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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr und Hofrat Dr. Doblinger sowie Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des A H in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 1. Dezember 2017, Zl. 405- 10/382/1/9-2017, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von 1.346,40 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Salzburg vom 6. Juni 2017 wurde der Revisionswerber als Betreiber eines näher bezeichneten Lokals der zweifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 52 Abs. 2 iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 2.000,-- Euro (sowie Ersatzfreiheitsstrafen jeweils in Höhe von 18 Stunden) verhängt, weil er im Tatzeitraum von 1. Juli 2013 bis 16. Dezember 2014 mit zwei näher bezeichneten Glücksspielgeräten zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht habe.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde insofern Folge, als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 1.750,-- Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 18 Stunden herabgesetzt wurden. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch hinsichtlich der Gehäusebezeichnung geringfügig modifiziert wurde (Spruchpunkt I.). Das Landesverwaltungsgericht sprach aus, dass dem Beschwerdeführer keine Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren aufzuerlegen seien und verringerte die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf insgesamt 350,-- Euro (Spruchpunkt II.). Weiters sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision in der die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
4 Das Verwaltungsgericht legte die Verwaltungsakten vor. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Soweit die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen hinsichtlich des Glücksspielgerätes (mit der Gehäusebezeichnung "Multi Game"), bei dem eine Einsatzhöhe von über 10,-- Euro festgestellt wurde, für den vor der GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 liegenden Teil des inkriminierten Tatzeitraumes einen Widerspruch zur hg. Judikatur zur Subsidiarität der verwaltungsgerichtlichen gegenüber der strafgerichtlichen Zuständigkeit rügt sowie im Weiteren Verfolgungsverjährung einwendet, erweist sie sich als zulässig und berechtigt:
9 Dem angefochtenen Erkenntnis liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem zu Beginn des Zeitraums der dem Revisionswerber vorgeworfenen strafbaren Handlung und zwar vom 1. Juli 2013 bis 28. Feber 2014 die GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 noch nicht in Geltung stand. Die in diesem Tatzeitraum geltende Fassung des § 52 Abs. 2 GSpG, BGBl. I Nr. 111/2010, bestimmte, dass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10,-- Euro von Spielern oder anderen geleistet werden.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Rechtslage ausgesprochen, dass im Ergebnis keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist, wenn eine an sich bestehende verwaltungsrechtliche Strafbarkeit hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurücktritt. Der Täter verwirklicht allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Für den Fall der Verwirklichung des Straftatbestandes des § 168 StGB wegen der Ermöglichung von Ausspielungen mit Einsätzen von über 10,-- Euro verbleibt kein Raum für eine weitere Verfolgung wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG. Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, B 422/2013 (VfSlg. 19.754) ist nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von 10,-- Euro vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen, weshalb in solchen Fällen auch nicht länger die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nach den Bestimmungen des GSpG besteht (vgl. VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0045).
11 Da nach den Feststellungen des Landesverwaltungsgerichts beim Glücksspielgerät mit der Gehäusebezeichnung "Multi Game" ein Höchsteinsatz von 12,-- Euro, somit über 10,-- Euro möglich war, tritt für den inkriminierten Tatzeitraum bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 am 1. März 2014 (somit vom 1. Juli 2013 bis 28. Feber 2014) die verwaltungsbehördliche hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurück und liegt eine ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit vor.
12 Des Weiteren wurde im vorliegenden Fall die Aufforderung zur Rechtfertigung zu den inkriminierten Vorwürfen dem Revisionswerber nach der Aktenlage erst am 17. Dezember 2015 zugestellt; da somit keine Verfolgungshandlung innerhalb der einjährigen Frist nach § 31 Abs. 1 VStG vorgenommen wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten.
13 Damit hat das Landesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass dieses Erkenntnis bereits aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das übrige Revisionsvorbringen näher einzugehen war.
14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 30. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090023.L00Im RIS seit
26.06.2018Zuletzt aktualisiert am
28.06.2018