthaltstitels habe er keine Möglichkeit mehr gehabt, einer legalen Beschäftigung nachzugehen und bestreite er seinen Lebensunterhalt durch Unterhaltsleistungen seiner Ehegattin, spreche auch schon ausreichend Deutsch und habe soziale Bindungen und ein schützenswertes Familienleben in Österreich, während er über keine persönlichen Verbindungen mehr zu seinem Heimatland verfüge. Außer dem bereits vorgelegten Deutschzertifikat A1 legte er ein Zertifikat mit dem Vermerk nicht bestanden hinsichtlich A2 vor, wobei jedoch die mündliche Prüfung bestanden wurde. Es wurde beantragt die Ausweisung des Beschwerdeführers in die Elfenbeinküste für dauerhaft unzulässig zu erklären.
Bei einer Erhebung der zuständigen Polizeiinspektion konnte der Antragsteller in der Wohnung seiner Ehegattin am 05.04.2018 angetroffen werden. Er gab jedoch an, schon seit zwölf Jahren in Italien zu wohnen und nur etwa drei bis viermal im Jahr seine Familie in Österreich zu besuchen; weitere Erhebungen führten zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller über einen Aufenthaltstitel für Italien, gültig vom 03.04.2018 bis 03.04.2019 verfüge.
Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 06.10.2017, Zahl: XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß § 28a SMG zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon 12 Monaten bedingt, verurteilt und am 12.12.2017 aus der Strafhaft entlassen. Eine Rückfrage bei dem Beschwerdeführervertreter, ob der Schriftsatz vom 01.08.2017 als Antrag auf internationalen Schutz gewertet werden solle, gab dieser an, dass das Vorbringen nicht als Asylantrag zu verstehen sei, die Behörde jedoch das Vorbringen berücksichtigen solle. Im Übrigen habe der Antragsteller Österreich im Jänner 2018 verlassen und würde seither in Italien leben, vorsorglich wurdie die zeugenschaftliche Einvernahme der Ehefrau des Beschwerdeführers beantragt.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2018, Zl. XXXX , wurde unter Spruchteil I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchteil II. eine Rückkehrentscheidung erlassen und unter Spruchteil III. festgestellt, dass die Abschiebung nach Elfenbeinküste zulässig sei, unter Spruchpunkt IV. ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, unter Spruchpunkt V. eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und unter Spruchpunkt VI. einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.
In der Begründung des Bescheides wurde der bisherige Verfahrensgang einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahme dargestellt, sowie Feststellungen zur Person des Antragstellers getroffen. Darin wurde festgestellt, dass die Identität des Antragstellers feststehe, sein richtiger Name XXXX , geboren am XXXX sei; er sei jedoch auch unter dem Namen XXXX mit den Geburtsdaten XXXX und XXXX gegenüber in- und ausländischen Behörden aufgetreten. Weiters wurde festgehalten, dass der Antragsteller einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" in der Zeit vom 17.06.2013 bis 16.06.2014 besessen habe. Er sei vom 30.06.2014 bis 01.08.2014 und vom 01.09.2014 bis 05.12.2015 einer legalen Beschäftigung in Österreich nachgegangen, im Wesentlichen vom 25.11.2013 bis 29.06.2014 habe er Arbeitslosengeld bezogen, sowie weiters im Mai und Juni 2015. Seit 03.04.2018 sei er dauerhaft in Italien wohnhaft und besitze einen dortigen Aufenthaltstitel. Zuvor, nämlich vom 24.05.2013 bis 02.03.2018, habe er doch einen durchgehenden Wohnsitz in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Gattin und seiner Tochter gehabt. Weiters wurden Länderfeststellungen zur Elfenbeinküste mit Stand 30.03.2018 getroffen. Beweiswürdigend wurde insbesondere ausgeführt, dass die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sich aus seinem Reisepass, dem vorliegenden Gerichtsurteilen, der Stellungnahme, sowie dem Sozialversicherungsakt ergäben.
Rechtlich begründend zu Spruchteil I. wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller keine der in § 57 angeführten Tatbestände erfülle, sodass keine Aufenthaltsberechtigung habe erteilt werden können. Zu Spruchpunkt II. wurde festgehalten, dass er mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX verheiratet sei und mit ihr eine gemeinsame Tochter habe, aber seit 03.04.2018 in Italien wohnhaft sei. Der Aufenthalt des Antragstellers sei größtenteils unrechtmäßig gewesen und lebe der Antragsteller laut eigenen Angaben seit ca. zwölf Jahren in Italien und komme nur manchmal seine Familie in Linz besuchen. Weiters habe der Antragsteller eine unwahre Identität ( XXXX ), sowie ein unrichtiges Geburtsdatum angegeben und sei er insgesamt dreimal wegen Suchtmitteldelikten verurteilt worden, zuletzt zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, wobei die strafbaren Handlungen bereits kurz nach der Einreise nach Österreich begonnen hätten und die Suchtgiftdelinquenz auch nach der Geburt der Tochter fortgesetzt worden sei. Auf Grund der wiederholten Straffälligkeit nach dem Suchtmittelgesetz sei den familiären und privaten Bindungen in Österreich nur eingeschränkte Relevanz zuzubilligen. Außerdem sei es möglich und zumutbar, die familiären Kontakte mit elektronischen Mitteln oder durch Besuche aufrecht zu erhalten. Hervorgestrichen wurde auch, dass der Antragsteller seit 05.12.2015 in Österreich keiner legalen Beschäftigung nachgehe und auch nicht zum Unterhalt der Familie beitrage. Obwohl er im Besitz eines Aufenthaltstitels für Italien sei, sei die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot dringend geboten, da eine tatsächliche erhebliche gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bestehe. Durch die Verhängung des Einreiseverbotes werde noch keinerlei Aussage dazu getroffen, ob die Behörden andere Mitgliedstaaten ihn nunmehr tatsächlich einreisen lassen würden oder nicht. Weiters wurde im Sinne der Judikatur auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität, die auch der EUGH als "Geisel der Menschheit" bezeichnet habe, hingewiesen. Es sei daher der Eingriff in das Privat- und Familienleben durch eine Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes auf Grund der angegebenen Tatsachen absolut gerechtfertigt. Schließlich sei der Antragsteller auch ein junger, gesunder, arbeitsfähiger Mann und verfüge er auch über einige Verwandte im Senegal. Er habe den Großteil seines Lebens in der Elfenbeinküste verbracht. Es stehe ihm auch frei, sich an einem anderen Ort in Afrika niederzulassen.
Zu Spruchteil III. wurde insbesondere ausgeführt, dass sich weder aus den Feststellungen zur Lage im Zielstaat, noch aus dem Vorbringen eine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Der Antragsteller sei mit den Gepflogenheiten in seinem Herkunftsstaat vertraut und sei eine Re-Integration in sein Heimatland jederzeit möglich. Auch aus dem Umstand, dass er halb Mandingo und halb Falah sei, welche beide zu den größten Volksgruppen im nördlichen subsaharischen Teil von Afrika zählen würde, könnten keine Rückkehrhindernisse abgeleitet werden. Schließlich habe der Antragsteller auch aus freien Stücken von der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz Abstand genommen und selbst bei anfänglichen Startschwierigkeiten würde kein Rückkehrhindernis entstehen. Es bestünde auch keine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, die einer Abschiebung entgegenstehe, sodass diese eine auszusprechen gewesen sei. Zu Spruchteil IV. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass § 53 Absatz 3 Z 1 FPG im vorliegenden Fall erfüllt sei. Wegen mehrfacher Verurteilungen nach dem SMG liege ein derart massives Fehlverhalten vor, dass eine tatsächliche erhebliche gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit bestehe. Der Beschwerdeführer sei beharrlich illegal in Österreich verblieben und habe sich sogar einen Aufenthaltstitel erschlichen. Er würde weder Gesetze, noch Behörden, noch Ämter respektieren. Die privaten und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich seien nicht dergestalt, dass sie einen weiteren Verbleib in Österreich rechtfertigen würden, wobei die Erlassung eines Einreiseverbotes in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig sei, um die von dem Beschwerdeführer ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu verhindern. Da der Antragsteller gegenwärtig eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Österreich darstelle, sei der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gerechtfertigt und erforderlich und sei daher auch eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, vertreten durch Rechtsanwalt XXXX Beschwerde, verbunden mit dem Antrag auf aufschiebende Wirkung. In dieser wiederholte er, dass er mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX in aufrechter Ehe verheiratet sei und aus dieser Ehe eine gemeinsame Tochter stamme. Sie hätten ein sehr inniges Privat- und Familienleben nach Artikel 8 EMRK geführt und greife der Bescheid in ihr Recht auf Privat- und Familienleben nach Artikel 8 EMRK ein und noch mehr das zehnjährige Einreiseverbot. Der Beschwerdeführer verwehre sich gegen die Vorwürfe die Behörden zu belügen und zu täuschen und habe er an jeder Amtshandlung nach bestem Vermögen mitgewirkt. Die Ausreise während des nicht mehr rechtmäßigen Aufenthaltes in Österreich sei auf Grund seiner Familiensituation und weil er drei Jahre lang auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gewartet habe, nicht rechtzeitig erfolgt. Wie er die Entscheidung bekommen habe, habe er sich schon in Italien aufgehalten. Er habe während seines gesamten Aufenthaltes nie irgendwelche Sozialleistungen oder Arbeitslosengeld bezogen, sondern habe ihm seine Ehegattin Unterhalt gewährt. Er lebe seit 12.01.2018 an der gemeldeten Wohnadresse in Italien und habe sich erfolgreich um seine Verlängerung seines italienischen Aufenthaltstitels, welchen er in Kopie beilegte, bemüht, welcher nunmehr bis 04.03.2019 gültig sei. Er sei am 01.04.2018 mit diesem italienischen Aufenthaltstitel nach Österreich eingereist, habe einen Nebenwohnsitz hier begründet und habe am 15.04.2018 Österreich wieder Richtung Italien verlassen. Die Behauptung der belangten Behörde er hätte der Polizei gegenüber angegeben, dass er seit 2012 in Italien lebe und nur drei bis viermal seine Familie besuchen würde, sei keinesfalls richtig. Zum Beweis für das intensive Privat- und Familienleben und die Beeinträchtigung durch die gegenständliche Entscheidung wurde die Einvernahme seiner Ehegattin XXXX als Zeugin beantragt. Weiters verfüge er für den Alltagsgebrauch über ausreichende Deutschkenntnisse und sei ihm auch nicht bewusst gewesen, dass für ihn ein Aufenthaltsverbot in Österreich bestanden habe. Seine Ausreise nach Italien habe ausschließlich deswegen erfolgt, um der österreichischen Rechtsordnung Genüge zu tun. Trotz der ihm am 06.10.2017 vorgeworfenen Suchtgiftdelikte, weswegen er rechtskräftig verurteilt worden sei, behaupte er nach wie vor seine Unschuld. Durch die lange unfreiwillige Arbeitslosigkeit habe er aber eine besonders enge Bindung zu seiner siebenjährigen Tochter, da er überwiegend zu Hause gewesen sei. Es grenze an Zynismus, es als möglich und zumutbar zu erachten, enge familiäre Kontakte lediglich mit Hilfe moderner Massenkommunikationsmittel aufrecht erhalten zu können. Sein siebenjähriges Kind sei zu solchen technischen Hilfsmitteln noch nicht in der Lage und benötige ein Kind persönliche Gespräche, sowie die liebevolle Zuwendung und sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Rückkehrentscheidung für notwendig erachtet werde, da er freiwillig nach Italien ausgereist sei. Er habe seine Identität nicht verschleiert und habe er lediglich einmal eine unrichtige Identität angegeben. Schließlich wende er sich gegen die Dauer des verhängten Einreiseverbotes von zehn Jahren, welches völlig überschießend und unverhältnismäßig sei und behalte sich ein weiteres Vorbringen vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:
1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Zur Person des Beschwerdeführers wird folgendes festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger der Elfenbeinküste. Sein richtiger Name ist XXXX . Er wurde am XXXX geboren. Er ist aber auch als XXXX , geboren: XXXX , aufgetreten. Der Beschwerdeführer reiste am 10.03.2006 unter Umgehung der Grenzkontrolle erstmals nach Österreich ein, über seine früheren Aufenthalte können keine gesicherten Feststellungen getroffen werden. Er stellte an diesem Tag auch einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 11.09.2006 sowohl hinsichtlich Asyl, auch als subsidiärer Schutz abgewiesen wurde. Dieser Bescheid erwuchs am 27.09.2006 in Rechtskraft. Einen weiteren Asylantrag hat der Beschwerdeführer nicht gestellt.
Wegen Verehelichung mit der österreichischen Staatsbürgerin XXXX am 08.06.2013 erhielt er am 17.06.2013 einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger", gültig bis 16.06.2014. Der Beschwerdeführer war vom 24.05.2013 bis 02.03.2018 durchgehend in Österreich gemeldet, über seinen tatsächlichen Aufenthalt können jedoch keine ausreichend gesicherten Feststellungen getroffen werden. Seit 03.04.2018 ist er in Italien wohnhaft und besitzt einen italienischen Aufenthaltstitel bis 03.04.2019. Am XXXX wurde die gemeinsame Tochter XXXX geboren, welche ebenfalls österreichische Staatsbürgerin ist und bei der Kindesmutter lebt. Der Beschwerdeführer hat ein Sprachdiplom im Niveau A1 in Österreich erworben. Der Beschwerdeführer erhielt in den Jahren 2013 bis Ende Juni 2014 Arbeitslosengeld, war dann im Wesentlichen im Juli 2014 und von September bis Anfang Dezember 2014 unselbständig erwerbstätig und erhielt in der Folge wiederum Arbeitslosengeld, wobei er auch von seiner Ehefrau unterstützt wurde.
Der Beschwerdeführer wurde in Österreich wie folgt verurteilt:
1. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zur Zahl:
XXXX , wegen § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, davon zwei Monaten unbedingt (bereits getilgt)
2. Mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 15.09.2014, Zahl: XXXX , wegen § 27 SMG zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt und
3. Mit Urteil des LG Linz vom 06.10.2017, Zahl: XXXX , wegen § 28 a zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, davon zwölf Monaten bedingt.
Bei dem Urteil vom 15.09.2014 lag ein Verkauf von Kokain, dem Urteil vom 06.10.2017 ein Verkauf von Cannabis-Kraut zugrunde.
Zur Elfenbeinküste wird folgendes verfahrensbezogen festgestellt:
Politische Lage
Die Côte d¿Ivoire ist eine präsidiale Republik (AA 4.2017a ; vgl. GIZ 3.2018a, USDOS 3.3.2017). Der Präsident wird für fünf Jahre gewählt und ernennt den Regierungschef (den Premierminister). Grundsätzlich richtet sich der Staatsaufbau nach dem französischen Muster. Die Verfassung sieht eine formale Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Justiz vor (AA 4.2017a).
2010 fanden Präsidentschaftswahlen statt, wobei sich Laurent Gbagbo und Alassane Ouattara einer Stichwahl unterziehen mussten, die nach dem offiziellen Wahlergebnis Ouattara gewann. Gbagbo versuchte die Wahl für ungültig zu erklären. Kurzfristig gab es zwei Präsidenten. Es kam zu Streiks, Drohungen und Demonstrationen. Die Wirtschaft kam praktisch zum Erliegen und das Land geriet an den Rand einer humanitären Katastrophe. Es kam überall zu erbitterten Kämpfen zwischen Gbagbo-Anhängern und Befürwortern von Ouattara. Die politische Krise 2010/2011 erschüttert das Land bis heute (GIZ 3.2018a).
Alassane Ouattara ist seit Dezember 2010 Präsident der Elfenbeinküste, das Amt des Premierministers bekleidet seit November 2012 Daniel Kablan Duncan (GIZ 3.2018a). Dem Staatspräsidenten fallen große exekutive Machtkompetenzen zu (AA 5.2017a; vgl. GIZ 3.2018a). Er ist Oberhaupt der Exekutive und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Die Nationalversammlung (Assemblée nationale), mit aktuell 225 Parlamentssitzen, hat die Kontrolle über die Aktivitäten der Exekutive (GIZ 3.2018a). An den letzten Parlaments-Wahlen am 18. Dezember 2016 nahm auch die Oppositionspartei FPI wieder teil, die die Wahlen von 2011 boykottiert hatte. Die beiden Regierungsparteien RDR und PDCI verfügen seitdem über 167 der 255 Sitze Der Rest ging zum überwiegenden Teil an Unabhängige. Die bisherige Oppositionspartei FPI spielt mit nur 3 Parlamentariern keine bedeutende Rolle mehr (AA 5.2017a). Gewählter Parlamentsvorsitzender ist seit dem 12. März 2012 der ehemalige Rebellenanführer Guillaume Soro. Die Volksvertreter werden in den Distrikten gewählt (GIZ 3.2018a).
Die einflussreichsten Parteien sind die Demokratische Partei (PDCI), die Volksfront (FPI), die Arbeiterpartei (PIT) und die Republikaner (RDR), aber es existieren aktuell über 130 Parteien und auch Zusammenschlüsse einzelner Parteien (GIZ 3. 2018a).
Die letzte Präsidentschaftswahl fand im Oktober 2015 statt. Laurent Gbagbo, der sich nach den letzten Wahlen weigerte, sein Präsidentenamt aufzugeben und damit das Land in die Krise stürzte, befindet sich bis heute in Gewahrsam des internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (AA 5.2017a; vgl. GIZ 3.2018a). Seine Partei FPI ist gespalten. Doch seine Popularität im Land selbst ist ungebrochen. Anfang 2014 kandidierte Gbagbo für das Präsidentenamt, da er davon ausging, noch im selben Jahr auf freien Fuß zu kommen. Obwohl einige seiner Anhänger Anfang 2015 freigelassen wurden, war jedoch klar, dass er weiterhin in Haft bleiben wird. Mitte 2014 wurde bekannt, dass der ehemalige Premierminister Pascal Affi N'guessan als Präsident der FPI nominiert wurde. Er wollte als Chef der FPI seine Partei zur Wahl führen. Präsident Ouattara brauchte die FPI als Oppositionspartei, um bei den Wahlen auch international Anerkennung zu finden. Ouattara schwor sein Land auf Frieden und Versöhnung ein und versprach transparente und demokratische Wahlen. Die Präsidentschaftswahlen verliefen ruhig (GIZ 3.2018a; vgl. BTI 2018, USDOS 3.3.2017). Die Wahlbeteiligung blieb allerdings sehr niedrig. Obwohl die Wahlkommission vor der Wahl eine Beteiligung von ca. 60 Prozent vorhersagte, ging man eher von 20-25 Prozent aus, denn die Anhänger von Laurent Gbagbo haben die Wahlen boykottiert (GIZ 3. 2018a).
Durch die friedlich und frei verlaufenen Präsidentschaftswahlen vom 25. Oktober 2015 haben die Stabilität und der Demokratisierungsprozess in der Côte d'Ivoire einen großen Schritt voran gemacht (AA 5.2017a). Alassane Ouattara selbst hat immer noch mit dem Gesetz der Ivoiriété zu kämpfen, welches ihn, laut Verfassung, vom Amt des Präsidenten ausschließt. Er hat zwar versucht, dieses Gesetz 2013 zu ändern, ist aber gescheitert. Außerdem wurde kritisiert, das Gesetz würde nur der Erschließung neuer Wählerschichten, der Absicherung der Macht der aktuellen Eliten und der Bestätigung des amtierenden Präsidenten Ouattara bei den Wahlen 2015 dienen. Im November 2016 wurde eine neue Verfassung verabschiedet. Hierüber gab es ein Referendum, dem die Bevölkerung in großen Teilen zugestimmt hat. Die Opposition rief zwar zum Boykott auf, mit der Begründung Ouattara wolle mit der neuen Verfassung seine Macht weiter ausbauen, konnte aber gegen die Mehrheit der Befürworter nichts ausrichten (GIZ 3. 2018a; vgl. BTI 2018).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (4.2017a): Côte d'Ivoire, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/-/209484, Zugriff 20.3.2018
-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Country Report - Côte d'Ivoire, http://www.bti-project.or Assize g/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Cote_d_Ivoire.pdf , Zugriff 27.3.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a), Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 20.3.2018
-USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
Sicherheitslage
Seit der großen Krise von 2010/2011 hat sich die Sicherheitslage deutlich verbessert, aber es werden immer noch regelmäßig gewalttätige Vorfälle aus verschiedenen Landesteilen gemeldet (EDA 20.3.2018; vgl. BMEIA 20.3.2018).
Es wird noch mehr Zeit brauchen, bis eine Sicherheitsstruktur aufgebaut ist, die im ganzen Land wirksam ist. Die Polizei und die Gendarmerie haben zurzeit nur beschränkte Kapazitäten. Die wichtigsten Städte (Abidjan, Bouaké, San Pedro, Yamoussoukro) sind relativ gut gesichert, aber gleichwohl Zielscheibe von Angriffen gegen staatliche Institutionen. Bei Streiks, Demonstrationen und Straßenblockaden kann es zu Gewaltanwendung kommen (EDA 20.3.2018). Seitens des deutschen Auswärtigen Amts besteht keine Reisewarnung. Seitens des österreichischen Außenministeriums hingegen besteht eine partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5) für Grenzregionen an Mali, Liberia und Guinea, sowie für alle Gebiete außerhalb Abidjans; für die Hauptstadt wird von einem hohen Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 3) ausgegangen (BMEIA 20.3.2018).
Im Grenzgebiet zu Mali ist es im März 2015 zu Terrorakten mit islamistischem Hintergrund gekommen. Am 13. März 2016 kam es in der Hafenstadt Grand Bassam zu einem Terrorangriff auf ein Hotel. In Abidjan und im Landesinneren gibt es weiterhin Straßenkontrollen. Die Kriminalität in Côte d'Ivoire ist hoch, insbesondere in den westlichen und nordwestlichen Landesteilen (AA 20.3.2018; vgl. BMEIA 20.3.2018). Die Kontrolle der Regierung über zwei Provinzen an der liberianischen Grenze bleibt schwach. Dort stellen Rückkehrer und Milizen eine Bedrohung für das staatliche Gewaltmonopol dar (BTI 2018).
In der ersten Jahreshälfte 2017 kam es in weiten Teilen der Côte d'Ivoire wiederholt zu Unruhen und Streiks im öffentlichen Sektor, verbunden mit Straßensperren und vereinzelten Gewaltakten auch gegen Zivilisten. Eine Wiederholung derartiger Ereignisse kann nicht ausgeschlossen werden (AA 20.3.2018).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (20.3.2018): Côte d'Ivoire, Reise- und Sicherheitshinweise,
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/cotedivoiresicherheit/209460, Zugriff 20.3.2018
-BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (20.3.2018): Reiseinformationen - Côte d'Ivoire, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/cote-divoire/, Zugriff 20.3.2018
-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Country Report - Côte d'Ivoire, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Cote_d_Ivoire.pdf, Zugriff 27.3.2018
-EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (20.3.2018): Reisehinweise Côte d'Ivoire, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/cote-d-ivoire/reisehinweise-fuercotedivoire.html, Zugriff 20.3.2018
Rechtsschutz / Justizwesen
Das Justizsystem ist stark von Frankreich beeinflusst. Es existieren zwei parallele Justizsysteme - die französische Gerichtsbarkeit und das ivorische Gewohnheitsrecht. Der obere Gerichtshof (Coûr Supreme) kontrolliert die Rechtsprechung. Interessant als verfassungsmäßig vorgesehenes Organ ist der Médiateur de la Republique (Vermittler der Republik), der als eine Art Ombudsmann unparteiisch urteilt (GIZ 3.2018a). Die Verfassung und die Gesetze gewähren eine unabhängige Justiz, doch in der Praxis werden diese nicht durchgesetzt. Obwohl die Justiz in gewöhnlichen Kriminalfällen unabhängig ist, folgt sie der Exekutive in Fällen der nationalen Sicherheit oder bei politisch sensiblen Fällen (USDOS 3.3.2017). Richter sind korrupt und sehr oft durch Bestechungsgelder beeinflusst. Zudem bleibt die Justiz unzureichend ausgestattet und ineffizient (USDOS 3.3.2017; vgl. BTI 2018). Formell ist die Justiz wie erwähnt unabhängig. Tatsächlich war sie aber in ihren Entscheidungen immer der gerade amtierenden Regierung unterworfen (BTI 2018).
Trotz anhaltender, aber langsamer Verbesserungen in den Bereichen Sicherheit und politische Aussöhnung blieben die Bemühungen der Regierung zur Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit und zur Bekämpfung der Straflosigkeit nach der Krise nach den Wahlen 2010/11 unvollständig (USDOS 3.3.2017).
Eine ernsthafte Aussöhnungspolitik wurde nicht betrieben, doch die Côte d¿Ivoire steht auch vor der riesigen Herausforderung, langjährig gewachsene Konfliktfelder zu entspannen, die Bevölkerung zu versöhnen, einen funktionierenden Staat aufzubauen, die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen und die Straflosigkeit nach dem gewaltsamen Konflikt nach den Wahlen 2010/11 anzuerkennen. Die Situation hat sich aktuell beruhigt, doch die Probleme bestehen weiter (GIZ 3.2018a; vgl. USDOS 3.3.2017).
Die Fortschritte in der Aufarbeitung der Gewalttaten nach den Wahlen bleibt schleppend und die überwiegende Mehrheit der Täter, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, wurden noch nicht zur Rechenschaft gezogen (HWR 18.1.2018). Am 28. Jänner 2016 wurde der Prozess gegen den ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo und seinen engen Verbündeten Charles Blé Goudé vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag eröffnet. Gbagbo und Blé Goudé wurden jeweils viermal wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, die während der postelektiven Krise 2010/11 begangen wurden, bei der mindestens 3.000 Zivilisten getötet und mehrere Frauen und Mädchen vergewaltigt wurden. Am 31. März 2016 begann der Prozess gegen die ehemalige First Lady Simone Gbagbo vor dem Assize Court für Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. In der Vergangenheit wurden Assize-Gerichte (Sondergerichte, die bei Bedarf einberufen wurden, um Strafsachen mit schwerwiegenden Straftaten zu verhandeln) nur selten einberufen. Ihr Prozess war der erste wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Einige Menschenrechtsgruppen behaupteten, dass das Verfahren fehlerhaft sei. Bereits Anfang März 2016 wies der Oberste Gerichtshof Simone Gbagbos letzte Berufung gegen die 20-jährige Haftstrafe zurück, die sich aus einem separaten Prozess im Jahr 2015 ergab, in dem sie wegen Verbrechen gegen den Staat angeklagt wurde (USDOS 3.3.2017).
Die Richter in der Elfenbeinküste untersuchen weiterhin Verbrechen, die von beiden Seiten während der Krise nach den Wahlen 2010/11 begangen wurden, aber der fehlerhafte Prozess gegen die ehemalige First Lady Simone Gbagbo, welche am 28. März 2017 freigesprochen wurde, ließ Zweifel an der Fähigkeit der Gerichte aufkommen, ernsthafte Menschenrechtsfälle effektiv zu untersuchen (HRW 18.1.2018). Insgesamt übt die Regierung hinsichtlich der Aufarbeitung von Kriegsverbrechen (2010/2011) Einfluss auf die Justiz aus. So sind bis Ende 2014 zwar mehrere hundert Anhänger und Behördenmitarbeiter von Gbagbo verurteilt worden, allerdings ist bis Ende 2016 keine einzige Person aus dem Kreis der ehemaligen Ouattara-Milizen verurteilt worden (BTI 2018; vgl. AI 22.2.2018). Mehr als 200 Unterstützer des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo, gegen die im Zusammenhang mit dem Konflikt nach den Wahlen im Jahr 2010 Anklagen wegen Störung der öffentlichen Ordnung, Völkermords und anderer Straftaten erhoben worden war, befinden sich weiterhin in Haft (AI 22.2.2018; vgl. HRW 18.1.2018).
Die zivilgesellschaftliche Organisation, Commission Dialogue, Vérité et Réconciliation (CDVR), die im Bereich der Versöhnung und der Friedenssicherung arbeitet, wurde 2011 in der Elfenbeinküste ins Leben gerufen. Obwohl die Arbeit der CDVR international als bedeutsam erachtet wurde, wurde sie auch kritisiert. Im Wahljahr 2015 versuchte der Präsident, den Friedensdialog zu stärken, indem er die CDVR durch die CONARIV (Commission nationale de Réconcialisatio et d¿indémnisation des Victimes) ersetzte und die Kirche daran beteiligte. Trotzdem blieben die Versöhnungserfolge weit hinter den Erwartungen (GIZ 3.2018a). Die Fortschritte bei der Bereitstellung von Gerechtigkeit für die Opfer der Gewalt nach den Wahlen blieben schleppend, da die überwiegende Mehrheit der Täter von Menschenrechtsverletzungen noch nicht zur Verantwortung gezogen wurde (HRW 18.1.2018).
Der ICC-Prozess gegen Laurent Gbagbo und Charles Blé Goudé wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, einschließlich Mord und Vergewaltigung während der Gewalttätigkeiten nach den Wahlen, wurde fortgesetzt. Im Juli 2017 hat die Berufungskammer des ICC die Strafkammer aufgefordert, ihre Entscheidung zu überprüfen, um die vorläufige Freilassung von Laurent Gbagbo zu unterbinden (AI 22.2.2018). Es wurden auch die Verbrechen untersucht, die von pro-Ouattara-Kräften während der Krise 2010/11 begangen wurden (HRW 18.1.2018).
Die Reparationsorganisation der Côte d'Ivoire hatte bei der Vorlage ihres Berichts im April 2016 eine Liste von mehr als 316.000 Opfern zusammengestellt, die möglicherweise für eine Wiedergutmachung in Frage kämen, obwohl die überwiegende Mehrheit der Opfer noch keine Hilfe erhalten hat. Am 25. Oktober 2017 veröffentlichte die Regierung den Bericht der Dialog-, Wahrheits- und Versöhnungskommission. Der Bericht trug nur wenig dazu bei, die Verantwortlichen für Verbrechen, die während des Konflikts von 2002-2003 begangen wurden, oder für die Krise von 2010/11 zu identifizieren (HRW 18.1.2018).
Quellen:
-AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2017/18 (22.2.2018): The State of the World's Human Rights - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1425313.html, Zugriff 20.3.2018
-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Country Report - Côte d'Ivoire, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Cote_d_Ivoire.pdf, Zugriff 27.3.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a), Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 20.3.2018
-HRW - Human Rights Watch: World Report 2018 (18.1.2018): Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1422431.html, Zugriff 15.3.2018
-USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
Sicherheitsbehörden
Die Polizei (unter dem Ministerium für Inneres und Sicherheit) und die Gendarmerie (unter dem Verteidigungsministerium) sind für die Strafverfolgung zuständig. Die Coordination Center for Operational Decisions (CCDO), eine Einheit aus Polizei, Gendarmerie und der Forces armées de Côte d'Ivoire (FACI), unterstützt die Polizei bei der Gewährleistung der Sicherheit in den Großstädten. Die FACI (unter dem Verteidigungsministerium) ist für die Landesverteidigung zuständig. Die Direction de la surveillance du territoire (DST) (unter dem Ministerium für Inneres und Sicherheit) ist für die Abwehr externer Bedrohungen zuständig (USDOS 3.3.2017). Die Armee besteht aus Bodentruppen, Marine und Luftwaffe. Sie wird ergänzt durch paramilitärische Einheiten der nationalen Gendarmerie sowie aus der Elitetruppe Garde Républicaine (GIZ 3.2018a).
Die FACI, die besser ausgebildet und ausgerüstet ist als Polizei oder Gendarmerie, übt weiterhin deren Funktionen aus. Die nationale Gendarmerie übernimmt von der FACI die Kontrolle über alle Sicherheitsfunktionen auf den Straßen, wie z.B. das Betreiben von Checkpoints. Dennoch betreibt die FACI nach wie vor unautorisierte Sicherheitskontrollen, vor allem in Grenznähe, wo sie auch Erpressung betrieben (USDOS 3.3.2017). Während das Personal der FACI besser ausgebildet und ausgerüstet bleibt als Polizei oder Gendarmerie, bleiben sie weiterhin nicht ausreichend ausgebildet oder ausgerüstet und verfügen auch nicht über eine angemessene Führungs- und Kontrollstruktur. Korruption und Straflosigkeit bleiben innerhalb der FACI und anderen Sicherheitskräften, einschließlich Polizei, Gendarmerie, CCDO und DST, endemisch (HRW 18.1.2018; vgl. USDOS 3.3.2017). Willkürliche Verhaftungen, Misshandlungen von Häftlingen und unrechtmäßige Tötungen durch die Sicherheitskräfte nahmen 2017 ab, aber Ermittlungen und Strafverfolgungen von Personen, die Missbräuche begehen, bleibt selten (HRW 18.1.2018). Besonders im Westen des Landes verlassen sich Gemeinschaften weiterhin auf Dozos (traditionelle Jäger), um ihren Sicherheitsbedarf zu decken (USDOS 3.3.2017).
Der Aufbau einer regulären, nationalen Armee für die Côte d¿Ivoire ist momentan ein wichtiges politisches Ziel. Dabei gehört es zu den bedeutendsten Herausforderungen, Milizen und Kindersoldaten in die Gesellschaft zu re-integrieren, strukturelle Verbesserungen wie z.B. die pünktliche Bezahlung von Soldaten und den Abbau von Kleinwaffen in der Bevölkerung voranzutreiben. Bisher fehlt es dem Sicherheitssektor an Legitimität und Funktionalität (GIZ 3.2018a). Im Jahr 2017 kam es außerdem zu mehreren Fällen von Meuterei bei der Armee, etwa in Bouake und Yamoussoukro. Die Großstadt Bouake wurde dabei von Meuterern vorübergehend unter Kontrolle gebracht. Dabei kamen mindestens 15 Menschen ums Leben (HRW 18.1.2018).
Die Militärpolizei und das Militärtribunal sind verantwortlich für die Untersuchung und Verfolgung angeblicher interner Missbräuche, die von den Sicherheitsdiensten begangen werden (USDOS 3.3.2017). Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen finden aber nur selten statt (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 18.1.2018). Die Häufigkeit von willkürlichen Verhaftungen, Misshandlungen von Häftlingen und unrechtmäßigen Tötungen durch die Sicherheitskräfte nahm 2017 wieder ab, aber Ermittlungen und Strafverfolgungen von Personen, die Missbräuche begehen, bleiben selten (HRW 18.1.2018; vgl. BTI 2018). Viele Mitglieder der Sicherheitskräfte, darunter auch hochrangige Offiziere der Armee, setzten ihre kriminellen Geschäfte und Erpressungen fort. Mehrere Kommandanten der Armee, die angeblich für Gräueltaten während des bewaffneten Konflikts 2002/2003 und der Krise 2010/11 verantwortlich waren, wurden im Januar 2017 befördert (HRW 18.1.2018).
Sicherheitskräfte scheitern zeitweise daran, gesellschaftliche Gewalt zu verhindern oder darauf zu reagieren, insbesondere während interkommunaler Auseinandersetzungen über Grundbesitz. Innerhalb jedes Sicherheitsapparates werden Anstrengungen unternommen, die Verantwortlichkeit für Menschenrechtsverletzungen innerhalb der einzelnen Befehlsketten zu stärken (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Country Report - Côte d'Ivoire, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Cote_d_Ivoire.pdf, Zugriff 27.3.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a), Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 27.3.2018
-HRW - Human Rights Watch: World Report 2018 (18.1.2018): Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1422431.html, Zugriff 20.3.2018
-USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassung und das Gesetz verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Trotzdem gab es einige Berichte über willkürliche oder extralegale Tötungen durch staatliche Organe. Die Verfassung und das Gesetz verbieten willkürliche Festnahme und Inhaftierung. Berichte über illegale Inhaftierungen, Erpressungen, sexuelle Gewalt und Verschwindenlassen seitens der republikanischen Streitkräfte der Côte d'Ivoire, der Forces républicaines de Côte d'Ivoire (FRCI) und anderer Sicherheitskräfte bestehen .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 12 von 25
weiter, obwohl sie seit der politischen Krise zurückgingen (USDOS 3.3.2017). Es gab keine Anzeichen dafür, dass mutmaßliche Täter, einschließlich der Sicherheitskräfte, mit Ende des Jahres 2017 wegen Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt wurden (AI 22.1.2018).
Im August startete die UNO-Operation in der Côte d'Ivoire (UNOCI) und die FRCI eine gemeinsame Einrichtung für Menschenrechte, um Informationen zu teilen, auf Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen durch die FRCI einzugehen und den Aufbau von Menschenrechten im Rahmen der FRCI zu koordinieren (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2017/18 (22.2.2018): The State of the World's Human Rights - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1425313.html, Zugriff 20.3.2018
-USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
Korruption
Das Gesetz sieht Strafen für korrupte Beamte vor, doch die Regierung setzt dieses Gesetz nicht effektiv um, und korrupte Beamte agieren straffrei (BTI 2018; vgl. USDOS 3.3.2017). Korruption ist immer noch ein verbreitetes Problem, auch innerhalb der Regierung. Die Bevölkerung hat wenig Vertrauen in Polizei und Gerichte (GIZ 3.2018a; vgl. BTI 2018). Korruption wirkt sich vor allem auf Gerichtsprozesse, Auftragsvergabe, Zoll- und Steuersachen und Verantwortlichkeit bei Sicherheitskräften aus. Und so bleiben Korruption und Straffreiheit bei Sicherheitskräften, einschließlich Polizei und Gendarmerie endemisch (USDOS 3.3.2017). Im Jahr 2016 belegte die Elfenbeinküste im Korruptionsindex von Transparency International den 103. von 180 Plätzen (TI 20.3.2018).
Quellen:
-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Country Report - Côte d'Ivoire, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Cote_d_Ivoire.pdf, Zugriff 27.3.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a), Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 27.3.2018
-TI - Transparency International (20.3.2018): Corruption Perceptions Index 2017,
https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 20.3.2018
-USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Eine Reihe von lokalen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann uneingeschränkt agieren. Die Regierung beschränkt weder ihre Arbeit noch die Untersuchungen oder die Publikation der Resultate von Menschenrechtsfällen. Regierungsangestellte sind üblicherweise auch bereit zu kooperieren und auf die Vorschläge der NGOs einzugehen (USDOS 3.3.2018).
Quellen:
-USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/local_link/322479/461956_de.html https://www.ecoi.net/en/document/1 395073.html, Zugriff 20.3.2018
9. Allgemeine Menschenrechtslage
Hauptprobleme der Côte d'Ivoire sind neben der hohen Armutsrate (46 Prozent) vor allem die weiterhin nur schleppend vorangekommene Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen die sich während der Bürgerkriegsjahre und den Krisenzeiten 2002, 2004 und 2010/2011 gekennzeichnet haben (AA 5.2017a; vgl. GIZ 3.2018a).
Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen der Missbrauch durch Sicherheitskräfte und die Unfähigkeit der Regierung, Recht und Ordnung durchzusetzen, dar (BTI 2018; vgl. USDOS 3.3.2018). Weitere Probleme sind schlechte Haftbedingungen, Korruption, Einschränkungen bei der Presse- und Versammlungsfreiheit, sowie Diskriminierung, sexuelle Übergriffe und Gewalt gegen Frauen und Kinder, darunter auch weibliche Genitalverstümmlung (FGM/C). Ethnische Gruppen, Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender, Menschen mit Behinderungen und Opfer von HIV/AIDS können gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt sein. Insbesondere in ländlichen Gebieten, kommt es auch unter gefährlichen Bedingungen zu Zwangsarbeit. Die Regierung verfolgt nur selten Missbrauch, der von Beamten oder Sicherheitskräften begangen wurden. Straflosigkeit stellt weiterhin ein Problem dar (BTI 2018; vgl. USDOS 3.3.2017).
Die ivorische zivilgesellschaftliche Organisation CSCI wurde 2003 von der Ivorischen Liga der Menschenrechte (Ligue Ivorienne des Droits de l¿Homme LIDHO), als Antwort auf die politisch-militärische Krise in der Côte d¿Ivoire von 2002, gegründet. Zu den Aufgaben der CSCI gehört es, den Wiederaufbau zu unterstützen, ein neues Sozialgesetz auf den Weg zu bringen, eine stabile Politik und eine partizipative Demokratie zu gewährleisten und die Wirtschaft dauerhaft zu stärken. In der CSCI sind politische Gruppen, Gewerkschaften, religiöse Gruppen und traditionelle Führungskräfte aktiv (GIZ 3.2018a).
Die fortwährende soziopolitische Unsicherheit, das Fehlen einer unabhängigen Justiz, die weitgehende Straflosigkeit für Regierungstruppen und eine eingeschränkte Pressefreiheit sind bis heute dafür verantwortlich, dass von einer befriedigenden Menschenrechtssituation nicht gesprochen werden kann (GIZ 3.2018a; vgl. BTI 2018).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (5.2017a): Côte d'Ivoire, Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/CoteDIvoire/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.3.2018
-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Country Report - Côte d'Ivoire, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Cote_d_Ivoire.pdf, Zugriff 27.3.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a), Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 20.3.2018
-USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
Meinungs- und Pressefreiheit
Die Verfassung und das Gesetz gewähren Meinungs- und Pressefreiheit, doch die Regierung beschränkt diese Rechte in der Praxis (BTI 2018; vgl. USDOS 3.3.2017). Der National Press Council (CNP), die Regierungsbehörde für Printmedien, hat mehrmals Zeitungen und Journalisten suspendiert oder gerügt, weil ihre Aussagen vorgeblich falsch oder verleumderisch waren und angeblich die Staatssicherheit bedrohten. Das Gesetz verbietet auch Aufstachelung zu Gewalt, ethnischem Hass, Rebellion und Beleidigung des Staatsoberhaupts oder anderer Mitglieder der Regierung (USDOS 3.3.2016).
Die Medienlandschaft in der Côte d'Ivoire ist vielfältig. Die wichtigsten Tageszeitungen sind "Fraternité Matin", "Le Jour", "Le Patriote", "Soir Info", "L'Eléphant Déchainé", "24 Heures", "Nord-Sud" und "Notre Voie". Nationale Verbreitung hat der staatliche Rundfunk "Radio Télévision Ivorien" (RTI). Von besonderer Bedeutung sind die zahlreichen lokalen Radiosender, die für den größten Teil der Bevölkerung die wichtigste Informationsquelle sind (AA 5.2017c).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (5.2017c): Côte d'Ivoire, Kultur und Bildung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/cotedivoire-node/-/209486, Zugriff 27.3.2018
-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Country Report - Côte d'Ivoire, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Cote_d_Ivoire.pdf, Zugriff 27.3.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a), Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 20.3.2018
-USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Das Gesetz erlaubt Vereinigungsfreiheit und die Regierung respektiert dieses Recht auch in der Praxis, jedoch verbietet das Gesetz die Gründung von politischen Parteien entlang ethnischer oder religiöser Linien, obwohl früher manchmal eine solche Zugehörigkeit Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in mancher Partei war. Das Gesetz erlaubt auch Versammlungsfreiheit, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch gelegentlich ein. Demonstrationen und Kundgebungen müssen im Voraus gemeldet werden und oppositionelle Gruppen berichten über häufige Ablehnung ihrer Anträge (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 18.1.2018, BTI 2018).
Drei Oppositionspolitiker wurden im Mai 2015 wegen einer verbotenen Oppositionskundgebung zu 30 Monaten Haft verurteilt. Zudem wurde ein Geschäftsmann und Anhänger der Opposition, am 31. März 2017 wegen Verleumdung und übler Nachrede zu sechs Monaten Haft verurteilt, nachdem er die Staatsangehörigkeit von Präsident Ouattara bei einer öffentlichen Kundgebung in Frage gestellt hatte (HRW 18.1.2018; vgl. AI 22.2.2018). Im Dezember 2016 fanden Parlamentswahlen statt, an der die Oppositionspartei von Laurent Gbagbo, die FPI, trotz vorheriger Ankündigung zum Boykott teilnahm. Die Regierungskoalition unter Ouattara (RDR) gewann die Wahlen deutlich. Im Januar 2017 kam es zu einem Aufstand der Soldaten, die ihren Lohn forderten und mit Reformen in der Armee nicht zufrieden sind. Sie setzten vorübergehend sogar den Verteidigungsminister fest. Auch die Beamten streikten (GIZ 3.2018a).
Quellen:
-AI - Amnesty International: Amnesty International Report 2017/18 (22.2.2018): The State of the World's Human Rights - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1425313.html, Zugriff 20.3.2018
-BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Country Report - Côte d'Ivoire, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Cote_d_Ivoire.pdf, Zugriff 27.3.2018
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018a), Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/cote-divoire/geschichte-staat/, Zugriff 20.3.2018
-HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1422431.html, Zugriff 20.3.2018
-USDOS - U.S. Department of State (13.4.20163.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 20156 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
Haftbedingungen
Die Gefängnisbedingungen in der Elfenbeinküste bleiben hart und lebensbedrohlich. Überbelegung bleibt ein Problem in den Gefängnissen und Haftanstalten (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 18.1.2018), die von den Forces républicaines de Côte d'Ivoire (FRCI) und der Direktion für territoriale Überwachung (DST) betrieben werden. Auch die Nahrungssituation, die Hygienebedingungen und die medizinische Versorgung sind teilweise mangelhaft und stellen ein ernstes Problem dar. Die Behörden achten nicht immer auf die Trennung von Männern und Frauen, Jugendliche und Erwachsene befinden sich in denselben Zellen (USDOS 3.3.2018). Abidjans Jugendstrafanstalt ist in einem Erwachsenengefängnis untergebracht, und Kinder in Untersuchungshaft werden oft mit Erwachsenen inhaftiert (HRW 18.1.2018).
Wohlhabende Gefangene können zusätzlichen Platz, Essen und sogar Personal zum Waschen und Bügeln ihrer Kleidung "kaufen". Die Regierung gewährt dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) die Belieferung mit Nahrungsergänzungsmittel für gefährdete Häftlinge, wie schwangere Frauen und ältere Menschen. Zudem liegen keine Informationen über die Bedingungen in den von der Armee oder der Direktion für Territoriale Überwachung (DST) betriebenen informellen Haftanstalten vor, da die Regierung lokalen oder internationalen NGOs keinen Zutritt gewährt (USDOS 3.3.2018).
Quellen:
-HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Côte d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1422431.html, Zugriff 20.3.2018
-USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Cote d'Ivoire, https://www.ecoi.net/en/document/1395073.html, Zugriff 20.3.2018
Todesstrafe