TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/9 LVwG-S-2513/001-2017

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Veröffentlicht am 09.05.2018
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Entscheidungsdatum

09.05.2018

Norm

GewO 1994 §74 Abs1
GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §81 Abs1
GewO 1994 §366 Abs1 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch den Richter Mag. Gindl über die Beschwerde des A, ****, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 20. September 2017, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im vorletzten Satz der verbalen Tatumschreibung nach der Wortfolge „Die Belästigung“ der Ausspruch „durch Lärm“ eingefügt wird und der letzte Satz der verbalen Tatumschreibung ersatzlos entfällt.

Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von € 200,-- zu leisten.

Die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmünd (in der Folge: belangte Behörde) vom 20. September 2017, Zl. ***, wurde Herrn A (in der Folge: Beschwerdeführer) Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:          27.05.2017, 10.00 - 19.30 Uhr
Ort:   ***, ***, ***

Tatbeschreibung:

Sie haben am oben angeführten Tatort zu oben angeführter Tatzeit gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung verstoßen, indem Sie die Betriebsanlage am Standort ***, ***, welche ursprünglich als Garage (zuletzt Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 03.08.1964, ***) genehmigt worden ist, nach erfolgter Änderung ohne gewerberechtlicher Genehmigung auch als private Werkstätte betrieben haben, obwohl eine Vermischung von privater und beruflicher Nutzung zu einer Genehmigungspflicht der gesamten Anlage als Betriebsanlage führt und eine Verwaltungsübertretung begeht, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.
Die Belästigung von Nachbarn durch Verwendung von Maschinen für die Fahrzeugreparatur kann nicht ausgeschlossen werden. Ebenso besteht Feuergefahr für Personen im benachbarten Bereich durch fehlende brandschutzmäßige Trennung zum restlichen Betrieb.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 366 Abs. 1 Z. 3 zweiter Fall i.V.m. § 81 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994 – GewO, BGBl. Nr. 194/1994 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

€ 1.000,00

95 Stunden

§ 366 Abs. 1 Einleitungssatz
Gewerbeordnung 1994 - GewO, BGBl. Nr. 194/1994 i.d.g.F

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro

                 100,00

                                                           Gesamtbetrag:

                 1.100,00“

Dagegen richtete sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers vom 19. Oktober 2017. In dieser führte er Folgendes aus:

„Ich lasse mir nicht verbieten meine im Privatbesitz stehende Anlage an von mir bestimmten Tagen oder Stunden außerhalb der Betriebszeiten von mir privat zu nützen.

Am 27.05.2017 wurde im Freigelände ein Auto für einen Renntermin am 28.05.2017 vorbereitet. Feuergefahr für Personen im benachbarten Bereich bestand nicht ‚da keine Feuerarbeiten wie Schweißen oder Flexen durchgeführt wurde. Es bestand keine Lärmbelästigung, da keine Lärm verursachenden Maschinen oder Geräte verwendet wurden. Das laufen eines Motors bei Tag kann keine Lärmbelästigung darstellen.

Ich bitte daher die Straferkenntnis zurückzuziehen.“

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in Entsprechung des
§ 44 Abs. 1 VwGVG am 19. Dezember 2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Zuge dieser wurde der Beschwerdeführer einvernommen sowie in die Verfahrensakte, auf deren Verlesung verzichtet wurde, eingesehen.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sieht das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nachstehenden entscheidungsrelevanten Sachverhalt als erwiesen an:

Der Beschwerdeführer hat am Tatort (im Standort ***, ***, ***) eine mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. August 1964, ***, als Garage genehmigte gewerbliche Betriebsanlage.

Zur Tatzeit - am 27.05.2017 – hat der Beschwerdeführer ein Auto für ein Rennen am nächsten Tag vorbereitet. Es wurde während des Tages dort gearbeitet in der Art, dass mit dem Hammer dort Blech am Fahrzeug ausgerichtet wurde. Das Fahrzeug wurde vor dem Tor der Garage repariert und hergerichtet.

Dies ergab sich auf Grund der Aktenlage sowie den Angaben des Beschwerdeführers selbst im Zuge der Verhandlung im Beschwerdeverfahren.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:

Gemäß § 50 VwGVG hat das Verwaltungsgericht – sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist – über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden. Es hat den angefochtenen Bescheid dabei – sofern es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet – auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu prüfen.

Auf Grund einer vom Beschuldigten oder bloß zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde darf im Erkenntnis keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid (§ 42 VwGVG).

§ 366 Abs. 1 Z. 3 GewO lautet:

„Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 € zu bestrafen ist, begeht, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f).“

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die in den Ziffern 1 bis 5 dieser Gesetzesstelle genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstigen nachteiligen Einwirkungen hervorzurufen.

Die Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO enthält zwei Tatbestände. Zum einen ist strafbar, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert und zum anderen ist ebenso strafbar, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung nach (erfolgter) Änderung betreibt.

Nach dem Wortlaut des § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf nicht jede Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung, sondern nur eine solche, die geeignet ist, die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen. Ein Schuldspruch nach § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 muss daher, um das Erfordernis des § 44a Z 1 VStG zu erfüllen, auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die in § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (vgl. VwGH 3.9.1996, 96/04/0093; 16.12.1986, 86/04/0091 etc).

Eine Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage (auch eine Genehmigung einer Änderung) ist bereits bei grundsätzlicher Eignung, einen (oder mehrere) der Tatbestände der Z 1 bis 5 des § 74 Abs. 2 GewO 1994 zu erfüllen, gegeben. Um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel, auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH vom 20.9.1994, 94/04/0068).

Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen usw. bestehen, ist im Genehmigungsverfahren (nach § 81 bzw. § 77) zu überprüfen (vgl. u.a. VwGH vom 20.12.1994, 94/04/0162; 8.11.2000, 2000/04/0157).

Die Genehmigungspflicht ist immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen (Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen, nachteilige Einwirkungen) auf bestimmte Personen nicht auszuschließen sind.

Gegenständlich wurde die Betriebsanlage in geänderter Form (in Abänderung des Konsenses) betrieben. Es wurden Reparaturarbeiten an einem Fahrzeug vorgenommen (nach Angaben des Beschwerdeführers wurde mit dem Hammer Blech am Fahrzeug ausgerichtet).
Betrieben wird eine als gewerbliche Betriebsanlage iSd § 74 Abs. 1 GewO 1994 zu beurteilende Anlage nicht bloß dann, wenn dies zur Entfaltung jener gewerblichen Tätigkeit geschieht, der die Anlage regelmäßig zu dienen bestimmt ist. Vielmehr ist jedes Betreiben dieser Anlage, zu welchem Zweck auch immer, als Betrieb einer gewerblichen Betriebsanlage anzusehen. Es verliert eine gewerbliche Betriebsanlage diese rechtliche Eigenschaft nämlich nicht etwa insoweit, als sie zum Zweck einer nichtgewerblichen Tätigkeit betrieben wird. Soll daher eine gewerbliche Betriebsanlage sowohl zu einem gewerblichen wie auch zu einem nichtgewerblichen Zweck betrieben werden, so unterliegt bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 der gesamte und nicht etwa nur der "gewerbliche" Betrieb der Genehmigungspflicht (vgl. VwGH vom 10.4.1984, 83/04/0295, VwSlg 11399 A/1984; 17.04.1998; 96/04/0221).

Bei fehlender räumlicher und zeitlicher Trennung einer Betriebsanlage, die sowohl einem gewerblichen als auch einem nichtgewerblichen Zweck dient, unterliegt die gesamte Betriebsanlage der Genehmigungspflicht nach der GewO 1994 (Vgl. VwGH vom 10. April 1984, VwSlg. 11.399/A; 17. April 1998, 96/04/0221; auch VwGH vom 15.03.2017, Ra 2017/04/0021).

Gegenständlich war für die Reparaturarbeiten – mangels Trennung auch unter der Annahme einer „privaten Reparatur eines Fahrzeuges“ – von einer Änderung der Betriebsanlage auszugehen.

Diese Änderung (der geänderte Betrieb der Betriebsanlage) ist zweifelsfrei geeignet Nachbarn durch Lärm (Hämmern) zu belästigen.

Es konnte somit die im Tatvorwurf angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen angesehen werden. Diese hat der Beschwerdeführer zu verantworten.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses war entsprechend zu berichtigen. Dies war dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auch gestattet.

Zur Strafzumessung ist festzuhalten:

Gemäß § 19 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013 sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschwerdeführers sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Mildernd war hiebei nichts, erschwerend hingegen die im Verwaltungsakt enthaltenen einschlägigen Vormerkungen (§ 33 Z 2 StGB) zu werten.

Die konkret verhängte Strafe erscheint daher (im Hinblick auf den verwirklichten Tatunwert) tat- und schuldangemessen und ihre Verhängung erforderlich, um den Beschwerdeführer und Dritte von der Begehung gleicher oder ähnlicher strafbarer Handlungen abzuhalten. Dies selbst unter Zugrundelegung der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Pension in der Höhe von € 822,--, noch Geschäftsführer, mit meinem 65. Geburtstag wird sich die Pension etwas erhöhen; Alleineigentümer eines Einfamilienhauses und des Firmenareals; Schulden in der Höhe von ca. € 120.000,--; Sorgepflicht für ein Kind).

Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG, welcher grundsätzliche Bedeutung zukommt, war gegenständlich nicht zu lösen, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Schlagworte

Gewerberecht; Verwaltungsstrafe; Betriebsanlage; private Nutzung; Genehmigungspflicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2513.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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