Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §17;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Rechtssache der Revision der H B in S, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Jänner 2018, Zl. W189 2134818- 1/20Z, betreffend Antrag auf Zustellung einer Entscheidung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der aus Somalia stammenden Revisionswerberin, eine Ausfertigung des von diesem Gericht über ihre Beschwerde gegen einen in einer Angelegenheit nach dem Asylgesetz 2005 erlassenen Bescheid ergangenen Erkenntnisses an ihren nunmehrigen rechtsfreundlichen Vertreter Mag. Dr. R zuzustellen, gemäß § 31 VwGVG ab.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, es sei am 16. August 2017 im Zuge einer Akteneinsicht eine Vollmacht, die dem (bisherigen) rechtsfreundlichen Vertreter Rechtsanwalt D erteilt worden sei, vorgelegt worden. Dieser habe in der Folge mit Schriftsatz vom 21. August 2017 einen Fristsetzungsantrag nach dem VwGG eingebracht. Am 9. Oktober 2017 sei "das Erkenntnis des BVwG an den oben genannten Rechtsvertreter" ergangen und ihm "am 09.10.2017 13:33 im elektronischen Rechtsverkehr erfolgreich zugestellt" worden.
3 Ab dem Zeitpunkt der im Verfahren über die gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde erfolgten Vorlage der an Rechtsanwalt D erteilten Vollmacht seien im Hinblick auf § 10 AVG sämtliche Verfahrensschritte mit diesem Vertreter abgewickelt worden. Auch das Erkenntnis vom 9. Oktober 2017 sei (entsprechend § 9 ZustG) diesem Bevollmächtigten zugestellt worden. Da das Erkenntnis bereits rechtsgültig zugestellt sei, sei der Antrag auf (neuerliche) Zustellung dieses Erkenntnisses an den nunmehrigen Vertreter abzuweisen.
4 Die Revision wurde vom Verwaltungsgericht nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht sei von jener Rechtsprechung abgewichen, wonach sich eine Bevollmächtigung nur auf das jeweilige Verfahren beziehe, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen habe, nicht jedoch auch auf andere bei der Behörde anhängige oder anfallende Verfahren. Weiters hätte das Verwaltungsgericht nicht ohne Weiteres davon ausgehen dürfen, dass die Revisionswerberin der Verhandlung über ihre Beschwerde unentschuldigt ferngeblieben sei. Eine Entschuldigung müsse nach § 19 Abs. 3 AVG nicht vor der Verhandlung erfolgen.
9 Soweit sich die Revisionswerberin gegen die in ihrer Abwesenheit erfolgte Durchführung der Verhandlung im Rahmen des Verfahrens über ihre Beschwerde wendet, ist sie darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens allein die mit dem Beschluss vom 30. Jänner 2018 erfolgte Abweisung des Antrages auf Zustellung einer Ausfertigung des Erkenntnisses vom 9. Oktober 2017 ist, nicht aber dieses Erkenntnis selbst. Die Argumente, mit denen die Revisionswerberin die Rechtswidrigkeit dieses Erkenntnisses aufzuzeigen sucht, gehen somit schon vom Ansatz her ins Leere.
10 Nach der zu § 18 AVG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht kein Recht auf neuerliche Zustellung eines gegenüber der Partei bereits rechtswirksam erlassenen Bescheides (vgl. VwGH 17.10.2006, 2005/20/0217; 22.2.2001; 99/20/0487; 10.12.1991, 91/04/0280). Dies gilt zufolge § 17 VwGVG auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass das Recht auf Akteneinsicht (§ 17 AVG) mit der Frage des Rechts auf neuerliche Zustellung nichts zu tun hat (vgl. VwGH 27.9.1989, 89/02/0112; zum Recht auf Akteneinsicht nach Abschluss eines Verfahrens vgl. VwGH verst. Sen. 22.10.2013, 2012/10/0002, VwSlg. 18722A/2013).
11 Die Revisionswerberin macht geltend, der von ihr bevollmächtigte Rechtsanwalt D habe sich nur im Verfahren über den Fristsetzungsantrag auf die ihm erteilte Vollmacht berufen. Dies ist allerdings mit den vorgelegten Verfahrensakten nicht in Einklang zu bringen. Die bereits vor Einbringung des Fristsetzungsantrages im Verfahren über die Beschwerde gegen den behördlichen Bescheid erfolgte Vorlage der (umfassenden) Vertretungsvollmacht konnte im vorliegenden Fall nur so verstanden werden, dass sie sich auf eben dieses aktuell anhängige Verfahren bezogen hat. Für die Annahme, die im Zuge der Akteneinsicht vorgelegte Vollmacht hätte sich auf ein anderes (noch gar nicht anhängig gemachtes) Verfahren bezogen, gibt es keine Anhaltspunkte. Eine Bekanntgabe der Kündigung dieser Vollmacht erfolgte danach bis zur Zustellung des Erkenntnisses vom 9. Oktober 2017 nicht. Demnach erweist sich die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, die an den Rechtsanwalt D erfolgte Zustellung sei infolge des im Zeitpunkt der Zustellung aufrechten Vertretungsverhältnisses rechtsgültig zustande gekommen, als unbedenklich.
12 Dies steht im Übrigen auch im Einklang mit den Angaben der Revisionswerberin im zu Ra 2017/19/0533 beim Verwaltungsgerichtshof anhängig gewesenen Verfahren, wonach sie in ihrem Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zwecks Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision gegen das Erkenntnis vom 9. Oktober 2017 ausgeführt hat, dieses Erkenntnis sei ihr am 9. Oktober 2017 zugestellt worden. Gegenteiliges ergibt sich aber auch aus dem mit der Revision vorgelegten Schreiben des Rechtsanwalts D vom 17. Jänner 2018 an den nunmehrigen Vertreter der Revisionswerberin nicht. In diesem Schreiben wird von Rechtsanwalt D gerade nicht behauptet, dass sich die Vollmachtsbekanntgabe nicht auf das Verfahren über die Beschwerde gegen den behördlichen Bescheid bezogen hätte. Vielmehr führte er aus, er habe "die Mandantin nicht vom Ladungstermin verständigt", und legte dar, dass die Ursache dieses Fehlers wohl in - näher beschriebenen - Problemen im Umgang mit Schriftstücken, die im elektronischen Rechtsverkehr zugestellt worden seien, zu suchen wäre.
13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 29. Mai 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018200120.L00Im RIS seit
20.06.2018Zuletzt aktualisiert am
28.06.2018