TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/11 W202 2143980-1

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Veröffentlicht am 11.06.2018
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Entscheidungsdatum

11.06.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W202 2143980-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHLAFFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.12.2016, Zahl 1103226506-160116947, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom 07.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF, (AsylG) der Status einer Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine afghanische Staatsangehörige, stellte am 24.01.2016 für sich und ihre beiden Töchter einen Antrag auf internationalen Schutz.

Sie wurde am 20.05.2016 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen.

Mit Bescheid vom 31.05.2016, Zahlen 1103226506-160116947 ad 1), 1103227209-160116980 ad 2) und 1103228010-160117013 ad 3), wurden die Anträge der Beschwerdeführerinnen auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen, Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gem. § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG i. V. m. § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerinnen eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen sowie festgestellt, dass ihre Abschiebung gem. § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und gem. § 55 Abs. 1-3 FPG die Frist für ihre freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde insofern mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.08.2016 stattgegeben, als der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Absatz 3 zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurde.

Am 24.11.2016 wurde die Beschwerdeführerin neuerlich vom Bundesamt einvernommen.

Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 26.05.2016, Zahl 1103226506-160116947, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab und erkannte der Beschwerdeführerin den Status der Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.) sowie erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr gem. § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Gegen Spruchteil I. des Bescheides des BFA erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.

Am 07.06.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBL I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBL I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.

§ 34 Asylgesetz lautet:

(1) Stellt ein Familienangehöriger von 1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist; 2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder 3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist; 3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn 1. dieser nicht straffällig geworden ist; 3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist; 4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden: 1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind; 2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind; 3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).

§ 16 Abs. 3 BFA-VG lautet:

Wird gegen einen zurückweisenden oder abweisenden Bescheid im Familienverfahren gemäß dem 4. Abschnitt des 4. Hauptstückes des AsylG 2005 auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben, gilt dies auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen (§ 2 Z. 22 AsylG 2005) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich. Allen Beschwerden gegen Entscheidungen in Familienverfahren kommt aufschiebende Wirkung zu, sobald zumindest einer Beschwerde im selben Familienverfahren aufschiebende Wirkung zukommt.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 22 AsylG ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie für den gesetzlichen Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall erfüllt. Den Anträgen der beiden Töchter der Beschwerdeführerin, XXXX und XXXX, auf Zuerkennung des Status von Asylberechtigten wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag Folge gegeben.

Gem. § 34 Abs. 5 AsylG erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Da wie oben ausgeführt den Töchtern der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde, ist sohin auch der Beschwerdeführerin der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen, zumal hinsichtlich der Beschwerdeführerin keine Anhaltspunkte für eine Straffälligkeit bestehen und den Töchtern erst mit Erkenntnis vom heutigen Tag der Status von Asylberechtigten zuerkannt wurde, also kein Aberkennungsverfahren anhängig ist.

Der Beschwerde der Beschwerdeführerin ist daher stattzugeben, der Beschwerdeführerin gem. § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG der Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen und dies gem. § 3 Abs. 5 AsylG mit der Feststellung, dass der Beschwerdeführerin kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt, zu verbinden.

Gem. § 3 Abs. 4 AsylG kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W202.2143980.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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