TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/7 W137 2197466-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.06.2018
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Entscheidungsdatum

07.06.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35

Spruch

W137 2197466-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.05.2018, Zl. 831613706/180506795, sowie die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit 31.05.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 31.05.2018 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft ab 31.05.2018 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

V. Der Antrag auf Befreiung von der Eingabegebühr wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Afghanistans. Am 31.05.2018 wurde er in Vollziehung eines Festnahmeauftrags festgenommen. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am selben Tag erklärte der Beschwerdeführer, er sei zuletzt nicht gemeldet gewesen weil er seine Wohnadresse habe wechseln wollen und sich nicht ausgekannt habe. Er habe sich in dieser Zeit in der Gegend um Schwechat aufgehalten und sei von der Caritas unterstützt worden. Seine Kleidung sei bei einem (namentlich genannten) Freund in der Alserstraße; alles Übrige trage er bei sich. In Österreich habe er lediglich entfernte Verwandte. Der Beschwerdeführer merkte zudem an, dass er einen Folgeantrag gestellt habe und dies "doch auch ein Verfahren" sei.

Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass er der afghanischen Botschaft zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats vorgeführt und bis zur Durchführung der Abschiebung in Schubhaft genommen werde.

2. Ebenfalls am 31.05.2018 wurde über ihn mit Mandatsbescheid die Schubhaft angeordnet und der Beschwerdeführer in Schubhaft genommen. Begründet wurde die der Entscheidung zugrunde gelegte Fluchtgefahr mit der fehlenden Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers und einer durchsetzbaren und rechtskräftigen aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes im Folgeverfahren. Zudem habe sich der Beschwerdeführer auch einem laufenden Verfahren entzogen.

3. Am 06.06.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde - eingebracht vom bevollmächtigten Vertreter - ein. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Fluchtgefahr im angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbar dargelegt worden sei. Der Beschwerdeführer sei in Österreich "sozial verankert" und könne bei einem (namentlich genannten) Freund in der Weimanngasse Unterkunft nehmen. Überdies sei die Erforderlichkeit der Schubhaft und die Nichtanordnung des gelinderen Mittels nicht hinreichend begründet worden. Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung insbesondere zum Beweis der Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers und der Voraussetzungen für die Anordnung des gelinderen Mittels.

Beantragt werde daher a) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung; b) die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft; c) auszusprechen, dass die Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft nicht vorliegen; d) die Behörde zum Ersatz der Verfahrenskosten (inklusive Eingabegebühr) zu verpflichten.

4. Ebenfalls am 06.06.2018 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Eine Stellungnahme wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) am selben Tag vorgelegt. Darin wird zunächst der Verfahrensgang wiederholt. Überdies habe sich der Beschwerdeführer zuletzt knapp zwei Monate lang dem Zugriff der Behörden entzogen und bei seiner Einvernahme nicht erklärt, dass er bei einer der beiden (in Einvernahme und Beschwerde) namentlich genannten Personen hätte wohnen können.

Beantragt werde die die Abweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; sowie den Beschwerdeführer zum Kostenersatz zu verpflichten.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger Afghanistans. Betreffend den Beschwerdeführer besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung von November 2017. Seinem Folgeantrag wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.04.2018 rechtskräftig der faktische Abschiebeschutz aberkannt.

Der Beschwerdeführer hat sich im Bundesgebiet seit 06.04.2018 im Verborgenen aufgehalten. Er hat in dieser Zeit bei keiner der beiden am 31.05.2018 (Einvernahme) und 06.06.2018 (Beschwerde) namentlich genannten Personen - über einen allenfalls tageweisen Aufenthalt hinaus - Unterkunft genommen. Der Beschwerdeführer hat sich im Asylverfahren insgesamt als nicht kooperativ erwiesen.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine substanziellen familiären und sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Er ging in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nach. Er verfügt über lediglich geringe Barmittel (rund 200 €) und keine gesicherte Unterkunft. Er hat am 05.04.2018 seine bisherige Unterkunft ohne erkennbaren Grund aufgegeben und seinen Aufenthalt im Bundesgebiet im Verborgenen fortgesetzt.

Die Vorführung des Beschwerdeführers vor die afghanische Botschaft zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats ist geplant; ein konkreter Termin steht noch nicht fest. Es ist zum Entscheidungszeitpunkt von einer Vorführung binnen weniger Wochen zu rechnen. Zudem ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer ein Heimreisezertifikat (HRZ) ausgestellt wird.

Der Beschwerdeführer ist (und war zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung) grundsätzlich gesund und jedenfalls haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für sonstige substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zu 831613706/180506795 sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes (insbesondere zu den Verfahren 2137835-1 und 2137835-2). Mit - rechtskräftigem - Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 06.11.2017, W248 2137835-1/10E, wurde betreffend den Beschwerdeführer eine erstinstanzliche Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz sowie eine Rückkehrentscheidung bezogen auf den Herkunftsstaat Afghanistan bestätigt. Mit dem - ebenfalls rechtskräftigen - Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.04.2018, W260 2137835-2/7E, wurde die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a in Bezug auf das noch anhängige Asylfolgeverfahren des Beschwerdeführers für rechtmäßig erklärt.

1.2. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Verborgenen ab 06.04.2018 ergibt sich aus einer rezenten Abfrage im Zentralen Melderegister (ZMR) und ist überdies unstrittig. Der Beschwerdeführer selbst hat am 31.05.2018 glaubhaft angegeben, sich in dieser Zeit unstet im Bundesgebiet aufgehalten zu haben. Insbesondere hat er nicht erklärt, bei einer der beiden im gegenständlichen Verfahren genannten Personen Unterkunft genommen zu haben. Die in der Beschwerde angeführte Person hat er bei dieser Gelegenheit nicht einmal erwähnt. Ein allenfalls (so nie behaupteter) tageweiser Aufenthalt bei diesen Personen würde im Übrigen nichts an der Beurteilung seines Aufenthalts im Zeitraum von rund zwei Monaten vor der Schubhaftanordnung als "unstet" ändern. Die mangelhafte Kooperation ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer im laufenden Asylfolgeverfahren seine bisherige Unterkunft aufgegeben, seinen Aufenthalt im Verborgenen fortgesetzt und sich so dem Zugriff der Behörden entzogen sowie die Zustellung von Ladungen in eben diesem Verfahren verunmöglicht hat. Dieses Verhalten wird im Übrigen in der Beschwerde - als Sachverhalt - auch nicht bestritten.

1.3. Die Feststellungen bezüglich familiärer und sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers und entsprechen überdies den Feststellungen in der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im inhaltlichen Asylverfahren des Beschwerdeführers (2137835-2), in dem diese Teil des Kerninhalt der zu treffenden Feststellungen waren. Dem kann auch die pauschale Behauptung einer nicht einmal ansatzweise konkretisierten sozialen Verankerung in der Beschwerde nicht entgegenstehen. Auch der Beschwerdeführer hat am 31.05.2018 nur von - nicht namentlich bezeichneten - entfernten Verwandten im Bundesgebiet gesprochen und auch zu der einzigen namentlich genannten Person (bei der er seine übrige Kleidung deponiert habe) keine Angaben hinsichtlich einer besonderen Bindung gemacht.

Es gibt keinen (stichhaltigen) Hinweis auf eine legale Beschäftigung des Beschwerdeführers, nennenswerte Barmittel und insbesondere auch nicht auf eine gesicherte Unterkunft. Die gegenteilige Behauptung in der Beschwerde bezüglich der Unterkunft steht im Widerspruch zur unwidersprochenen Tatsache, dass der Beschwerdeführer nie an dieser Adresse gemeldet war und sich auch in den letzten zwei Monaten nach eigenen Angaben unstet (vorwiegend) im Raum Schwechat und eben nicht an dieser Adresse (in Wien) aufgehalten hat. Eine schlüssige Begründung für die Aufgabe seiner bisherigen Adresse (ohne neuerliche Anmeldung) hat der Beschwerdeführer im Übrigen nicht genannt. Die behauptete Unkenntnis erweist sich angesichts seiner mehrjährigen Erfahrung in asylrechtlichen Verfahren (verbunden mit mehrfacher staatlich beigegebener Rechtsberatung) als nicht plausibel.

1.4. Unstrittig führt Österreich laufend (Charter-)Abschiebungen nach Afghanistan durch. Für diese ist die Ausstellung eines Heimreisezertifikats Voraussetzung. In der Beschwerde werden keine Zweifel an der grundsätzlichen Möglichkeit der HRZ-Ausstellung und Überstellung nach Afghanistan vorgebracht. Dass noch kein Vorführtermin bekannt gegeben worden ist, ergibt sich aus dem engen zeitlichen Abstand der Schubhaftbeschwerde (und damit der Einleitung des gegenständlichen Verfahrens) zum Festnahmezeitpunkt.

1.5. Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gibt es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden. Haftunfähigkeit wird in der gegenständlichen Beschwerde ebenfalls nicht behauptet.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, der Festnahme und der Anhaltung in Schubhaft seit 31.05.2018:

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Aktuell liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bezogen auf Afghanistan vor; mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikats ist zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt realistisch zu rechnen. Einschlägige Überstellungen werden regelmäßig erfolgreich durchgeführt.

3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der Missachtung der bestehenden Ausreiseverpflichtung, der Entziehung aus dem Verfahren, der fehlenden Kooperation und dem Bestehen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1, 3 und 4 des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte zudem den Grad sozialer Verankerung in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Dem Vorliegen dieser Kriterien (1, 3 und 4) konnte auch in der Beschwerde nicht substanziell entgegen getreten werden, zumal sich jedenfalls die Kriterien der Ziffern 3 und 4 auch unter Einbeziehung des Inhalts der Beschwerde als unstrittig erweisen. Hinsichtlich Ziffer 1 ist jedenfalls der von der Behörde diesbezüglich zugrunde gelegte Sachverhalt (Aufenthalt im Verborgenen; Entziehung aus dem Verfahren) unstrittig.

3.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübt (und auch nicht ausübte), noch über hinreichende Barmittel zur mittelfristigen Existenzsicherung verfügt. Auch substanzielle familiäre und soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet seien nicht ersichtlich. Dies entspricht auch der (rechtskräftigen) Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts im Zusammenhang mit der Bestätigung der Rückkehrentscheidung im November 2017. Auch in der Beschwerde wurde lediglich pauschal eine soziale Verankerung behauptet - freilich ohne diese auch nur ansatzweise zu konkretisieren.

Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur Überstellung den Behörden nicht (erneut) entziehen werde.

Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anordnung der Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht. Die Beschwerdebehauptung einer nicht nachvollziehbaren Darlegung der Gründe für die Annahme der Fluchtgefahr erweist sich vor diesem Hintergrund als nicht nachvollziehbar.

3.4. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: Auf Grund der Fluchtgefahr überwogen - wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Interessen des Beschwerdeführers an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft deutlich und ist diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer sich bereits einem laufenden Verfahren entzogen und sich wochenlang im Bundesgebiet im Verborgenen aufgehalten hat. Auch dies wurde - entgegen des Beschwerdevorbringens - im angefochtenen Bescheid schlüssig dargelegt.

3.5. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen davon ausgehen, dass die Überstellung des Beschwerdeführers nach Afghanistan in zumutbarer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung ist tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die vergleichsweise frühe Anordnung der Schubhaft offensichtlich im Zusammenhang damit steht, dass sich der Beschwerdeführer zuletzt wochenlang einem von ihm selbst eingeleiteten Verfahren entzogen hat.

3.6. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab 31.05.2018 abzuweisen.

4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:

4.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

4.2. Für die Erlangung eines Heimreisezertifikats (sowie die diesbezügliche Vorführung vor die afghanische Botschaft) und Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff nunmehr durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da er zudem außer weiter entfernten Verwandten über keine feststellbaren familiären, sowie aktuell keine legalen beruflichen und nur äußerst gering ausgeprägte soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Dies insbesondere unter Berücksichtigung seines bisherigen Verhaltens, vorrangig der Tatsache, dass er sich vor Anordnung der Schubhaft bereits wochenlang im Verborgenen aufgehalten hat.

Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 1, 3 und 4 des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin gegeben.

Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 leg. cit. sind wie dargelegt im Verfahren nicht hervorgekommen. Hinsichtlich der Z 9 ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen würden, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, soziale Anknüpfungspunkte, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall wurde aber das bestehen derartiger Anknüpfungspunkte aber weder belegt noch glaubhaft gemacht. Überdies stellt sich auch die Verbindung zu den beiden im Verfahren namentlich genannten Personen nicht als derart eng dar, dass diese geeignet sein könnte, den Beschwerdeführer vom Untertauchen abzuhalten. Insbesondere gilt das für den erstmalig in der Beschwerde angeführten potenziellen Unterkunftgeber. Dieser wurde vom Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme nicht einmal erwähnt und es hat der Beschwerdeführer auch unstrittig bei diesem in den Wochen nach Ende seiner amtlichen Meldung nicht Unterkunft genommen.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine klare Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein durch das rechtskräftig abgeschlossene und mit einer Rückkehrentscheidung verbundene Asylverfahren (und die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes im Folgeverfahren) bedingtes hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung zu bejahen ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig.

Zudem ist derzeit von einer Abschiebung in einem zumutbaren Zeitraum auszugehen. Probleme bei der Ausstellung afghanischer Heimreisezertifikate sind nicht bekannt. Gesundheitliche Probleme sind weiterhin nicht ersichtlich und werden auch in der Beschwerde nicht behauptet.

4.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

5.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

5.2. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Es wurde auch in der Beschwerde nicht nachvollziehbar dargelegt, welche entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente einer Klärung in einem solchen Rahmen bedürften. Beantragt wurde die Verhandlung auch ausdrücklich im Zusammenhang mit der Klärung der "Kooperationsbereitschaft des Beschwerdeführers" und den Voraussetzungen für die Anordnung des gelinderen Mittels. Dabei handelt es sich allerdings nicht um reine Sachverhaltsfragen sondern um gerichtliche Bewertungen auf Grundlage nachvollziehbar begründeter Feststellungen. Der Beschwerdeführer kündigt in der Beschwerde auch lediglich die mündliche Zusage an, einem gelinderen Mittel Folge zu leisten. Dem stehen allerdings die Missachtung einer Ausreiseverpflichtung, die oben festgestellten Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG und der wochenlange Aufenthalt ohne Meldeadresse unmittelbar vor Anordnung der Schubhaft entgegen.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfrage in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

6. Kostenersatz

6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde hätte als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.

7. Eingabegebühr

Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, ihm im Falle des Obsiegens die Eingabegebühr zu ersetzen und bezog sich dabei erkennbar auf § 35 VwGVG.

Gemäß § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1:

1. die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Eingabegebühr ist in § 35 Abs. 4 VwGVG nicht als Aufwendung definiert, weshalb es dem entsprechenden Antrag an der Rechtsgrundlage mangelt.

Der Antrag auf Erstattung der Eingabegebühr ist daher zurückzuweisen.

Nur der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass im gegenständlichen Verfahren auch kein Obsiegen des Beschwerdeführers vorliegt, weshalb diese selbst dann nicht zu erstatten gewesen wäre, wenn es dafür eine rechtliche Grundlage in § 35 leg. cit. gäbe.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor. Auch in der Beschwerde finden sich keine diesbezüglichen Hinweise.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Eingabengebühr, Fluchtgefahr, Folgeantrag, Fortsetzung der
Schubhaft, Kostenersatz, mangelnder Anknüpfungspunkt,
Mittellosigkeit, Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf,
Untertauchen, Verfahrensentziehung, Verhältnismäßigkeit,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W137.2197466.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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