Entscheidungsdatum
07.06.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W104 2193138-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner über die Beschwerde des XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 31.10.2017, II/4-EBP/13-7633791010, betreffend die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie für das Antragsjahr 2013
zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
Mit dem angefochtenen Bescheid gewährte die AMA dem Beschwerdeführer - unter Abänderung eines Vorbescheides - Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 1.003,10 für das Antragsjahr 2013, wobei auch eine Rückforderung bereits gewährter Beträge von EUR 485,45 ausgesprochen wurde. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich, dass anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle auf der Alm mit der BNr. XXXX, auf die der Beschwerdeführer auftreibt, Flächenabweichungen festgestellt worden seien. Im vorliegenden Fall habe aber vom Antragsteller der Nachweis erbracht werden können, dass ihn an der verfehlten Flächenbeantragung keine Schuld treffe, daher habe von Sanktionen abgesehen werden können (Hinweis auf Art. 73 Abs. 1 VO 1122/2009).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, in der geltend gemacht wird, der Beschwerdeführer sei bloßer Auftreiber auf diese Gemeinschaftsalm. Auf dieser Alm hätten in den Jahren 2012, 2013, 2015 und 2016 Vor-Ort-Kontrollen durch die Kontrollorgane der AMA stattgefunden. Im betroffenen Antragsjahr 2013 sei im Rahmen der VOK eine Almfutterfläche von 118 ha festgestellt worden. Diese behördlich festgestellte Fläche sei bei der VOK 2016 rückwirkend korrigiert worden, wenngleich auch im Jahr 2015 bei einer VOK eine Fläche von 114 ha festgestellt worden sei. Die rückwirkende Korrektur sei auf 40,34 ha erfolgt, obwohl bei der VOK 2016 eine Fläche von 55,98 ha festgestellt worden sei. Eine rückwirkende Korrektur der Almfutterfläche, welche auch die Ergebnisse amtlich festgestellter Flächen ändert, sei seines Erachtens rechtswidrig - auf was könne man sich in so einem Fall noch verlassen, wenn amtlich festgestellte Flächen drei Jahre später neuerdings korrigiert würden.
Anlässlich der Vorlage der Beschwerde nahm die Behörde dazu folgendermaßen Stellung:
Gemäß Artikel 73 Absatz 1 der VO (EG) Nr. 1122/2009 fänden die vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen könne, dass ihn keine Schuld trifft. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne von der Verhängung von Sanktionen Abstand genommen werden, wenn sich der Antragsteller auf das Ergebnis einer vorangegangenen Vor-Ort-Kontrolle verlassen konnte (vgl. VwGH vom 16.11.2011, 2011/17/0147). Zunächst werde festgehalten, dass im Jahr 2013 keine VOK auf der Alm XXXXstattgefunden hat. Im vorliegenden Fall sei hinsichtlich der Alm mit der BNr. XXXXbei der VOK am 20.07.2012 eine Bruttofläche von 255,70 ha und eine Futterfläche von 125,91 ha ermittelt worden. Im Jahr 2013 sei die gegenständliche Alm mit einer Bruttofläche von 255,70 ha sowie mit einer Futterfläche von 125,91 ha beantragt worden. Es sei daher 2013 exakt das VOK-Ergebnis 2012 beantragt worden, sodass von einem Vertrauen des Antragstellers auf die VOK 2012 ausgegangen werden könne. Somit lägen im gegenständlichen Fall hinsichtlich der Alm XXXX die Voraussetzungen vor, um von den Sanktionen Abstand zu nehmen. Deshalb sei im Bescheid keine Sanktion verhängt worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):
Mit dem angefochtenen Bescheid gewährte die AMA dem Beschwerdeführer - unter Abänderung eines Vorbescheides - Einheitliche Betriebsprämie in Höhe von EUR 1.003,10 für das Antragsjahr 2013, wobei auch eine Rückforderung bereits gewährter Beträge von EUR 485,45 ausgesprochen wurde.
Anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle am 3.11.2016 auf der Alm mit der BNr. XXXX, auf die der Beschwerdeführer auftreibt, wurden für das Antragsjahr 2013 Flächenabweichungen von 85,57 ha festgestellt, was für den Beschwerdeführer eine anteilige Differenz von 9,36 ha bedeutet.
Es steht fest, dass im Antragsjahr exakt das bei einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2012 ermittelte Futterflächenausmaß von 125,91 ha beantragt worden ist und der Antragsteller auf das Ergebnis dieser Kontrolle vertrauen durfte.
2. Beweiswürdigung:
Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für die betroffenen Antragsjahre maßgeblichen Fassung:
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Art. 19 Abs. 1 sowie Art. 33 bis 35 und 37 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates vom 19. Januar 2009 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1290/2005, (EG) Nr. 247/2006, (EG) Nr. 378/2007 sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003, ABl. L 30 vom 31.01.2009, S. 16 (im Folgenden:
VO (EG) 73/2009), legen fest, dass Betriebsinhaber Betriebsprämie in Anspruch nehmen können, wenn sie eine entsprechende Zahl von Zahlungsansprüchen besitzen und diese durch Stellung eines entsprechenden Antrages je beihilfefähige Hektarfläche aktivieren. Dabei ist beihilfefähig jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs und jede Fläche mit Niederwald mit Kurzumtrieb, die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird, oder, wenn die Fläche auch für nichtlandwirtschaftliche Tätigkeiten genutzt wird, hauptsächlich für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt wird. Als landwirtschaftliche Fläche definiert Art. 2 lit. h der Verordnung jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland oder Dauerkulturen genutzt wird. Die Betriebsinhaber melden die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Fall höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen diese Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat für die Änderung des Beihilfeantrags festgesetzten Zeitpunkt liegen darf.
Die relevanten Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 der Kommission vom 30. November 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, der Modulation und des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems im Rahmen der Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe gemäß der genannten Verordnung und mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 hinsichtlich der Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen im Rahmen der Stützungsregelung für den Weinsektor, ABl. L 316 vom 2.12.2009 (im Folgenden: VO (EG) 1122/2009) lauten auszugsweise:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Rahmen dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen von
Artikel 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009.
Es gelten auch folgende Begriffsbestimmungen:
1. "landwirtschaftliche Parzelle": zusammenhängende Fläche, auf der von einem bestimmten Betriebsinhaber nur eine bestimmte Kulturgruppe angebaut wird; muss im Rahmen dieser Verordnung die Nutzung einer Fläche innerhalb einer Kulturgruppe getrennt angegeben werden, so wird die landwirtschaftliche Parzelle durch diese besondere Nutzung weiter eingegrenzt; die Mitgliedstaaten können zusätzliche Kriterien für eine weitere Abgrenzung einer landwirtschaftlichen Parzelle festlegen;
[...];
23. "ermittelte Fläche": Fläche, die allen in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen genügt; im Rahmen der Betriebsprämienregelung ist die beantragte Fläche nur zusammen mit der entsprechenden Zahl von Zahlungsansprüchen als ermittelte Fläche zu betrachten;
[...]."
"Artikel 12
Inhalt des Sammelantrags
(1) Der Sammelantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere
a) die Identifizierung des Betriebsinhabers;
b) die betreffende(n) Beihilferegelung(en);
c) die Identifizierung der Zahlungsansprüche entsprechend dem Identifizierungs- und Registrierungssystem gemäß Artikel 7 im Rahmen der Betriebsprämienregelung;
d) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und gegebenenfalls ihre Nutzung mit dem Hinweis, ob die Parzelle bewässert wird;
e) eine Erklärung des Betriebsinhabers, dass er von den Voraussetzungen für die Gewährung der betreffenden Beihilfen Kenntnis genommen hat."
"Artikel 34
Bestimmung der Flächen
(1) Die Flächen der landwirtschaftlichen Parzellen werden mit Mitteln bestimmt, die nachweislich eine Messgenauigkeit gewährleisten, welche derjenigen, wie sie von der auf Gemeinschaftsebene festgelegten geltenden technischen Norm vorgeschrieben wird, zumindest gleichwertig ist.
Es wird eine Toleranzmarge festgesetzt mit einem auf den Parzellenumfang angewendeten Pufferwert von höchstens 1,5 m. Die Höchsttoleranz für die einzelnen landwirtschaftlichen Parzellen darf jedoch einen Absolutwert von 1,0 ha nicht überschreiten.
(2) Die Gesamtfläche einer landwirtschaftlichen Parzelle kann berücksichtigt werden, sofern sie nach den gebräuchlichen Normen des Mitgliedstaats oder der betreffenden Region ganz genutzt wird. Andernfalls wird die tatsächlich genutzte Fläche berücksichtigt.
Für Regionen, in denen bestimmte Landschaftsmerkmale, insbesondere Hecken, Gräben oder Mauern, traditionell Bestandteil guter landwirtschaftlicher Anbau- oder Nutzungspraktiken sind, können die Mitgliedstaaten festlegen, dass die entsprechende Fläche als Teil der vollständig genutzten Fläche gilt, sofern sie eine von den Mitgliedstaaten zu bestimmende Gesamtbreite nicht übersteigt. Diese Breite muss der in der betreffenden Region traditionell üblichen Breite entsprechen und darf zwei Meter nicht überschreiten.
Haben die Mitgliedstaaten der Kommission jedoch vor Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung eine größere Breite als zwei Meter gemäß Artikel 30 Absatz 2 Unterabsatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 mitgeteilt, so darf diese Breite weiterhin gelten.
(3) Alle Landschaftsmerkmale, die in den in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 aufgeführten Rechtsakten genannt oder Bestandteil des in Artikel 6 und Anhang III derselben Verordnung bezeichneten guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands sein können, sind Teil der Gesamtfläche der landwirtschaftlichen Parzelle.
(4) Unbeschadet der Bestimmungen des Artikels 34 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 gilt eine mit Bäumen bestandene Parzelle als landwirtschaftliche Parzelle im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, sofern die landwirtschaftlichen Tätigkeiten bzw. die beabsichtigten Kulturen unter vergleichbaren Bedingungen wie bei nicht baumbestandenen Parzellen in demselben Gebiet möglich sind.
(5) Werden Flächen gemeinsam genutzt, so teilen die zuständigen Behörden diese fiktiv entsprechend dem Umfang der Nutzung durch die einzelnen Betriebsinhaber oder entsprechend deren Nutzungsrechten auf diese auf.
(6) Die Beihilfefähigkeit der landwirtschaftlichen Parzellen wird mit geeigneten Mitteln überprüft. Hierzu wird erforderlichenfalls die Vorlage entsprechender zusätzlicher Belege verlangt."
"Artikel 57
Berechnungsgrundlage in Bezug auf die angemeldeten Flächen
(1) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, ausgenommen die Beihilfen für Stärkekartoffeln und Saatgut gemäß Titel IV Kapitel 1 Abschnitte 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009, die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angemeldeten Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angemeldete Fläche berücksichtigt.
(2) Bei einem Beihilfeantrag im Rahmen der Betriebsprämienregelung gilt Folgendes:
-
ergibt sich eine Abweichung zwischen den angemeldeten Zahlungsansprüchen und der angemeldeten Fläche, so wird für die Berechnung der Zahlung die niedrigere der beiden Größen zugrunde gelegt;
-
liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so werden die angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Betriebsinhaber zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt.
(3) Liegt im Fall von Beihilfeanträgen im Rahmen der flächenbezogenen Beihilferegelungen, ausgenommen die Beihilfen für Stärkekartoffeln und Saatgut gemäß Titel IV Kapitel 1 Abschnitte 2 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009, die im Sammelantrag angemeldete Fläche über der ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe, unbeschadet der gemäß den Artikeln 58 und 60 der vorliegenden Verordnung vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüsse, auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet. [...]."
Artikel 58
Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von zuviel angemeldeten Flächen
Liegt bei einer Kulturgruppe die angemeldete Fläche für die Zwecke der flächenbezogenen Beihilferegelungen über der gemäß Artikel 57 ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.
Liegt die Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt.
Beläuft sich die Differenz auf mehr als 50 %, so ist der Betriebsinhaber ein weiteres Mal bis zur Höhe des Betrags, der der Differenz zwischen der angemeldeten Fläche und der gemäß Artikel 57 der vorliegenden Verordnung ermittelten Fläche entspricht, von der Beihilfegewährung auszuschließen [...]."
"Artikel 73
Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse
(1) Die in den Kapiteln I und II vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.
[...]"
"Artikel 80
Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beträge
(1) Bei zu Unrecht gezahlten Beträgen ist der Betriebsinhaber zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 2 berechneten Zinsen verpflichtet.
(2) Die Zinsen werden für den Zeitraum zwischen der im Rückforderungsbescheid an den Begünstigten angegebenen Zahlungsfrist, die nicht mehr als 60 Tage betragen sollte, und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Rückzahlung bzw. des Abzuges berechnet.
Der anzuwendende Zinssatz wird nach Maßgabe der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften festgesetzt, darf jedoch nicht niedriger sein als der bei der Rückforderung von Beträgen nach einzelstaatlichen Vorschriften geltende Zinssatz.
(3) Die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 gilt nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte.
Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist."
§ 9 Abs. 2 INVEKOS-GIS-Verordnung 2011 i.d.F. BGBl. II Nr. 249/2013, lautet:
"(2) Stimmt die identifizierte Referenzparzelle nicht mit den Ergebnissen der Flächenermittlung bei der Vor-Ort-Kontrolle überein, kann sich der Antragsteller unter Bezug auf Art. 73 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 nicht auf die Verbindlichkeit der Daten der identifizierten Referenzparzelle berufen, es sei denn, er kann belegen, dass ihn an der verfehlten Identifizierung keine Schuld trifft. Ein derartiger Beleg kann erbracht werden beispielsweise durch konkrete Darlegung, dass und in welchem Ausmaß bei der Beantragung der Flächen
a) auf das Ergebnis der letzten vorangegangenen Vor-Ort-Kontrolle vertraut werden durfte,
b) die Unrichtigkeit der Digitalisierung nicht erkannt werden konnte,
c) die Abweichungen der Digitalisierung zum Ergebnis der Vor-Ort-Kontrolle, das mit neueren technischen Hilfsmitteln festgestellt wurde, nicht erkennbar waren oder
d) die Digitalisierung mit den EU-rechtlichen Vorgaben zur beihilfefähigen Fläche sowie bei Almen oder Hutweiden den Vorgaben gemäß § 4 Abs. 2 in Einklang steht."
3.2. In der Sache selbst:
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass Art. 58 VO (EU) 1306/2013 und ähnlich bisher Art. 9 der VO (EG) 1290/2005 die Mitgliedstaaten verpflichten, im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen zu erlassen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere auch zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten. Dies wurde auch in Art. 80 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 festgelegt. Aus Vorgängerbestimmungen leitete der Europäische Gerichtshof das unbedingte Gebot der Rückforderung von zu Unrecht gewährten Prämien, auch aus den Vorjahren, ab (EuGH 19.11.2002, Rs C-304/00 Strawson (Farms) Ltd. und J.A. Gagg & Sons, Rn 64). Dies hat zur Folge, dass aktuelle Kontrollergebnisse nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt in seinem Erkenntnis vom 9.9.2013, 2011/17/0216, neuerlich ausgesprochen, dass die Verwaltungsbehörden insbesondere berechtigt und verpflichtet sind, die dem Unionsrecht entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und die Bescheide, mit denen die Betriebsprämien in einer bestimmten Höhe (aber entgegen dem Unionsrecht) zuerkannt worden sind, abzuändern.
Durchbrochen wird dieses Gebot durch den in Art. 80 Abs. 3 VO (EG) 1122/2009 geregelten Grundsatz des Vertrauensschutzes und durch den Entfall der Rückforderung, wenn ein Behördenirrtum vorliegt, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Außerdem finden nach Art. 73 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 die in Kapitel I vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse (zu denen auch jene nach Art. 58 der Verordnung gehören) keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft. § 9 Abs. 2 INVEKOS-GIS-Verordnung 2011 i.d.F. BGBl. II Nr. 249/2013 normiert einige Fälle, in denen ein derartiger Nachweis in Frage kommt und nennt dabei auch das Vertrauen auf die Ergebnisse einer früheren Vor-Ort-Kontrolle.
Aus dem Beschwerdevorbringen und der mit diesem diesbezüglich übereinstimmenden Stellungnahme der Behörde ergibt sich nun zweifelsfrei, dass auf der betroffenen Alm im Juli 2012 eine Vor-Ort-Kontrolle stattgefunden hat, die eine Bruttofläche von 255,70 ha und eine Futterfläche von 125,91 ha ermittelt hat. Da im darauffolgenden Jahr - das das im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ausschlaggebende Antragsjahr darstellt - exakt dieses Futterflächenausmaß beantragt wurde, hat sich der Antragsteller zu Recht auf diese Vor-Ort-Kontrolle verlassen, was von der Behörde zugebilligt wird. Aus diesem Grund wurden in Anwendung von Art. 73 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1122/2009 und § 9 Abs. 2 INVEKOS-GIS-Verordnung 2011 auch keine Sanktionen verhängt.
Daraus aber, dass bei einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2012 ein Futterflächenausmaß von 125,91 für dieses Antragsjahr, bei einer weiteren Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2016 jedoch nur mehr ein solches von 55,73 ha (und für das darauffolgende Antragsjahr 2013 von 55,98 ha) festgestellt wurde, ergibt sich aber darüber hinaus zwangsläufig, dass eine der beiden Vor-Ort-Kontrollen ein falsches Ergebnis gebracht hat. Es können nämlich nicht für ein und dasselbe Antragsjahr verschiedene Futterflächenausmaße der Realität entsprechen.
Damit weichen aber die Ermittlungsergebnisse der beiden Vor-Ort-Kontrollen in horrender Weise voneinander ab und es ist - ohne weitere Ermittlungen - davon auszugehen, dass ein (auch für das Antragsjahr 2013 zu berücksichtigender) Irrtum der Behörde vorliegt (vgl. VwGH 27.1.2012, 2011/17/0223).
Gemäß Art. 80 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1122/2009 gilt aber die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Der Antragsteller ist in diesem Fall nicht nur von Kürzungen und Ausschlüssen, sondern auch von der Rückzahlung zu befreien. Dass die Abweichung vom Beschwerdeführer billigerweise nicht erkannt werden konnte, wurde von der Behörde zugestanden.
Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Bescheid ersatzlos zu beheben.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534) sowie VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117-5.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung im Hinblick auf die Zurückverweisung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. etwa das zitierte Erkenntnis VwGH 7.10.2013, 2013/17/0541). Im Übrigen ist die Rechtslage aufgrund der klaren Regelung des Art. 80 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1122/2009 eindeutig.
Schlagworte
Antragsänderung, Behebung der Entscheidung, Bescheidabänderung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W104.2193138.1.00Zuletzt aktualisiert am
21.06.2018