TE Bvwg Beschluss 2018/6/8 W239 1416243-2

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Veröffentlicht am 08.06.2018
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Entscheidungsdatum

08.06.2018

Norm

AsylG 2005 §4a
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61 Abs1

Spruch

W239 1416243-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Theresa BAUMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.04.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG

stattgegeben und der bekämpfte Bescheid wird behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 20.10.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegen folgende EURODAC-Treffermeldungen vor:

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EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zu Ungarn vom 19.04.2010

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EURODAC-Treffer der Kategoire 1 (Asylantragstellung) zu Österreich vom 04.09.2010

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EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zu Norwegen vom 20.03.2014

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EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zu Deutschland vom 16.06.2014

Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (20.10.2017) gab der Beschwerdeführer zu seinem Gesundheitszustand an, er habe seit seiner Kindheit schwerwiegende Nervenprobleme. Er sei in Pakistan behandelt worden, wo er von einem Arzt nur Medikamente bekommen habe, und auch in Deutschland. In Deutschland sei er in der Psychiatrie gewesen und habe ebenfalls Medikamente bekommen. Momentan habe er keine bei sich. Er könne der Einvernahme trotzdem ohne Probleme folgen.

Der Beschwerdeführer habe vor elf Jahren den Entschluss zur Ausreise aus Afghanistan gefasst und habe sich anschließend in folgenden Ländern aufgehalten: Iran (sechs Monate), Türkei (drei bis vier Monate), Griechenland (zweieinhalb Jahre), Mazedonien (ein Tag), Serbien (drei Tage), Ungarn (sechs bis sieben Monate), Österreich (drei bis vier Monate), Ungarn (etwa viereinhalb Jahre), Norwegen (drei Monate), Ungarn (etwa ein Monat), Deutschland (etwa eineinhalb Jahre), Ungarn (zwei bis drei Monate), Frankreich (ein Monat), Deutschland (Durchreise); seit 20.10.2017 befinde er sich wieder in Österreich. In Ungarn sei er einmal eingesperrt gewesen und immer wieder dorthin zurückgeschickt worden. Er habe in Ungarn, in Norwegen, in Deutschland und in Österreich um Asyl angesucht. Seine Asylverfahren seien negativ entschieden worden.

Zu seinen Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er Afghanistan aus Angst vor den Taliban verlassen habe. Er habe für eine Flugfirma gearbeitet, die mit Ausländern bzw. Amerikanern kooperiert habe. Die Taliban hätten ihn als Spion bezeichnet, ihn bedroht und vor etwa elf Jahren seien Bruder umgebracht.

Als "sonstige sachdienliche Hinweise" wurde im Protokoll vermerkt, dass sich der Beschwerdeführer aufgrund der geschilderten Nervenkrankheit am Beginn der Befragung nicht an den Namen seiner Ehefrau erinnern habe können. Die Erinnerung sei kurz vor Ende der Befragung wiedergekommen. Der Beschwerdeführer leide seit seiner Kindheit an dieser Erkrankung. Derzeit klage er über Kopfschmerzen. Er sei auf die Station des Roten Kreuzes im Hause verwiesen worden, falls er Medikamente benötigen sollte.

In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 06.11.2017 auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestützte Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn, an Norwegen und an Deutschland.

Mit Antwortschreiben vom selben Tag teilte die norwegische Dublin-Behörde mit, dass das Wiederaufnahmeersuchen aus folgenden Gründen abgelehnt werde: Der Beschwerdeführer habe am 20.03.2014 in Norwegen um internationalen Schutz angesucht, Norwegen habe mit Ungarn ein Konsultationsverfahren gestützt auf Art. 18 Abs. 1 Dublin-III-VO geführt, Ungarn habe am 17.04.2014 das Wiederaufnahmeersuchen abgelehnt, da dem Beschwerdeführer in Ungarn subsidiärer Schutz gewährt worden sei, daraufhin habe Norwegen den Antrag des Beschwerdeführers letztlich abgelehnt und ihn am 30.04.2014 nach Ungarn überstellt.

Dem Antwortschreiben waren der norwegische Überstellungsbericht sowie das ungarische Antwortschreiben vom 11.04.2014 angeschlossen, wobei sich aus letzterem ergibt, dass dem Beschwerdeführer in Ungarn in zweiter Instanz am 05.06.2012 subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Es seien ihm am 16.08.2012 eine ungarische Identitätskarte und am 29.11.2013 ein Reisedokument ausgehändigt worden. Aufgrund des Umstandes, dass ihm in Ungarn der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukomme, sei die Dublin-III-VO nicht anwendbar. Der Beschwerdeführer könne jederzeit unter Verwendung seiner ungarischen Identitätskarte freiwillig nach Ungarn zurückkehren.

Mit Antwortschreiben vom 10.11.2017 teilte die deutsche Dublin-Behörde ebenfalls mit, dass das Wiederaufnahmeersuchen abgelehnt werde, da der Beschwerdeführer in Ungarn einen Schutzstatus erhalten habe und eine Zuständigkeit Deutschlands daher nicht bestehe.

Dem deutschen Antwortschreiben war ein ungarisches Antwortschreiben vom 23.09.2014 angeschlossen, dem sich entnehmen lässt, dass dem Beschwerdeführer in Ungarn in zweiter Instanz am 05.06.2012 subsidiärer Schutz gewährt worden sei. Er sei derzeit im Besitz einer ungarischen Identitätskarte mit Gültigkeit bis zum 16.08.2022. Aufgrund des Umstandes, dass ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukomme, könne der Beschwerdeführer jederzeit aufgrund des bestehenden Rückübernahmeübereinkommens zwischen Ungarn und Deutschland überstellt werden; hierfür sei jedoch nicht die ungarische Dublin-Behörde sondern eine andere näher bezeichnete Behörde zuständig.

Die ungarische Dublin-Behörde ließ das österreichische Wiederaufnahmeersuchen unbeantwortet. Mit Schreiben vom 23.11.2017 teilte das BFA der ungarischen Dublin-Behörde zuerst mit, dass die Zuständigkeit zur Führung des Asylverfahrens aufgrund Verfristung gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO nunmehr bei Ungarn liege. Mit Schreiben vom 28.11.2017 und mit Schreiben vom 18.12.2017 verwies das BFA auf die vorliegenden Antworten von Norwegen und Deutschland, wonach der Beschwerdeführer in Ungarn subsidiären Schutz erhalten habe, und urgierte, dass diesbezüglich seitens Ungarn noch immer keine Rückmeldung an das BFA ergangen sei, ob der Beschwerdeführer derzeit nach wie vor subsidiär schutzberechtigt sei. Mit Schreiben vom 08.02.2018 erklärte das BFA gegenüber der ungarischen Dublin-Behörde unter Verweis auf den bisherigen Verfahrensgang, dass das ursprüngliche Wiederaufnahmeersuchen als null und nichtig zu betrachten sei, da das BFA von Deutschland darüber informiert worden sei, dass der Beschwerdeführer in Ungarn subsidiären Schutz erhalten habe.

Nach durchgeführter Rechtsberatung und in Anwesenheit eines Rechtsberaters erfolgte am 04.04.2018 die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Über Nachfrage erklärte der Beschwerdeführer, dass er bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe. Er wolle aktuelle medizinische Befund vorlegen. Diese wurden in Kopie zum Akt genommen. Befragt zu seinem Nervenleiden erklärte er, die Ärzte könnten ihn nicht untersuchen. Er meine damit, dass er in einem näher bezeichneten Krankenhaus gewesen sei und die Ärzte ihm dort gesagt hätten, dass er einen anderen Arzt aufsuchen müsse. Er habe das gemacht und sei bei einem Arzt in der Erstaufnahmestelle gewesen. Dieser Arzt sei selber krank; wie solle er dem Beschwerdeführer helfen. Aufgefordert, seine eigene Krankheit zu beschreiben, erklärte der Beschwerdeführer, dass er eine psychische Krankheit habe und einen Psychologen brauche. Er nehme sehr viele Medikamente; diese seien in seinem Zimmer. Dem Beschwerdeführer wurde aufgetragen, diese bis am Folgetag vorzulegen. Auf die Frage, woher er die Medikamente habe, erklärte der Beschwerdeführer, er sei in der Erstaufnahmestelle beim Arzt gewesen und im Betreuungsquartier habe er auch welche bekommen. Im zuvor genannten Krankenhaus sei er auch gewesen und es sei ihm von den Medikamenten schlecht gegangen. Im Betreuungsquartier habe man ihm gesagt, dass man ihm einen Termin bei einem Psychologen organisiere, aber die weiteren Behandlungen müsse er selber zahlen. Man habe ihm gesagt, dass er einen Arzt brauche, der ihn regelmäßig untersuche.

Noch einmal aufgefordert, zu beschreiben, worunter genau er leide, antwortete der Beschwerdeführer, er habe viel Gedanken und Sorgen. Nachgefragt, ob er damit das Nervenleiden meine, das er in der Erstbefragung angeführt habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass er das seit seiner Geburt habe. Auch sein Bein tue ihm weh. Er habe viele Probleme. Wenn er bei einem Psychologen sei, werde dieser das feststellen. Er müsse jeden Monat untersucht werden. Er schlafe schlecht. Manchmal schreie er im Schlaf. Er zittere oft am ganzen Körper. Wegen der psychischen Probleme könne er nicht schlafen. Das letzte Jahr schlafe er nur ein bis zwei Stunden. Nachgefragt, was mit dem Bein sei, wiederholte er, dass er Schmerzen habe. Er sei diesbezüglich noch nicht beim Arzt gewesen.

Zur Person des Beschwerdeführers wurde im Protokoll sein Geburtsdatum und sein Geburtsort festgehalten, sowie, dass er afghanischer Staatsangehöriger sei und mit einer näher bezeichneten Frau traditionell verheiratet sei. Er habe ein Jahr lang die Grundschule besucht und sei zuletzt Flughafenangestellter gewesen.

Der Beschwerdeführer habe in der EU bzw. in Österreich, in Norwegen, der Schweiz in Liechtenstein oder in Island keine Eltern, Kinder oder sonstige Verwandte und lebe auch mit niemandem in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft.

Über Vorhalt, dass aufgrund von Fingerbadruckvergleichen zweifelsfrei feststehe, dass er am 19.04.2010 in Ungarn einen Asylantrag gestellt habe, bejahte der Beschwerdeführer das. Zum Verfahrensstand gab er an, einen negativen Bescheid bekommen zu haben. Vorgehalten, dass er am 25.11.2010 bereits einmal nach Ungarn überstellt worden sei, erklärte der Beschwerdeführer, das stimme. In Ungarn habe er so viele Medikamente bekommen, dass er drei Tage und drei Nächte durchgeschlafen habe. Dann sei er zu dick gewesen; er sei wie betrunken gewesen. Man habe ihm gesagt, wenn er Geld habe, könne er sich selbst behandeln.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann vorgehalten, dass er seit 05.06.2012 in Ungarn Schutz vor Verfolgung gefunden habe, da er dort subsidiär Schutzberechtigter sei. Zur geplanten Vorgehensweise des BFA, ihn dorthin außer Landes zu bringen, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht nach Ungarn wolle; er wolle nach Frankreich. Die aktuellen Länderfeststellungen zu Ungarn brauche er nicht. Nachgefragt, ob er zur Lage in Ungarn eine Stellungnahme abgeben wolle, erklärte er, dort wie ein Hund behandelt worden zu sein. Die Leute, die in Österreich subsidiären Schutz hätten, würden Drogen verkaufen. Beide Länder seien nicht gut; er wolle nach Frankreich. Befragt, was er tun werde, wenn sein Asylantrag negativ beschieden werde, gab er an, das sei kein Problem für ihn. Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme greife auch nicht in sein Privat- oder Familienleben ein.

Dem Beschwerdeführer wurde sodann eine Ladung für eine PSY-III-Untersuchung ausgefolgt. Der anwesende Rechtsberater stellte keine Fragen und erstattete kein weiteres Vorbringen. Der Beschwerdeführer betonte abschließend nochmals, nicht nach Ungarn zu wollen.

Zum Akt genommen wurde eine Kopie der vom Beschwerdeführer vorgelegten Medikamentenschachteln.

Der "Gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren" (PSY-III-Gutachten) vom 18.04.2018 lässt sich als psychologische Schlussfolgerung entnahmen, dass aus aktueller Sicht keine belastungsabhängige krankheitswertige psychische Störung vorliege.

Es lägen sonstige psychische Krankheitssymptome vor: "Verdacht auf Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typ, F 60.3; DD: schizoaffektive Störung; Retardierung nicht sicher auszuschließen." Therapeutische und medizinische Maßnahmen wären anzuraten ("Atypische Antipsychotika wären ratsam."); der Beschwerdeführer habe jedoch angegeben, die Medikamente eigenmächtig abgesetzt zu haben.

Dem Beschwerdeführer wurde das PSY-III-Gutachten ausgefolgt und ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt, wovon er keinen Gebrauch machte.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA vom 30.04.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Ungarn zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und es wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Ungarn gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Zur Lage in Ungarn traf das BFA lediglich folgende Feststellungen (Stand: Juni 2016):

Schutzberechtigte

Im März 2016 wurde ein Paket von Änderungen zum ungarischen Asylgesetz präsentiert, dessen Ziel es war, Verschärfungen bei der Versorgung von AW und Schutzberechtigten durchzusetzen. Zentraler Punkt ist dabei der Aspekt, dass Schutzberechtigte zwar ein Recht auf dieselben sozialen Leistungen haben sollen, wie ungarische Staatsbürger, jedoch darüber hinaus nicht bessergestellt werden sollen. Demgemäß sollen weder Asylwerber noch Inhaber eines Schutzstatus ein Recht auf jedwede Art von Barzuschüssen haben. Die Änderungen traten am 1.4.2016 in Kraft und sind ab 1.6.2016 umzusetzen. Relevante Punkte der sogenannten "Integration Care" sind die Abschaffung des Integrationsvertrages (d.h. keine Mehrzahlungen für Integration, Spracherwerb etc.) und Einführung automatischer Kontrolle des Schutzstatus (subsidiärer wie auch internationaler Schutz (Fortbestehen der Asylgründe und Überprüfung von Integrationsfortschritten) alle 3 Jahre. Bedürftige Schutzberechtigte dürfen 30 Tage nach Statuszuerkennung im Aufnahmezentrum bleiben (bisher 60 Tage). Nicht sozialversicherte Schutzberechtigte sollen hinkünftig für 6 Monate das Recht auf medizinische Versorgung haben (bisher 12 Monate). Wohnkostenzuschuss und Ausbildungszuschuss für Schutzberechtigte werden gestrichen, ebenso Streichung der finanziellen Unterstützung für Geduldete. Die ungarische Regierung sieht dies lediglich als Anpassung an Regelungen, wie sie in Westeuropa bereits gelten. In Ungarn gibt es diverse NGOs, Sozialzentren etc., die kostenlos Leistungen anbieten (z.B. Sprachkurse), aber es besteht auf solche Unterstützung kein Rechtsanspruch (VB 11.3.2016; VB 4.4.2016; vgl. FRA 6.2016; HHC 15.6.2016).

Geduldete können in der Gemeinschaftsunterkunft Balassagyarmat untergebracht werden (AIDA 11.2015).

Quellen:

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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (11.2015): National Country Report Hungary,

http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_hu_update.iv__0.pdf, Zugriff 30.6.2016

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FRA - European Union Agency for Fundamental Rights (6.2016):

Monthly data collection on the current migration situation in the EU. June 2016 monthly report,

http://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-june-2016-monthly-migration-gender-based-violence_en.pdf, Zugriff 30.6.2016

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HHC - Hungarian Helsinki Committee (15.6.2016): Hungary: Recent legal amendments further destroy access to protection, April-June 2016,

http://www.helsinki.hu/wp-content/uploads/HHC-Hungary-asylum-legal-amendments-Apr-June-2016.pdf, Zugriff 30.6.2016

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VB des BM.I in Ungarn (11.3.2016): Auskunft des BAH, per E-Mail

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VB des BM.I in Ungarn (4.4.2016): Auskunft des VB, per E-Mail

Die Behörde führte begründend aus, dass dem Beschwerdeführer in Ungarn subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, was sich aus den Mitteilungen Norwegens vom 06.11.2017 und Deutschlands vom 10.11.2017 ergebe. Beide Behörden hätten ein Schreiben Ungarns erhalten, dem zufolge der Beschwerdeführer in Ungarn seit 23.09.2014 [richtig: seit 05.06.2012] subsidiär Schutzberechtigt sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dort Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten sich keine Hinweise auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 57 AsylG für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz ergeben.

Zum physischen und psychischen Zustand des Beschwerdeführers wurde festgestellt, dass bei ihm laut Gutachten eine Persönlichkeitsstörung Typ F 60.3. vorliege. Es finde sich keine suizidale Einengung, jedoch werde eine schizoaffektive Störung nicht ausgeschlossen. Sonstige schwere psychische Störungen und/oder ansteckende Krankheiten bestünden nicht. Aus seinen Angaben seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass er tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Ungarn Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Bedrohung unterworfen zu werden, oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könne. Auch aufgrund der allgemeinen Lage in Ungarn sei in keiner Weise davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe.

Zum Privat- und Familienleben wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte verfüge und auch keine besondere Integrationsverfestigung bestünde, sodass seine Ausweisung nach Ungarn nicht in unzulässiger Weise in Art. 8 EMRK eingreife.

3. Gegen den Bescheid des BFA vom 30.04.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtmittel der Beschwerde und hielt fest, dass der Bescheid zur Gänze angefochten werde. Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch eine Überstellung nach Ungarn in seinem gemäß Art. 3 EMRK garantierten Recht insoweit verletzt werden würde, als ihm Unterkunft und adäquate medizinische Versorgung in Ungarn nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Der Beschwerdeführer sei schwer krank und befinde sich psychisch in einer schlechten Lage. Ihm seien in Ungarn Medikamente verabreicht worden, die verursacht hätten, dass er drei Tage durchgeschlafen habe. Er wisse leider auch nicht, wie seine Behandlung durchgeführt worden sei und welche Medikamente er am Tag einnehmen müsse. Der Beschwerdeführer könne aus näher dargelegten Gründen in Ungarn nicht mit einem fairen Asylverfahren und mit ausreichender Versorgung rechnen; es herrsche ein fremdenfeindliches Klima gegenüber Asylwerbern, welches sich auch nach der Gewährung von internationalem Schutz nicht ändere. Österreich hätte daher von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, suchte erstmals am 19.04.2010 in Ungarn um internationalen Schutz an, bevor er am 04.09.2010 in Österreich einen Asylantrag stellte. Ihm wurde in Ungarn am 05.06.2012 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer am 20.03.2014 in Norwegen und am 16.06.2014 in Deutschland Anträge auf internationalen Schutz; im Rahmen von Konsultationen setzte Ungarn sowohl Norwegen als auch Deutschland von der bereits erfolgten Schutzgewährung in Kenntnis.

Letztlich stellte der Beschwerdeführer am 20.10.2017 abermals in Österreich den nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Beim Beschwerdeführer liegen sonstige psychische Krankheitssymptome vor: "Verdacht auf Persönlichkeitsstörung, impulsiver Typ, F 60.3; DD: schizoaffektive Störung; Retardierung nicht sicher auszuschließen." Therapeutische und medizinische Maßnahmen sind anzuraten: "Atypische Antipsychotika wären ratsam." Zudem wurde beim Beschwerdeführer ein Hodenhochstand rechts diagnostiziert.

Die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid zur Lage in Ungarn beruhen auf Quellen mit Stand Juni 2016 (LIB Ungarn, Gesamtaktualisierung am 30.06.2016) und sind daher nicht mehr ausreichend aktuell. Zur medizinischen Versorgung in Ungarn finden sich im angefochtenen Bescheid zudem keine umfassenden Feststellungen.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der Antragstellungen des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz und des ihm in Ungarn zukommenden Status eines subsidiär Schutzberechtigten ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers, den vorliegenden EURODAC-Treffern und den mit Norwegen und Deutschland geführten Konsultationen samt den dortigen Beilagen. Den im Akt aufliegenden Informationsschreiben der ungarischen Dublin-Behörde vom 11.04.2014 (an Norwegen) und vom 23.09.2014 (an Deutschland) lässt sich zweifelsfrei entnehmen, dass er in Ungarn seit 05.06.2012 subsidiär schutzberechtigt ist und ihm der Schutzstatus in zweiter Instanz zuerkannt wurde.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den im Akt aufliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere dem PSY-III-Gutachten.

Dass die im angefochtenen Bescheid herangezogenen Länderfeststellungen nicht mehr ausreichend aktuell sind, ergibt sich aus dem Umstand, dass seit Juni 2016 (Gesamtaktualisierung am 30.06.2016) mittlerweile knapp zwei Jahre vergangen sind. Abgesehen davon beschränken sich die Feststellungen zur medizinischen Versorgung in Ungarn auf einen einzigen Satz ("Nicht sozialversicherte Schutzberechtigte sollen hinkünftig für 6 Monate das Recht auf medizinische Versorgung haben (bisher 12 Monate).") und erweisen sich damit - im Hinblick auf die beim Beschwerdeführer vorliegenden (psychischen) Erkrankungen - als nicht ausreichend, um beurteilen zu können, ob bzw. in welchem Umfang ihm in Ungarn als subsidiär Schutzberechtigter Behandlungsmöglichkeiten tatsächlich offen stehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.

(...)

§ 4 (5) Kann ein Drittstaatsangehöriger, dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Abs. 1 als unzulässig zurückgewiesen wurde, aus faktischen Gründen, die nicht in seinem Verhalten begründet sind, nicht binnen drei Monaten nach Durchsetzbarkeit der Entscheidung zurückgeschoben oder abgeschoben werden, tritt die Entscheidung außer Kraft.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

(...)

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(...)

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(...)

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

(...)"

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Zu A) Behebung der bekämpften Bescheide:

§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

"§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer in Ungarn aufgrund der dort erfolgten Asylantragsstellung bereits subsidiären Schutz genießt und somit in Ungarn Schutz vor Verfolgung gefunden hat, ging das BFA zunächst zutreffend davon aus, dass sich sein nunmehr in Österreich gestellter Antrag auf internationalen Schutz im Lichte des § 4a AsylG wegen Unzuständigkeit Österreichs grundsätzlich als unzulässig erweist. Insbesondere ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers in Ungarn bereits vollständig abgeschlossen ist, das heißt trotz Zuerkennung subsidiären Schutzes ein Verfahren auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach der GFK als Teilmenge des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz iSd Art. 2 lit. d Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht mehr offen ist, zumal dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in zweiter Instanz zuerkannt wurde, was klar auf ein insgesamt abgeschlossenes Verfahren hindeutet. Von daher kommt eine Anwendung der Dublin-III-VO nicht in Betracht.

Allerdings wäre die Wahrnehmung dieser Unzuständigkeit Österreichs dann unzulässig, wenn der Beschwerdeführer dadurch in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt würde. Im vorliegenden Fall kann jedoch noch nicht abschließend beurteilt werden, ob der Beschwerdeführer im Falle seiner Außerlandesbringung nach Ungarn in seinen gemäß Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC gewährleisteten Rechten verletzt würde:

Laut den Angaben im angefochtenen Bescheid entsprechen die Feststellungen zur Lage in Ungarn dem Stand vom Juni 2016 und sind somit knapp zwei Jahre alt. Die am 28.03.2017 in Ungarn in Kraft getretenen Änderungen im ungarischen Asylsystem, die nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes eine wesentliche Veränderung der Sachlage darstellen, wobei der Verfassungsgerichtshof hauptsächlich die angeblich nunmehr vorgesehene Anhaltung der Asylwerber in geschlossenen Lagern zwecks faktischer Verhinderung der illegalen Weiterreise bemängelte (VfGH 14.06.2017, E 1486/2017), fanden im angefochtenen Bescheid keine Berücksichtigung.

Zwar bezieht sich die zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes fallbezogen vorrangig auf die Lage von noch im Asylverfahren befindlichen Personen (Asylwerbern), doch ist sie auch für den gegenständlichen Fall relevant, da aus den von der Behörde im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten veralteten Länderfeststellungen nicht erkennbar ist, wie sich aktuell konkret die Lage von subsidiär Schutzberechtigten in Ungarn darstellt bzw. ob sich seit März 2017 auch für diese Personen entscheidungswesentliche Verschlechterungen ergeben haben. Zwar verweist die Behörde darauf, dass im März 2016 ein Paket von Änderungen zum ungarischen Asylgesetz präsentiert wurde, das Verschärfungen bei der Versorgung unter anderem von Schutzberechtigten zum Ziel hatte, wobei die Änderungen nach diesen Ausführungen am 01.04.2016 in Kraft getreten sind und ab 01.06.2016 umzusetzen sind; zu den Auswirkungen dieser Neuerungen bzw. zu den Auswirkungen der Änderungen vom März 2017 findet sich in den behördlichen Feststellungen jedoch keine Darstellung.

Abgesehen von der mangelnden Aktualität der Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Ungarn lassen sich den herangezogenen Länderfeststellungen zur medizinischen Versorgung von Schutzberechtigten zudem nur rudimentäre Informationen entnehmen. Vor dem Hintergrund der beim Beschwerdeführer vorliegenden (psychischen) Erkrankungen erweisen sich die Feststellungen daher auch in diesem Punkt als nicht ausreichend, um die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung vornehmen zu können.

Das BFA wird sich daher im fortgesetzten Verfahren basierend auf zeitnahen, die Entwicklungen nach dem März 2017 berücksichtigenden Quellen mit der aktuellen Lage von subsidiär Schutzberechtigten in Ungarn und insbesondere mit der Unterbringungs- und (medizinischen) Versorgungssituation auseinanderzusetzen und ausgehend davon die Frage zu klären haben, ob in Ungarn aktuell für den Beschwerdeführer eine Situation vorherrscht, die eine Grundrechtsverletzung nach Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRC darstellen würde.

Der vorliegende Sachverhalt erweist sich daher so mangelhaft, dass eine Ergänzung desselben und damit verbunden eine mündliche Verhandlung unvermeidlich erscheint, sodass der Beschwerde gemäß § 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG stattzugeben war.

Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der innerhalb der einwöchigen Frist erfolgten Entscheidung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Versorgungslage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W239.1416243.2.00

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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