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E000 EU- Recht allgemein;Norm
32003L0004 Umweltinformationen-RL Art4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Dipl.-Ing. (FH) H H in B, vertreten durch Dr. Lorenz Edgar Riegler, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 124/15, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 23. Jänner 2018, Zl. LVwG-AV-1402/001-2015, betreffend eine Angelegenheit des Umweltinformationsgesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Gmünd; mitbeteiligte Partei: W GmbH & Co KG, vertreten durch Dr. Maximilian Schaffgotsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Postgasse 6/1), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein Antrag des Revisionswerbers an die Bezirkshauptmannschaft Gmünd (BH) auf Erteilung einer Auskunft über den Inhalt einer in einem Verwaltungsstrafverfahren erstatteten Stellungnahme (samt Beilagen) der mitbeteiligten Partei vom 17. Oktober 2013; der Antrag stützte sich auf das NÖ Auskunftsgesetz und auf das Umweltinformationsgesetz (UIG).
2 Eine gegen die bescheidmäßige Abweisung dieses Antrags durch die BH mit Bescheid vom 20. Jänner 2014 erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wurde mit Spruchpunkt 1 des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (LVwG) vom 18. Dezember 2014 abgewiesen. Inhaltlich vertrat das LVwG näher begründet die Ansicht, eine Stellungnahme (samt Beilagen) einer Partei in einem Verwaltungsstrafverfahren stelle keine Umweltinformation dar. Die mangelnde Objektivität (das Fehlen von Informationen "in objektivierter Form") einer in einem Verwaltungsstrafverfahren abgegebenen Stellungnahme nehme dieser die Qualifikation als Umweltinformation.
3 Mit hg. Erkenntnis vom 26. November 2015, Ra 2015/07/0123, wurde Spruchpunkt 1 des Erkenntnisses des LVwG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Im Erkenntnis heißt es ua:
"4.3. Mit seiner Argumentation übersieht das LVwG, dass es bei der Beurteilung, ob es sich bei einer Information um eine Umweltinformation im Sinne des § 2 UIG bzw. § 8 NÖ AuskunftsG handelt, nicht darauf ankommt, ob diese Information objektiven (‚in objektivierter Form') oder subjektiven Charakter hat. Unter den Begriff der Umweltinformation im Sinne des § 2 UIG bzw. § 8 NÖ AuskunftsG fallen nämlich nicht nur zahlenmäßige Aussagen wie etwa naturwissenschaftlich erhobene (und damit objektivierte) Messgrößen, sondern auch sonstige vorhandene Aussagen in Textform, wie Stellungnahmen, Meinungsäußerungen, Anbringen und Bescheide (...). Daraus ergibt sich aber, dass auch ein möglicher Mangel an Objektivität einer Stellungnahme ihrer Eigenschaft als Umweltinformation im Sinne des § 2 UIG bzw. § 8 NÖ AuskunftsG nicht von vornherein entgegensteht. ...
4.5. ... Auch die Art des Verfahrens, in dem diese
Stellungnahme erstattet wurde, spricht nicht gegen ihre Qualifikation als Umweltinformation nach § 2 Z 3 UIG in Verbindung mit § 2 Z 1 leg. cit. bzw. des § 8 Z 3 in Verbindung mit § 8 Z 1 des NÖ Auskunftspflichtgesetzes. ...
Auf das Vorliegen höchstpersönlicher und daher schutzwürdiger Interessen oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die gegen die Mitteilung der begehrten Informationen sprächen, kommt die mitbeteiligte Partei im Laufe ihrer Revisionsbeantwortung mehrfach zurück. Ob im konkreten Fall solche Mitteilungsschranken oder Ablehnungsgründe (etwa nach § 6 Abs. 2 Z 3, Z 4 oder Z 7 UIG bzw. nach § 7 UIG oder nach § 12 Abs. 2 Z 3, Z 4 oder Z 7 bzw. § 12 Abs. 3 NÖ AuskunftsG) vorliegen oder nicht, ist aber nicht Gegenstand der hier zu prüfenden Frage nach der Qualifikation der begehrten Stellungnahme als Umweltinformation. Auf diesen Aspekt war daher auch durch den Verwaltungsgerichtshof nicht näher einzugehen. ...
6. Der Revisionswerber wirft weiters die Frage auf, ob auch die einer Stellungnahme angeschlossenen Beilagen (hier: Karten, Skizzen, Lichtbilder, Kopie eines Antrags, ein Auszug aus einem veröffentlichten Buch in Kopie sowie eine interne Niederschrift der mitbeteiligten Partei und ein historischer Überblick) Umweltinformationen darstellten.
6.1. ...
6.2. Nun verweist die begehrte Stellungnahme zur näheren Erläuterung oder Dokumentation ihrer dortigen Ausführungen, jeweils an thematisch passender Stelle, auf die insgesamt 13 Beilagen. Diese stellen daher im vorliegenden Fall untrennbare Bestandteile der Stellungnahme selbst dar und teilen ihr rechtliches Schicksal.
Es kommt daher nicht darauf an, ob den Beilagen allein unmittelbar Aussagen über den Zustand von Umweltbestandteilen oder Faktoren im Sinne des § 2 Z 1 und Z 2 UIG zu entnehmen sind; hier ist der Zusammenhang mit dem Inhalt der Stellungnahme zu beachten. So kann auch einer geschichtlichen Darstellung der Entwicklung von Grabensystemen im Moor oder entsprechendem historischen Kartenmaterial ein Informationswert über den (dadurch möglicherweise beeinflussten) aktuellen Zustand der Umwelt nicht von vornherein abgesprochen werden.
Aus welchen Gründen schließlich die Beilagen 10 bis 13 (Fotos) keine Informationen in visueller Form über den Zustand von Umweltbestandteilen sein sollen, wird nicht näher begründet. Auch hier spricht die fehlende Aktualität der Aufnahmen vor dem Hintergrund des Inhalts der Stellungnahme und der entsprechenden Bezugnahmen auf die Fotografien nicht von vornherein gegen das Vorliegen einer Umweltinformation.
Auch unter diesem Aspekt erweist sich das angefochtene Erkenntnis daher als rechtswidrig."
4 Mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis vom 23. Jänner 2018 wies das LVwG die Revision (neuerlich) als unbegründet ab.
5 Ausgehend davon, dass die verfahrensgegenständliche Stellungnahme samt ihren Beilagen, die untrennbare Bestandteile der Stellungnahme selbst darstellten und ihr rechtliches Schicksal teilten, Umweltinformationen seien, prüfte das LVwG die Frage, ob der Mitteilung dieser Umweltinformationen Mitteilungsschranken oder Ablehnungsgründe nach § 6 Abs. 2 und § 7 UIG oder nach § 12 Abs. 2 bzw. Abs. 3 NÖ AuskunftsG entgegenstünden.
6 Das LVwG stellte fest, dass in der begehrten Stellungnahme (samt den Beilagen) das gesamte Betriebswirtschaftskonzept der mitbeteiligten Partei dargelegt werde; insbesondere fänden sich darin Angaben zu den Mengen des regulär geernteten Holzes, zur Zusammensetzung des Holzeinschlages, zu den Zuwachsmengen im Betrieb, zu den Kalamitätsholzmengen, zum Ausbaugrad des Wegenetzes, zur Vermarktungs- und Lagerungspolitik und zu den Produktionsbedingungen; auch Vertragspartner würden genannt.
7 Mit näherer Begründung vertrat das LVwG die Ansicht, dass es sich bei diesen Daten um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handle, an deren Nichtveröffentlichung nachvollziehbar ein wirtschaftliches Interesse der mitbeteiligten Partei, nicht zuletzt zur Sicherung einer entsprechenden Marktpositionierung, bestehe. Bei Offenlegung der gewünschten Information könne ein nicht nur geringfügiger Schaden, insbesondere durch Marktschwächung der mitbeteiligten Partei eintreten. Ein im Wettbewerb stehendes Konkurrenzunternehmen könnte diese Informationen wirtschaftlich für sich gewinnbringend und nachteilig für die mitbeteiligte Partei nutzen. Auch auf Holzabnehmerseite könnte das Wissen um Betriebsgeheimnisse zur Entfaltung eines Preisdrucks führen; der wirtschaftliche Schaden könnte enorm sein. Durch die Veröffentlichung der eine Umweltinformation darstellenden Stellungnahme könnten somit Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse unmittelbar oder mittelbar durch die Möglichkeit von Rückschlüssen offengelegt werden, wodurch ein nicht nur geringfügiger wirtschaftlicher Nachteil des Inhabers des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses eintreten könne. Damit lägen die Mitteilungsschranken im Sinne der § 6 Abs. 2 Z 4 UIG und § 12 Abs. 2 Z 4 NÖ AuskunftsG vor.
8 Dem Interesse der mitbeteiligten Partei stehe das öffentliche Interesse an der Mitteilung der Umweltinformation gegenüber, das insbesondere im Schutz vor nachhaltigen oder schwerwiegenden Umweltbelastungen liege. Allerdings sei dazu festgestellt worden, dass das damalige Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig eingestellt worden sei.
9 Eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Information mit den Interessen an der Verweigerung der Bekanntgabe (iSd § 6 Abs. 2 Z 4 iVm § 6 Abs. 3 UIG bzw. nach § 12 Abs. 2 Z 4 bzw. Abs. 3 NÖ AuskunftsG) ergebe daher, dass im gegenständlichen Fall das Interesse des Betriebes an der Geheimhaltung der im Verwaltungsstrafverfahren ergangenen Stellungnahme der mitbeteiligten Partei als schutzwürdiges Geschäfts- und Betriebsgeheimnis über das Interesse an der Bekanntgabe zu stellen sei.
10 Die ordentliche Revision wurde unter Hinweis auf die Bindung an das Vorerkenntnis nicht zugelassen; zudem liege kein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung bzw. keine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.
11 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision macht die revisionswerbende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. ua VwGH 21.11.2014, Ra 2014/02/0114, mwN).
16 1. Die Revision führt als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zum einen an, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur hier maßgeblichen Rechtsfrage, "ob Umweltinformationen auszugsweise, insbesondere betreffend der durch den Revisionswerber begehrten Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 21. September 2013 auf die mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 erstatteten Anzeige des Niederösterreichischen Naturschutzbundes bzw. wie zuvor von der NGO P, welche jedenfalls auch Gegenstand eines forstrechtlichen Verfahrens und eines Umwelthaftungsverfahrens ist, beim Vorliegen allfälliger Mitteilungsschranken in Form von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zu übermitteln sind," bzw. weiche das angefochtene Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. des Europäischen Gerichtshofes ab.
17 1.1. In der Begründung der Revision werden dazu die Bestimmungen der Art. 4 Abs. 6 der Aarhus-Konvention und Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (Umweltinformations-Richtlinie) zitiert und wird auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Vertragsverletzungsverfahren C-217/97 gegen die Bundesrepublik Deutschland verwiesen. Demnach bestehe eine Pflicht zur auszugsweisen Übermittlung von Umweltinformationen auch bei Vorliegen von Mitteilungsschranken. Damit habe sich das LVwG aber nicht einmal ansatzweise befasst.
18 Der Revisionswerber meint, es erscheine geradezu denkunmöglich, dass angesichts des Umfangs der Stellungnahme sowie deren Beilagen nicht Teile der Stellungnahme bzw. einzelne Beilagen herausgegeben werden könnten, ohne schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu berühren. Auch wären "simple Schwärzungen" denkmöglich, um schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu wahren.
19 1.2. Mit diesem Vorbringen zeigt der Revisionswerber aber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, wich das LVwG doch nicht von der insofern klaren Rechtslage ab.
1.2.1. Sowohl der Wortlaut des Art. 4 Abs. 6 der Aarhus-Konvention und des Art. 4 Abs. 4 der Umweltinformations-Richtlinie regeln eine Verpflichtung zur auszugsweisen Veröffentlichung von Umweltinformationen bei Vorliegen von Mitteilungsschranken nur "für den Fall, dass Informationen, die aufgrund des Absatzes 3 Buchstabe c und des Absatzes 4 ohne Beeinträchtigung der Vertraulichkeit der dieser Ausnahme unterliegenden Informationen ausgesondert werden können", bzw. "sofern es möglich ist, unter die Ausnahmebestimmungen von Absatz 1 Buchstaben d) und e) oder Absatz 2 fallende Informationen von den anderen beantragten Informationen zu trennen." Auf diese Verpflichtung im Fall der Möglichkeit der Aussonderung von vertraulichen und geheimen Angaben wies der EuGH auch in der in der Revision zitierten Entscheidung C-217/97 hin.
20 1.2.2. Die unionsrechtlichen Vorschriften, auf die der Revisionswerber verweist, verpflichten eine Behörde zur Herausgabe von Daten, denen - wie hier - Mitteilungsschranken entgegen stehen, nur im Fall der Möglichkeit der Aussonderung oder Trennung von Informationen, die der Geheimhaltung nicht unterliegen, von den übrigen geheimzuhaltenden Informationen. Ein aktives Tätigwerden und Verändern der vorhandenen Informationen durch die Vornahme von "simplen Schwärzungen" geheimzuhaltender Daten ist hingegen nicht vorgeschrieben. Entscheidend für die Verpflichtung zur Bekanntgabe ist allein die von vornherein gegebene Trennbarkeit der vertraulichen und geheimen Daten von den Daten, denen keine Mitteilungsschranken entgegenstehen.
21 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Vorerkenntnis - wie oben wiedergegeben - mit näherer Begründung fallbezogen die Ansicht vertreten, dass die verfahrensgegenständliche Stellungnahme samt ihren Beilagen aufgrund ihres spezifischen Aufbaues als Einheit zu betrachten sei; die Stellungnahme verweist nämlich zur näheren Erläuterung bzw. Dokumentation ihrer dortigen Ausführungen, jeweils an thematisch passender Stelle, auf die insgesamt 13 Beilagen. Diese stellen daher im vorliegenden Fall untrennbare Bestandteile der Stellungnahme selbst dar und teilen ihr rechtliches Schicksal. An diese rechtliche Einschätzung war das LVwG gebunden; es ging demnach zutreffend ebenfalls von einer inhaltlichen Einheit der Stellungnahme mit den Beilagen aus.
22 Wie bereits im Vorerkenntnis erwähnt stellen die Beilagen die einzelnen Angaben und Hinweise in der begehrten Stellungnahme in unterschiedlicher Weise näher dar. Es liegt auf der Hand, dass fallbezogen eine getrennte Bekanntgabe einzelner Beilagen diese inhaltliche Bezugnahme zerstören und ihren Informationswert, den sie nur im Zusammenhang mit den entsprechenden Ausführungen der Stellungnahme entwickeln, verändern würde.
23 Dass die verfahrensgegenständliche Stellungnahme (samt Beilagen) aber die vom LVwG festgestellten sensiblen Daten beinhaltet, wie das Betriebswirtschaftskonzept der mitbeteiligten Partei, Angaben zu den Mengen des regulär geernteten Holzes, Angaben zur Zusammensetzung des Holzeinschlages, zu den Zuwachsmengen im Betrieb, zu den Kalamitätsholzmengen, zum Ausbaugrad des Wegenetzes, zur Vermarktungs- und Lagerungspolitik, zu den Produktionsbedingungen und auch zu Vertragspartnern, wird vom Revisionswerber nicht in Zweifel gezogen.
24 1.3. Im Ergebnis konnte das LVwG in Übereinstimmung mit der Rechtslage und dem Vorerkenntnis davon ausgehen, dass im vorliegenden Fall keine Verpflichtung zur auszugsweisen Herausgabe von Umweltinformationen bestand. Darin, dass sich das LVwG damit in der Begründung des Erkenntnisses nicht ausdrücklich befasst hat, liegt keine Rechtsverletzung des Revisionswerbers.
25 2. In der außerordentlichen Revision heißt es weiters, dass auch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob der Umstand allein, dass ein Verwaltungsstrafverfahren (neben anderen materienrechtlichen Verfahren), in welchem die begehrten Umweltinformationen verfahrensgegenständlich gewesen seien, mittlerweile rechtskräftig eingestellt worden sei, einen tauglichen Erwägungsgrund im Rahmen der Interessenabwägung zur Herausgabe der begehrten Umweltinformationen bei Vorliegen von Mitteilungsschranken darstellen könne. Zur Klarstellung der Rechtslage sei daher eine höchstgerichtliche Entscheidung erforderlich.
26 2.1. Damit nimmt der Revisionswerber auf die Richtigkeit der Interessenabwägung des § 6 Abs. 4 UIG (bzw. des § 12 Abs. 4 NÖ AuskunftsG) Bezug. Diese Interessenabwägung ist einzelfallbezogen vorzunehmen. Die informationspflichtige Stelle hat die begehrte Information herauszugeben, wenn sie als Ergebnis dieser Prüfung zur Auffassung gelangt, dass die in § 6 Abs. 4 UIG (§ 12 Abs. 4 NÖ AuskunftsG) genannten Offenlegungsinteressen die Geheimhaltungsinteressen bzw. die Ablehnungsgründe überwögen. Beide Gesetze nennen als Offenlegungsinteresse den (fallbezogen allein in Frage kommenden) "Schutz vor nachhaltigen oder schwerwiegenden Umweltbelastungen." Das Offenlegungsinteresse der Gefahr einer nachhaltigen oder schwerwiegenden Umweltbelastung wurde hier fallbezogen mit den Geheimhaltungs- und Schutzinteressen der mitbeteiligten Partei abgewogen; in diesem Zusammenhang wurde die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens erwähnt.
27 2.2. Die einzelfallbezogene Interessenabwägung des § 6 Abs. 4 UIG (bzw. des § 12 Abs. 4 NÖ AuskunftsG) unterliegt - als Ergebnis einer alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Abwägung - grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Wertungsfragen im Einzelfall stellen keine Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar. Eine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (siehe dazu allgemein VwGH 28.6.2017, Ra 2017/02/0038; 5.3.2015, Ra 2015/02/0027; 5.5.2014, Ro 2014/03/0052). Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (VwGH 25.6.2014, Ra 2014/07/0026).
28 2.3. Es ist im vorliegenden Fall aber weder erkennbar, dass die Interessenabwägung des LVwG grob fehlerhaft erfolgt wäre noch, dass ein die Rechtssicherheit beeinträchtigendes unvertretbares Ergebnis vorliege. In der Frage der Richtigkeit der Interessenabwägung liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur eine die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfrage.
29 Auch mit diesem Vorbringen wird somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
30 3. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
31 Die Revision war daher zurückzuweisen.
32 4. Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 24. Mai 2018
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070346.L00Im RIS seit
21.06.2018Zuletzt aktualisiert am
17.07.2018