TE OGH 2018/4/27 8Ob53/18d

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Veröffentlicht am 27.04.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Tarmann-Prentner, Mag. Korn, Dr. Stefula und Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Insolvenzsache des Schuldners Dr. J*****, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs des Schuldners gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 29. Juni 2017, GZ 13 Nc 22/17k-2, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 29. 6. 2012, GZ 2 S 62/12y-1 (nunmehr AZ 6 S 78/13g), wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und ***** zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschlüssen vom 24. 2. 2016 bewilligte das Handelsgericht Wien dem zwischenzeitig enthobenen Insolvenzverwalter ***** gegen spätere Verrechnung einen Kostenvorschuss „von EUR 40.000,-- zuzüglich 20 % USt von EUR 8.000,--, somit zusammen EUR 38.000,--“ (ON 248), beraumte die Verhandlung zur Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf einer dem Schuldner gehörenden Liegenschaftshälfte an (ON 249) und wies den Antrag des Schuldners auf Gewährung von Verfahrenshilfe für die Anfertigung von Kopien ab (ON 250). Mit Beschluss vom 25. 2. 2016 berichtigte das Handelsgericht Wien seinen Beschluss ON 248 dahin, dass es anstelle von „somit zusammen EUR 38.000,--“ richtig „somit zusammen EUR 48.000,--“ heißen solle (ON 252). Mit Beschluss vom 29. 2. 2016 beraumte das Handelsgericht Wien die Verhandlung über die Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf einer weiteren schuldnerischen Liegenschaft für den 15. 3. 2016 an (ON 254).

Die gegen die Beschlüsse ON 248, 249, 252 und 254 vom Schuldner erhobenen Rekurse wies der zur Entscheidung zuständige Senat 28 des Oberlandesgerichts Wien mit Beschluss vom 16. 1. 2017 als unzulässig zurück; dem Rekurs gegen den Beschluss ON 250 wurde nicht Folge gegeben.

Nach Zustellung dieser Entscheidung lehnte der Schuldner die an der Rekursentscheidung beteiligten Senatsmitglieder wegen Befangenheit ab. Diese hätten sich mit dem Akt in keinster Weise auseinandergesetzt. Die Argumentation des Rekurssenats sei einzig und allein deshalb erfolgt, um die Unfähigkeit der Erstrichterin zu decken.

Mit Beschluss vom 29. 6. 2017 wies der Senat 13 des Oberlandesgerichts Wien den Ablehnungsantrag zurück.

Die angebliche Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung bilde im Allgemeinen keinen Ablehnungsgrund. Selbst bei grober Unrichtigkeit einer Sachentscheidung bedürfe es eines besonderen Anhaltspunkts für die Besorgnis einer Befangenheit. Es sei nämlich nicht Aufgabe des Ablehnungssenats, die Rechtsprechung eines anderen Senats zu kommentieren oder gar zu überprüfen. Irgendwelche Anhaltspunkte, die die Besorgnis der Befangenheit der abgelehnten Senatsmitglieder begründen könnten, ließen sich der vom Ablehnungswerber ins Treffen geführten Entscheidung nicht entnehmen. Von einer Schädigungs- und Benachteiligungsabsicht könne keine Rede sein.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Rekurs des Schuldners mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und einen anderen Senat mit der Entscheidung zu beauftragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Der Verweis im Rekurs auf Ausführungen in einer anderen Eingabe ist unzulässig und damit unbeachtlich. Jede Rechtsmittelschrift ist ein in sich geschlossener selbständiger Schriftsatz und kann nicht durch die Bezugnahme auf den Inhalt anderer in derselben oder einer anderen Sache erstatteter Schriftsätze ersetzt oder ergänzt werden (RIS-Justiz RS0007029; RS0043616).

2. Soweit der Rekurs Ausführungen in der Sache selbst enthält, wendet er sich wiederum ausschließlich gegen die Richtigkeit der von den abgelehnten Mitgliedern des Senats 28 des Oberlandesgerichts Wien materiell-rechtlich vertretenen Rechtsansicht.

Das Wesen der Befangenheit besteht in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive (RIS-Justiz RS0045975). Der Anschein, der Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten, soll jedenfalls vermieden werden (RIS-Justiz RS0046052).

3. Richtig wurde schon in der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass weder die (angebliche) Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung noch das Vertreten einer bestimmten Rechtsmeinung durch den Richter einen Ablehnungsgrund bildet; dies selbst dann, wenn die Rechtsansicht von der herrschenden Rechtsprechung abgelehnt wird (RIS-Justiz RS0045916). Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen (RIS-Justiz RS0111290). Bei einem unterlaufenen Fehler kann eine Entscheidung unrichtig sein, ohne dass jedoch eine unsachliche Entscheidung vorliegt. Eine unrichtige Entscheidung kann nur im Rechtsmittelweg bekämpft werden, womit bezweckt wird, die gefällte Entscheidung auf ihre Richtigkeit zu prüfen, während das Ablehnungsverfahren darauf abzielt, den abgelehnten Richter aus dem Verfahren überhaupt auszuschalten (RIS-Justiz RS0046019).

Der Rekurs enthält aber keine relevanten Ausführungen dazu, weshalb an der Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu zweifeln wäre.

Dem Rekurs des Schuldners war daher nicht Folge zu geben.

Textnummer

E121732

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0080OB00053.18D.0427.000

Im RIS seit

21.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.06.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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