Entscheidungsdatum
11.06.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
I411 2130150-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Robert POLLANZ als Einzelrichter über den Antrag von XXXX, geb. XXXX, StA. MAROKKO, vertreten durch Kucera Rechtsanwälte GmbH, Hofsteigstraße 89, 6971 Hard, betreffend die Aufhebung der Vollstreckbarkeit sowie die neuerliche Zustellung, beschlossen:
A)
1. Der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit wird abgewiesen.
2. Dem Antrag auf neuerliche Zustellung wird stattgegeben und das Erkenntnis I411 2130150-1/8E vom 08.11.2016 gemeinsam mit diesem Beschluss neuerlich an den Antragsteller zugestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes I411 2130150-1/8E vom 08.11.2016 wurde die Beschwerde des Antragsstellers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2016 Zl. 1095402903-151793885 als unbegründet abgewiesen.
2. Das Erkenntnis wurde laut Rückschein (RSa) am 14.11.2016 zugestellt.
3. Mit Schreiben an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 24.05.2017 beantragte der Antragsteller, vertreten durch die Kucera Rechtsanwälte GmbH, die Aufhebung der Vollstreckbarkeit sowie die neuerliche Zustellung des Erkenntnisses. Begründend wurde ausgeführt, dass das Erkenntnis vom 08.11.2016 dem Antragsteller zu keinem Zeitpunkt zugestellt und ein allfälliger Zustellnachweise von diesem auch nicht unterfertigt worden sei. Da das Urteil somit zu keinem Zeitpunkt rechtswirksam an den Antragsteller zugestellt worden sei, werde die Aufhebung der Vollstreckbarkeit sowie die neuerliche Zustellung des Urteils zu Handen der rechtsfreundlichen Vertretung des Antragstellers beantragt. Mit ergänzendem Schreiben vom 26.06.2017 legte die rechtsfreundliche Vertretung des Antragstellers eine Urkunde vor, aus welcher sich ergebe, dass die Unterschrift auf dem Zustellnachweis nicht mit jener des Antragstellers übereinstimme.
4. Mit Schreiben vom 15.09.2017 wurde der betreffende Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an das Bundesverwaltungsgericht, mit der Bitte um Behandlung der gestellten Anträge, übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zunächst wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes I411 2130150-1/8E vom 08.11.2016 wurde am 14.11.2016 mittels RSa zugestellt.
Im Feld "Übernahmebestätigung" des Zustellnachweise wurde vermerkt wie folgt:
"zugestellt. Übernahmeverhältnis: Empfänger. Persönlich bekannt".
Die auf dem Zustellnachweis im Feld "Unterschrift" befindliche Signatur weist keine Ähnlichkeiten mit jener, die sich auf der vom Antragsteller vorgelegten Urkunde (Vollmacht für Petra Gebhard) befindet, auf. Auch weist die auf dem Zustellnachweise vorhandene Unterschrift keine Übereinstimmung mit jener, die sich auf den vom Antragsteller unterfertigten Einvernahmeprotokollen der belangten Behörde befindet, auf. Demgegenüber stimmt die Unterschrift auf der vorgelegten Urkunde mit jener auf den unterfertigten Einvernahmeprotokollen der belangten Behörde überein.
Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes I411 2130150-1/8E vom 08.11.2016 wurde offensichtlich nicht dem nunmherigen Antragsteller ausgehändigt und ist die mit RSa erfolgte Zustellung nicht rechtskonform erfolgt und somit ungültig.
2. Beweiswürdigung:
Der unter I. angeführte Verfahrensgang und der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung, wonach das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes am 14.11.2016 übernommen wurde, ergibt sich aus dem Datumsvermerk auf dem im Akt erliegenden Zustellnachweis.
Aus diesem Zustellnachweis ergibt sich auch die Feststellung zum Feld "Übernahmebestätigung".
Dass die Unterschrift auf dem Zustellnachweis keinerlei Ähnlichkeiten mit jener, welche der Antragsteller für gewöhnlich verwendet, aufweist, ergibt sich aus einem Vergleich der Unterschrift auf dem Zustellnachweis mit jener auf den Einvernahmeprotokollen der belangten Behörde sowie auf der vom Antragsteller vorgelegten Urkunde.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit
Der Antragsteller stützt seinen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit darauf, dass ihm das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes I411 2130150-1/8E zu keinem Zeitpunkt rechtswirksam zugestellt wurde.
Eingangs ist festzuhalten, dass es sich bei einer Rückkehrentscheidung, wie sie im angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.07.2016 enthalten ist, um einen höchstpersönlich wirkenden Leistungsbescheid, der den Bescheidadressaten zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet, handelt.
Leistungsbescheide vollziehen gesetzliche Regelungen in der Art, dass sie im Gesetz vorgesehene Verpflichtungen individualisieren und allenfalls präzisieren. Ein Charakteristikum der Leistungsbescheide ist, dass ihnen (und nur ihnen) zwangsweise durchsetzbare Vollstreckbarkeit zukommt. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde bezieht sich sowohl auf die Suspension des Eintritts der Rechtskraft (und ihren Wirkungen) als auch auf die Suspension des Eintritts der Vollstreckbarkeit. Wird die aufschiebende Wirkung zuerkannt, bedeutet dies (bei Leistungsbescheiden), dass die auferlegte Leistung vorerst nicht zu erbringen ist. Wird sie hingegen aberkannt bzw. ausgeschlossen, treten die Rechtswirkungen des Bescheides mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ein.
Im gegenständlichen Fall ist der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit wegen mangelhafter Zustellung nicht berechtigt, zumal bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seinem Bescheid einer Beschwerde gegen diesen die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG aberkannt hat, da der Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt.
Die aufschiebende Wirkung wurde auch seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in der Folge nicht wieder gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG zuerkannt.
Da im bekämpften Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde und diese auch vom Bundesverwaltungsgericht nicht wieder zuerkannt wurde, war der Bescheid mit seiner Erlassung am 04.07.2016 bereits vollstreckbar. Daran ändert auch eine in der Folge allenfalls mangelhafte Zustellung des, die Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Gänze bestätigenden, Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes nichts.
Da mangels aufschiebender Wirkung der Bescheid somit unabhängig von der Zustellung des in weiterer Folge ergangenen bestätigenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes bereits mit Erlassung desselben am 04.07.2016 vollstreckbar war, war der Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 28 Abs 1 VwGVG abzuweisen.
2. Antrag auf neuerliche Zustellung:
2.1 Rechtslage:
Die wesentlichen Bestimmungen des ZustG, §§ 13, 21, lauten wie folgt:
Zustellung an den Empfänger
§ 13. (1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. Ist aber auf Grund einer Anordnung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen, so tritt diese an die Stelle des Empfängers.
(2) Bei Zustellungen durch Organe eines Zustelldienstes oder der Gemeinde darf auch an eine gegenüber dem Zustelldienst oder der Gemeinde zur Empfangnahme solcher Dokumente bevollmächtigte Person zugestellt werden, soweit dies nicht durch einen Vermerk auf dem Dokument ausgeschlossen ist. [...]
Zustellung zu eigenen Handen
§ 21. Dem Empfänger zu eigenen Handen zuzustellende Dokumente dürfen nicht an einen Ersatzempfänger zugestellt werden.
2.2 Anwendung auf den gegenständlichen Rechtsfall:
Die Zustellung des Erkenntnisses erfolgte mittels RSa-Brief. Es war somit gemäß § 21 ZustG eine Zustellung zu eigenen Handen erforderlich, da seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anordnung bestand, an eine andere Person als den Empfänger zuzustellen. Da die Unterschrift auf dem Zustellnachweis keinerlei Ähnlichkeit mit jener, welche der Antragsteller für gewöhnlich verwendet, aufweist, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die Zustellung gerade nicht an den Antragsteller, sondern vorschriftswidrig an einen Dritten, somit einen Ersatzempfänger, erfolgte.
Da das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes dem Antragsteller nicht zu eigenen Handen zugestellt wurde, war dem Antrag auf neuerliche Zustellung des Erkenntnisses stattzugeben.
Das Erkenntnis vom 08.11.2016 wird gemeinsam mit diesem Beschluss, neuerlich an den Antragsteller, wie beantragt zu Handen dessen rechtsfreundlicher Vertretung, zugestellt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Ersatzempfänger, Ersatzzustellung, Vertretungsverhältnis,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:I411.2130150.2.00Zuletzt aktualisiert am
21.06.2018