TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/13 W169 2197731-1

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Veröffentlicht am 13.06.2018
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Entscheidungsdatum

13.06.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs1 Z4
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W169 2197731-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 07.05.2018, Zl. 1184106007-180252012-EAST Ost, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 13.03.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.03.2018 führte der Beschwerdeführer aus, dass er zwei Fluchtgründe habe. Zum einen gebe es Grundstücksstreitereien mit seinem Onkel, der versuche, ihn seit mehreren Jahren umzubringen. Weiters sei sein Vater 1997 in die USA geflüchtet, zumal er von der Polizei verfolgt worden sei, die ihm vorgeworfen habe, dass er Mitglieder einer Bewegung, die ein eigenes Land für die Sikhs verlangen würden, unterstütze. Seit ca. sechs Monaten sei die Polizei immer wieder zu ihm nach Hause gekommen und hätte nach seinem Vater gefragt. Er habe nun Angst, dass die Polizei ihn, da sein Vater nicht mehr zu Hause sei, festnehmen könnte.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 06.04.2018 führte der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen aus, dass ihm von der Polizei vorgeworfen werde, dass er Mitglied der Khalistanbewegung sei. Die Polizei komme deswegen immer wieder zu ihnen nach Hause und frage nach dem Beschwerdeführer. Er habe Angst, von der Polizei deshalb festgenommen zu werden. Auch seinem Vater sei bereits von der Polizei dasselbe vorgeworfen worden und habe er deswegen 1997 das Heimatland verlassen müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Indien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen und weiters gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sei (Spruchpunkt III.) Unter Spruchpunkt IV. wurde eine Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt und ausgeführt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter fristgerecht Beschwerde erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt.

2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Zum Spruchteil A)

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen, wenn das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid aufhebt.

Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn 1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt; 2. sich der Asylwerber vor der Antragstellung schon mindestens drei Monate in Österreich aufgehalten hat, es sei denn, dass er den Antrag auf internationalen Schutz auf Grund besonderer, nicht von ihm zu vertretender Umstände nicht binnen drei Monaten nach der Einreise stellen konnte. Dem gleichzuhalten sind erhebliche, verfolgungsrelevante Änderungen der Umstände im Herkunftsstaat; 3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat; 4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat; 5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht, oder 6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt zu § 6 Z 1 und 2 AsylG 1997, einer mit § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG vergleichbaren Vorgängerbestimmung, dargelegt, dass bei der Prüfung, ob ein Anwendungsfall vorliegt, von den Behauptungen des Asylwerbers auszugehen ist und es in diesem Zusammenhang nicht auf die Frage der Glaubwürdigkeit der Angaben ankommt (VwGH 22.10.2003, 2002/20/0151). Bei der Prüfung, ob ein unter § 6 Z 1 AsylG 1997 zu subsumierender Fall vorliegt, ist von den Angaben des Asylwerbers auszugehen und auf deren Grundlage zu beurteilen, ob sich diesem Vorbringen mit der erforderlichen Eindeutigkeit keine Behauptungen im Sinne einer im Herkunftsstaat drohenden Verfolgung entnehmen lassen (vgl. das E vom 31. Jänner 2002, Zl. 99/20/0531). Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (VwGH 24.04.2003, 2000/20/0326).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im vorliegenden Fall auf § 18 Abs 1 Z 4 BFA-VG gestützt, was demnach voraussetzt, dass "der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat".

Seine diesbezügliche Entscheidung begründete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Zitierung des § 18 Abs. 1 BFA-VG wie folgt: "Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt das als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung. Wie oben ausgeführt, liegt Ziffer 4 in Ihrem Fall vor.

Für die Behörde steht fest, dass für Sie bei Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben ist. Sie bedürfen daher nicht des Schutzes Österreichs. Es ist in Ihrem Fall davon auszugehen, dass die sofortige Umsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme im Interesse eines geordneten Fremdenwesens geboten ist. Da Ihrem Antrag auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden ist und Ihnen auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat droht, ist es Ihnen zumutbar, den Ausgang Ihres Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten. Ihr Interesse auf einen Verbleib in Österreich während des gesamten Asylverfahrens tritt hinter das Interesse Österreichs auf eine rasche und effektive Durchsetzung der Rückkehrentscheidung zurück."

Wie sich aus den obigen Einvernahmen des Beschwerdeführers ergibt, begründete der Beschwerdeführer seine Ausreise aus Indien damit, dass er Angst habe, von der Polizei festgenommen zu werden, zumal diese ihm vorgeworfen habe, dass er Mitglied der Khalistanbewegung sei. Auch seinem Vater sei von der Polizei dasselbe vorgeworfen worden und habe dieser deshalb das Heimatland verlassen müssen.

Dass der Beschwerdeführer aber damit keine Verfolgungsgründe im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 4 BFA-VG vorgebracht habe, kann unter Berücksichtigung der obzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in keiner Weise erkannt werden, zumal es dabei nicht auf eine fehlende Glaubhaftigkeit bzw. die Eintrittsgefahr der behaupteten Verfolgung ankommt, sondern auf den Umstand, ob die Verfolgungsgründe überhaupt vorgetragen wurden. Anhaltspunkte, wonach ein sonstiger Tatbestand § 18 BFA-VG im konkreten Fall vorliege, bestehen überdies nicht.

Der Spruchteil IV. des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben.

Der Beschwerde kommt somit gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung zu.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG sind im gegenständlichen Fall erfüllt.

Über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. bis III. des angefochtenen Bescheides ergeht eine gesonderte Entscheidung.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den obigen Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, ersatzlose Behebung, Fluchtgründe, Vorbringen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W169.2197731.1.00

Zuletzt aktualisiert am

22.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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