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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Dr. F O in S, vertreten durch die Dr. Franz P.
Oberlercher & Mag. Gustav H. Ortner Rechtsanwalts GmbH in 9800 Spittal an der Drau, Bernhardtgase 4/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 5. Jänner 2018, Zl. LVwG-500334/6/KH, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zurückweisung einer Beschwerde i.A. einer Übertretung des Immissionsschutzgesetzes-Luft (Behörde gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 5. Jänner 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich - im Beschwerdeverfahren - einen Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab und - dementsprechend - dessen Beschwerde gegen ein Straferkenntnis der belangten Behörde vom 17. Mai 2017 als verspätet zurück.
2 Im Wiedereinsetzungsantrag hatte der Revisionswerber vorgebracht, er habe seinen Einspruch gegen das ihm am 19. Mai 2017 zugestellte Straferkenntnis innerhalb offener Frist am 16. Juni 2017 "postalisch abgefertigt". Die Beschwerde sei am 23. Juni 2017 mit dem Verweis "unbekannt" zurückgelangt. Bei der internen Recherche in der Kanzlei der Rechtsvertretung des Revisionswerbers habe sich ergeben, dass irrtümlich als falsche Adresse der belangten Behörde "Museumstraße 10 (Eingang Fadingerstraße 2), 4020 Linz" (die Adresse des Bezirksgerichtes Linz) angegeben worden sei. Dieser Irrtum sei auf die automatische Einfügung der EDV-Maske zurückzuführen, wobei dieser Irrtum erstmals nach Rücksendung der Beschwerde aufgefallen sei; die Fristversäumnis sei durch ein unvorhergesehenes Ereignis verursacht worden und sei weder auf eine grob fahrlässige noch vorsätzliche Handlung zurückzuführen.
3 Das Verwaltungsgericht stellte im Wesentlichen fest, die besagte Beschwerde gegen das Straferkenntnis habe auf ihrem Deckblatt als Briefkopf aufgewiesen: "EINSCHREIBEN An die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Kärntn Linz, Museumstr. 10 (Eing.: Fadingerstr. 2), 4020 Linz"; auf diesem Deckblatt befinde sich auch die Unterschrift des Rechtsvertreters des Revisionswerbers. Die auf dem Deckblatt aufgedruckte Adresse sei aufgrund der Verwendung eines Fensterkuverts auch jene gewesen, welche für die Postzustellung auf dem Kuvert zu lesen gewesen sei.
4 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht im Kern aus, ein Wiedereinsetzungsgrund liege nur dann vor, wenn den Rechtsvertreter des Revisionswerbers an der Versäumung der Frist aufgrund der falschen Adressierung der Beschwerde kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens treffe. Bei der Beurteilung, ob auffallende Sorglosigkeit vorliege, sei an rechtskundige Parteienvertreter wie Rechtsanwälte ein strenger Maßstab anzulegen (Hinweis auf VwGH 23.6.2008, 2008/05/0122).
5 Im Weiteren begründete das Verwaltungsgericht, weshalb die einem Rechtsanwalt unterlaufene falsche Adressierung den minderen Grad des Versehens übersteige, sei doch die gewissenhafte Prüfung, ob die aufgedruckte Adresse korrekt sei, unumgänglich, um das fristwahrende Einlangen einer Eingabe beim Adressaten sicherzustellen. Im vorliegenden Fall sei die falsche Adresse sogar auf dem Deckblatt des Beschwerdeschriftsatzes angeführt worden, welches vom Rechtsvertreter des Revisionswerbers unterfertigt worden sei. Auch sei die auf dem Deckblatt befindliche Adresse wegen des Einschubs der Wortfolge "Kärntn Linz" auffällig gewesen. Gerade bei der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Verwendung von EDV im Bürobetrieb sei darauf zu achten, dass die EDV-unterstützt erstellten Dokumente inhaltlich korrekt seien.
6 Das Beschwerdevorbringen, dass auf dem Aufgabeschein die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land angeführt worden sei, gehe ins Leere, weil auf einem Aufgabeschein nur der Empfängername und der Bestimmungsort samt Postleitzahl (und keine Straßenbezeichnung) anzugeben seien.
7 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 3. Die Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision bringen vor, es liege entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtes keine auffallende Sorglosigkeit des Rechtsvertreters des Revisionswerbers vor, weil bei Unterfertigung des Schriftsatzes "die unrichtige Adresse nicht feststellbar gewesen" sei; für den Sachbearbeiter habe nämlich kein Zweifel daran bestanden, dass die angeführte Adresse richtig sei. Außerdem sei auf dem Aufgabeschein "BH Linz-Land" angeführt worden.
11 Eine "weitere Nachforschungspflicht ausgehend von den Ausführungen am Aufgabeschein sowie auf der Adresse selbst" würde eine "Überspannung jedes anzuwendenden Sorgfaltsmaßstabes" darstellen.
12 Damit wirft der Revisionswerber allerdings mit Blick auf die wiedergegebene, vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beurteilung des Einzelfalles, welche sich auf hg. Rechtsprechung stützen konnte, keinesfalls eine grundsätzliche Rechtsfrage auf.
13 4. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070357.L00Im RIS seit
21.06.2018Zuletzt aktualisiert am
17.07.2018