TE Vwgh Erkenntnis 2000/2/23 97/09/0028

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.2000
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
67 Versorgungsrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
HVG §22;
KOVG 1957 §8 impl;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des C in Au, vertreten durch Dr. Hans-Peter Türtscher, Rechtsanwalt in Bezau, Brugg 36, gegen den Bescheid der Schiedskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 25. November 1996, Zl. OB.:910-400628-007, betreffend Einstellung der Beschädigtenrente nach dem Heeresversorgungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1970 geborene Beschwerdeführer bezog auf Grund eines Bescheides der belangten Behörde vom 26. Februar 1993 eine Beschädigtenrente nach § 21 Heeresversorgungsgesetz (HVG) entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. Der berufskundlichen Beurteilung dieser Entscheidung war der Beruf des Maurers zu Grund gelegt worden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. November 1996 wurde die dem Beschwerdeführer gewährte Beschädigtenrente mit Ablauf des Monats, der auf die Zustellung dieses Bescheides folgt, eingestellt.

Zur Begründung ihrer Entscheidung stellte die belangte Behörde - soweit im vorliegenden Beschwerdeverfahren noch relevant - ergänzend zur bisherigen Berufsgeschichte fest, der Beschwerdeführer habe das in der berufskundlichen Beurteilung vom 31. Juli 1991 dargelegte Arbeitsverhältnis bei seinem früheren Arbeitgeber gelöst. In den Wintermonaten 1991 bis 1993 habe er die Bauhandwerkschule besucht und diese im Frühjahr 1993 mit Erfolg abgeschlossen. Seit 14. März 1994 sei der Beschwerdeführer bei der Tomaselli Baugesellschaft mbH beschäftigt. Nach der von diesem Unternehmen erteilten Auskunft (vom 17. Mai 1996) sei er als Projektleiter in diesem Unternehmen insbesondere mit Angebotserstellungen, Abrechnungen, Projektleitung sowie Vermessungen auf Baustellen betreut und als Fachkraft in A3 eingestuft. Körperliche Schwerarbeit falle hiebei kaum an. Der vom Beschwerdeführer derzeit ausgeübte Beruf eines Bautechnikers (Projektleiters in einem Bauunternehmen) sei als billigerweise sozial zumutbar der berufskundlichen Beurteilung zu Grunde zu legen. Durch die als Dienstbeschädigung anerkannte Gesundheitsschädigung - bei dieser handle es sich weiterhin um eine "leichte Bewegungseinschränkung und Lockerung des Bandapparates im oberen Sprunggelenk links sowie um eine Narbe am linken Außenknöchel" - sei auf eine geringe Beeinträchtigung bei der Erfüllung des Anforderungsbereiches (für diesen sei ein öfteres berufsnotwendiges Stehen und Gehen in Verbindung mit allgemeiner körperlicher Wendigkeit von Bedeutung) zu schließen. Es ergebe sich demnach ein berufsstörendes Moment, welches einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 v.H. nach § 22 HVG entspreche. Die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit gemäß §§ 21 und 22 HVG betrage somit 10 v.H.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Beschwerdevorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Weitergewährung seiner Beschädigtenrente verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu in Folge "materiell-rechtlicher Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und daraus resultierender Stoffsammlungsmängel" kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 21 Abs. 1 HVG hat der Beschädigte Anspruch auf Beschädigtenrente, wenn seine Erwerbsfähigkeit infolge der Dienstbeschädigung über drei Monate nach dem Einritt der Gesundheitsschädigung (§ 2) hinaus um mindestens 25 v.H. vermindert ist; die Beschädigtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 25 v.H. Unter Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die durch Dienstbeschädigung bewirkte körperliche Beeinträchtigung im Hinblick auf das allgemeine Erwerbsleben zu verstehen.

Bei Feststellung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist gemäß § 22 HVG in der bis 31. Dezember 1997 geltenden Fassung (vgl. § 99 Abs. 5 Z. 3 in Art. 14 des BGBl. I Nr. 139/1997) auch zu prüfen, ob sie bei Berücksichtigung der Tauglichkeit des Beschädigten zu einer Erwerbstätigkeit, die ihm nach seinem früheren Beruf oder nach seiner Vorbildung billigerweise zugemutet werden kann, höher als nach § 21 einzuschätzen ist. In diesen Fällen ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit unter Bedachtnahme auf die Erfahrungen auf dem Gebiete der Berufskunde einzuschätzen; die Verdienstverhältnisse haben dabei außer Betracht zu bleiben.

Gemäß § 98a Abs. 4 HVG ist § 22 des Heeresversorgungsgesetzes in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung auf bis zum 31. Dezember 1997 in Rechtskraft erwachsene Einstufungen sowie auf jene Verfahren weiter anzuwenden, in denen der Antrag auf Gewährung oder Neubemessung der Beschädigtenrente vor dem 1. Jänner 1998 eingebracht wurde und das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.

Einziger Streitpunkt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist, ob der berufskundlichen Beurteilung im vorliegenden Fall der ursprünglich vom Beschwerdeführer ausgeübte Beruf eines Maurers oder der im angefochtenen Bescheid als "derzeit ausgeübt" festgestellte Beruf eines Bautechnikers zu Grunde zu legen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. November 1955 (Slg. NF Nr. 3896/A; wegen der inhaltsgleichen Rechtslage ist die zu § 8 KOVG 1957 ergangene Judikatur auch für die Einschätzung nach § 22 HVG heranzuziehen) dargelegt hat, hängt die aus Sicht des Beschwerdefalles wesentliche Beurteilung der Berufszumutbarkeit von der Berufsgeschichte des Beschädigten ab. Demnach sind alle bisher vom Beschädigten ausgeübten Berufe und alle seine Vorbildungsgänge zu erfassen. Hat der Beschädigte sich einer beruflichen Ausbildung, Einschulung oder Umschulung unterzogen, dann ist die hiedurch erworbene Vorbildung maßgebend für die Beurteilung der Berufszumutbarkeit. Wenn sich der Beschädigte einer solchen Ausbildung nicht unterzogen hat, dann ist aus der gesamten Berufsgeschichte derjenige Beruf als maßgebend herauszuheben, den der Beschädigte während der von ihm erreichten günstigsten "sozialen Höhenlage" seines Berufslebens geraume Zeit hindurch ausgeübt hatte. Von der im Berufsleben erreichten oder durch die Vorbildung gekennzeichneten günstigsten "sozialen Höhenlage" darf dann nicht ausgegangen werden, wenn der Beschädigte dieser sozialen Stellung aus Gründen entfremdet worden ist, die mit der Dienstbeschädigung nicht zusammenhängen. In diesem Falle wird von dem Berufe ausgegangen werden müssen, den der Beschädigte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat; ferner wird die Ausbildung maßgebend sein, die er durchgemacht hat, um sich einem anderen Berufe zuzuwenden. Der frühere Beruf und die Vorbildung dienen der Beurteilung, welche Erwerbstätigkeit dem Beschädigten billigerweise zugemutet werden kann. Zumutbar ist eine Erwerbstätigkeit, die in ihrer sozialen Geltung dem früheren Berufe oder der Vorbildung des Beschädigten wenigstens annähernd gleichkommt.

An diesen Grundsätzen hielt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24. April 1961 (Slg. NF. Nr. 5551/A) fest. Ergänzend wurde in dieser Entscheidung dargetan, dass in der Regel von dem zuletzt ausgeübten Beruf, sofern dieser nach der Berufsgeschichte zumutbar sei, auszugehen sei, doch müsse dieser Beruf billigerweise zumutbar sein. Daraus folge, dass der Beschädigte in der Regel nicht gegen seinen Willen auf eine Tätigkeit in einer Berufsklasse oder Betriebsklasse verwiesen werden könne, die seiner eigenen fern stehe. Wenn der Beschädigte Einwände in dieser Hinsicht erhebe, müsse die Behörde sich hiermit auseinander setzen.

In den Erkenntnissen vom 17. Jänner 1991, Zl. 90/09/0138, vom 21. März 1991, Zl. 89/09/0008, und vom 21. Jänner 1998, Zl. 95/09/0177, hielt der Verwaltungsgerichtshof an dem in der genannten Entscheidung Slg. NF Nr. 3896/A für die Berufszumutbarkeit als maßgebend erachteten Gesichtspunkt jenes Berufes, den der Beschädigte während der von ihm erreichten günstigsten sozialen Höhenlage seines Berufslebens geraume Zeit hindurch ausgeübt habe, fest.

Davon ausgehend sind die Beschwerdeausführungen nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen.

Der Beschwerdeführer verweist zunächst zutreffend darauf, dass er der belangten Behörde mit Schreiben vom 22. August 1996 zu der ihm bekannt gegebenen berufskundlichen Beurteilung (vom 23. Juli 1996) mitteilte, er habe sein Dienstverhältnis bei der Tomaselli Baugesellschaft mbH mit Wirkung vom 23. August 1996 einvernehmlich aufgelöst und übe sohin nicht mehr den Beruf eines Bautechnikers aus. Hingegen ist die weitere Behauptung in der Beschwerde, der Beschwerdeführer habe den Beruf eines Bautechnikers nur "kurzfristig" ausgeübt, unrichtig. Der Zeitraum vom 14. März 1994 bis 23. August 1996 (sohin zwei Jahre und fünf Monate) kann nämlich nicht als nur kurzfristig oder vorübergehend angesehen werden. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall zu dem Ergebnis gelangte, dem Beschwerdeführer sei der Beruf eines Bautechnikers sozial zumutbar, hat er doch nach seiner Berufsgeschichte mit diesem Beruf (unbestrittenermaßen) die günstigste soziale Höhenlage seines Berufslebens erreicht und diesen Beruf nicht nur vorübergehend, sondern geraume Zeit hindurch ausgeübt. Schon aus diesem Grund kann die auf Grundlage des Berufes eines Bautechnikers vorgenommene berufskundliche Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden. Dass ihm dieser sozial zumutbare Beruf, den er zuletzt ausübte, auch billigerweise nicht zumutbar wäre, bzw. dass er derart gegen seinen Willen auf einen fern stehenden Beruf verwiesen werde (vgl. hiezu nochmals das genannte Erkenntnis Slg. Nr. 5551/A), hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren behauptet, noch wird dies in der Beschwerde dargetan. Der im Verwaltungsverfahren allein geltend gemachte Umstand, sein Dienstverhältnis als Bautechniker sei (nach zwei Jahren und fünf Monaten) einvernehmlich beendet worden, stellte für sich genommen keine bei der Feststellung der Berufszumutbarkeit maßgebende Änderung dar (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1971, Zl. 15/71).

Bei seinem (zudem auch erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebrachten) Hinweis in der Beschwerde, er habe den Beruf eines Maurers angelernt und sei für den Beruf eines Bautechnikers nicht ausgebildet, übergeht der Beschwerdeführer mit Stillschweigen, dass er seine Stellung als Fachkraft erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Bauhandwerkschule (im Februar 1993) erlangte. Der Beschwerdeführer hat sich demnach einer beruflichen Fortbildung unterzogen, die seinen beruflichen Aufstieg offenkundig ermöglichte. Auch dieser Umstand spricht zusätzlich dafür, dass der Beruf eines Bautechnikers für den Beschwerdeführer nicht als sozial unzumutbar angesehen werden kann.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag somit aus den dargelegten Erwägungen die auf Grundlage des Berufes eines Bautechnikers erfolgte berufskundliche Beurteilung der belangten Behörde nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2000

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997090028.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten