TE Vwgh Beschluss 2018/5/24 Ra 2017/19/0605

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Veröffentlicht am 24.05.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

BFA-VG 2014 §21 Abs7;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache des M M (auch: M sowie M) in W, vertreten durch MMag.Dr. Christopher Schrank, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2017, L508 1422423- 3/5E, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Pakistan, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 16. Juli 2011 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Diesem Antrag wurde im Instanzenzug vom (damaligen) Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Oktober 2012 keine Folge gegeben und gegen ihn rechtskräftig eine Ausweisung erlassen.

2 Am 19. September 2014 stellte er einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

3 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den zweiten Antrag des Revisionswerbers letztlich mit Bescheid vom 18. Oktober 2017 gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Es erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers ohne Durchführung einer Verhandlung ab. Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Revisionswerber führt zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision, die sich ausschließlich gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (sowie die davon rechtlich abhängenden Aussprüche) wendet, auf das Wesentliche zusammengefasst aus, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen und die Aufnahme zentraler Beweise, insbesondere die Vernehmung des Revisionswerbers und seiner Ehefrau, unterlassen. Entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe das Verwaltungsgericht das Überwiegen der Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib in Österreich trotz eines langjährigen Aufenthalts und der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin verneint.

9 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 11.1.2018, Ra 2017/02/0262; 12.1.2018, Ra 2018/20/0003, jeweils mwN).

10 Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof wiederholt darauf hingewiesen hat, bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen komme der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0424).

11 Die Revision zeigt aber nicht auf, warum im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen für die Abstandnahme der Verhandlung nach der zu § 21 Abs. 7 BFA-VG ergangenen Rechtsprechung nicht gegeben gewesen wären. Mit dem bloß unsubstantiiert gehaltenen Hinweis darauf, dass der Revisionswerber und seine Ehefrau "zur gemeinsamen Ehe, dem Beginn der Beziehung, der Intensität derselben, den gemeinsamen Freundes- und Bekanntenkreis, den gemeinsamen Tagesablauf etc." hätten befragt werden müssen, wird nicht dargelegt, welches zum für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt konkret erstattete und von der Behörde noch nicht berücksichtigte Vorbringen Feststellungen zu unterwerfen gewesen wäre.

12 Soweit in diesem Zusammenhang als Verfahrensfehler zudem in allgemeiner Form Ermittlungsmängel geltend gemacht werden, wird demnach auch die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel nicht aufgezeigt.

13 Im Übrigen ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. etwa VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0470 bis 0473; 1.3.2018, Ra 2018/19/0061, jeweils mwN).

14 Am Boden der Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts, von denen nach dem Gesagten auszugehen war (§ 41 VwGG), gelingt es der Revision nicht darzulegen, dass die im Einzelfall vorgenommene Interessenabwägung unvertretbar erfolgt wäre. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen dieser Beurteilung die (am 11. Jänner 2017 geschlossene) Ehe des Revisionswerbers mit einer österreichischen Staatsbürgerin berücksichtigt und die festgestellten Umstände in nicht unvertretbarer Weise gewichtet.

15 Die Revision zeigt sohin nicht auf, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre. Es werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 24. Mai 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017190605.L00

Im RIS seit

26.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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