TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/23 98/09/0346

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.2000
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der S in Wien, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 10. November 1998, Zl. LGSW/Abt. 10, AZ: 6702B, betreffend Feststellung nach § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 21. März 1995 beim Arbeitsmarktservice Angestellte Wien die Feststellung, dass sie selbst für die Durchführung von Arbeiten (Architekturaufträge im Zusammenhang mit der Planung und Errichtung einer sozialen Wohnhausanlage) aufgrund eines mit einem selbständigen Architekten abgeschlossenen Werkvertrages keine Beschäftigungsbewilligung im Sinne des § 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) benötige. Sie sei im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung zum Zweck der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit gewesen, deren Verlängerung sie fristgerecht beantragt habe. Zur weiteren Begründung ihres Antrages und des hierauf folgenden Verfahrensganges wird - soweit es für die folgenden Ausführungen entbehrlich ist - gemäß § 42 Abs. 3 VwGG auf das in dieser Rechtssache bereits ergangene hg.

Erkenntnis vom 15. April 1998, Zl. 96/09/0199 verwiesen..

     Bereits im erstinstanzlichen Verfahren legte sie zur Dartuung

ihrer Behauptungen den Werkvertrag vom 8. Juli 1993 vor.

     Die Behörde erster Instanz stellte mit Bescheid vom

7. Juli 1995 fest, dass die vorliegende Werkvertragstätigkeit eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG darstelle und daher der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterliege. Eine Antragstellung zur inhaltlichen Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen für die Beschäftigungsbewilligung habe gemäß § 19 Abs. 3 iVm § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG durch den inländischen Werkvertragspartner zu erfolgen.

In ihrer auf Grund des mit Schreiben vom 15. Dezember 1995 eingeräumten Parteiengehörs abgegebenen Stellungnahme vom 29. Jänner 1996 gestand die Beschwerdeführerin zu, dass sie keine Gewerbeberechtigung besitze und nicht Mitglied der Architektenkammer sei.

Mit Stellungnahme vom 11. September 1998 legte die Beschwerdeführerin einen weiteren Werkvertrag vom 8. Mai 1998 mit demselben Werkvertragspartner vor.

Mit dem (im zweiten Rechtsgang nach Aufhebung des zunächst erlassenen Zurückweisungsbescheides vom 5. März 1996 mit dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 15. April 1998 ergangenen) nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10. November 1998 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V. m. § 2 Abs. 2 lit. b und § 3 Abs. 1 AuslBG keine Folge.

Nach Zitierung des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG und wörtlicher Wiedergabe des im Rahmen des Parteiengehörs zur Stellungnahme übermittelten Vorhaltes vom 28. August 1998 führte die belangte Behörde begründend aus, die Einrichtung des Ateliers sowie die laufenden Kosten für dieses seien nicht nachgewiesen worden. Laut Stellungnahme vom 11. September 1998 könne diese der Buchhaltung entnommen werden, diese sei auch nicht auszugsweise vorgelegt worden. Es sei ein als Schlussrechnung bezeichnetes Schreiben vom 30. Dezember 1997 vorgelegt worden, in dem auf eine Vereinbarung vom 27. November 1997 hingewiesen worden sei. Diese sei auch nicht vorgelegt worden. Weiters sei bekannt gegeben worden, dass das (den Gegenstand des Werkvertrages vom 8. Juli 1993 bildende) Projekt abgeschlossen sei. Die Einlagezahl für dieses Grundstück sowie die Anschrift der Anlage, auf welche sich der Werkvertrag bezogen habe, seien nicht nachgereicht worden. Somit habe die Dauer des Projektes nicht nachvollzogen werden können. Der vorgelegte Werkvertrag vom 8. Mai 1998, wiederum mit demselben Werkvertragspartner, zeige nur die weitere Kontinuität der Durchführung von arbeitnehmerähnlichen Leistungen auf. In ihrer Stellungnahme vom 11. September 1998 habe die Beschwerdeführerin selbst angegeben, dass durch dieses weitere Projekt ihre Arbeitszeit ausgeschöpft sei; sie hätte diesen Werkvertrag aber auch mit einem anderen Architekten abschließen können. Im Übrigen sei auf den bisherigen Schriftverkehr hingewiesen worden. Aus diesem ergebe sich jedoch, dass die Beschwerdeführerin nicht auf Grund "sonstiger Vorschriften" beschäftigt sei, nicht Mitglied der Architektenkammer sei und auch über eine Gewerbeberechtigung nicht verfüge. In ihrer Berufung habe sie angegeben, dass die Leistung zur Förderung der Ausbildung erbracht würde; es sei nicht so, dass die Leistungen zum alleinigen Nutzen eines Dritten erbracht würden, sie seien vielmehr bloß Entwürfe, welche vom Dritten als Grundlage für neue oder abschließend zu erstellende Entwürfe und Pläne verwendet würden. Der Beschwerdeführerin würde nur der Stundenaufwand bezahlt. Nach dem Werkvertrag vom 8. Juli 1993 sei eine monatliche Akontozahlung von S 25.000,-- bei einem Stundensatz von S 180,-- pro Stunde Zeitaufwand vereinbart worden. Laut Vertrag vom 8. Mai 1998 betrage die monatliche Akontozahlung maximal S 30.000,--. Es würden Pläne sowie die dazu nötigen Abklärungs- und Planungsarbeiten für die Entwurfs- und Einreichpläne für ein neues Bauprojekt angefertigt. Diese fertige die Beschwerdeführerin, ohne an einen Arbeitsort gebunden zu sein. Daraus gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin für ihre Leistung nicht den Erfolg, sondern lediglich ihre Arbeitszeit schulde. Sie sei wirtschaftlich abhängig. Dies bewiesen auch die langfristigen Verträge, die nur einen sehr unzureichenden allgemeinen Hinweis auf das Werk und dessen tatsächliche Dauer beinhalteten. Die Vertretungsklauseln über die Vertretung durch Dritte gingen ins Leere. Kosten eigener Arbeitsmittel seien nicht nachgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin bestreite ihre eigenen erwirtschafteten Einkünfte von ihrem Vertragspartner. Die Angaben über regelmäßige Akontozahlungen seien als glaubhaft anzusehen, die vorgelegte Schlussrechnung nach Beendigung des ersten Werkvertrages lasse keinen gegenteiligen Schluss zu. Aber auch arbeitnehmerähnliche Personen seien an keine Arbeitszeit und keinen Arbeitsort gebunden; auch Heimarbeiter und Hausbesorger verrichteten die Leistung unter ähnlichen Bedingungen, ohne deshalb als Arbeitnehmer auszuscheiden. Insgesamt werde somit festgestellt, dass die Beschwerdeführerin vom Auftraggeber ähnlich abhängig und somit schutzbedürftig sei wie ein Arbeitnehmer auch. Die angeführten Kriterien, welche auf Arbeitnehmerähnlichkeit schließen ließen, seien überwiegend, insbesondere dann, wenn man vom wahren wirtschaftlichen Gehalt ausgehe. Für die Selbständigkeit träfen hingegen keine Argumente zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in dem genannten in dieser Rechtssache ergangenen Vorerkenntnis ausgesprochen, dass die Behörde erster Instanz eine durch das Antragsbegehren nicht gedeckte Feststellung getroffen hat, die ein für die Beschwerdeführerin ungünstigeres Ergebnis bewirkte und diese dadurch in ihren Rechten verletzte. Auch mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wird entgegen der bereits in diesem Erkenntnis dargelegten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, an die die belangte Behörde gemäß § 63 Abs. 1 VwGG gebunden war, der vom Antrag der Beschwerdeführerin - begehrt wurde ein Negativbescheid" - abweichende (positive) Feststellungsbescheid der Behörde erster Instanz bestätigt.

Sollte die belangte Behörde allenfalls zu dem Ergebnis gelangen, dass die Voraussetzungen für eine Erlassung des begehrten "Negativbescheides" nicht vorgelegen sind, wäre nicht ein (antragsloser) Feststellungsbescheid zu erlassen, sondern der gestellte Antrag abzuweisen. Der angefochtene Bescheid ist daher schon wegen dieser unzulässigen Überschreitung des Antragsbegehrens wiederum wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.

Im zu erlassenden Ersatzbescheid wird die belangte Behörde im Übrigen die gemäß § 67 AVG auch im Berufungsverfahren anzuwendende Bestimmung des § 60 AVG zu beachten und ihre die rechtliche Beurteilung tragenden Feststellungen konkret darzulegen und sich nicht lediglich auf Negativformulierungen zu beschränken haben.

Insoweit die Beschwerdeführerin allerdings das Vorliegen eines "Nichtbescheides" im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG behauptet, ist ihr Folgendes zu entgegnen, § 18 Abs. 4 AVG bestimmt:

"Jede schriftliche Erledigung hat die Bezeichnung der Behörde, das Datum und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, haben schriftliche Erledigungen auch die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten. An die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Erledigung mit dem Erledigungstext des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die Genehmigung im Sinne des Abs. 2 aufweist; das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Werden schriftliche Erledigungen vervielfältigt, so bedarf nur das Original der Unterschrift oder der Beglaubigung. Schriftliche Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden sind oder die telegraphisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise übermittelt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung."

Gemäß § 18 Abs. 2 AVG erfolgt die Genehmigung einer Erledigung durch die Unterschrift des Genehmigenden. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, dass derjenige, der die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann.

"Sichergestellt" im Sinne dieser Gesetzesbestimmung bedeutet, dass der Genehmigende zum Zeitpunkt der Genehmigung eigenhändig einen Vorgang setzt, der einerseits die genehmigte Erledigung in der Zukunft jederzeit dem Genehmigenden zurechenbar und andererseits die genehmigte Erledigung faktisch unabänderlich macht. "Sichergestellt" bedeutet aber auch, dass im Nachhinein keine Zweifel über den Genehmigungsvorgang entstehen dürfen. Auf der Urschrift des angefochtenen Bescheides ist aber die eigenhändige lesbare Unterschrift des Genehmigenden enthalten. Im Übrigen geht bereits aus der Überschrift des Bescheides hervor, von welcher - monokratisch organisierten (vgl. § 3 Abs. 2 Z. 2 AMSG) - Behörde er stammt. Diesem Einwand kommt daher keine Berechtigung zu.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2000

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Spruch und Begründung Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998090346.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten