TE Vwgh Beschluss 2018/6/7 Ra 2017/17/0838

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Veröffentlicht am 07.06.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §22;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des A J in E, vertreten durch Mag. Michael Schuszter, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Ruster Straße 91/2, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 14. August 2017, LVwG-S-1535/001-2017, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 2. März 2017 verhängte die Landespolizeidirektion Niederösterreich über den Revisionswerber wegen der achtfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG Geldstrafen in Höhe von insgesamt EUR 48.000,-- (sowie Ersatzfreiheitsstrafen von insgesamt 96 Tagen). Weiters wurde dem Revisionswerber ein Kostenbeitrag von EUR 4.800,-- zur Zahlung vorgeschrieben. Dieses Straferkenntnis wurde nach einem erfolglosen Zustellversuch am 7. März 2017 am Postamt erstmals zur Abholung bereitgehalten. Die Sendung wurde nicht behoben und am 28. März 2017 wieder an die Landespolizeidirektion Niederösterreich zurückgeschickt.

2 Am 22. Juni 2017 langte bei der Landespolizeidirektion Niederösterreich eine Beschwerde gegen das Straferkenntnis ein. Darin brachte der Revisionswerber u. a. vor, das genannte Straferkenntnis hätte ihm eigenhändig (RSa) zustellt werden müssen, was nicht erfolgt sei. Es sei seinem Rechtsvertreter erst am 26. Mai 2016 ("via eMail") zugekommen, was eine Heilung des Zustellmangels bewirkt habe. Die Beschwerde sei daher rechtzeitig erhoben worden.

3 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) die Beschwerde wegen Verspätung zurück, weil die Beschwerdefrist am 4. April 2017 abgelaufen sei. Die Zustellung des Straferkenntnisses habe nicht zu eigenen Handen erfolgen müssen, weil bereits die Aufforderung zur Rechtfertigung zu eigenen Handen erfolgt sei. Auch diese sei vom Revisionswerber nicht behoben worden; ein Zustellmangel sei nicht behauptet worden. Die Behörde sei nicht verpflichtet gewesen, das nachfolgende Straferkenntnis zu eigenen Handen zuzustellen.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision führt der Revisionswerber aus, der angefochtene Beschluss weiche von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ab, weil das Straferkenntnis aufgrund offenkundiger Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafe zu eigenen Handen zuzustellen gewesen wäre. Eine Heilung dieses Zustellmangels sei erst dadurch erfolgt, dass das Straferkenntnis seinem Rechtsvertreter zugekommen wäre, sodass die Beschwerde noch rechtzeitig erhoben worden sei.

8 Mit diesem Vorbringen unterlässt es die Revision aber, ein Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen:

9 Dass der Revisionswerber durch den Umstand, dass die Behörde nicht die eigenhändige Zustellung ("RSa") des gegenständlichen Straferkenntnisses verfügt hatte, an der Abholung des am Postamt hinterlegten Schriftstückes gehindert gewesen wäre und im Zusammenhang damit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorläge, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich.

10 Dass Straferkenntnisse eigenhändig zuzustellen wären, ist gesetzlich nicht vorgesehen. Die Beurteilung des Vorliegens besonders wichtiger Gründe im Sinne des § 22 AVG, die eine eigenhändige Zustellung erforderlich machen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (VwGH 20.10.1987, 86/04/0059) und stellt daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. Dass dem LVwG angesichts des unbestrittenen Umstands, dass bereits die Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung zu eigenen Handen verfügt worden war, eine die Rechtssicherheit beeinträchtigende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung gleichfalls nicht aufgezeigt.

11 Das LVwG durfte im Revisionsfall in Bezug auf den Zustellvorgang von einem unstrittigen Sachverhalt ausgehen. Mit dem bloßen Vorbringen, dass das LVwG keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe, vermag die Revision, die sich gegen einen Zurückweisungsbeschluss (vgl. § 44 Abs. 2 VwGVG) richtet, daher auch hier keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukäme, aufzuzeigen (vgl. zur Verhandlungspflicht vor Zurückweisungsbeschlüssen Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 44 VwGVG K 5).

12 Da in der Revision keine Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen werden, war die Revision zurückzuweisen.

13 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Verwaltungsgerichtshofes über den mit der Revision verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Wien, am 7. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170838.L00

Im RIS seit

22.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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