TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/6 W147 2017279-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.06.2018
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Entscheidungsdatum

06.06.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3

Spruch

W147 2017279-3/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, vertreten durch Mag. Andreas LEPSCHI, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Währinger Strasse 26/1/3, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5. Mai 2017, Zl. 61925209-140278586/BMI-BFA_SZB_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, auf zehn Jahre herabgesetzt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 164/2013, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und tschetschenischer Volksgruppenangehöriger, stellte am 26. Februar 2003 durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Asylerstreckungsantrag und erhielt mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. August 2004 durch Erstreckung Asyl.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29. September 2014 wurde dem Beschwerdeführer dieser Status eines Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Gegen diese Entscheidung brachte der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist eine Beschwerde ein, welche mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 2014, W103 1250792-2, in allen Spruchpunkten als unbegründet abgewiesen wurde.

Begründend wurde darin ausgeführt, dass das Asyl wegen der Begehung eines schweren Verbrechens abzuerkennen gewesen sei. Dem Beschwerdeführer drohe im Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Eine Rückkehrentscheidung sei zulässig, weil die wiederholten Verurteilungen des Beschwerdeführers eine erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit bewirken würden und derart schwerwiegend seien, dass auch die stark ausgeprägten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers zurücktreten müssten.

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 16. März 2015 (E 5/2015-9) wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt. Der VfGH trat die Beschwerde mit Beschluss vom 21. September 2015 (E 5/2015-15) an den Verwaltungsgerichtshof ab.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12. Dezember 2014, zugestellt am 17. Dezember 2014, Zl. IFA 61.925.209, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 iVm § 59 Abs. 5 FPG ein auf die Dauer von 15 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte darin aus, dass der Beschwerdeführer zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von insgesamt sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt worden und eine negative Zukunftsprognose zu erstellen sei.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 19. Januar 2015 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9. Februar 2015, Zl. W221 2017279-/2E, wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen uns Asyl zurückverwiesen. Die rechtliche Beurteilung ergab, dass die Behörde rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt wäre und diese ein Einreiseverbot in der Dauer von 15 Jahren verhängt hatte, obwohl § 53 Abs. 3 FPG für den Fall der Z 1 ausdrücklich eine Höchstdauer von lediglich 15 Jahren vorsehe. Tatsächlich seien auch die Kriterien des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG erfüllt und könnte daher auch ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt werden. Darüber hinaus habe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jegliche Ermittlungstätigkeit hinsichtlich des in Österreich bestehenden Familienlebens des Beschwerdeführers unterlassen. Weder aus dem Verwaltungsakt, noch aus dem Bescheid gingen die Identität, die Staatsangehörigkeit oder der Status der Tochter des Beschwerdeführers oder der Kindesmutter hervor. Auch zur Beziehung dieser Personen zum Beschwerdeführer fänden sich keine Ausführungen im Bescheid. Die Behörde habe die unabdingbare einzelfallbezogenen Bemessung unterlassen. Das Bundesamt wurde daher angewiesen, im fortgesetzten Verfahren entsprechende Ermittlungen hinsichtlich des bestehenden Familienlebens und eine daran anknüpfende einzelfallbezogene Bemessung vorzunehmen.

Darüber hinaus wurde noch angemerkt, dass es naheliege, den Ausgang des Beschwerdeverfahrens gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 2014 abzuwarten, da ein Einreiseverbot ohne rechtskräftige Rückkehrentscheidung keinen Bestand habe.

3. Mit einem als "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" bezeichneten Schreiben vom 14. Januar 2016 wurde der Beschwerdeführer zur Stellungnahme aufgefordert. Er wurde aufgefordert, nähere Angaben zu seinen Familienangehörigen, insbesondere seiner Tochter und der Kindesmutter, zu machen und zu den Länderfeststellungen zur Russischen Föderation und Tschetschenien eine Stellungnahme abzugeben. Die Länderfeststellungen lagen dem Schreiben nicht bei.

Am 03. Februar 2016 langte eine Stellungnahme des Beschwerdeführers bei der Behörde ein. Darin wurde um Zusendung der Länderfeststellungen ersucht. Weiters wurde ausgeführt, dass der Mutter, allen Geschwister, den beiden Onkel zweiten Grades und einem weiterer Onkel des Beschwerdeführers die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei. In Tschetschenien lebe jetzt lediglich der Bruder des Großvaters. Der Großvater habe nach Österreich fliehen müssen, weil die Sicherheitskräfte nach wie vor auf der Suche nach den beiden Onkeln des Beschwerdeführers seien. In einer handschriftlichen Beilage zur Stellungnahme führte der Beschwerdeführer aus, dass er vor seiner Inhaftierung keinen Kontakt zu seiner Tochter oder deren Mutter gehabt habe. Seither seien sie aber regelmäßig in Kontakt. Es habe auch einen Langzeitbesuch gegeben. Der Beschwerdeführer sei in Österreich aufgewachsen, hier zur Schule gegangen und mache gerade eine Lehre als Schlosser. Er habe Kontakt zu seiner Mutter und seinen Geschwistern. Seine Mutter besuche ihn regelmäßig und unterstütze ihn finanziell. Zu seinem Vater habe er keinen Kontakt und wisse er auch nicht, wo dieser sich aufhalte.

3. In der Folge erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 16. Februar 2016 einen Bescheid, in dem gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 iVm § 59 Abs. 5 FPG ein auf die Dauer von 15 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen wurde.

4. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 29. März 2016 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurde.

5. Mit Beschluss W171 2017279-2/2E vom 5. September 2016 wurde der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen uns Asyl zurückverwiesen. Die rechtliche Beurteilung ergab, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Bescheid vom 12. Dezember 2014 bei Vorliegen dieser Verurteilungen rechtsirrig davon ausging, dass § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (rechtskräftige Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen) erfüllt sei und verhängte ein Einreiseverbot in der Dauer von 15 Jahren, obwohl § 53 Abs. 3 FPG für den Fall der Z 1 ausdrücklich von einer Höchstdauer von 10 Jahren spricht. Dieser Rechtsirrtum sei im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 09. Februar 2015 korrigiert worden und sei darauf hingewiesen worden, dass die Verurteilung des Beschwerdeführers vom XXXX, den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG erfüllt (rechtskräftige Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren) und daher auch ein unbefristetes Einreiseverbot verhängt werden könnte. Dennoch habe die Behörde auch im Bescheid vom 16. Februar 2016 ein Einreiseverbot von 15 Jahren verhängt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe zwar nach Behebung des ursprünglichen Bescheids weitere Ermittlungen angestellt. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seien allerdings lücken- und teilweise fehlerhaft. Schon eine oberflächliche Durchsicht des Melderegisters ergebe, dass der Beschwerdeführer mit Kindesmutter und Tochter, wenn auch immer nur für kurze Zeit, in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben dürfte. Die Feststellung im Bescheid, es habe nie einen gemeinsamen Wohnsitz oder ein Familienleben gegeben, seien daher ohne weitere Erhebungen bzw. Einvernahmen als Spekulation anzusehen. Aufgrund der Annahme, dass der Beschwerdeführer mit seiner Tochter und der Kindesmutter nie in einem gemeinsamen Haushalt gelebt habe, und der Tatsache, dass er seit 2010 nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter und seinen Brüdern lebe, komme die belangte Behörde zu dem Schluss, dass kein berücksichtigungswürdiges Familienleben bestehe, ohne sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Stellungnahme auseinanderzusetzen. Die vom Bundesverwaltungsgericht aufgetragene einzelfallbezogene Bemessung habe nicht stattgefunden. Die Abwägung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers mit den Interessen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sei dürftig ausgefallen. Indem die belangte Behörde ausführe, dass der Beschwerdeführer nicht geneigt sei die Österreichische Rechtsordnung anzuerkennen und er eine Gefahr für die Unversehrtheit sowie Eigentum der hier lebenden Bevölkerung darstelle, gehe sie irrig davon aus, dass die beiden Punkte miteinander im Zusammenhang stünden, anstatt eine Interessensabwägung vorzunehmen.

Das vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (ohne diese einzelfallbezogene Bemessung) verhängte Einreiseverbot von 15 Jahren könne - wie bereits erwähnt - schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Gesetz - neben der Möglichkeit ein unbefristetes Einreiseverbot zu verhängen - eine maximale Dauer von zehn Jahren vorsehe.

Darüber hinaus habe es die Behörde verabsäumt, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, zu den Länderfeststellungen zur Russischen Föderation und Tschetschenien Stellung zu nehmen. Trotz Aufforderung seien dem Beschwerdeführer die Länderfeststellungen nicht übermittelt worden. Die Tatsache, dass dem Beschwerdeführer diesbezüglich kein Parteiengehör eingeräumt worden sei, stelle einen weiteren wesentlichen Verfahrensfehler dar.

6. Im Zuge des fortgesetzten Verfahrens wurden dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11. April 2017 Länderinformationen zu seinem Herkunftsstaat mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme bin 14 Tagen übermittelt.

Am 12. April 2017 ersuchte die belangte Behörde die zuständige Strafvollzugsbehörde um Auskunft über das Verhalten des Beschwerdeführers während seiner Inhaftierung. Die Stellungnahme der zuständigen Strafvollzugsanstalt langte am 21. April 2017 bei der belangten Behörde ein.

Mit Schreiben vom 12. April 2017 wurde der Mutter des Kindes des Beschwerdeführers ein Fragenkatalog mit dem Ersuchen um Beantwortung binnen sieben Tagen übermittelt. Deren Antwort langte am 20. April 2017 bei der belangten Behörde ein.

Die Stellungnahme des Beschwerdeführers langte am 4. Mai 2017 bei der belangten Behörde ein.

7. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5. Mai 2017 wurde gegen den Beschwerdeführer nunmehr gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

8. Auch gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und diese dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

9. Am 6. April 2017 fand zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache und im Beisein des Rechtsvertreters eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, in welcher der Beschwerdeführer zu seinem Privat- und Familienleben und derzeitigen Lebensumständen befragt wurde. Der Verhandlung wohnten seine Tochter, deren Mutter und weitere Angehörige des Beschwerdeführers bei.

10. Am 5. April 2018 langten beim Bundesverwaltungsgericht eine Vollmachtsbekanntgabe der rechtsfreundlichen Vertretung, ein Prüfungszeugnis (Lehrabschlussprüfung Metallarbeiter vom 12. September 2017), eine Kursbestätigung des bfi "Metallarbeiter mit Lehrabschlussprüfung", ein Zertifikat für Schweißtechnik vom 3. November 2016 und eine Therapiebestätigung vom 25. Juli 2016 und vom 15. Oktober 2015 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe. Er bekennt sich zum muslimischen Glauben.

Er stellte am 26. Februar 2003 im Alter von XXXX Jahren durch seine Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Asylerstreckungsantrag und erhielt mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. August 2004, Z 250.792/0-III/07/04, gemäß §§ 10 und 11 AsylG 1997 durch Erstreckung Asyl.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. November 2014, W103 1250792-2, wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten wegen der Begehung eines besonders schweren Verbrechens gemäß § 7 AsylG 2005 wieder aberkannt, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 für zulässig erklärt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 21. September 2015 (E 5/2015) an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Der Beschwerdeführer hielt sich seit seiner Einreise im Jahre 2003 (zuerst aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und anschließend aufgrund seines Status als Asylberechtigter) durchgängig rechtmäßig in Österreich auf. Zum Zeitpunkt der Einreise war er XXXXJahre alt. Bis dahin wuchs er in Tschetschenien auf, wo er XXXX Jahre die Grundschule besuchte. Er beherrscht sowohl die russische als auch die tschetschenische Sprache.

Der Beschwerdeführer ist Vater einer Tochter. Zudem leben in Österreich seine Mutter und Brüder sowie Onkel als anerkannte Flüchtlinge.

Der Beschwerdeführer lebte vom 5. Februar 2007 bis zum 27. August 2010 im gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter in XXXX, war vom 23. September 2010 bis zum 13. Dezember 2010 beimXXXX obdachlos gemeldet, lebte vom 24. Januar 2011 bis zum 9. Mai 2011 in XXXX, war in weiterer Folge vom 6. Juni 2011 bis zum 21. Oktober 2013 fünf Mal monatsweise beimXXXX obdachlos gemeldet und vor seiner Untersuchungshaft, die in die Strafhaft überging, vom 21. Oktober 2013 bis zum 2. Dezember 2013 im Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände gemeldet. Vom 8. Dezember 2013 bis 21. Juli 2014 war er in der Justizvollzugsanstalt XXXX gemeldet, seit 21. Juli 2014 ist die Justizanstalt XXXX als Hauptwohnsitz geführt.

Vom 12. Februar 2011 bis 9. Mai 2011 hatte der Beschwerdeführer an derselben Adresse in XXXX wie die spätere Kindesmutter seinen Hauptwohnsitz. Vom 7. Juni 2011 bis 1. September 2011 und vom 12. Januar 2012 bis 21. Februar 2012 waren beide ebenfalls an derselben Adresse gemeldet. Das gemeinsame Kind wurde am XXXX geboren, der Beschwerdeführer war also kurze Zeit mit seiner Tochter und deren Mutter im selben Haushalt gemeldet.

Der Beschwerdeführer bezog im Jahr 2004 Leistungen aus der Grundversorgung und ging in Österreich keiner regelmäßigen Beschäftigung nach.

Mit Urteil des XXXX vom XXXX zur Zahl XXXX, rechtskräftig am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 164 Abs. 1 und Abs. 4 (1. Fall) StGB [Hehlerei von fremdem Vermögen im Wert von ca. €

100.000,-] als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt. Dabei wurden sein reumütiges Geständnis, sein bisher ordentlicher Lebenswandel und die Tatbegehung vor Vollendung des 21. Lebensjahres mildernd und keine Umstände erschwerend gewertet.

Mit Urteil des XXXX vom XXXX zur Zahl XXXX, rechtskräftig am XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 105 Abs. 1 StGB [versuchte Nötigung] als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt. Die Probezeit hinsichtlich der ersten Verurteilung wurde auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

Mit Urteil des XXXX vom XXXX zur Zahl XXXX, rechtskräftig am XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 105 Abs. 1 StGB [versuchte Nötigung], §§ 15, 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB [versuchter schwerer Raub unter Verwendung einer Waffe] und § 142 Abs. 1 und 2 StGB [Raub einer Sache geringen Wertes] zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die bedingte Nachsicht der Strafe hinsichtlich der zweiten Verurteilung wurde widerrufen. Dabei wurden sein nur teilweises Geständnis, die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die objektive Schadensgutmachung als mildernd, jedoch die Tatbegehung innerhalb zwei offener Probezeiten, das Zusammentreffen mehrerer Straftaten sowie die zwei einschlägigen Vorstrafen als erschwerend gewertet.

Mit Urteil des XXXX vom XXXX zur Zahl XXXX, rechtskräftig am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 146, 148 1. Fall StGB [gewerbsmäßiger Betrug] sowie § 12 3. Fall iVm §§ 127, 129 Z 2, 130

1. Fall StGB [gewerbsmäßiger Einbruchsdiebstahl als Beitragstäter] verurteilt, wobei unter Bedachtnahme auf das Urteil vom XXXX, XXXX, keine Zusatzstrafe verhängt wurde.

Der Beschwerdeführer befindet sich deshalb seit 8. Dezember 2013 in Haft (Untersuchungshaft mit anschließender Strafhaft). Seit 21. Juli 2014 wird die Freiheitsstrafe in der Justizanstalt XXXX vollzogen.

Der Beschwerdeführer hat eine Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Metallbearbeiter erfolgreich absolviert, einschließlich eines Zertifikats im Bereich der Schweißtechnik.

Im Zuge seiner Inhaftierung hat der Beschwerdeführer weiters erfolgreich an einer psychotherapeutischen Alkoholtherapie teilgenommen. Bei jedem Haftausgang besucht er seine Tochter und Familie.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit wurden bereits vom Unabhängigen Bundesasylamt festgestellt und gründen auf den Angaben seiner Mutter im Asylverfahren.

Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf hinsichtlich seines Asylverfahrens ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen der Verfahren und in der Beschwerdeverhandlung sowie aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem). Die Feststellungen zu den Verurteilungen ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1. Der mit "Einreiseverbot" betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 ist, vorbehaltlich des Abs 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl Nr 159, iVm § 26 Abs 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl I Nr 120/1997, gemäß § 99 Abs 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl Nr 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl Nr 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht."

3.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich das erlassene Einreiseverbot als zulässig.

Ein Einreiseverbot ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen sei eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung seiner Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer schwerwiegenden Gefährdung öffentlicher Interessen gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung und Bestrafung des Betroffenen abzustellen, sondern auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und das Persönlichkeitsbild, das sich daraus ergibt. Es ist im Rahmen einer Interessensabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; VwGH 20. Oktober 2016, Ra 2016/21/0289).

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrunde liegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 20. Dezember 2011, 2011/23/0256; 22. Januar 2013, 2012/18/0143).

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 07. November 2012, Zl. 2012/18/0057).

Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach Z 5 leg. cit. zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist.

3.3. Wie bereits oben dargestellt, wurde der Beschwerdeführer mehrfach strafgerichtlich verurteilt:

Mit Urteil des XXXX vom XXXX zur Zahl XXXX, rechtskräftig am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer gemäß § 164 Abs. 1 und Abs. 4 (1. Fall) StGB [Hehlerei von fremdem Vermögen im Wert von ca. €

100.000,-] als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt. Dabei wurden sein reumütiges Geständnis, sein bisher ordentlicher Lebenswandel und die Tatbegehung vor Vollendung des 21. Lebensjahres mildernd und keine Umstände erschwerend gewertet.

Mit Urteil des XXXX vom XXXX zur Zahl XXXX, rechtskräftig am XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 105 Abs. 1 StGB [versuchte Nötigung] als junger Erwachsener zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, verurteilt. Die Probezeit hinsichtlich der ersten Verurteilung wurde auf insgesamt fünf Jahre verlängert.

Mit Urteil des XXXX vom XXXX zur Zahl XXXX, rechtskräftig am XXXX, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15, 105 Abs. 1 StGB [versuchte Nötigung], §§ 15, 142 Abs. 1, 143 2. Fall StGB [versuchter schwerer Raub unter Verwendung einer Waffe] und § 142 Abs. 1 und 2 StGB [Raub einer Sache geringen Wertes] zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die bedingte Nachsicht der Strafe hinsichtlich der zweiten Verurteilung wurde widerrufen. Dabei wurden sein nur teilweises Geständnis, die Tatsache, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die objektive Schadensgutmachung als mildernd, jedoch die Tatbegehung innerhalb zwei offener Probezeiten, das Zusammentreffen mehrerer Straftaten sowie die zwei einschlägigen Vorstrafen als erschwerend gewertet.

Mit Urteil des XXXXvom XXXX zur Zahl XXXX, rechtskräftig am selben Tag, wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 146, 148 1. Fall StGB [gewerbsmäßiger Betrug] sowie § 12 3. Fall iVm §§ 127, 129 Z 2, 130

1. Fall StGB [gewerbsmäßiger Einbruchsdiebstahl als Beitragstäter] verurteilt, wobei unter Bedachtnahme auf das Urteil vom XXXX zur Zahl XXXX keine Zusatzstrafe verhängt wurde.

3.4. Wie die belangte Behörde zu Recht in ihrer Entscheidung darauf hinweist, ist der Sachverhalt des § 53 Abs. 3 Z 5 FPG 2005 im Fall des Beschwerdeführers aufgrund des rechtskräftigen Urteils des XXXX vom XXXX zu XXXX erfüllt.

Die Erfüllung dieses Tatbestandes indiziert gemäß § 53 Abs. 3 bereits das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Bei der Bemessung ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder des Vorliegens der sonstigen genannten Tatbestandsvoraussetzungen an, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild (VwGH 19. Februar 2013, 2012/18/0230).

Die Erlassung eines Einreiseverbotes steht unter dem Vorbehalt des den 2. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 bildenden § 61 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011, nunmehr § 9 BFA-VG. Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (VwGH vom 2. Oktober 2012, 2012/21/0044).

Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere solche im Zusammenhang mit fremdem Eigentum, stellt jedenfalls ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) dar.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes nicht rechtfertigen.

Dem BFA ist - wie im angefochtenen Bescheid aufgezeigt - beizupflichten, dass der Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, zumal die Gefährlichkeit des Raubes - insbesondere wenn dieser aufgrund der Zuhilfenahme einer Waffe im Sinne des Waffengesetzes verübt wird - auch bei sonst völliger sozialer Integration dringend geboten, weil das maßgebliche öffentliche Interesse unverhältnismäßig schwerer wiegt als gegenläufige private Interessen des Fremden.

Auch aus der fortgesetzten Delinquenz des Beschwerdeführers ergibt sich ein massives Fehlverhalten, das sich durchgehend und in vielen einzelnen Tathandlungen, insbesondere auch gegen die körperliche Integrität von Menschen richtet. Dass der Beschwerdeführer seit der ersten Verurteilung wieder straffällig wurde und sich wieder wegen Delikte gegen Leib und Leben sowie fremden Eigentums schuldig machte, zeigt deutlich seine hohe kriminelle Energie. Er beging, selbst obwohl er sich bewusst sein musste, dass der bedingte Teil der Freiheitsstrafe vollzogen werden könnte, weitere Straftaten.

3.5. Folglich war die Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot dem Grunde nach abzuweisen, ihr aber unter einem insofern stattzugeben, als das unbefristete Einreiseverbot für die Dauer auf zehn Jahre herabzusetzen war; dies aus folgenden Erwägungen:

Wie bereits oben festgehalten, hat der Beschwerdeführer in Österreich durch seine Mutter, Brüder, Onkeln, die Kindesmutter und sein Kind familiäre Bindungen, darüber hinaus verfügt er über eine in der Haft abgeschlossene Lehrabschlussprüfung und während seiner Haft mehrere Kurse besucht. Außerdem hat er sich während seiner Inhaftierung zwei Therapien unterzogen.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen Straftäter, der im Strafverfahren ein (Teil-)Geständnis ablegte, objektive Schadensgutmachung leistete und bei dessen Verurteilungen das Strafgericht den Strafrahmen nicht vollständig ausschöpfte, sondern mit einer Freiheitsstrafe in der Dauer der Hälfte der möglichen Höchststrafe das Auslangen gefunden wurde [§§ 142 Abs. 1, 153 Abs. 1 StGB Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren hinsichtlich seiner Verurteilungen vom XXXX, da wobei unter Bedachtnahme auf das Urteil vom XXXX zur Zahl XXXX keine Zusatzstrafe verhängt wurde]. Die Herabsetzung der Mindeststrafe für bewaffneten Raub gemäß § 143 StGB mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015 von fünf Jahren auf ein Jahr Freiheitsstrafe spricht überdies dafür, dass dieses Delikt nunmehr als weniger schwerwiegend eingestuft wird.

Es war aufgrund der schweren und wiederholten Delinquenz des Beschwerdeführers und den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbotes aufgrund seines bisherigen Verhaltens größeres Gewicht beizumessen als seinen, bis auf die familiären Bindungen nicht besonders ausgeprägten, persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Insgesamt erweisen sich, trotz unter dem vom Beschwerdeführer gewonnenen persönlichen guten Eindruck, aufgrund seiner der Straffälligkeit nach wie vor, wenn auch etwas abgeschwächt, bestehenden Gefährlichkeit des Beschwerdeführer, als zumutbar, sodass diese in einer Gesamtbetrachtung hinzunehmen sein werden.

Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall durch das dargestellte persönliche Fehlverhalten des Beschwerdeführers von einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbots erforderlich machen würde, zumal diese Maßnahme angesichts der vorliegenden Schwere der Verstöße gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen Fehlverhaltens des Beschwerdeführers zur Verwirklichung der in Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.

Das von der belangten Behörde verhängte unbefristete Einreiseverbot ist angesichts der über ihn verhängten Freiheitsstrafe und des Unrechtsgehalts der von ihm begangenen Straftaten unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe unverhältnismäßig, zumal nicht von vornherein von der Wirkungslosigkeit des Strafvollzugs auszugehen ist. Die Dauer des Einreiseverbots ist daher auf zehn Jahre zu reduzieren. Ein Einreiseverbot in dieser Dauer ist notwendig, aber auch ausreichend, um der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährlichkeit wirksam zu begegnen, auch wenn die besondere, von gemeinschaftlich und unter Verwendung von Waffen ausgeführten Gewaltdelikte (wenn auch teilweise beim Versuch geblieben) ausgehende Gefahr für die öffentliche Ruhe und Ordnung berücksichtigt wird. Durch diese Herabsetzung bleibt die Möglichkeit gewahrt, die Sanktion bei einer allfälligen neuerlichen oder noch schwereren Delinquenz angemessen zu steigern.

Ein Einreiseverbot für die Dauer von zehn Jahren erscheint jedenfalls angemessen, zumal es sich bei seiner Delinquenz um Straftaten handelt, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Zudem wurde der Beschwerdeführer trotz des bereits verspürten Haftübels innerhalb der Probezeit erneut rückfällig, was eindeutig zeigt, dass er nicht gewillt ist, sich der österreichischen Rechtsordnung entsprechend zu verhalten.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände und in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des BF kann eine Gefährdung von öffentlichen Interessen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt regelnden Vorschriften sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit als gegeben angenommen werden (vgl VwGH vom 19. Mai 2004, Zl 2001/18/0074).

In der Zusammenschau und Abwägung aller entscheidungsrelevanten Anknüpfungspunkte, wie der Schwere des Fehlverhaltens, der Lebensumstände und der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich war somit das von der Behörde verhängte Einreiseverbot angesichts der einschlägigen Normen grundsätzlich als rechtmäßig zu erkennen, jedoch war dessen Dauer auf die Dauer von zehn Jahren herabzusetzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Einreiseverbot, strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W147.2017279.3.00

Zuletzt aktualisiert am

20.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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