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27/01 Rechtsanwälte;Norm
AVG §21;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des JK in S, vertreten durch Dr. Norbert Bergmüller, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Ritter-v.-Gersdorff-Straße 619, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 6. Juli 1999, Zl. UVS-3/10.655/6-1999, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 29. September 1998 wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung des § 20 Abs. 2 StVO 1960 bestraft, weil er am 10. Juli 1998 um 12.14 Uhr auf der "B 99" im Gemeindegebiet von Maria Pfarr, bei Straßenkilometer 105,2 in Fahrtrichtung Tamsweg ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Fahrzeug gelenkt und dabei die auf Freilandstraßen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 54 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 StVO 1960 begangen und sei deshalb gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 4.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) bestraft worden.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, dass an Stelle der Bezeichnung "B 99" die Bezeichnung: "B 95, bei Pichl" zu treten habe.
Die Behörde begründete den bekämpften Bescheid im Wesentlichen wie folgt: Sie nahm die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat auf Grund des Akteninhaltes und der durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung als erwiesen an. Während der Beschwerdeführer nur behauptet habe, die ihm angelastete Geschwindigkeitsübertretung nicht begangen zu haben, hiefür aber keinen Beweis erbracht habe, sei insbesondere der Meldungsleger imstande gewesen, den Sachverhalt sehr genau zu schildern. Sowohl der Meldungsleger, als auch der andere am Vorfall beteiligte Gendarmeriebeamte, die als Zeugen einvernommen worden seien, hätten sich an den Vorfall noch sehr gut erinnern können, und sie seien auch in der Lage gewesen, die an sie gestellten Fragen sofort und zusammenhängend zu beantworten. Es habe auch kein Widerspruch der Aussagen zueinander bestanden. Insbesondere bezüglich der Verfolgungsfahrt hätten die Zeugen einhellig geschildert, das Fahrzeug des Beschwerdeführers wäre ihnen aufgefallen, als es sie überholt gehabt hätte. Die Strecke der Nachfahrt habe jedenfalls 100 m betragen, der Meldungsleger habe glaubhaft ausgesagt, die gemessene Geschwindigkeit nicht nur vom Pro Vida-Gerät abgelesen, sondern auch der digitalen Anzeige am Armaturenbrett entnommen zu haben. Im Ortsgebiet von Pichl sei der Beschwerdeführer dann angehalten worden. Auf den Vorhalt der Geschwindigkeitsübertretung habe der Beschwerdeführer angegeben, er habe den sechsten Gang eingelegt gehabt und dann nicht mehr auf die Geschwindigkeit geachtet. Der Meldungsleger habe diesbezüglich glaubhaft ausgesagt, er habe diese Äußerung des Beschwerdeführers wortwörtlich in die Anzeige übernommen. Auch der zweite Beamte habe bestätigt, diese Aussage des Beschuldigten wahrgenommen zu haben. Der Meldungsleger habe weiters angegeben, an diesem Tag mit seinem Kollegen mehrere derartige Überprüfungen und Nachfahrten durchgeführt zu haben, ein Defekt bei dem genannten Gerät wäre zu keinem Zeitpunkt aufgetreten. Wäre dieses Gerät tatsächlich ausgefallen, hätte er sicher keine Anzeige gemacht, sondern eher das Fahrzeug gewechselt. Der Meldungsleger sei zum Zeitpunkt der Amtshandlung schon ca. drei Jahre bei der Verkehrsabteilung beschäftigt gewesen und damit auch regelmäßig im Einsatz bei Geschwindigkeitsübertretungen bzw. deren Feststellung mittels Pro Vida-Geräten, sodass es sich zweifellos um einen auch "in dieser Verkehrsüberwachung" erfahrenen Beamten handle. Der Eindruck, dass der Meldungsleger oder sein Kollege den Beschwerdeführer wahrheitswidrig belasten hätten wollen, sei nicht entstanden. Auch aus dem Verfahren selbst ergebe sich Derartiges nicht. Nachdem der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt näher dargelegt und auch keinerlei Beweise hiefür vorgelegt habe, warum es nicht richtig sei, dass er die Höchstgeschwindigkeit um 54 km/h überschritten habe, müsse auf Grund der dagegen stehenden, sehr detailierten Aussagen der einvernommenen Zeugen von einer bloßen Schutzbehauptung des Beschwerdeführers ausgegangen werden. Es bestehe kein plausibler Grund, warum die beiden erfahrenen Beamten im vorliegenden Fall eine unkorrekte Anzeige hätten erstatten sollen und warum die von ihnen durchgeführte Messung nicht "entsprochen haben sollte". Es könne einem in der Verkehrsüberwachung regelmäßig eingesetzten Beamten zugetraut werden, derartige Nachfahrten korrekt durchzuführen und auch eine überhöhte Geschwindigkeit mit Hilfe eines Geräts der genannten Art einwandfrei festzustellen. Auf Grund des Fehlens jeglicher konkreter Beweise für das Berufungsvorbringen im Gegensatz zur konkreten Anzeige und den glaubhaften und detailierten Zeugenaussagen stehe damit die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat auf Grund des Beweisverfahrens in freier Beweiswürdigung als erwiesen fest.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Übermittlung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid Verfolgungsverjährung ein und führt diesbezüglich aus, die Erstbehörde sei davon ausgegangen, dass das Delikt auf der "B 99" im Gemeindegebiet von Maria Pfarr begangen worden sei, während im bekämpften Bescheid als Tatort die "B 95, bei Pichl", genannt werde.
Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von der Erstbehörde ein nach § 31 Abs. 2 VStG als Verfolgungshandlung einzustufendes Rechtshilfeersuchen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. Juli 1997, Zl. 97/03/0030, und vom 24. September 1997, Zl. 97/03/0113) vom 29. Juli 1998 an die Bezirkshauptmannschaft Liezen gestellt wurde (vgl. OZ. 2 der von der Erstbehörde geführten Verwaltungsakten), in der der im angefochtenen Bescheid genannte Tatort aufscheint.
2.2. Der Beschwerdeführer wendet weiters ein, er sei zu der von der belangten Behörde am 19. April 1999 durchgeführten mündlichen Verhandlung nicht persönlich und damit nicht ordnungsgemäß geladen worden. Wäre er ordnungsgemäß geladen worden, hätte er zur Verhandlung erscheinen und der belangten Behörde den Sachverhalt darlegen können, damit die belangte Behörde im Rahmen der "freien richterlichen Beweiswürdigung" sodann abwägen hätte können, wem sie Glauben schenken solle.
Auch dieses Vorbringen geht fehl. Nach § 51e Abs. 6 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat die Parteien so rechtzeitig zu einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu laden, dass ihnen von der Zustellung der Ladung an mindestens zwei Wochen zur Vorbereitung zur Verfügung stehen. Auf Grund des nach § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren zur Anwendung kommenden § 21 AVG sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen. § 9 Abs. 1 des Zustellgesetzes sieht vor, dass dann, wenn ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, die Behörde diesen als Empfänger zu bezeichnen hat, soweit - was hier nicht der Fall ist - gesetzlich nicht anderes bestimmt ist. Auf dem Boden dieser Rechtslage war die belangte Behörde daher gehalten, die Ladung zur mündlichen öffentlichen Verhandlung dem vom Beschwerdeführer als seinem Vertreter bevollmächtigten Rechtsanwalt zuzustellen. Der Beschwerdeführer hat nämlich den im Verwaltungsstrafverfahren einschreitenden Rechtsanwalt zu seiner Vertretung gemäß § 8 Abs. 1 RAO bevollmächtigt (vgl. OZ. 5 der von der Erstbehörde geführten Verwaltungsstrafakten); eine solche zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung erteilte Vollmacht erfasst zweifellos auch eine Zustellvollmacht im Sinne des § 9 des Zustellgesetzes (vgl. in diesem Sinn den hg. Beschluss vom 25. Oktober 1994, Zl. 94/14/0104). Ob die in Rede stehende Ladung dem Beschwerdeführer auch persönlich tatsächlich zugekommen ist, ist in Anbetracht der Zustellung der Ladung an seinen Vertreter, die somit dem Beschwerdeführer gegenüber rechtswirksam erfolgte, nicht entscheidungserheblich.
2.3. Dem Einwand, die Aussagen der beiden als Zeugen vernommenen Gendarmeriebeamten widersprächen einander, ist entgegen zu halten, dass beide Beamten den maßgeblichen Tathergang insofern übereinstimmend darstellen, als das Fahrzeug des Beschwerdeführers nach der im Zivilstreifenfahrzeug im Nachfahren vorgenommenen Messung im Ortsgebiet bei Pichl angehalten worden sei; ob der Beschwerdeführer nach der vorgenommenen Messung abermals die vorgeschriebene Geschwindigkeit eingehalten hat, ist für das ihm im angefochtenen Bescheid angelastete Delikt unerheblich. Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Aussagen der besagten Zeugen erweisen sich auch im Übrigen als schlüssig und widerspruchsfrei. Wenn die belangte Behörde diesen Aussagen folgte, so begegnet dies im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof obliegenden Prüfung der Beweiswürdigung (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinem Einwand. Der Umstand, dass im Verwaltungsstrafverfahren ein Film oder ein Foto nicht mehr als Beweismittel zur Verfügung standen, ist nicht geeignet, die Beweiskraft der Zeugenaussagen zu beeinträchtigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/03/0089).
2.4. Wenn auch der Beschwerde dahingehend Recht zu geben ist, dass im Verwaltungsstrafverfahren eine Würdigung der Beweise hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit nur nach Aufnahme der Beweise möglich und eine antizipierte Beweiswürdigung unzulässig ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. April 1991, Zlen. 90/03/0162, 0199), kann der Beschwerdeführer mit seiner Kritik an einer solchen Würdigung der belangten Behörde hinsichtlich der Frage, ob er tatsächlich geäußert habe, er hätte den sechsten Gang eingelegt und nicht mehr auf seine Geschwindigkeit geachtet, nichts gewinnen, ist es doch für die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung unerheblich, ob er tatsächlich eine solche Äußerung tätigte.
2.5. Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Februar 2000
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort falsche AngabeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999030325.X00Im RIS seit
23.03.2001Zuletzt aktualisiert am
20.08.2013