TE OGH 2018/5/3 6R10/18i

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Veröffentlicht am 03.05.2018
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Das Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht hat durch den Senatspräsidenten Dr.Bott (Vorsitz), den Richter Dr.Deu und die Richterin Maga.Gassner als weitere Senatsmitglieder in der Rechtssache der klagenden Partei ***** GmbH, *****, vertreten durch Mag.Leopold Zechner, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Graz, wegen eingeschränkt EUR 24.365,47 sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 21.März 2018, 11 Cg 36/17p-24, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Eine Kostenersatz findet nicht statt.

Ein Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

begründung:

Mit ihrer Eingabe vom 26.Februar 2018 (ON 21) stellte die Klägerin den Antrag, anstelle des bestellten Sachverständigen DI Dr.***** den von ihr genannten DI Dr.***** zum Sachverständigen zu bestellen, und stellte gleichzeitig den Antrag, der Klägerin Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit c ZPO (insbesondere für die Sachverständigengebühren) zu bewilligen. Unter einem ersuchte sie, die Frist zur Vorlage des Vermögensverzeichnisses so zu erstrecken, dass dieses erst vorzulegen sei, sobald Klarheit über die tatsächlichen voraussichtlichen Sachverständigengebühren herrsche, da die Klägerin den Verfahrenshilfeantrag „allenfalls wieder zurückziehen würde“.

Mit Beschluss vom 28.Februar 2018 (ON 22) wies das Erstgericht den Antrag auf Umbestellung des Sachverständigen ab und erteilte gleichzeitig der Klägerin für den Fall, dass sie die Verfahrenshilfe weiter beantrage, den Auftrag, ein vollständig ausgefülltes Vermögensbekenntnis für sich selbst und für sämtliche an ihr wirtschaftlich Beteiligten binnen 14 Tagen mit entsprechenden Nachweisen vorzulegen; dies unter Hinweis auf die Rechtsfolgen im Sinne des § 381 ZPO, falls dem Verbesserungsauftrag nicht entsprochen werde. Gleichzeitig wiederholte es, falls der Verfahrenshilfeantrag nicht aufrecht erhalten werde, den Auftrag, den (durch die Kostenwarnung des Sachverständigen) erforderlichen und aufgetragenen ergänzenden Kostenvorschuss zu erlegen.

Die Beklagte sprach sich in ihrer Eingabe vom 2.März 2018 (ON 23) gegen die Bewilligung der Verfahrenshilfe mit der Begründung aus, die Klägerin habe den Kostenvorschuss nicht innerhalb der erteilten Frist erlegt und den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nach Ablauf derselben gestellt, was zu dessen Zurückweisung führen müsse.

Die Klägerin habe ihrem Antrag auch bewusst ein Vermögensverzeichnis nicht beigelegt, um einen Verbesserungsauftrag zu provozieren und das Verfahren abermals zu verzögern.

Mit dem nun angefochtenen Beschluss weist das Erstgericht den gestellten Verfahrenshilfeantrag ab.

Die Klägerin habe dem Verbesserungsauftrag zur Vorlage eines Vermögensbekenntnisses für sich selbst und für sämtliche an ihr wirtschaftlich Beteiligten samt Belegen trotz Hinweises auf die Folgen der Säumnis nicht entsprochen, womit eine Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht in Betracht komme.

Dagegen wendet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und dem Erstgericht die gesetzmäßige Fortsetzung des Verfahrens über die Bewilligung der Verfahrenshilfe aufzutragen, in eventu aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte, die eine Rekursbeantwortung erstattet, beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, das Erstgericht habe dem Verbesserungsauftrag das ZPForm 1 nicht angeschlossen, womit die Frist zur Vorlage desselben noch nicht zu laufen begonnen habe. Darüber hinaus sei der Alleingesellschafterin der Klägerin ein Auftrag zur Vorlage des ZPForm 1 bisher noch nicht einmal erteilt worden.

Diesen Argumenten kann kein Erfolg beschieden sein.

Gemäß § 66 Abs 1 ZPO ist zugleich mit dem Verfahrenshilfeantrag ein nicht mehr als vier Wochen altes Vermögensbekenntnis (mit entsprechenden Belegen) seitens der Partei beizubringen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung ist über den Antrag auf Grundlage des genannten Vermögensbekenntnisses zu entscheiden.

Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass im Verfahrenshilfeverfahren dem Vermögensbekenntnis zentrale Bedeutung zukommt (Bydlinski in Fasching/Konecny3 II/1 § 66 ZPO [Stand 1.September 2014, rdb.at]; hg 6 Ra 79/13d; EFSlg 112.005, 108.874 uva).

Es trifft zwar zu, dass nach dem Gesetzeswortlaut dann, wenn dem Antrag ein solches Vermögensbekenntnis nicht angeschlossen ist, nach den §§ 84 und 85 unter Fristsetzung vorzugehen und der Partei gleichzeitig das Formblatt zuzustellen ist.

Ein solches Verbesserungsverfahren wäre im Fall der Klägerin jedoch gar nicht durchzuführen gewesen, zumal sich der gestellte Antrag als gesetzwidrig und unzulässig erweist.

Nach der Judikatur ist nämlich dann, wenn in einem Schriftsatz (Antrag) absichtlich zur Verfahrensverzögerung Formfehler eingebaut werden, ein Verbesserungsauftrag entbehrlich und ein ohne gleichzeitige Vorlage des Vermögensbekenntnisses gestellter Verfahrenshilfeantrag ohne vorheriges Verbesserungsverfahren abzuweisen (1 Ob 179/15b; 3 Ob 98/16g ua).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Die durch einen Rechtsanwalt vertretene Klägerin hat bereits in ihrem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ersucht, die Frist zur Vorlage des Vermögensbekenntnisses auf einen Zeitpunkt zu erstrecken, zu dem Klarheit über die tatsächliche Höhe der Sachverständigengebühren herrschen würde. Wie bereits eingangs dargestellt, entspricht dieser Antrag den gesetzlichen Grundsätzen nicht, zumal das Vermögensbekenntnis gleichzeitig mit dem Verfahrenshilfeantrag vorzulegen ist, welche Kenntnis einem berufsmäßigen Parteienvertreter zweifellos unterstellt werden kann und muss. Damit ist davon auszugehen, dass eine Vorlage des Vermögensbekenntnisses durch die antragstellende Klägerin ganz bewusst unterblieben ist, was an sich schon die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens – wie dargestellt – nicht erfordert. Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Vermögensbekenntnis nach dem Gesetzeswortlaut dem Verbesserungsauftrag an eine anwaltlich vertretene Partei tatsächlich vom Gericht anzuschließen ist und die Verbesserungsfrist erst durch die Maßnahme ausgelöst wird, oder aber im Hinblick auf die technischen Gegebenheiten von einem berufsmäßigen Parteienvertreter verlangt werden kann, der von ihm vertretenen Partei das entsprechende Formular aus eigenem zur Verfügung zu stellen, kann im vorliegenden Fall unterbleiben. Verwiesen sei jedoch darauf, dass das von der Klägerin gestellte Ansinnen, ihr das Vermögensbekenntnis erst zu einem Zeitpunkt abzuverlangen, zu dem die endgültige Höhe der Sachverständigengebühren feststeht, in krasser Weise sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch der gerichtlichen Praxis widerspricht.

Ungeachtet dessen, dass das Erstgericht der Klägerin dennoch einen Verbesserungsauftrag und damit einhergehend auch unter Hinweis auf die Rechtsfolgen einer Säumnis nach § 381 ZPO erteilt hat, ist auch davon auszugehen, dass die Klägerin diesem in keiner Weise nachgekommen ist. Es bedarf keiner Erörterung, dass schon nach dem Gesetzeswortlaut des § 63 Abs 2 ZPO unter anderem einer juristischen Person die Verfahrenshilfe nur dann zu bewilligen ist, wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und darüber hinaus die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Dies gilt auch für Kapitalgesellschaften (M.Bydlinski in Fasching/Konecny3 § 63 ZPO Rz 9; 8 Ob 118/11b; hg 2 R 201/17x). Wirtschaftlich Beteiligte an der klägerischen GmbH sind zweifellos deren Gesellschafter. Demzufolge hat das Erstgericht konsequenterweise nicht nur der Klägerin selbst den Auftrag erteilt, ein ausgefülltes Vermögensbekenntnis für sich vorzulegen, sondern auch für sämtliche an ihr wirtschaftlich Beteiligten. Das Argument im Rechtsmittel, ein derartiger Auftrag sei der Alleingesellschafterin der Klägerin noch nicht erteilt worden, ist damit widerlegt. Abgesehen davon ist es zweifellos nicht Aufgabe des Erstgerichts, die Anteilsverhältnisse einer die Verfahrenshilfe beantragenden Kapitalgesellschaft zu ermitteln, sondern wohl jene der Gesellschaft selbst, die jedenfalls in Kenntis darüber ist, welche Personen an ihr als wirtschaftlich beteiligt anzusehen sind.

Demzufolge hat das Erstgericht den gestellten Verfahrenshilfeantrag jedenfalls auch im Hinblick auf den nicht erfüllten Verbesserungsauftrag zutreffend abgewiesen (RIS-Justiz RS0120073).

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Ein Kostenzuspruch kommt schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht in Betracht (§ 72 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf § 528 Abs 2 Z 4 ZPO).

Oberlandesgericht Graz, Abteilung 6

Textnummer

EG00150

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0639:2018:00600R00010.18I.0503.000

Im RIS seit

26.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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