TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/17 LVwG-AV-489/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.05.2018
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Entscheidungsdatum

17.05.2018

Norm

BAO §81
BAO §209 Abs1
BAO §252
GrStG §28a Abs1
GrStG §28b Abs2
GrStG §28b Abs3
GrStG §28b Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde der Frau A, ***, ***, vom 16. März 2018 gegen den Bescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Wiener Neustadt vom 13. März 2018, Zl. ***, mit welchem die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadt Wiener Neustadt vom 27. Dezember 2017 betreffend Grundsteuer B für die Jahre 2012 bis 2017 abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) als unbegründet abgewiesen.

2.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliche Feststellungen:

Frau A (in der Folge: Beschwerdeführerin) ist gemeinsam mit Herrn B je Hälfteigentümer(in) des Grundstückes ***, *** (Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***). Auf dem Grundstück ist ein Einfamilienhaus errichtet.

1.2. Verfahren vor dem Finanzamt ***:

Mit Bescheid des Finanzamtes *** vom 4. Dezember 2017, Zl. ***, wurde mit Wirkung ab 1. Jänner 2012 für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft aus dem Grund der Errichtung eines Neubaus ein Feststellungsbescheid zum 1. Jänner 2012 – Artfortschreibung (§ 21 (1) Z 2 BewG) erlassen. Im Rahmen dieser Feststellung wurde der Einheitswert mit € 35.600,- festgesetzt (Einheitswert von € 26.400,- der gemäß Abgabenänderungsgesetz 1982 um 35 Prozent erhöht wird) und der Grundsteuermessbetrag gemäß § 18 Grundsteuergesetz 1955 mit € 58,42 festgesetzt. Dieser Bescheid wurde im Dezember 2017 an die Beschwerdeführerin als Vertreterin der Miteigentümergemeinschaft und an die mitbeteiligte Abgabenbehörde, die Statutarstadt Wiener Neustadt, ohne Zustellnachweis gerichtet. Am 21. Dezember 2017 wurde dieser Bescheid der Abgabenbehörde zugestellt. Am 4. Jänner 2018 wurde der Beschwerdeführerin eine Ausfertigung dieses Bescheides persönlich übergeben. Dieser Bescheid vom 4. Dezember 2017 wurde in der Folge nicht bekämpft und erwuchs in Rechtskraft.

1.3. Abgabenbehördliches Verfahren vor der Statutarstadt Wiener Neustadt:

1.3.1.

Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadt Wiener Neustadt vom 27. Dezember 2017, Aktenzeichen ***, wurde der Beschwerdeführerin - auf Basis des vorerwähnten neuen Grundsteuermessbescheides - für das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, unter Zugrundelegung eines Messbetrages von € 58,42 und eines Hebesatzes von 500 Prozent mit Wirkung ab 1. Jänner 2012 ein Grundsteuerjahresbetrag in der Höhe von € 292,10 vorgeschrieben. Im Rahmen der Vorauszahlungsabrechnung ab dem genannten Zeitpunkt wurde ein zu entrichtender Gesamtbetrag von € 1.656,60 ermittelt.

1.3.2.

Mit Schreiben vom 3. Jänner 2018 erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters und brachte im Wesentlichen vor, dass die Festsetzung der Grundsteuer für das Jahr 2012 aufgrund Verjährung unzulässig sei. Die Möglichkeit des Bürgermeisters die Grundsteuer für das Jahr 2012 festzusetzen sei aufgrund der fünfjährigen Verjährungsfrist per 31.12.2017 verjährt, da die Zustellung des Abgabenbescheides erst am 2.1.2018 erfolgt sei. Ein Bescheid erlange erst durch die gültige Zustellung an den Bescheidadressaten Außenwirksamkeit und dadurch seinen Bescheidcharakter.

Es werde daher der Antrag auf Abänderung des Bescheides dahingehend, dass die Festsetzung der Grundsteuer für die Jahre 2013, 2014, 2015, 2016 und 2017 erfolge, die Bestätigung der Verjährung der Festsetzung der Grundsteuer für das Jahr 2012 und die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung für das Jahr 2012 gestellt.

1.3.3.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtsenates der Statutarstadt Wiener Neustadt vom 13. März 2018, Zl. ***, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass nach § 28b Abs. 4 erster Satz Grundsteuergesetz jede nach außen erkennbare zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde oder dem für die Festsetzung des Messbetrages zuständigen Finanzamt unternommene Amtshandlung die (Abgabenfestsetzung-)Verjährung unterbreche. Mit Ablauf des Jahres, in welchem eine taugliche Unterbrechungshandlung (siehe § 28b Abs. 4 erster Satz Grundsteuergesetz) gesetzt worden sei und die Unterbrechung eingetreten sei, beginne die Verjährungsfrist nach § 28b Abs. 4 zweiter Satz Grundsteuergesetz neu zu laufen. Durch die außenwirksame Amtshandlung der Festsetzung des Steuermessbetrages mit Bescheid des Finanzamtes *** vom 4.12.2017, welcher der Abgabenbehörde der Stadt Wiener Neustadt am 21.12.2017 zugegangen sei, sei der Ablauf der Verjährung des Rechtes die Grundsteuer festzusetzen, unterbrochen worden und habe die Abgabenfestsetzungsverjährungsfrist mit 1.1.2018 neu zu laufen begonnen.

Der abgeleitete Abgabenbescheid sei somit, entgegen der Ansicht der Berufungswerberin innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist, welche aufgrund der Amtshandlung des Finanzamtes am 31.12.2022 ende, erlassen worden.

1.4. Beschwerdeverfahren:

Gegen diese Berufungsentscheidung erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. März 2018 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründete diese – im Wesentlichen unter Wiederholung ihres schon im Abgabenverfahren erstatteten Vorbringens. Der Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 27.12.2017, GZ. *** bezüglich der Festsetzung der Grundsteuer sei am 2.1.2018 zugestellt worden. Da für einen Bescheid die Außenwirksamkeit für seine Entstehung notwendig sei, könne er somit erst mit der Zustellung am 2.1.2018 entstanden sein. Somit sei der Bescheid für das Jahr 2012 nach Ablauf der Verjährungsfrist entstanden. Am 4.1.2018 habe sie fristgerecht gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und sei bei persönlicher Einreichung des Berufungsschriftsatzes beim Magistrat Wiener Neustadt gefragt worden, ob sie den Feststellungsbescheid des Finanzamtes *** erhalten habe, was sie verneint hätte. In diesem Zuge sei ihr der Feststellungsbescheid des Finanzamtes *** vom 4.12.2017, *** überreicht worden. Der Grundsteuermessbetragsfestsetzungsbescheid sei ihr somit erstmals am 4.1.2018 übermittelt und zur Kenntnis gebracht worden, weshalb er davor keine außenwirksame Handlung, die die Verjährungsfrist unterbreche, darstellen habe können. Aufgrund der Zustellung des Grundsteuermessbetragsfestsetzungs-bescheides am 4.1.2018 habe erst zu diesem Zeitpunkt eine außenwirksame Amtshandlung des Finanzamtes gesetzt werden können. Es sei die Frist zur Festsetzung der Grundsteuer für das Jahr 2012 daher am 31.12.2017 verjährt.

1.5. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

1.5.1.

Mit Schreiben vom 7. Mai 2018 legte der Magistrat der Stadt Wiener Neustadt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt (samt Einladungskurrende und Sitzungsprotokoll der maßgeblichen Sitzung des Stadtsenates) vor.

1.5.2.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in diesen Akt der Abgabenbehörde sowie durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch.

1.6. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, soweit dieses den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegentritt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 81. (1) Abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

(2) Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese hiefür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind hievon zu verständigen.

(3) Sobald und soweit die Voraussetzungen für die Bestellung eines Vertreters durch die Abgabenbehörde nachträglich weggefallen sind, ist die Bestellung zu widerrufen. Ein Widerruf hat auch dann zu erfolgen, wenn aus wichtigen Gründen eine andere in Betracht kommende Person von der Abgabenbehörde als Vertreter bestellt werden soll.

(4) Für Personen, denen gemäß Abs. 1 oder 2 die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit obliegt, gilt § 80 Abs. 1 sinngemäß.

(5) Die sich auf Grund der Abs. 1, 2 oder 4 ergebenden Pflichten und Befugnisse werden durch den Eintritt eines neuen Gesellschafters (Mitglieds) in die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) nicht berührt.

(6) In den Fällen des § 19 Abs. 2 sind die Abs. 1, 2 und 4 auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) sinngemäß anzuwenden. Die bei Beendigung der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) bestehende Vertretungsbefugnis bleibt, sofern dem nicht andere Rechtsvorschriften entgegenstehen, insoweit und solange aufrecht, als nicht von einem der zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) oder der vertretungsbefugten Person dagegen Widerspruch erhoben wird.

(7) Werden an alle Gesellschafter (Mitglieder) einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit in dieser ihrer Eigenschaft schriftliche Ausfertigungen einer Abgabenbehörde gerichtet, so gilt der nach Abs. 1 bis 5 für die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) Zustellungsbevollmächtigte auch als gemeinsamer Zustellungsbevollmächtigter der Gesellschafter (Mitglieder). Ergehen solche schriftliche Ausfertigungen nach Beendigung einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, so gilt die nach Abs. 6 vertretungsbefugte Person auch als Zustellungsbevollmächtigter der ehemaligen Gesellschafter (Mitglieder), sofern ein solcher nicht eigens namhaft gemacht wurde. Die Bestimmung des Abs. 6 über die Erhebung eines Widerspruches gilt sinngemäß.

(8) Vertretungsbefugnisse nach den vorstehenden Absätzen bleiben auch für ausgeschiedene Gesellschafter (Mitglieder) von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit hinsichtlich der vor dem Ausscheiden gelegene Zeiträume und Zeitpunkte betreffenden Maßnahmen bestehen, solange dem nicht von Seiten des ausgeschiedenen Gesellschafters (Mitglieds) oder der vertretungsbefugten Person widersprochen wird.

(9) Die Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für Vermögensmassen, die als solche der Besteuerung unterliegen.

(10) Namhaftmachungen und Bestellungen (Abs. 2) wirken auch im Beschwerdeverfahren.

§ 252. (1) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

(2) Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Abgaben-,
Mess-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid getroffen worden sind, so gilt Abs. 1 sinngemäß.

(3) Ist ein Bescheid gemäß § 295 Abs. 3 geändert oder aufgehoben worden, so kann der ändernde oder aufhebende Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die in dem zur Änderung oder Aufhebung Anlass gebenden Bescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 295. (1) Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist.

(2) Ist ein Bescheid von einem Abgaben-, Meß-, Zerlegungs- oder Zuteilungsbescheid abzuleiten, so gilt Abs. 1 sinngemäß.

(3) Ein Bescheid ist ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, auch ansonsten zu ändern oder aufzuheben, wenn der Spruch dieses Bescheides anders hätte lauten müssen oder dieser Bescheid nicht hätte ergehen dürfen, wäre bei seiner Erlassung ein anderer Bescheid bereits abgeändert, aufgehoben oder erlassen gewesen. Mit der Änderung oder Aufhebung des Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des anderen Bescheides oder der nachträglich erlassene andere Bescheid rechtskräftig geworden ist.

(4) Wird eine Bescheidbeschwerde, die gegen ein Dokument, das Form und Inhalt eines

- Feststellungsbescheides (§ 188) oder eines

- Bescheides, wonach eine solche Feststellung zu unterbleiben hat,

gerichtet ist, als nicht zulässig zurückgewiesen, weil das Dokument kein Bescheid ist, so sind auf das Dokument gestützte Änderungsbescheide (Abs. 1) auf Antrag der Partei (§ 78) aufzuheben. Der Antrag ist vor Ablauf der für Wiederaufnahmsanträge nach § 304 maßgeblichen Frist zu stellen.

(5) Die Entscheidung über Aufhebungen und Änderungen nach den Abs. 1 bis 3 steht der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des aufzuhebenden bzw. zu ändernden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so steht die Entscheidung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.

2.2. Grundsteuergesetz 1955:

§ 9. (1) Schuldner der Grundsteuer ist der Eigentümer oder, wenn der Steuergegenstand ein grundstücksgleiches Recht ist, der Berechtigte.

§ 18. (1) Bei der Berechnung der Grundsteuer ist von einem Steuermeßbetrag auszugehen. …

§ 21. (1) Im Falle einer Fortschreibung des Feststellungsbescheides über einen Einheitswert ist der neuen Veranlagung des Steuermeßbetrages (Fortschreibungsveranlagung) der Einheitswert zugrunde zu legen, der auf den Fortschreibungszeitpunkt (§ 21 Abs. 4 des Bewertungsgesetzes 1955) festgestellt worden ist. Entsprechendes gilt für die anderen im Fortschreibungsbescheid getroffenen Feststellungen.

(2) Der Steuermeßbetrag ist auch dann neu zu veranlagen (Fortschreibungsveranlagung), wenn der Grund für eine Befreiung von der Grundsteuer für den ganzen Steuergegenstand eintritt oder für einen Teil des Steuergegenstandes eintritt oder wegfällt, eine Fortschreibung des Einheitswertes aber nicht zu erfolgen hat. Dies gilt auch, wenn dem Finanzamt bekannt wird, daß die letzte Veranlagung fehlerhaft ist.

(3) Die Fortschreibungsveranlagung gilt

a)

in den Fällen des Abs. 1 von dem Kalenderjahr an, das mit dem Fortschreibungszeitpunkt beginnt,

b)

in den Fällen des Abs. 2 erster Satz von dem Kalenderjahr an, das dem Eintritt oder Wegfall des Steuerbefreiungsgrundes folgt,

c)

in den Fällen des Abs. 2 zweiter Satz von dem Kalenderjahr an, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird.

Die bisherige Veranlagung gilt bis zu diesem Zeitpunkt.

 

§ 27. (1) Der Jahresbetrag der Steuer ist nach einem Hundertsatz (Hebesatz) des Steuermeßbetrages oder des auf die Gemeinde entfallenden Teiles des Steuermeßbetrages zu berechnen. Der Hebesatz wird nach Maßgabe der Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung von der Gemeinde festgesetzt. …

§ 28. Der Jahresbetrag der Steuer ist mit Steuerbescheid festzusetzen. Diese Festsetzung gilt innerhalb des Hauptveranlagungszeitraumes der Grundsteuermeßbeträge auch für die folgenden Jahre, soweit nicht infolge einer Änderung der Voraussetzungen für die Festsetzung des Jahresbetrages ein neuer Steuerbescheid zu erlassen ist.

§ 28a. (1) Der Abgabenanspruch entsteht mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das die Grundsteuer auf Grund eines von der Gemeinde festgesetzten Hebesatzes erhoben werden soll.

(2) Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit der Grundsteuer ist ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

§ 28b. (1) Das Recht, die Grundsteuer festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, im Falle der Hinterziehung zehn Jahre.

(3) Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

(4) Die Verjährung wird durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde oder dem für die Festsetzung des Meßbetrages zuständigen Finanzamt unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

(5) Die Verjährung ist gehemmt,

a) solange die Geltendmachung des Anspruches innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist;

b) solange die Entscheidung über eine Berufung gegen den Einheitswert- bzw. Grundsteuermeßbescheid oder Grundsteuerbescheid ausgesetzt ist.

(6) Das Recht auf Festsetzung der Grundsteuer verjährt spätestens dann, wenn seit der Entstehung des Abgabenanspruches (§ 28 a) fünfzehn Jahre verstrichen sind.

2.3. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.1.1.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass weder die im Rahmen des Grundsteuermessbescheides des Finanzamtes *** herangezogenen Berechnungsgrundlagen noch die im abgeleiteten Bescheid der Abgabenbehörde ermittelten Grundlagen der Abgabenvorschreibung in Gestalt des Bescheides vom 27. Dezember 2017 strittig sind.

Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr darauf reduzieren, dass die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, dass ihr der Grundlagenbescheid des Finanzamtes nicht fristgerecht zugegangen sei, die Grundsteuervorschreibung für das Jahr 2012 daher verjährt sei.

3.1.2. Zum Verhältnis Grundsteuermessbescheid – Grundsteuerbescheid:

Gemäß § 252 BAO kann ein Bescheid, dem Entscheidungen zu Grunde liegen, die in einem Messbescheid getroffen worden sind, nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Messbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind. Mit dem Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes *** vom 4. Dezember 2017, ***, wurde für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft der Grundsteuermessbetrag neu ab 1. Jänner 2012 festgesetzt. Bei diesem Bescheid des Finanzamtes handelt es sich um einen Messbescheid im Sinne des § 252 BAO. Steuermessbescheide sind Grundlagenbescheide für Abgabenbescheide (vgl. Ritz, BAO-Kommentar5, Rz 1 zu § 194 BAO; sowie VwGH vom 28. April 2005, Zl. 2004/16/0229). Dem Abgabenbescheid (Grundsteuerbescheid) des Bürgermeisters der Stadt Wiener Neustadt vom 27. Dezember 2017, Aktenzeichen ***, liegt daher die mit dem Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes *** vom 4. Dezember 2017 getroffene Bemessung des Grundsteuermessbetrages zu Grunde. Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellung können folglich nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden (vgl. VwGH vom 23. Mai 2013, Zl. 2010/15/0145)

3.1.3. Zum abgeleiteten Grundsteuerbescheid:

Der abgeleitete Abgabenbescheid (Grundsteuerbescheid) ist an die im Spruch des Grundlagenbescheides (Grundsteuermessbescheid mit Wirkung ab 1. Jänner 2012) getroffenen Feststellungen gebunden. An diesen Grundsteuermessbescheid ist die Abgabenbehörde bei der Festsetzung der Grundsteuer gebunden - sowohl hinsichtlich des festgesetzten Grundsteuermessbetrages als auch hinsichtlich des festgesetzten Wirksamkeitsbeginnes ab 1. Jänner 2012. Dementsprechend ist eine rückwirkende Grundsteuerfestsetzung auf der Grundlage eines rückwirkend wirksamen Grundsteuermessbescheides innerhalb der Verjährungsfrist von fünf Jahren gemäß § 28b Abs. 2 Grundsteuergesetz 1955 rechtmäßig und geboten. Die im Gesetz (vgl. § 252 BAO) ausdrücklich - auch für den Fall, dass Messbescheide noch nicht rechtskräftig geworden sind - normierte Bindung an den Spruch solcher Bescheide schließt es aus, dass die die Grundsteuer festsetzende Behörde bei der Grundsteuerfestsetzung eine andere Beurteilung zugrunde legt als jene, die im vorangegangenen Messbescheid zum Ausdruck kommt (vgl. VwGH vom 20. Jänner 1992, ZI. 91/15/0134). Im Verfahren zur Festsetzung der Grundsteuer erhobene Einwendungen gegen das Zutreffen der im Messbescheid getroffenen Entscheidungen erweisen sich als unbegründet (vgl. VwGH vom 24. Jänner 2001, ZI. 2000/16/0579).

Daraus folgt, dass die Abgabenbehörden der Statutarstadt Wiener Neustadt grundsätzlich verpflichtet waren, die Grundsteuer basierend auf dem jeweils in Geltung stehenden Grundsteuermessbescheid des zuständigen Finanzamtes in gesetzlicher Höhe vorzuschreiben.

3.1.4. Zur Frage der Verjährung:

Der Normzweck des § 209 Abs. 1 BAO wie auch der des § 28b Abs. 4 Grundsteuergesetz spricht dafür, unter "zur Geltendmachung des Abgabenanspruches" nur Amtshandlungen zu verstehen, welche die Festsetzung unmittelbar oder mittelbar zum Ziel haben (vgl. VwGH vom 22. Oktober 2015, Zl. Ra 2015/16/0038). Die Erlassung des Steuermessbescheides durch das Finanzamt ist jedenfalls eine die Verjährung einer in diesem Zeitpunkt noch unverjährten Abgabe unterbrechende, nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches (vgl. VwGH vom 29. September 1997, Zl. 93/17/0042). Aus den Bestimmungen des § 27, § 28, § 29, § 30 GrStG in ihrem Zusammenhang und vor dem Hintergrund des zum Zeitpunkt der Erlassung des Grundsteuergesetzes geltenden § 3 Abs. 1 und Abs. 5 Z 2 SteueranpassungsG 1934 ist abzuleiten, dass der im § 28 Grundsteuergesetz genannte Steuerbescheid den öffentlich-rechtlichen Abgabenanspruch bzw. die Abgabenschuld nicht zum Entstehen bringt, sondern lediglich - hinsichtlich der durch die Verwirklichung des Abgabentatbestandes bereits entstandenen schuldrechtlichen Beziehung - die Zahlungsverpflichtung konkretisiert und auslöst (arg "festzusetzen", Festsetzung"). Der Abgabentatbestand ist verwirklicht und die Abgabenschuld entstanden, wenn von einem steuerpflichtigen Grundbesitz von der Gemeinde nach Maßgabe des von ihr festgesetzten Hebesatzes Grundsteuer erhoben werden soll (vgl. VwGH vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0075).

Diesen Überlegungen folgt, dass der Abgabenanspruch für die Grundsteuer des Jahres 2012 gemäß § 28a Abs. 1 Grundsteuergesetz mit dem Beginn des Kalenderjahres entstanden ist, für das die Grundsteuer auf Grund eines von der Gemeinde festgesetzten Hebesatzes erhoben werden soll. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 28b Abs. 3 Grundsteuergesetz mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, zu laufen. Die Verjährung des Abgabenanspruches für die Grundsteuer des Jahres 2012 tritt somit grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2017 ein.

Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch wiederholt ausgesprochen hat (vgl. VwGH vom 5. Dezember 1974, sowie weiters die Erkenntnisse vom 18. März 1977, Zl. 186/76, Slg. Nr. 5104/F/74, und vom 21. Dezember 1981, Zl. 17/3344/80), ist die Erlassung des Steuermessbescheides durch das Finanzamt eine die Verjährung einer in diesem Zeitpunkt noch unverjährten Abgabe unterbrechende, nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches.

Durch die Erlassung des Steuermessbescheides vom 4. Dezember 2017 in Folge der Zustellung an die Abgabenbehörde mit 21. Dezember 2017 wurde eine nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches gesetzt, ist diesbezüglich von einer Unterbrechung auszugehen, sodass mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, die Verjährungsfrist neu zu laufen begonnen hat.

Die Zahlungen für die folgenden Jahre sind in gleicher Höhe so lange zu leisten, bis ein neuer Bescheid der Abgabenbehörde ergeht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.1.5.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Auch ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Grundsteuer; Abgabenbescheid; Verjährungsfrist;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.489.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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