Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Stelzer (Arbeitgeber) und Mag. Thomas Dürrer (Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl.-Ing. C*****, gegen die beklagte Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dax & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 45.643,50 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 30.401,36 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 21. Dezember 2017, GZ 10 Ra 65/17b-65, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1.1 Die Beklagte wendet sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass sich der Provisionsanspruch des Klägers nach der gesamten fünfjährigen Laufzeit des mit einem Lebensmittelkonzern über die Betreuung der Grünflächen und Außenanlagen von dessen niederösterreichischen Filialen geschlossenen Vertrags bemisst, obwohl dieser Vertrag zwischen der Beklagten und dem Lebensmittelkonzern einvernehmlich bereits nach zwei Jahren beendet wurde.
1.2 Nach § 11 Abs 3 AngG ist der Provisionsanspruch auch dann zu bejahen, wenn die Nichtausführung eines vermittelten Geschäfts und Vertragsbeseitigung auf ein Verhalten des Arbeitgebers zurückzuführen ist, für das kein wichtiger Grund in der Person des vermittelten Dritten vorlag (Jabornegg in Löschnigg, Angestelltengesetz10 § 11 Rz 51). Eine nachträgliche Auflösung des bereits abgeschlossenen Vertrags (Stornierung) beruht stets auf einem Verhalten des Arbeitgebers. Zu einem Provisionsentfall kommt es daher bei einer zwischen Arbeitgeber und vermitteltem Dritten vorgenommenen einvernehmlichen Vertragsaufhebung nur dann, wenn diese aus wichtigen in der Person des Dritten gelegenen Gründen erfolgt ist (Jabornegg aaO § 11 Rz 61). Die Beweislast, dass für die Nichtausführung eines Geschäfts ein wichtiger Grund auf Seiten des Dritten vorliegt, trifft den Arbeitgeber (Jabornegg aaO § 11 Rz 68; Preiss in ZellKomm² § 11 AngG Rz 21; vgl RIS-Justiz RS0063080; zuletzt 8 ObA 20/14w zu § 9 Abs 3 HVertrG).
1.3 Das Berufungsgericht hat seiner Ansicht, dass die Beklagte hier solch einen wichtigen Grund für die vorzeitige einvernehmliche Beendigung des befristeten Dauerschuldverhältnisses nicht dargetan hat, entgegen der Meinung der Revisionswerberin keine unter Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ergänzten Feststellungen, sondern vielmehr das Vorbringen der Beklagten zugrunde gelegt. Demnach sei für die einvernehmliche Auflösung nur der Umstand ursächlich gewesen, dass es bei einigen Filialleitern des Lebensmittelkonzerns beträchtlichen Widerstand gegen die Übertragung der Baumpflege an die Beklagte gegeben habe, weil diese bis dahin mit eigenen Gärtnereien zusammengearbeitet hätten, weswegen es zu einer Reihe von Beanstandungen gekommen sei. Diese Behauptung wiederholt die Beklagte im Revisionsverfahren unter Hinweis darauf, dass die Qualität der von ihr erbrachten Leistungen von Dritten in Zweifel gezogen worden sei.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass darin kein wichtiger in der Person des Geschäftspartners liegender Grund für die vorzeitige Vertragsbeendigung zu erblicken ist, ist aber nicht korrekturbedürftig, weil eine solche (nachträgliche) Vertragsauflösung aus Gründen des kaufmännischen Entgegenkommens dem typischen unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers zuzuordnen ist, das den bereits verdienten Provisionsanspruch nicht beseitigt (Jabornegg aaO § 11 Rz 62 und 65 mwN). Das gilt umso mehr für eine Schlechterfüllung des Vertrags durch den Arbeitgeber, die zu einer einseitigen Kündigung durch den Dritten führt (vgl Preiss aaO § 11 AngG Rz 19), wie sie die Beklagte in diesem Fall durch die einvernehmliche Vertragsbeendigung abgewendet haben will.
1.4 Einen Verfahrensmangel wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO bringt die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht zur Darstellung, weil sich der Kläger ja bereits in seiner Berufung auf § 11 Abs 3 AngG gestützt hat (RIS-Justiz RS0122365).
2. Es trifft zwar zu, dass die Annahme des Berufungsgerichts, die Besichtigungen und Vermessungen der niederösterreichischen Filialen des Lebensmittelkonzerns sowie die Berechnung des Anbots seien ausschließlich vom Kläger vorgenommen worden, insofern von den Feststellungen abweicht, als auch ein anderer Mitarbeiter der Beklagten in „Teilen von Niederösterreich“ Vermessungen vornahm. Eine relevante Aktenwidrigkeit zeigt die Beklagte damit allerdings nicht auf. Das Erstgericht hat nicht nur festgestellt, dass der Kläger das Anbot berechnete, sondern (disloziert in der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung) auch, dass dem Kläger „der Großteil des Aufwandes“ zufiel und er den „weitaus überwiegenden Teil der Vermessungsarbeiten“ durchführte. Nach dem rechtskräftigen Zwischenurteil besteht der Provisionsanspruch des Klägers für durchgeführte Aufträge (Anbotslegung, falls erforderlich vorherige Besichtigung und Vermessung durch den Kläger).
Ausgehend davon ist die Schlussfolgerung des Erstgerichts, dass die Anbotserstellung (allein) dem Kläger zuzurechnen ist, eine nicht unvertretbare Beurteilung im Einzelfall, zu der die Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt. Konkrete Grundlagen für die von ihr gewünschte Drittelung des Provisionsbetrags (vgl OGH 9 ObA 287/01y) stellt die Revision nicht dar.
Textnummer
E121764European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:008OBA00009.18H.0427.000Im RIS seit
21.06.2018Zuletzt aktualisiert am
07.03.2019