TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/27 LVwG-AV-374/001-2018

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Veröffentlicht am 27.04.2018
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Entscheidungsdatum

27.04.2018

Norm

FSG 1997 §7 Abs3
StVO 1960 §58 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom 27. März 2018, Zl. ***, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht:

1.   Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Feststellungen:

1.1.  Der Beschwerdeführer lenkte am Dienstag, 30. Jänner 2018, um 20:45 Uhr in ***, ***, das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen *** und wurde von einem Polizeibeamten angehalten. Im Rahmen der Lenkerkontrolle fielen dem Beamten Merkmale einer möglichen Suchtgiftbeeinträchtigung auf. Der Beschwerdeführer gab an, „gelegentlich Joints“ zu konsumieren. Ein durchgeführter Alkomattest ergab einen Wert von 0,0 mg/l.

Der Beschwerdeführer wurde daher um 21:05 Uhr einer Amtsärztin zur klinischen Untersuchung vorgeführt. Ein freiwillig durchgeführter Urintest war „positiv“ für THC. Dem Beschwerdeführer wurde bei dieser Untersuchung auch Blut abgenommen und in weiterer Folge dem gerichtsmedizinischen Institut in *** zur Untersuchung übermittelt. Die Amtsärztin kam in ihrem formularmäßigen Gutachten zum Schluss, dass der Beschwerdeführer aufgrund der vom Exekutivbeamten beobachteten Vorkommnisse, Verhaltensweisen und Erscheinungsmerkmale und aufgrund der von der Amtsärztin beobachteten Symptome und der Ergebnisse der psychophysischen Tests zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges durch Suchtgift beeinträchtigt sowie Übermüdung und nicht fahrfähig war.

Der Führerschein wurde dem Beschwerdeführer am 30. Jänner 2018 vorläufig abgenommen und die weitere Lenkung des Kraftfahrzeuges untersagt.

1.2.  Dieser Sachverhalt wurde der belangten Behörde mit Schreiben der LPD Niederösterreich vom 31. Jänner 2018 mit dem Hinweis zur Kenntnis gebracht, dass über den Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens im Nachhang berichtet werde.

1.3.  Mit Mandatsbescheid der belangten Behörde vom 2. Februar 2018, *** entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer seine Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge der Klassen AM und B bis einschließlich 28. Februar 2018. Überdies wurde angeordnet, dass sich der Beschwerdeführer innerhalb von 3 Monaten ab Zustellung des Bescheides einem Verkehrscoaching zu unterziehen habe. Weiters wurde die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Klassen AM und B innerhalb der festgesetzten Entziehungszeit angeordnet.

Begründend verwies die belangte Behörde darauf, dass der Beschwerdeführer am 30. Jänner 2018 ein Kraftfahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, was durch das polizeiamtsärztliche Gutachten erwiesen sei. Insofern habe der Beschwerdeführer eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen und sei verkehrsunzuverlässig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Der Mandatsbescheid wurde dem Beschwerdeführer am 7. Februar 2018 zugstellt.

1.4.  Der Beschwerdeführer erhob dagegen Vorstellung, in welcher er zusammengefasst bestritt das Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.

1.5.  Noch am Tag des Einlangens der Vorstellung führte die belangte Behörde Abfragen im Elektronischen Kriminalpolizeilichen Informationssystem sowie im Verwaltungsstrafregister durch, welche jeweils ergaben, dass hinsichtlich des Beschwerdeführers keine Eintragungen vorlägen.

1.6.  Mit Schreiben der belangten Behörde vom 26. Februar 2018 gab diese dem Beschwerdeführer bekannt, dass „das zeitgerecht eingeleitete Ermittlungsverfahren in Kopie“ beiliege und der Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 3 AVG die Möglichkeit habe, hierzu binnen zwei Wochen schriftlich Stellung zu nehmen. Diesem Schreiben lagen die Kopie eines amtsärztlichen Gutachtens betreffend den Beschwerdeführer vom 20. Februar 2018 sowie das Ergebnis der Abfrage aus dem Strafregister bei.

1.7.  Am 1. März 2018 wurde dem Beschwerdeführer über Antrag sein Führerschein wieder ausgefolgt.

1.8.  Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. März 2018 sprach die belangte Behörde wie folgt aus:

„Über Ihre Vorstellung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom

2.2.2018, Zl. ***, wird wie folgt entschieden:

Die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen AM, B (bis 28.2.2018) wird in vollem Umfang bestätigt.

Die mit diesem Bescheid angeordnete begleitende Maßnahmen, nämlich die Anordnung eines Verkehrscoachings und die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens bleiben aufrecht.

Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wird ausgeschlossen, d.h. der Bescheid kann trotz Ihrer Beschwerde vollstreckt werden.

Rechtsgrundlagen

§ 57 Abs 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG

§ 13 Abs 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG“

Begründend verwies die belangte Behörde darauf, dass die Gründe für die behördliche Maßnahme dem angefochtenen Bescheid (gemeint: der Mandatsbescheid) entnommen werden könnten. Hernach verwies die belangte Behörde darauf, dass in strafrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Hinsicht keine Vormerkungen aufschienen. Sie stellte fest, dass der Beschwerdeführer am 30. Jänner 2018 um 20:45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen *** in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, der Drogenschnelltest positiv verlaufen sei und auch das polizeiamtsärztliche Gutachten zum Schluss gekommen sei, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Lenkens des Kraftfahrzeuges durch Übermüdung und Suchtgiftbeeinträchtigt gewesen sei. Die Argumentation des Beschwerdeführers, dass die Amtsärztin falsche Schlüsse in ihrem Gutachten gezogen habe, sei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entkräftet worden, weshalb für die belangte Behörde keine Zweifel an der Richtigkeit des vorliegenden polizeiamtsärztlichen Gutachtens bestünden.

1.9.  Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 5. April 2018, ***, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, am 30. Jänner 2018 um 20:45 Uhr in ***, ***, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen *** gelenkt zu haben, obwohl er sich in Folge Übermüdung nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden habe, in der er vermochte, sein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen. Wegen Übertretung des § 58 Abs. 1 StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag, 18 Stunden) gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 zuzüglich Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs. 2 VStG verhängt.

Begründend stützt sich dieses Straferkenntnis auf eine Anzeige der Polizei, das eingangs erwähnte polizeiamtsärztliche Gutachten vom 30. Jänner 2018, das Gutachten der Firma B vom 9. Februar 2018 sowie das amtsärztliche Nachtragsgutachten vom 5. März 2018.

Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 10. April 2018 zugestellt.

1.10.  Der Beschwerdeführer lenkte am 30. Jänner 2018 um 20:45 Uhr in ***, ***, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen ***, obwohl er sich in Folge Übermüdung nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden habe, in der er vermochte, sein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen. Der Beschwerdeführer befand sich zu diesem Zeitpunkt nicht in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand.

2.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt in Zusammenschau mit der Beschwerde sowie der von der Landespolizeidirektion Wien über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes übermittelten Unterlagen (Nachtragsgutachten vom 5. März 2018 zur polizeiärztlichen Untersuchung vom 30. Jänner 2018, Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. März 2018 sowie das Straferkenntnis vom 15. April 2018). Sie sind zwischen den Verfahrensparteien nicht strittig.

Die von der LPD Wien übermittelten Unterlagen wurden der belangten Behörde zur Stellungnahme übermittelt. Die belangte Behörde wendet sich in ihrer Stellungnahme vom 25. April 2018 nicht gegen das Nachtragsgutachten vom 5. März 2018, führt jedoch aus, dass sie die Beurteilung des Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand als Vorfrage auf Basis des polizeiamtsärztlichen Gutachtens vom 30. Jänner 2018 selbst gelöst habe, wozu sie auch berechtigt gewesen sei, da das Straferkenntnis vom 15. April 2018 erst nach dem angefochtenen Bescheid ergangen sei.

Die Feststellungen betreffend die Übermüdung des Beschwerdeführers sowie die Nichtbeeinträchtigung durch Suchtmittel gründen auf dem Nachtragsgutachten vom 5. März 2018, wonach der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Lenkens durch Übermüdung beeinträchtigt und nicht fahrfähig war. Die Blutuntersuchung habe „lediglich eine nicht wirksame Abbausubstanz des THC gefunden“ ergeben, wobei es „möglich [sei], dass der regelmäßige Konsum die Auffälligkeiten in der klinischen Untersuchung bedingt hat auch wenn dieser nicht zeitnah zum Lenken stattgefunden hat.“

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.1.  Die maßgeblichen Bestimmungen der StVO 1960, BGBl. Nr. 159/1960, lauten auszugsweise:

„§ 58. Lenker von Fahrzeugen.

(1) Unbeschadet der Bestimmungen des § 5 Abs. 1 darf ein Fahrzeug nur lenken, wer sich in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befindet, in der er ein Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen vermag. […].

[…]

§ 99. Strafbestimmungen.

(1) […]

(1b) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

[…]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a)

wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist,

[…]“

3.1.2.  Die maßgeblichen Bestimmungen des Führerscheingesetzes, BGBl I Nr. 120/1997, haben auszugsweise folgenden Wortlaut:

„Verkehrszuverlässigkeit
§ 7.

(1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.

die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.

sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

(2) Handelt es sich bei den in Abs. 3 angeführten Tatbeständen um Verkehrsverstöße oder strafbare Handlungen, die im Ausland begangen wurden, so sind diese nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen.

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1.

ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz – SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

2.

beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher auf Grund des § 99 Abs. 6 lit. c StVO 1960 nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist;

3.

als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat; als Verhalten, das geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, gelten insbesondere erhebliche Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor Schulen, Kindergärten und vergleichbaren Einrichtungen sowie auf Schutzwegen oder Radfahrerüberfahrten, sowie jedenfalls Überschreitungen der jeweils zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 90 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 100 km/h, das Nichteinhalten des zeitlichen Sicherheitsabstandes beim Hintereinanderfahren, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand eine Zeitdauer von 0,2 Sekunden unterschritten hat und diese Übertretungen mit technischen Messgeräten festgestellt wurden, das Übertreten von Überholverboten bei besonders schlechten oder bei weitem nicht ausreichenden Sichtverhältnissen oder das Fahren gegen die Fahrtrichtung auf Autobahnen;

4.

die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;

5.

es unterlassen hat, nach einem durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges selbst verursachten Verkehrsunfall, bei dem eine Person verletzt wurde, sofort anzuhalten oder erforderliche Hilfe zu leisten oder herbeizuholen;

6.

ein Kraftfahrzeug lenkt;

a)

trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines oder

b)

wiederholt ohne entsprechende Lenkberechtigung für die betreffende Klasse;

7.

wiederholt in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustand eine strafbare Handlung begangen hat (§ 287 StGB und § 83 SPG), unbeschadet der Z 1;

8.

eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung gemäß den §§ 201 bis 207 oder 217 StGB begangen hat;

9.

eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;

10.

eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat;

11.

eine strafbare Handlung gemäß § 28a oder § 31a Abs. 2 bis 4 Suchtmittelgesetz – SMG, BGBl. I Nr. 112/1997 in Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begangen hat;

12.

die Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen als Lenker eines Kraftfahrzeuges nicht eingehalten hat;

13.

sonstige vorgeschriebene Auflagen als Lenker eines Kraftfahrzeuges wiederholt nicht eingehalten hat;

14.

wegen eines Deliktes gemäß § 30a Abs. 2 rechtskräftig bestraft wird und bereits zwei oder mehrere zu berücksichtigende Eintragungen (§ 30a Abs. 4) vorgemerkt sind oder

15.

wegen eines Deliktes gemäß § 30a Abs. 2 rechtskräftig bestraft wird, obwohl gegenüber ihm zuvor bereits einmal aufgrund eines zu berücksichtigenden Deliktes eine besondere Maßnahme gemäß § 30b Abs. 1 angeordnet worden ist oder gemäß § 30b Abs. 2 von der Anordnung einer besonderen Maßnahme Abstand genommen wurde.

[…]

5. Abschnitt
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der LenkberechtigungAllgemeines
§ 24.

(1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.

die Lenkberechtigung zu entziehen oder

[…]

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. […]

Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a und sofern es sich nicht um einen Probeführerscheinbesitzer handelt, bei der erstmaligen Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 ein Verkehrscoaching zur Bewusstmachung der besonderen Gefahren des Lenkens von Kraftfahrzeugen unter Alkoholeinfluss oder Suchtgiftbeeinträchtigung und dessen Folgen, […] anzuordnen. […]

[…]

Dauer der Entziehung
§ 25.

(1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. […]

[…]

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. […]

Sonderfälle der Entziehung
§ 26.

(1) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1b StVO 1960 begangen, so ist, […] die Lenkberechtigung für die Dauer von einem Monat zu entziehen. […]“

3.2.  Unabdingbare Voraussetzung für die Verneinung der Verkehrszuverlässigkeit ist, wie der Wortlaut des § 7 Abs. 1 FSG unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass Vorliegen zumindest einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG (vgl. zB VwGH vom 23. November 2011, 2009/11/263).

Die bestimmten Tatsachen, die zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit führen können, sind in § 7 Abs. 3 FSG aufgezählt. Aus dem Wort „insbesondere“ folgt, dass die Aufzählung demonstrativ ist. Es können demnach auch andere als in § 7 Abs. 3 FSG erwähnte Verhaltensweisen, die geeignet sind, die Verkehrszuverlässigkeit einer Person in Zweifel zu ziehen, dann als bestimmte Tatsachen herangezogen werden, wenn sie im Einzelfall durch ihre Verwerflichkeit diesen beispielsweise bezeichneten strafbaren Handlungen an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen etwa gleich kommen (vgl. zB VwGH vom 21. November 2006, 2005/11/0168).

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes ist die vom Beschwerdeführer verwirklichte Tat (Übertretung des § 58 Abs. 1 StVO 1960 durch Lenken eines Kraftfahrzeuges in übermüdetem Zustand) ohne Hinzutreten weiterer, gefahrenerhöhender Umstände mit keiner der im § 7 Abs. 3 FSG demonstrativ aufgezählten Verhaltensweisen vergleichbar. Daher liegt gegenständlich keine „bestimmte Tatsache“ vor und besteht kein Raum für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers.

Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben (vgl. VwGH vom 10. Oktober 2003, 2002/18/0241, bzw. vom 2. Mai 1984, 82/11/0200, betreffend das Verfahren im Falle einer Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid bzw. einem gegen den Vorstellungsbescheid erhobenen Rechtsmittel), wobei die – von keiner Partei beantragte – Durchführung einer Verhandlung mangels strittiger Beweisergebnisse nicht erforderlich iSd § 24 Abs. 1 VwGVG war.

3.3.  Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und ansonsten lediglich (unstrittige) Beweisfragen vorliegen (vgl. zur allgemeinen Unzulässigkeit einer Revision betreffend Beweisfragen zB VwGH vom 25. November 2015, Ra 2015/11/0095).

Schlagworte

Verkehrsrecht; Kraftfahrrecht; Verkehrszuverlässigkeit; Übermüdung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.374.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

19.06.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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