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L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des H P in T, vertreten durch Dr. Bernhard Fink, Dr. Peter Bernhart, Mag. Klaus Haslinglehner, Dr. Bernd Peck und Mag. Kornelia Kaltenhauser, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 1. Februar 2018, Zl. KLVwG-S4-1968/9/2017, betreffend eine Minderheitenbeschwerde gegen einen Vollversammlungsbeschluss nach dem K-FLG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Amt der Kärntner Landesregierung, Agrarbehörde Kärnten; mitbeteiligte Partei:
Agrargemeinschaft A, vertreten durch den Obmann S O, T), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Vollversammlung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft beschloss am 8. Juni 2017 unter Tagesordnungspunkt 5, mit der Gemeinde Trebesing eine Nutzungsvereinbarung über agrargemeinschaftliche Flächen abzuschließen; diese Flächen sollten für die Umsetzung des Projektes "Hammerschmiede" (mit Wasserzu- und -ableitung über das Mühlrad der sogenannten "Urschmiede") im Rahmen des Drachenwandermeile-Energie-Erlebniswegs Trebesing entgeltlich genutzt werden. Der Revisionswerber stimmte als einziges Mitglied der Agrargemeinschaft dagegen.
2 In seiner gegen diesen Vollversammlungsbeschluss erhobenen Minderheitenbeschwerde wandte sich der Revisionswerber gegen jegliche touristische Nutzung und gegen jedes Bauvorhaben. Er verwies auf den Entzug von Wegerechten für eine touristische Nutzung, untersagte eine solche für näher umschriebene Streckenteile, wies darauf hin, dass die "Urschmiede" als "Schwarzbau" und ohne Vollversammlungsbeschluss errichtet worden sei und entfernt werden müsse, und machte schließlich geltend, die Nutzung einer näher genannten Bringungsanlage durch ihn im Rahmen seiner land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit wäre wegen der damit verbundenen Gefahren für die Touristen problematisch.
3 Das Amt der Kärntner Landesregierung als Agrarbehörde wies die Minderheitenbeschwerde mit Bescheid vom 19. September 2017 ab und begründete dies damit, dass der Revisionswerber eine Rechtsverletzung durch den bekämpften Vollversammlungsbeschluss nicht habe dartun können. Der Beschluss entspreche dem Gebot einer zweckmäßigen und geordneten Bewirtschaftung und einer der Ertragsfähigkeit angepassten Nutzung agrargemeinschaftlicher Grundstücke. Der Bereich, auf dem die Hammermühle errichtet werden sollte (10 m2), sei ohnehin schon gerodet und es würde der Agrargemeinschaft im Fall des Nichtabschlusses der Vereinbarung ein jährlicher Ertrag in der Höhe von EUR 350,-- und eine Einmalzahlung in der Höhe von EUR 500,-- entgehen.
4 In seiner Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) wiederholte der Revisionswerber im Wesentlichen das Vorbringen der Minderheitenbeschwerde.
5 Das LVwG wies nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis vom 1. Februar 2018 die Beschwerde als unbegründet ab.
6 Aus der Begründung des Erkenntnisses geht hervor, dass der Revisionswerber weder in der Minderheitenbeschwerde noch in der Beschwerde ein Vorbringen erstattet habe, wonach der Vollversammlungsbeschluss dem agrargemeinschaftlichen Zweck der bestmöglichen Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens widerspräche und somit seine Rechte verletze. Nach einem Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 51 des Kärntner Flurverfassungs-Landesgesetzes (K-FLG) vertritt das LVwG fallbezogen die Ansicht, dass sich auch sonst nicht ergeben hätte, dass der Revisionswerber durch die gegenständliche Beschlussfassung in seinen Rechten als Agrargemeinschaftsmitglied beeinträchtigt werde. Die Beschwerde richte sich gegen die Inanspruchnahme eines Bringungsgemeinschaftsweges durch die Gemeinde für touristische Zwecke. Verfahrensgegenstand sei jedoch die Zurverfügungstellung von Agrargemeinschaftsgrund für die Errichtung eines Hammerwerkes im Anschluss an die bereits bestehende "Urschmiede".
7 Aus dem Vorbringen des Revisionswerbers könne weder auf eine Verletzung seiner subjektiven Rechte geschlossen werden, noch stehe der Vollversammlungsbeschluss im Widerspruch zum agrargemeinschaftlichen Zweck der bestmöglichen Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens.
8 Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. 9 In seiner gegen dieses Erkenntnis erhobenen
außerordentlichen Revision macht der Revisionswerber Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber vor, es bestehe keine gefestigte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie das für Agrargemeinschaften geltende Gebot einer zweckmäßigen und geordneten Bewirtschaftung und einer der Ertragsfähigkeit angepassten Nutzung unter pfleglicher Behandlung agrargemeinschaftlicher Grundstücke auszulegen sei. Auch die Satzungsbestimmung, wonach die Gemeinschaft die Befriedigung der Bedürfnisse der Stammsitzliegenschaften durch bestmögliche Bewirtschaftung und Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens bezwecke, sei äußerst auslegungsbedürftig.
14 Damit zeigt die Revision aber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.
15 Eine Aufhebung eines Vollversammlungsbeschlusses ist nach der Rechtsprechung nur dann geboten, wenn dieser gegen die Satzung und/oder das Gesetz verstößt und Rechte des einschreitenden Mitgliedes verletzt (VwGH 26.5.2011, 2011/07/0131; 23.2.2017, Ra 2017/07/0004). Mit den "Rechten des einschreitenden Mitgliedes" sind die Rechte zu verstehen, die dem Einschreiter als Mitglied der Agrargemeinschaft zukommen. Eine solche Rechtsverletzung hat der Revisionswerber aber während des gesamten Verfahrens nicht behauptet.
16 Dementsprechend geht die tragende, die Beschwerde abweisende Begründung des angefochtenen Erkenntnisses auch dahin, dass der Revisionswerber während des gesamten Verfahrens kein Vorbringen dahingehend erstattet habe, dass bzw. in welcher Weise der strittige Vollversammlungsbeschluss seine Rechte als Mitglied der Agrargemeinschaft verletzt habe. Nähere Überlegungen zu dem - vom Revisionswerber nun als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bezeichneten - Verständnis der genannten Prüfungsparameter von Vollversammlungsbeschlüssen musste das LVwG daher gar nicht anstellen. Von der Lösung der genannten Rechtsfrage hängt daher das Schicksal der Revision nicht ab.
17 Erstmals in der Revision werden Einwendungen erhoben, die im Zusammenhang mit den Rechten des Revisionswerbers als Mitglied der Agrargemeinschaft stehen (zB. die Behauptung der Unwirtschaftlichkeit der Vereinbarung der Agrargemeinschaft mit der Gemeinde). Solche nachgetragenen Begründungselemente der Minderheitenbeschwerde in der Revision sind aber wegen des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbotes (§ 41 VwGG) nicht weiter zu beachten.
18 Dies gilt auch für das weitere, als Verstoß gegen Verfahrensvorschriften bezeichnete Vorbringen, wonach das LVwG einen Sachverständigen (zum Thema: Bewirtschaftung und der Ertragsfähigkeit angepasste Nutzung unter pfleglicher Behandlung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke) hätte beiziehen müssen. Der Revisionswerber hat diesen Aspekt weder im Verfahren geltend gemacht, noch einen Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen gestellt. Auch dieses Vorbringen zeigt daher keine Zulässigkeit der Revision auf.
19 Schließlich verweist der Revisionswerber noch auf § 50 K-FLG und meint, es fehle eine demnach notwendige agrarbehördliche Genehmigung zur Belastung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (als Folge der abzuschließenden Vereinbarung mit der Gemeinde).
20 Auch mit diesem Vorbringen geht der Revisionswerber an der Sache des Verfahrens vorbei. Vorliegendenfalls geht es allein um die Anfechtung eines Beschlusses der Vollversammlung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft; erst auf Grundlage dieses Beschlusses wäre die Agrargemeinschaft befugt, die Vereinbarung mit der Gemeinde zu unterfertigen. Die Frage, ob es für diese Nutzung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke einer agrarbehördlichen Genehmigung nach § 50 leg. cit. bedarf oder nicht, ist hingegen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
21 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
22 Die Revision somit daher zurückzuweisen.
Wien, am 24. Mai 2018
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070351.L00Im RIS seit
22.06.2018Zuletzt aktualisiert am
17.07.2018