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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1444;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, in der Beschwerdesache der A in E, Deutschland, vertreten durch Schönherr, Barfuss,
Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid des Universitätskollegiums der Veterinärmedizinischen Universität Wien vom 25. Jänner 1996, Zl. 120/95, betreffend die Zulassung zum Studium der Studienrichtung Veterinärmedizin nach § 7 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin und beantragte mit 23. Oktober 1995 unter Vorlage eines Zeugnisses "der allgemeinen Hochschulreife" vom Gymnasium Elsenfeld, Bayern, Deutschland, datiert mit 30. Juni 1995, ihre Zulassung (Immatrikulation und Inskription) zum Studium an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Über diesen Antrag entschied der Rektor der genannten Universität wie folgt:
"Gemäß § 7 Absatz 1 lit. b des Allgemeinen Hochschulstudiengesetzes (AHStG), BGBl. Nr. 177/1966, in der geltenden Fassung, wird Ihr Antrag auf Zulassung zum Studium nach dem Bundesgesetz über die Studienrichtung Veterinärmedizin, BGBl. Nr. 346/1993, an der Veterinärmedizinischen Universität Wien abgewiesen."
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Fach Tiermedizin sei in Deutschland in das "ZVS-Verfahren" einbezogen. Das bedeute, dass die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (auf der rechtlichen Grundlage des Staatsvertrages über die Vergabe von Studienplätzen vom 12. Mai 1992 und der von den Ländern für das zentrale Vergabeverfahren erlassenen Vergabeverordnung) die Plätze für das Studium der Studienrichtung Tiermedizin vergebe. Nur mit dem Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife und dem Zulassungsbescheid seien in Deutschland die Voraussetzungen für die unmittelbare Zulassung zur Studienrichtung Tiermedizin erfüllt. Gemäß § 7 Abs. 1 lit. b AHStG seien aber diese Voraussetzungen für die unmittelbare Zulassung zur gewählten Studienrichtung im Ausstellungsland des Zeugnisses über die allgemeine Hochschulreife auch die Grundlage für die Zulassung zum Studium der Studienrichtung Veterinärmedizin an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Die Beschwerdeführerin stütze sich bloß auf das Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife eines deutschen Gymnasiums. In diesem Zeugnis werde nur bestätigt, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin die Abiturprüfung bestanden und damit die Befähigung zum Studium an einer deutschen Hochschule im Ausmaß der allgemeinen Hochschulreife erworben habe. Da aber ein Zulassungsbescheid der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen nicht vorgelegt worden sei, sei die besondere Hochschulreife, die eine weitere Voraussetzung für die Zulassung zum Studium an der Veterinärmedizinischen Universität bilde, nicht nachgewiesen. Die österreichische Staatsbürgerschaft stelle keinen Grund (mehr) für die Gleichstellung von Reifezeugnissen für die Zulassung zum Studium nach der Gleichstellungsverordnung BGBl. Nr. 469/1991, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 1070/1994, dar. Mit dieser ab 1. Jänner 1995 wirksamen Novelle sei im Sinne des Art. 6 EGV (Diskriminierungsverbot) der seinerzeit vorgesehen gewesene Wegfall der bevorzugten Behandlung von österreichischen Staatsbürgern erfolgt.
Die Berufung gegen diesen Bescheid, in der näher behauptet und begründet wurde, der erste Halbsatz des § 7 Abs. 1 lit. b AHStG verletze Art. 6 EGV und dürfe auf Grund des Vorranges des Gemeinschaftsrechtes auf die Beschwerdeführerin nicht angewendet werden, wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Zur Begründung wird nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides, der Berufung und der Rechtslage im Wesentlichen weiter ausgeführt:
In der Berufungsbegründung werde angenommen, dass ein Zeugnis aus der Bundesrepublik Deutschland, das die allgemeine Hochschulreife beurkunde, mit einem österreichischen Maturazeugnis, das den unmittelbaren Zugang zum Studium ermögliche, gleichwertig sei. Gemäß den Bestimmungen des § 7 Abs. 1 AHStG werde deutlich, dass sich diese Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse nur auf die allgemeine Hochschulreife beziehe. Auch die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse auf Grund der internationalen Abkommen, hier auf Grund der Europäischen Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse BGBl. Nr. 44/1957 und des Zusatzprotokolls BGBl. Nr. 327/1985 beziehe sich ausschließlich auf die allgemeine Hochschulreife (allgemeine Zulassung) zum Studium an den Universitäten und Hochschulen künstlerischer Richtung gemäß dem Allgemeinen Hochschul-Studiengesetz. Die allgemeine Zulassung bedeute gemäß Art. 1 und Art. 4 lit. a der Europäischen Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse, dass der Inhaber eines Konventionszeugnisses das Recht habe, so wie im Lande der Ausstellung des Zeugnisses seine Zulassung zu einer Universität zu beantragen. Die materielle, inhaltliche Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse dürfe hiebei nicht überprüft werden; weitere Rechte könnten hieraus aber nicht abgeleitet werden. Insbesondere könne die allgemeine Hochschulreife nicht den Nachweis der besonderen Hochschulreife, das sei die Erfüllung sämtlicher Erfordernisse, die in Verbindung mit dem Nachweis der allgemeinen Hochschulreife für die Zulassung zu der gewählten oder entsprechenden Studienrichtung erfüllt sein müssten, ersetzen. Grundsatz sei, dass die Entscheidung jenes Staates, in dem das Reifezeugnis oder das dem entsprechende Zeugnis erworben worden sei, über das Recht auf Zulassung zum Studium auch auf Österreich übertragen werden solle. Damit solle, gestützt auf das gesamte Bildungssystem des Staates, in dem das Reifezeugnis oder das dem entsprechende Zeugnis ausgestellt worden sei, die Mobilität erleichtert werden.
Inhaber österreichischer Reifezeugnisse höherer Schulen hätten als Bedingung für die Zulassung zu bestimmten Studienrichtungen Zusatzprüfungen gemäß § 2 der Universitätsberechtigungsverordnung vor der Immatrikulation bei den Schulbehörden abzulegen. Ebenso gelte für Inhaber ausländischer Reifezeugnisse, dass die besonderen Erfordernisse, die zusätzlich zum Reifezeugnis in dessen Ausstellungsstaat vorgeschrieben seien (gleichgültig, ob in der Form von Zusatzprüfungen, Aufnahmsprüfungen, Notendurchschnitten, u. a.), im Ausstellungsstaat erfüllt werden müssten und sodann in Österreich als Nachweis der besonderen Hochschulreife zu erbringen seien. Die Vorschreibung von Zusatzprüfungen gemäß der Universitätsberechtigungsverordnung sei nicht möglich, weil sich diese ausschließlich als Ergänzung des Kataloges der Pflichtgegenstände einer österreichischen Reifeprüfung verstehe. Sofern der Bewerber im Ausstellungsstaat seines Reifezeugnisses aus fachlichen Gründen nicht zum Studium zugelassen werden könne oder von der Fortsetzung des Studiums ausgeschlossen sei, komme auch in Österreich eine Zulassung nicht in Betracht. Sofern im Ausstellungsland des Reifezeugnisses zusätzlich zur allgemeinen Hochschulreife keine weiteren Erfordernisse für ein bestimmtes Studium vorgeschrieben seien, habe die Zulassung in Österreich ebenfalls ohne weitere Erfordernisse zu erfolgen. Abweichend von diesen Bestimmungen seien nur die Reifezeugnisse derjenigen Personengruppen, die im § 1 der Gleichstellungsverordnung angeführt seien, hinsichtlich der besonderen Hochschulreife so zu behandeln, als wären sie in Österreich ausgestellt. Mit der Novelle BGBl. Nr. 1070/1994 sei die Gleichstellungsverordnung aber geändert worden. Die wichtigste Änderung dieser mit 1. Jänner 1995 wirksamen Novelle habe darin bestanden, dass im Sinne des Art. 6 EGV, welcher mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union verbindlich geworden sei, eine bevorzugte Behandlung von österreichischen Staatsbürgern nicht mehr erfolge. Dies sei durch den Wegfall der Bestimmung des bisherigen § 1 Z. 6 und Z. 8 der genannten Verordnung, die bei österreichischer Staatsbürgerschaft die Unterstellung unter die Gleichstellungsverordnung normiert habe, erfolgt.
Wie der einzelne Staat seine schulischen Belange regle und welche Berechtigung mit einem Zeugnis erworben werde, bleibe den innerstaatlichen Gesetzen überlassen. Die Abstellung auf die Berechtigung zum Studium im Ausstellungsstaat des Reifezeugnisses gelte in gleicher Weise für Österreicher und Ausländer und stelle nur die Übernahme des Aufnahmesystems des Ausstellungsstaates für die Zulassung in Österreich dar.
Voraussetzung für die Anwendung des Art. 6 EGV sei ein Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Im konkreten Fall werde in der Berufung eine versteckte Diskriminierung behauptet, die sich daraus ergäbe, dass EU-Bürger, darunter auch Österreicher, schlechter gestellt seien, als EU-Bürger mit einem in Österreich ausgestellten Maturazeugnis, wobei das in der Bundesrepublik Deutschland ausgestellte Zeugnis dem österreichischen gleichwertig sei.
Der EuGH habe in seinem Urteil vom 13. Februar 1985 in der Rechtssache 293/83 (Gravier/Stadt Lüttich, Slg. 1985, 606) entschieden, dass eine Abgabe, Einschreibe- oder Studiengebühr für den Zugang zum berufsbildenden Unterricht eine gegen Art. 7 EWG-Vertrag verstoßende Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstelle, wenn sie von Studenten aus anderen Mitgliedstaaten, nicht aber von inländischen Studenten erhoben werde. In seinem Erkenntnis in der Rechtssache 24/86, Blaizot u. a. gegen Universität Lüttich u. a., entschied der Gerichtshof, dass das Studium der Tiermedizin an einer Universität unter den Begriff der Berufsausbildung falle, sodass die Erhebung einer zusätzlichen Einschreibgebühr von Studenten, die Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten seien und sich in dieser Studienrichtung einschreiben wollten, eine gegen "Art. 7 EWG-Vertrag" (dann: Art. 6 EGV, jetzt: Art. 12 EG) verstoßende Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstelle.
Aus diesen Erkenntnissen gehe klar hervor, dass der Grund für die Diskriminierung auf einer von der Staatsbürgerschaft abhängigen Ungleichbehandlung von Studenten beruhe. Eine derartige Ungleichbehandlung sei für Studienbewerber in Österreich nicht gegeben, weil § 10 Abs. 1 des Hochschultaxengesetzes normiere, dass Studierende, die nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen, keinen Studienbeitrag zu entrichten hätten, wenn ein völkerrechtlicher Vertrag - wie etwa der EGV - anzuwenden sei.
Die weiteren vorgebrachten Erkenntnisse des Europäischen Gerichtshofes hätten in der Rechtssache 61/77 nationale Maßnahmen, die Größe und Maschinenstärke eines Schiffes als Kriterium gewählt und dadurch einen Teil der Fischereiflotten anderer Mitgliedstaaten aus dem der Souveränität oder Hoheitsgewalt des fraglichen Mitgliedstaates unterliegenden Fischereizonen ausgeschlossen hätten, während dieselben Maßnahmen die eigenen Staatsangehörigen nicht entsprechend belastet hätten, bzw. in der Rechtssache 152/73 eine Trennungsentschädigung, bei der nur auf Grund von sachlichen Unterschieden auf den Wohnsitz von Arbeitnehmern abgestellt worden sei, betroffen.
Gerade im gegenständlichen Fall einer Studienbewerberin mit österreichischer Staatsbürgerschaft werde deutlich, dass die Regelung des § 7 Abs. 1 AHStG im Gegensatz zu den angegebenen Entscheidungen des EuGH eigene Staatsangehörige ebenso belaste wie fremde. Eine Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit sei jedenfalls nicht gegeben, weil die Bestimmung über die Zulassung zum Studium nicht von der Staatsbürgerschaft, sondern vom Ausstellungsstaat des Zeugnisses abhängig sei. Dieses von der Staatsbürgerschaft unabhängige Kriterium wirke auf alle Mitglieder von EU-Staaten gleich. Studienplatzbewerber mit österreichischen Reifezeugnissen müssten nach den österreichischen Vorschriften die Zulassung zum Studium erreichen, ebenso wie Studienplatzbewerber mit einem Zeugnis eines EU-Staates nach den Bestimmungen des jeweiligen Ausstellungslandes die Zulassung zum Studium erreichen müssten. Dies diene der Mobilität und der Freizügigkeit des Personenverkehrs innerhalb der Gemeinschaft, in dem man von den Inhabern ausländischer Zeugnisse nicht die Erfüllung der besonderen Hochschulreife nach den österreichischen Vorschriften fordere. Die im Ausstellungsland des Zeugnisses geltenden Bestimmungen könnten jedoch nicht von Österreich beeinflusst werden. Diese Bestimmungen könnten durchaus für den Studienplatzbewerber mit einem ausländischen Reifezeugnis auch günstiger wirken, und zwar dann, wenn die Zulassungsvoraussetzungen im Ausstellungsland leichter zu erfüllen seien, als in Österreich. Daher sei diese Bestimmung nicht geeignet, wie in der Berufung angeführt, dem Ziele zu dienen, einer Belastung der Universität mit hohen Studentenzahlen entgegenzuwirken. Eine Wahlmöglichkeit zwischen der Regelung im Ausstellungsland des Zeugnisses oder nach den österreichischen Rechtsvorschriften würde eine Diskriminierung der Studienplatzbewerber mit österreichischen Zeugnissen darstellen, für die diese Wahlmöglichkeit nicht bestünde.
Aus diesen Gründen sei daher bei der sachlich begründeten Regelung des § 7 Abs. 1 AHStG auch keine versteckte Diskriminierung gegeben.
Mit Verständigung vom 21. Dezember 1995 seien dem Vertreter der Beschwerdeführerin die vorher angeführten Argumente mitgeteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, die am 11. Jänner 1996 erfolgt sei.
In dieser Stellungnahme sei ausgeführt worden, dass die in den Urteilen "Seefischerei, (Rs 61/77)" und "Sotgiu, (Rs 152/73)" behandelten Rechtsvorschriften ebenso wenig (offen) an die Staatsbürgerschaft angeknüpft hätten, wie § 7 Abs. 1 lit. b AHStG. Die genannte Regelung gelte ebenso wenig wie die irische Fischereischifferegelung und die deutsche Trennungszulagenregelung (das betrifft den Fall "Sotgiu") für In- und Ausländer. Im Ergebnis würden durch alle diese Regelungen Ausländer und damit auch ausländische EU-Bürger diskriminiert. Nach § 7 Abs. 1 lit. b Satz 1 AHStG und nach der deutschen Trennungszulagenregelung werde überdies auch eine Gruppe von Inländern (mit ausländischem Zeugnis oder getrennt von ihrer im Ausland wohnenden Familie) im Ergebnis diskriminiert. Was in den Fällen "Seefischerei" und "Sotgiu" gelte, treffe auch auf § 7 Abs. 1 lit. b AHStG zu. Auch hier führe das Abstellen auf den scheinbar neutralen Umstand "Ausstellungsort des Reifezeugnisses" dazu, dass im Ergebnis Ausländer mit EU-Bürgerschaft benachteiligt würden, weil in der Regel Maturazeugnisse im Ausland von Ausländern erworben würden, so wie im Fall "Sotgiu" in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer, deren Familie den Wohnsitz im Ausland hätte, in der Regel Ausländer wären, und die irische Regelung Anforderungen an Fischereischiffe stelle, die von einer Reihe ausländischer Eigner von Fischereischiffen nicht erfüllt würden. Dem Argument, dass ausländische Studienberechtigungsvorschriften einen Studienplatzbewerber mit einem ausländischen Reifezeugnis begünstigen könnten, sei entgegenzuhalten, dass damit auf eine theoretische und überdies irrelevante Möglichkeit hingewiesen worden sei. Irrelevanz liege deshalb vor, weil das maßgebliche Beispiel Deutschland zeige, dass es strenge Zugangsregelungen im europäischen Ausland gebe und es im Fischereistreit ohne Belang gewesen sei, dass die irische Regierung die britische Fischereiflotte anders als z. B. die niederländische nicht belastet habe. Dass der EuGH in der Rechtssache "Sotgiu" entschieden habe, dass in dieser Kausa relevante Trennungsentschädigungsregelungen allenfalls das Diskriminierungsverbot nicht verletzt haben könnten, ändere nichts daran, dass § 7 Abs. 1 lit. b AHStG eine verbotene Diskriminierung enthalte. Eine sachliche Rechtfertigung ließe sich jedoch für diese Regelung nicht finden. Weiters dürften nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz (vgl. z. B. das Urteil "Ruckdeschel", Slg. 1977, 1753) vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, dass eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre. Eben eine solche objektive Rechtfertigung ließe sich für die mehrfach genannte Regelung des AHStG nicht finden.
Diese Aussage sei - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - aber nicht richtig. Die für alle Studienwerber unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft vorgesehene gleiche Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen im Ausstellungsland des Zeugnisses stelle auf das jeweilige, dem Ausstellungsland entsprechende System für die Bewertung, Benotung und auf die mit diesen Zeugnissen erworbene Berechtigung ab. Das aus der Bewertung (Tests für Studienplatzwerber, die einen bestimmten Notendurchschnitt erfüllten bzw. nicht erfüllten etc.) des Ausstellungslandes des Zeugnisses resultierende Ergebnis werde den Voraussetzungen für die Zulassung in Österreich gleichgestellt. Wäre diese Gleichstellung auf Grund der verschiedenen Beurteilungsmethoden der EU-Länder unsachlich und rechtlich nicht möglich, könnten auch weder die Reifezeugnisse für die allgemeine Hochschulreife durch Abkommen noch die Universitätsstudien oder Teile der Studien selbst gleichgestellt und anerkannt werden, weil die Auswahlkriterien, Prüfungen und Studieninhalte in den einzelnen EU-Ländern nie vollkommen ident seien. Das Abstellen auf das Zulassungssystem und damit auf die besondere Hochschulreife desjenigen Staates, der auch die allgemeine Hochschulreife festlege und sein länderspezifisches Ausbildungssystem berücksichtigen könne, stelle ein sachliches Beurteilungskriterium dar. Somit widerspreche die Regelung des § 7 Abs. 1 lit. b AHStG - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides abschließend - nicht dem Art. 6 EGV oder dem Gleichheitsgrundsatz.
Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerdeführerin zunächst an den Verfassungsgerichtshof. In dieser Beschwerde erklärte sie abschließend wie folgt:
"Auf einen Eventualantrag auf Abtretung meiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG verzichte ich."
Der Verfassungsgerichtshof erkannte am 26. Juni 1997, unter B 877/96-13, (VfSlg. 14.886), gemäß Art. 144 B-VG zu Recht:
"Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden."
Die Beschwerde wird abgewiesen."
Ungeachtet des bereits seinerzeit ausdrücklich erklärten Verzichts der Beschwerdeführerin auf Abtretung stellte sie am 14. Oktober 1997 einen nachträglichen Antrag iSd § 87 Abs. 3 VfGG, auf dessen Grundlage die Beschwerde mit Beschluss des Berichters vom 16. Oktober 1997 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde.
Nach Ergänzung der Beschwerde für das verwaltungsgerichtliche Verfahren, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt und in eventu die Einholung einer Vorabentscheidung angeregt wird, wurde das Vorverfahren eingeleitet.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Zurückweisung bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch der nach § 22 VwGG in der Sache zuständige Bundesminister hat - aber unter Hinweis auf die Gegenschrift der belangten Behörde - die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung beantragt und unaufgefordert in einer weiteren Stellungnahme die Auffassung vertreten, dass im Beschwerdefall eine Diskriminierung nach Art. 6 EGV schon deshalb nicht vorliegen könne, weil es sich bei der Beschwerdeführerin um eine österreichische Staatsbürgerin gehandelt habe und davon ausgehend im Beschwerdefall auch keine "versteckte Diskriminierung" vorliegen könne.
Die Beschwerdeführerin hat zum Begehren auf Zurückweisung der Beschwerde wegen ihres angeblichen Verzichts auf einen Eventualantrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof in der ursprünglichen Verfassungsgerichtshof-Beschwerde unaufgefordert eine Replik erstattet.
Sie vertritt darin die Auffassung, sie habe weder allgemein noch pro futuro auf diesen "Rechtsbehelf" verzichtet, sondern nur zum Ausdruck bringen wollen, dass sie nicht schon jetzt einen solchen Antrag stelle. Diese Erklärung habe sich bloß auf den Zeitpunkt der Einbringung der Verfassungsgerichtshof-Beschwerde bezogen. Im Übrigen sei ein solcher für die Zukunft wirksamer "Rechtsmittelverzicht" gesetzlich nicht vorgesehen.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zunächst der klare Wortlaut ihrer Erklärung entgegenzuhalten, der keinen sinnvollen Zweifel an dem erfolgten Verzicht offen lässt. Dies wird auch durch die Überlegung bestärkt, dass der Beschwerdeführerin bereits mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides das "Anfechtungssubstrat" für eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde bekannt war und sie diese daher auch parallel zur Verfassungsgerichtshofbeschwerde hätte einbringen können. Durch die abweisende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes konnte daher für sie von vornherein kein "Erkenntniszugewinn" gegeben sein, weil die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes (entsprechend Art. 144 iVm Art. 139 bzw. 140 B-VG) nur Fragen betreffen, die der Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Z. 1 B-VG entzogen sind. Es gibt daher - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Replik - keinen vernünftigen Grund, die von ihr abgegebene Erklärung bloß auf den Zeitpunkt der Einbringung der Verfassungsgerichtshof-Beschwerde bezogen zu sehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist die Rechtserheblichkeit eines Verzichtes auf subjektiv öffentlich-rechtliche Ansprüche grundsätzlich zu bejahen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1977, Slg. Nr. 9367/A, mwH). Entgegen der Replik der Beschwerdeführerin handelt es sich bei ihrer Erklärung im Hinblick auf die obigen Ausführungen weder um einen "für die Zukunft wirksamen Rechtsmittelverzicht" noch bedarf eine solche Erklärung für ihre Wirksamkeit einer eigenen gesetzlichen Grundlage. Da die Beschwerdeführerin, und zwar ohne Beeinträchtigung ihrer Rechtsposition, den Antrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof bis zur Abweisung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof nach § 87 Abs. 3 VfGG hätte stellen können, ist ein Verzicht darauf rechtlich möglich. Wenn aber ein solcher Verzicht auf Abtretung von der Beschwerdeführerin seinerzeit bereits rechtswirksam abgegeben worden ist, kommt die im § 87 Abs. 3 VfGG weiters genannte Möglichkeit einer Abtretung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes von vornherein nicht mehr in Frage. Die dennoch erfolgte Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof vermag den ersichtlichen Mangel einer Prozessvoraussetzung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren bzw. die Notwendigkeit einer Prüfung dieser durch den Verwaltungsgerichtshof nicht zu ersetzen. Eine Bindungswirkung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Abtretungsbeschluss nicht zu (vgl. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1985, Zl. 85/08/0065, mwH).
Die Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, iVm der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 23. Februar 2000
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Gegenseitige Beziehung: VwGH - VfGH Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997120366.X00Im RIS seit
11.07.2001