TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/2 LVwG-AV-231/001-2018

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Veröffentlicht am 02.05.2018
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Entscheidungsdatum

02.05.2018

Norm

BAO §288
BAO §78
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §10

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin im Beschwerdeverfahren von Herrn A, ***, ***, auf Grund des Vorlageantrages vom 26. Jänner 2018 gegen die Beschwerdevorentscheidung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 29. Dezember 2017, ohne Zahl, über die Beschwerde vom 13. Juli 2017 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. Juni 2017, mit welchem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** vom 10. Jänner 2017 betreffend Wasserbezugsgebühr keine Folge und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Auf Grund des Vorlageantrages wird die Beschwerdevorentscheidung gemäß § 288 Abs. 3 Bundesabgabenordnung (BAO) ersatzlos behoben.

2.   Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

3.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.       Sachverhalt:

1.1. Grundsätzliche Feststellungen:

Herr A (in der Folge: Beschwerdeführer) ist grundbücherlicher Eigentümer des Grundstückes mit der topographischen Anschrift ***, ***.

Die Liegenschaft ist an die Ortswasserleitung angeschlossen.

1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** vom 10. Jänner 2017, Konto ***, wurde dem Beschwerdeführer für die Liegenschaft ***, ***, für den Zeitraum September 2015 bis September 2016 eine Wasserbezugsgebühr in Höhe von € 1.183,69 (inkl. Umsatzsteuer) vorgeschrieben. Begründend wird ausgeführt, dass dieser Vorschreibung ein Wasserverbrauch in Höhe von 875 m³ zugrunde gelegt worden sei. Unter Multiplikation mit der Grundgebühr von € 1,73 und abzüglich der geleisteten Vorauszahlung von € 481,44 errechne sich sohin die Forderung von € 1.183,69.

1.2.2.

Mit Schreiben vom 24. Jänner 2017 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung gegen den Bescheid vom 10. Jänner 2017.

1.2.3.

Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. Juni 2017 wurde der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass der Leiter des Wasserwerkes der Stadtgemeinde *** in seiner Stellungnahme ausgeführt habe, dass die im Eigentum der Stadtgemeinde *** stehenden Wasserzähler gemäß dem Eichgesetz periodisch getauscht würden. Der Wasserzählertausch auf der Liegenschaft *** sei am 9.12.2015 durchgeführt worden.

Wasserzählerablesung am 1.9.2015 Wasserzählerstand: 526 m³

9.12.2015 Wasserzähler Nr.: *** Ausbaustand: 588 m³ Verbrauch: 62 m³

9.12.2015 Wasserzähler Nr.: *** Einbaustand: 0 m³

Wasserzählerablesung am 1.9.2016 Wasserzählerstand: 813 m³ Verbrauch: 813 m³

Der Jahresverbrauch vom 1.9.2015 bis 1.9.2016 sei daher 875 m³. Es liege kein Ablesefehler vor, der hohe Wasserverbrauch sei auf der Liegenschaft *** tatsächlich angefallen.

1.3. Beschwerdeverfahren:

1.3.1.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. Juli 2017 rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die behördliche Erledigung vom 10. Jänner 2017 gar kein Bescheid, sondern eine Abrechnung ohne normative Bedeutung sei. Da die gegenständliche Erledigung als „Wasserabrechnung“ als auch als „Abgabenbescheid“ bezeichnet sei, erscheine fraglich, ob dieses Schreiben einen Spruch, d.h. einen unzweifelhaft normativen Inhalt enthalte oder nicht. Abrechnungen komme kein Bescheidcharakter zu. Durch die Erledigung des Stadtamtes vom 10. Jänner 2017 sei keine bestimmte Abgabe festgesetzt worden und werde dadurch keine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung begründet.

Des Weiteren sei gemäß § 10 Abs. 9 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz bei Vermietung oder Verpachtung der gesamten an die Gemeindewasserleitung angeschlossenen Liegenschaft der Bestandnehmer der Abgabenschuldner hinsichtlich der Bereitstellungsgebühr und der Wasserbezugsgebühr. Es sei daher für die Periode 1.9.2015 bis 31.3.2016 die Mieter Familie B und für die Periode 1.5.2016 bis 1.9.2016 die Mieter Familie C Abgabenschuldner.

Der für die Abrechnungsperiode 1.10.2015 bis 30.9.2016 vorgeschriebene Wasserverbrauch von 875 m³ sei nicht nachvollziehbar und könne auch tatsächlich nicht zustande gekommen sein. Ein Verbrauch von 875 m³entspreche einem Verbrauch von 2,4 m³ pro Tag oder 10 Liter pro Stunde.

Weder auf dem Grundstück noch im Haus sei es zu einem Wasserschaden gekommen. Es könne sich deshalb nur um einen technischen Defekt des Zählers oder einen Ablesefehler während des Ein- oder Ausbaues des Zählers handeln. § 10 Abs. 8 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz lege fest, dass, wenn die Richtigkeit der vom Wasserzähler angezeigten Wassermenge bestritten und dessen Prüfung beantragt wird, die Gemeinde die Prüfung durch die Eichbehörde zu veranlassen habe. Ein „schadhafter“ Wasserzähler sei zu Beweissicherungszwecken während des gesamten Verfahrens aufzubewahren und die verbrauchte Wassermenge zu schätzen. Eine derartige Überprüfung habe im vorliegenden Fall nicht stattgefunden. Darüber hinaus sei der Bestandnehmer/Eigentümer beim Zählertausch am 9.12.2015 weder anwesend gewesen noch habe er den dabei festgestellten Wasserzählerstand von 0 m³ mittels Unterschrift zur Kenntnis genommen. Es handle sich um keinen Einzelfall, es seien in den Medien diverse Fälle von exorbitant hohen vermeintlichen Wasserverbräuchen dokumentiert.

Er beantrage neben der Klärung der Angelegenheit eine Reduktion der vorgeschriebenen Wassergebühren, worüber der Stadtrat in erster Instanz zu entscheiden habe.

Er beantrage weiters die Anzahlung für den Wasserverbrauch auf das bisher vorgeschriebene Maß zurückzusetzen.

Weiters beantrage er eine mündliche Verhandlung im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht.

1.3.2.

Mit einer als „Beschwerdevorentscheidung“ intendierten, bescheidmäßigen Erledigung des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 29. Dezember 2017 wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der hohe Wasserverbrauch von 875 m³ auf der Liegenschaft *** im Ablesezeitraum 1.9.2015 bis 1.9.2016 tatsächlich angefallen sei, ein Ablesefehler nicht vorliege. Wenn der Beschwerdeführer als einzige Erklärung für diesen Umstand vorbringe, dass der neue Wasserzähler nicht den Anfangsstand „0“ gehabt habe, so sei dies unzutreffend, indem der Zählerstand auf der Zählertauschliste mit „0“ vermerkt sei. Der Bescheid der Bürgermeisterin der Stadtgemeinde *** vom 10.1.2017 sei als Abgabenbescheid bezeichnet, enthalte sowohl einen als solchen bezeichneten Spruch, eine Begründung und eine Rechtsmittelbelehrung. Dies gelte auch für den mit Beschwerde angefochtenen Bescheid vom 13.6.2017, welche behördlichen Erledigungen daher jedenfalls Bescheidcharakter hätten. Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Überprüfung des gegenständlichen Wasserzählers sei bei der Stadtgemeinde *** nicht eingelangt, sondern habe dieser dezidiert auf eine gesonderte Überprüfung des Wasserzählers verzichtet. Eine Bekanntgabe, dass der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Liegenschaft vermietet hätte, sei nicht erfolgt, weshalb der Abgabenbehörde mangels Kenntnis von Vermietung/Verpachtung die Vorschreibung an den Bestandnehmer nicht möglich gewesen sei.

1.3.3.

Mit Schreiben vom 26. Jänner 2018 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Beschwerde vom 13. Juli 2017 dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorzulegen.

1.4. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 22. Februar 2018 legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt vor.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat am 23. April 2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, im Rahmen derer Beweis aufgenommen wurde durch Vorbringen des Beschwerdeführers, eines Vertreters der belangten Behörde sowie Einvernahme der Zeugen D, E und F.

1.5. Feststellungen:

Auf Grund des von der belangten Behörde vorgelegten, unbedenklichen und ins Beweisverfahren einbezogenen Verwaltungsaktes, auf Grund der schriftlichen Ausführungen des Beschwerdeführers sowie auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung konnte Folgendes festgestellt werden:

Die Haus-Wasserzähler im Bereich der Stadtgemeinde *** sind mit Funkmodulen ausgerüstet, welche den sogenannten Stichtagswert (= Wasserzähler-stand vom 1. September des Ablesejahres) speichern und zu einem späteren Zeitpunkt ausgelesen werden können.

Die Funkablesung des Wasserzählerstandes betreffend die gegenständliche Liegenschaft ***, ***, ergab einen Zählerstand von 526 m³ per 1. September 2015. Am 9. Dezember 2015 wurde auf dieser Liegenschaft seitens des Wasserversorgungsunternehmens der Stadtgemeinde *** ein Wasserzählertausch vorgenommen, wobei der Ausbaustand 588 m³ betrug und der neue Wasserzähler mit der Zählernummer *** mit einem Zählerstand von 0 m³ eingebaut wurde. Die Funkablesung des Wasserzählerstandes per 1. September 2016 ergab einen Zählerstand von 813 m³. Es konnte daher festgestellt werden, dass zwischen den Funkablesungen per 1. September 2015 und 1. September 2016 ein Wasserverbrauch von 875 m³ (Differenz der festgestellten Zählerstände) erfolgt ist.

Eine Überprüfung des Wasserzählers wurde nicht beantragt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung - BAO:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 262. (1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,

a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

(2) Im Berufungsverfahren sind die §§ 278 und 279 Abs. 3 (Aufhebung unter Zurückverweisung, Bindung an Rechtsanschauung) nicht anzuwenden.

(3) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug (Abs. 1), so sind die §§ 262 bis 264 (Beschwerdevorentscheidung) weder im Berufungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren anzuwenden. § 300 gilt sinngemäß ab Einbringung der gegen die Entscheidung über die Berufung gerichteten Bescheidbeschwerde.

2.2. NÖ Gemeindeordnung 1973 idF LGBl. 55/2017:

Instanzenzug

§ 60. (1) Der Instanzenzug in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches geht

1. gegen Bescheide des Bürgermeisters (des Gemeindeamtes gemäß § 42 Abs. 3) an den Gemeindevorstand (Stadtrat),

2. gegen erstinstanzliche Bescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) an den Gemeinderat.

Gegen Berufungsbescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) nach Z 1 ist eine weitere Berufung unzulässig.

(2) Die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse üben aus:

1. gegenüber dem Bürgermeister und dem Gemeindeamt mit Organstellung der Gemeindevorstand (Stadtrat),

2. gegenüber dem Gemeindevorstand (Stadtrat) der Gemeinderat.

Gegen Bescheide des Gemeindevorstandes (Stadtrates) nach Z 1 ist eine Berufung unzulässig.

2.3. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978, LGBl. 6930-6:

Wasserbezugsgebühr

§ 10. (1) Für den Wasserbezug aus der Gemeindewasserleitung ist eine Wasserbezugsgebühr zu entrichten.

(2) Die Wasserbezugsgebühr ist derart zu berechnen, daß die vom Wasserzähler innerhalb eines Ablesungszeitraumes als verbraucht angezeigte Wassermenge in Kubikmeter mit der für einen Kubikmeter festgesetzten Grundgebühr vervielfacht wird.

(3) Als verbrauchte Wassermenge hat die Differenz zwischen der vom Wasserzähler am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl abzüglich der am Ende des vorhergegangenen Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl zu gelten.

(4) Der Ablesungszeitraum ist vom Gemeinderat in der Wasserabgabenordnung festzusetzen und darf nicht kürzer als zwei Monate sein.

(8) Wenn die Richtigkeit der vom Wasserzähler angezeigten Wassermenge bestritten und dessen Prüfung beantragt wird, so hat die Gemeinde die Prüfung durch die Eichbehörde zu veranlassen und den Wasserzähler während der gesamten Verfahrensdauer aufzubewahren. Ergibt die Prüfung, daß die Wassermenge richtig gemessen wird, hat der Abgabenschuldner der Gemeinde die Prüfungskosten zu ersetzen. Die Wassermenge gilt auch dann als richtig gemessen, wenn die Abweichung nicht mehr als 5 vom Hundert beträgt. Beträgt die Abweichung mehr als 5 vom Hundert, ist die Wassermenge zu schätzen.

Entstehung des Abgabenanspruches; Abgabenschuldner

§ 15. (4) Der Anspruch auf die Wasserbezugsgebühr entsteht mit Ablauf des Ablesungszeitraumes, in dem die der Berechnung der Wasserbezugsgebühr zugrundegelegte Wassermenge verbraucht wurde. Dies gilt im Fall des § 11 Abs. 3 sinngemäß.

(6) Abgabenschuldner ist der Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nicht anderes ergibt.“

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

§ 18. Die Gemeinde hat ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.

2.4. Wasserleitungsordnung der Stadtgemeinde *** idF vom 9. September 2014:

§ 7. (1) Die Grundgebühr gemäß § 10 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978, i.d.g.F., wird für 1 m³ Wasser mit 1,45 Euro festgesetzt. …

§ 8. (1) Die Wasserbezugsgebühr wird auf Grund einer einmaligen Ablesung im Kalenderjahr gemäß § 11 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978, i.d.g.F., berechnet. Der Ablesungszeitraum beträgt daher zwölf Monate. Er beginnt am 1. Oktober und endet mit 30. September des darauffolgenden Jahres.

2.5. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerdevorentscheidung wird ersatzlos behoben.

3.1.1.

Grundsätzlich ist auszuführen, dass gemäß § 60 Abs. 1 Z. 1 NÖ Gemeindeordnung 1973 in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches ein zweigliedriger Instanzenzug vorgesehen ist, da gegen Bescheide des Bürgermeisters Berufung an den Gemeindevorstand (Stadtrat) erhoben werden kann.

Aus § 18 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ergibt sich, dass die Gemeinde ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen hat.

Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall in Vollziehung der Agenden des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 der in der NÖ Gemeindeordnung 1973 etablierte – zweigliedrige – Instanzenzug im Verfahren anzuwenden war.

3.1.2.

Gemäß § 288 Abs. 3 BAO sind die §§ 262 bis 264 (Beschwerdevorentscheidung) weder im Berufungsverfahren noch im Beschwerdeverfahren anzuwenden, wenn ein zweistufiger Instanzenzug iSd § 288 Abs. 1 BAO besteht.

Daraus folgt, dass bei Vorliegen eines zweigliedrigen Instanzenzuges die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung nicht vorgesehen ist. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Zugang der Partei (§ 78 BAO) zum Verwaltungsgericht nicht ungebührlich verzögert werden soll (vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl. Rz. 8 zu § 288, S. 1089).

Im vorliegenden Fall erweist sich die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung somit als unzulässig. Indem die belangte Behörde ihre Unzuständigkeit nicht wahrnahm, belastete sie ihren Bescheid in dieser Hinsicht mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Diese Unzuständigkeit war daher vom Verwaltungsgericht aufzugreifen ist (vgl. dazu VwGH vom 18. Mai 2016, Zl. 2013/17/0184, zu den Verpflichtungen der Vorstellungsbehörde).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt 2:

Die Beschwerde ist nicht begründet.

3.2.1.

Grundsätzlich ist auszuführen, dass im Zeitraum zwischen September 2015 und September 2016 ein Verbrauch von 875 m³ Wasser erfolgt ist, der auch durch den Wasserzähler (richtig) gemessen wurde. Die Funktionstüchtigkeit des Wasserzählers wurde vom Beschwerdeführer auch nicht beanstandet, sondern ausgeführt, dass es „mehr als wahrscheinlich sei, dass er richtig misst“. Schließlich wurde auch seitens des Beschwerdeführers keine Überprüfung des Wasserzählers beantragt. Fehler bei der Funkablesung der Zählerstände per 1. September 2015 und 1. September 2016 sind nicht zutage getreten. Dass der am 9. Dezember 2015 ausgebaute Wasserzähler mit der Zählernummer *** einen Ausbauzählerstand von 588 m³, der zeitgleich eingebaute Wasserzähler mit der Zählernummer *** einen Einbauzählerstand von 0 m³ hatte, ergibt sich auf Grund der glaubwürdigen, übereinstimmenden Zeugenaussagen der Zeugen F, D und E. Fehler bei der Funkablesung bzw. der Feststellung des Ausbauzählerstandes von 588 m³ sowie des Einbauzählerstandes von 0 m³ konnten vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht werden. Vor diesem Hintergrund ist der der Abgabenvorschreibung zugrunde gelegte Wasserverbrauch von 875 m³ für den Zeitraum von September 2015 bis September 2016 dem Grunde nach nicht zu beanstanden.

3.2.2.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Festsetzung einer Abgabe nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (vgl. z.B. VwGH vom 10. Dezember 2008, Zl. 2005/17/0055; und vom 7. Oktober 2005, Zl. 2005/17/0168). Diesbezüglich ist somit festzuhalten, dass die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde rechtsrichtig die Wasserabgabenordnung in der im Zeitraum zwischen September 2015 und September 2016 geltenden Fassung den Vorschreibungen zugrunde gelegt haben.

3.2.3.

Hinsichtlich der Wasserbezugsgebühr ergibt sich der Abgabentatbestand aus § 10 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978. Gemäß § 10 Abs. 2 leg.cit. ist die Wasserbezugsgebühr derart zu berechnen, dass die vom Wasserzähler innerhalb eines Ablesungszeitraumes als verbraucht angezeigte Wassermenge in Kubikmeter mit der für einen Kubikmeter festgesetzten Grundgebühr vervielfacht wird. Die verbrauchte Wassermenge ergibt sich wiederum gemäß § 10 Abs. 3 leg. cit. aus der Differenz zwischen der vom Wasserzähler am Ende des Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl abzüglich der am Ende des vorhergegangenen Ablesungszeitraumes angezeigten Kubikmeteranzahl. Gemäß § 10 Abs. 4 leg. cit. ist der Ablesungszeitraum vom Gemeinderat in der Wasserabgabenordnung festzusetzen und darf nicht kürzer als zwei Monate sein.

Die Richtigkeit der angewendeten Gebührensätze wurde nicht beanstandet. Eine unrichtige Anwendung von Gesetzes- oder Verordnungsbestimmungen wurde weder behauptet, noch konnte eine solche vom erkennenden Landesverwaltungsgericht festgestellt werden.

3.2.4.

Wenn der Beschwerdeführer behauptet, die behördliche Erledigung vom 10. Jänner 2017 sei kein Bescheid und begründe keine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung, indem dieser sowohl als Wasserabrechnung als auch als Abgabenbescheid bezeichnet sei und es fraglich erscheine, ob dieses Schreiben einen Spruch, d.h. einen unzweifelhaften normativen Inhalt, habe, so ist dem Folgendes entgegen zu halten:

Die gegenständliche Erledigung vom 10. Jänner 2017 ist als Abgabenbescheid bezeichnet und besteht aus einem normativen Spruch, nämlich der Vorschreibung einer zahlenmäßig festgesetzten Wasserbezugsgebühr für den Ablesezeitraum Oktober 2015 bis September 2016 an den Eigentümer der angeführten Liegenschaft, einer Begründung sowie einer Rechtsmittelbelehrung.

An der Bescheidqualität der behördlichen Erledigung vom 10. Jänner 2017 besteht seitens des erkennenden Verwaltungsgerichtes kein Zweifel.

Weder dem NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 noch dem NÖ Wasserleitungsanschlussgesetz 1978 ist eine Verpflichtung zu entnehmen, dass das Wasserversorgungsunternehmen eine Verpflichtung habe, den jeweiligen Liegenschaftseigentümer über einen festgestellten (im Vergleich zu Durchschnittswerten in der Vergangenheit höheren) Verbrauch zu informieren, ebenso wenig besteht eine Verpflichtung der Abgabenbehörde, eine Deckelung der Wasserbezugsgebühren vorzunehmen. Auch für die Anwendung der vom Beschwerdeführer vorgeschlagenen Variante, einen Teil des vorgeschriebenen Abgabenbetrages an eine gemeinnützige Organisation zu spenden, besteht keinerlei Rechtsgrundlage.

Dem Argument des Beschwerdeführers, nicht er als Liegenschaftseigentümer sei Abgabenschuldner der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft, sondern die von ihm im Abgabenverfahren namhaft gemachten Bestandnehmer, so ist dem mit § 15 Abs. 7 und 9 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 entgegenzuhalten, dass hinsichtlich der Wasserbezugsgebühr der Liegenschaftseigentümer bei Vermietung oder Verpachtung der gesamten an die Gemeindewasserleitung angeschlossenen Liegenschaft mit dem Bestandnehmer zur ungeteilten Hand haftet. Diese sogenannte Solidarhaftung bedeutet, dass die Abgabenbehörde wahlweise entweder den Liegenschaftseigentümer und/oder den Bestandnehmer zur Leistung der Wasserbezugsgebühr heranziehen kann. Der bescheidmäßigen Vorschreibung der Wasserbezugsgebühr an den Beschwerdeführer begegnen daher keine Bedenken.

3.2.5.

Auch sonst war der angefochtene Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 13. Juni 2017 unter dem Aspekt der Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

3.3. Zu Spruchpunkt 3 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. und 3.2. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasserbezugsgebühr; Verfahrensrecht; Beschwerdevorentscheidung; Instanzenzug;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.231.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

20.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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