TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/23 99/03/0314

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Veröffentlicht am 23.02.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
StVO 1960 §38 Abs5;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der M B in U, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Manfred Trentinaglia und Dr. Clemens Winkler, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Kirchengasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 1. Juni 1999, Zl. uvs-1999/11/022-4, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 20. Jänner 1999 wurde die Beschwerdeführerin wegen der Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs. 5 StVO 1960 bestraft, weil sie am 13. Juni 1998, um 10.17 Uhr in Kitzbühel, auf der B 161, bei der Dewinakreuzung, in Fahrtrichtung Jochberg, einen nach dem Kennzeichen näher bestimmten PKW gelenkt und dabei das Rotlicht der Verkehrssignalanlage nicht beachtet habe, indem sie das Fahrzeug nicht angehalten habe, sondern in die Kreuzung eingefahren sei. Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 wurde sie dafür mit einer Geldstrafe bestraft.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen.

2. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlagen der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Wenn die Beschwerdeführerin den Einwand der Verfolgungsverjährung geltend macht, ist sie im Recht. Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 leg. cit.) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt bei Übertretungen der StVO 1960 zufolge des § 31 Abs. 2 VStG sechs Monate. Diese Frist ist ab dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Im Beschwerdefall begann die sechsmonatige Verjährungsfrist ab dem Tatzeitpunkt, dem 13. Juli 1998, zu laufen; sie endete im Grunde des § 31 Abs. 2 VStG am 13. Jänner 1999. Innerhalb dieser Frist wurde gegen die Beschwerdeführerin nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten keine Verfolgungshandlung bezüglich des ihr im bekämpften Bescheid angelasteten Deliktes gesetzt. Die Aufforderung zur Auskunftserteilung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 stellt keine Verfolgungshandlung betreffend die Übertretung des § 38 Abs. 5 StVO 1960, sondern eine vom Vorwurf dieses Deliktes unabhängige administrative Maßnahme dar. Die auf Übertretung des § 38 Abs. 5 StVO 1960 lautende Anonymverfügung vom 20. August 1998 ist gemäß § 49a Abs. 6 VStG nicht als Verfolgungshandlung zu qualifizieren. In der am 4. Dezember 1998 abgefertigten Aufforderung zur Akteneinsicht und zur Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs wurde der Beschwerdeführerin kein konkretes Delikt vorgeworfen, weshalb sie nicht als Verfolgungshandlung der in Rede stehenden Art angesehen werden kann. Schließlich wurde das eingangs genannte Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 20. Jänner 1999 erst am 26. Jänner 1999 an die Beschwerdeführerin zur Post gegeben.

2.2. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.3. Der Ausspruch über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da eine gesonderte Vergütung von Umsatzsteuer neben dem Ersatz des pauschalierten Schriftsatzaufwandes gesetzlich nicht vorgesehen ist und die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG lediglich S 2.500,-- beträgt

Wien, am 23. Februar 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999030314.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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