Index
E1E;Norm
12010E049 AEUV Art49;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des M R in U, vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 5. Juli 2017, LVwG 30.23-1386/2017-5, betreffend Übertretung nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis verhängte das Landesverwaltungsgericht Steiermark nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung über den Revisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer und damit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen befugte Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes durch diese in neun Fällen Geldstrafen und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
2 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 21. September 2017, E 2892/2017-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
3 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision ist zu erwidern, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; sowie 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
6 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen.
7 Im Zusammenhang mit seinem Vorbringen einer behaupteten Verletzung des Parteiengehörs sowie zum Überraschungsverbot zeigt der Revisionswerber die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel nicht auf (vgl. etwa VwGH 29.12.2017, Ra 2017/17/0893). Auch in Bezug auf die unter diesem Gesichtspunkt vorgebrachte Aktenwidrigkeit wird die Relevanz eines Verfahrensmangels nicht ausreichend dargelegt (siehe zum Ganzen auch VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0005).
8 Soweit der Revisionswerber sein Verschulden unter Hinweis auf ein näher bezeichnetes Gutachten, auf das er habe vertrauen dürfen, und ein Mietanbot, das ein Verbot verbotener Ausspielungen in gegenständlichen Räumlichkeiten enthalte, bestreitet, zeigt er eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung nicht auf. So hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach betont, dass gerade dann, wenn bewusst eine Konstruktion gewählt wird, mit der die rechtlichen Möglichkeiten bis zum Äußersten ausgereizt werden sollen, eine besondere Sorgfalt hinsichtlich der Erkundigung über die Rechtslage an den Tag zu legen ist (vgl. VwGH 28.5.2013, 2012/17/0195, mwN). Erst im Falle einer, auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft durch die zuständige Behörde und im Vertrauen auf diese Auskunft erfolgte Gesetzesverstöße sind nicht als Verschulden anzurechnen (siehe VwGH 24.6.2015, Ra 2015/09/0047).
9 Das Verwaltungsgericht hat sich überdies ausreichend mit der Qualifikation der Spielapparate als Glücksspielgeräte auseinandergesetzt. Dass eine davon abweichende Beurteilung geboten gewesen wäre, zeigt der Revisionswerber in seinem Zulässigkeitsvorbringen nicht annähernd ausreichend konkret auf.
10 Wenn der Revisionswerber überdies rügt, das angefochtene Erkenntnis weiche von den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK ab, weil im Straferkenntnis nicht exakt wiedergegeben worden sei, welcher Fall des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG herangezogen worden sei, übersieht er, dass in dem vom Verwaltungsgericht übernommenen Spruch des behördlichen Straferkenntnisses ausdrücklich ausgeführt wurde, dass Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht wurden. Das Vorbringen zeigt auch nicht auf, dass die Tatumschreibung im Sinn des § 44a Z 1 VStG nicht so präzise gewesen wäre, dass er seine Verteidigungsrechte nicht hätte wahren können oder er der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre (vgl. auch hiezu VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0005; 28.2.2018, Ra 2017/17/0787 ua).
11 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
12 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 30. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018090002.L00Im RIS seit
26.06.2018Zuletzt aktualisiert am
28.06.2018