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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, über die Revision des I A, vertreten durch Dr. Anton Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 2017, Zl. W123 2151312- 1/9E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 6. März 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag auf internationalen Schutz des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen Afghanistans und Hazara, hinsichtlich der Zuerkennung des Status sowohl des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan fest und setzte eine Frist für die freiwillige Ausreise.
2 Begründend führte das BFA aus, der Revisionswerber habe im Iran gelebt. Er habe den Iran verlassen, weil er Probleme mit seinem Vater gehabt habe. Fluchtgründe in Bezug auf Afghanistan habe der Revisionswerber explizit verneint.
3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit Erkenntnis vom 22. November 2017 als unbegründet ab und sprach aus, eine Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
4 Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde nach Art. 144 B-VG wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 27. Februar 2018 abgelehnt. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 29. März 2018 wurde die Beschwerde über nachträglichen Antrag gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die vorliegende außerordentliche Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, das BVwG habe sich hinsichtlich einer möglichen - in einer Beschwerdeergänzung (erstmals) vorgebrachten - Verfolgung des Revisionswerbers aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara zu Unrecht auf das Neuerungsverbot des § 20 Abs. 1 BFA-VG gestützt und das Vorbringen einer Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der jugendlichen Waisen nicht erwähnt.
9 Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage "abhängt". Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 20.12.2017, Ra 2017/04/0109, mwN).
10 Mit dem Vorbringen zum Neuerungsverbot übersieht die Revision, dass das BVwG in seiner Begründung festgehalten hat, dass sich die fluchtauslösenden Ereignisse des Revisionswerbers ausschließlich auf seinen Aufenthalt im Iran beziehen würden und schon deshalb nicht asylrelevant seien. Das Vorliegen einer Gruppenverfolgung in Bezug auf die Hazara hat das BVwG - unter Hinweisen auf die Rechtsprechung des EGMR - verneint und das Neuerungsverbot insoweit nur alternativ herangezogen (vgl. etwa VwGH 21.3.2018, Ra 2017/18/0372). Davon ausgehend ist nicht ersichtlich, dass das rechtliche Schicksal der Revision von der dargelegten Rechtsfrage abhängt.
11 Soweit die Revision rügt, das BVwG habe sich nicht mit der Zugehörigkeit des Revisionswerbers zur sozialen Gruppe der "jugendlichen Waisen" auseinandergesetzt, entfernt sie sich von den Feststellungen des BVwG, wonach der (1998 geborene) Revisionswerber volljährig ist und seine Familienangehörigen im Iran leben (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/20/0090).
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
13 Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 24. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010228.L00Im RIS seit
20.06.2018Zuletzt aktualisiert am
11.12.2018