Entscheidungsdatum
24.05.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2194322-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde des XXXX , StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.04.2018, Zl. 1176214103-171377746, beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 21 Absatz 3, 2. Satz BFA-VG
stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Gambias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 11.12.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Zur Person des Beschwerdeführers liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" zu Italien vom 19.04.2016 vor.
In seiner polizeilichen Erstbefragung am 12.12.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, er sei über Libyen am 17.04.2016 nach Italien gelangt, wo er bis zum 08.12.2017 geblieben sei. Er sei am 08.12.2017 mit dem Zug von Mailand nach Deutschland gelangt. An der Grenze von Österreich zu Deutschland sei er von den deutschen Behörden zurückgeschickt worden, er habe Österreich nicht verlassen, sondern habe in Österreich einen Asylantrag gestellt. Er habe in Italien einen negativen Asylbescheid erhalten und habe das Land verlassen müssen. Er habe dort leider nicht die erwartete Hilfe und Unterstützung erhalten.
Am 15.12.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien.
Mit im Akt einliegenden Schreiben vom 29.12.2017 gab die italienische Dublin-Behörde dem BFA bekannt, dass dem Beschwerdeführer unter angeführten Aliasnamen in Italien bis 22.01.2022 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, weshalb der Fall nicht unter die Dublin III-VO zu subsumieren sei.
Am 20.02.2018 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Der Beschwerdeführer gab an, manchmal vergesslich zu sein, er sei jedoch imstande, die Einvernahme durchzuführen. Er sei nicht in ärztlicher Betreuung und nehme keine Medikamente derzeit. Er habe immer die Wahrheit gesagt. Es würden sich in Österreich keine Personen aufhalten, zu welchen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bestehe bzw. eine besonders enge Beziehung bestehe. Er habe in Italien um Asyl angesucht, er sei in Italien acht Monate von 17.04.2016 bis 08.12.2017 aufhältig gewesen. Er habe in einem kleinen Camp in Italien gelebt, er habe eine negative Entscheidung erhalten drei Tage nach der Einvernahme am 29.07.2017. Er habe Italien verlassen müssen, weil er nicht bei einem Freund in Turin hätte bleiben können, er sei gezwungen gewesen, das Land zu verlassen. Er habe nicht versucht, sich hilfesuchend an eine Hilfsorganisation zu wenden. Bekannte von ihm hätten erzählt, dass diese keine Unterstützung erhalten hätten, daher hätte er es nicht einmal versucht. Er habe zunächst eine Unterkunft erhalten mit Krankenversicherung, jedoch sei er nach der negativen Entscheidung auf der Straße gewesen. Er habe keine Schule besuchen können und habe sich nicht wie die anderen mit kriminellen Dingen beschäftigen wollen. Er habe ein ordentliches Leben führen wollen. Er habe ein Schuljahr in Italien absolviert, er wolle nicht nach Italien, wolle ein normales Leben führen und seine Ausbildung fortsetzen, dies sei in Italien nicht möglich gewesen.
Mit Bescheid des BFA vom 09.04.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt sowie gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG die Außerlandesbringung nach § 61 Abs. 1 Z 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Der Beschwerdeführer sei in Italien subsidiär Schutzberechtigter und es bestehe kein Grund zur Annahme, dass dieser in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder solche zu erwarten hätte. Er leide an keinen schweren psychischen Störungen und/oder schweren oder ansteckenden Krankheiten und verfüge in Österreich über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Aufgrund des Ergebnisses des Fingerabdruckabgleiches, welches beim Beschwerdeführer einen Eurodac-Treffer in Italien ergeben habe, stehe die erkennungsdienstliche Behandlung und Asylantragstellung in Italien fest. Am 29.12.2017 hätten die italienischen Asylbehörden mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer in Italien einen subsidiären Schutzstatus erhalten habe und dass sein Asylverfahren in Italien beendet sei. Hinweise darauf, dass sowohl das Ergebnis des Fingerabdruckvergleiches, als auch die Mitteilung der italienischen Asylbehörden auf einer tatsachenwidrigen Grundlage basieren würden, hätten sich im Verfahren nicht ergeben.
In der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde wurde der Feststellung, dass dem Beschwerdeführer in Italien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, nicht widersprochen.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 15.05.2018, Zl. W240 2194322-1/2E, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 09.03.2018 gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005,
§ 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
Am 18.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des BFA ein, wonach auf nochmalige Nachfrage bei den italienischen Behörden die Information erteilt worden sei, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers in Italien doch nicht abgeschlossen sei. Unterlagen als Nachweis dieser neuen Information wurden nicht übermittelt.
Mit Beschluss des BVwG vom 24.05.2018, W240 2194322-1, wurde das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.05.2018, Zl. W240 2194322-1/2E, rechtskräftig abgeschlossene Verfahren gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 VwGVG von Amts wegen wiederaufgenommen. Begründend war ausgeführt worden, dass die am 18.05.2018 vom BFA an das BVwG übermittelte Information, wonach das Verfahren des Beschwerdeführers in Italien doch nicht abgeschlossen sei, woraus sich eine Subsumierung des gegenständlichen Falles unter die Dublin III-VO ergeben könnte und nicht wie im BFA-Bescheid vom 09.04.2018 erfolgt unter § 4a AsylG 2005, stellt eine neu hervorgekommene Tatsachen bzw. ein neu hervorgekommenes Beweismittel dar, welches allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich eine im Hauptinhalt des Spruches anderslautende Entscheidung herbeigeführt hätte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Gambias, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 11.12.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Zur Person des Beschwerdeführers liegt eine EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" zu Italien vom 19.04.2016 vor.
Am 15.12.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien.
Mit dem im Akt einliegenden Schreiben vom 29.12.2017 gab die italienische Dublin-Behörde dem BFA bekannt, dass dem Beschwerdeführer unter angeführten Aliasnamen in Italien bis 22.01.2022 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, weshalb der Fall nicht unter die Dublin III-VO zu subsumieren sei.
Der Feststellung, dass dem Beschwerdeführer in Italien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, wurde mit der dagegen erhobenen Beschwerde nicht widersprochen und wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 15.05.2018, Zl. W240 2194322-1/2E, die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 09.03.2018 gemäß § 4a, § 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
Am 18.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des BFA ein, wonach auf nochmalige Nachfrage bei den italienischen Behörden die Information erteilt worden sei, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers in Italien doch nicht abgeschlossen sei, woraus sich eine Subsumierung des gegenständlichen Falles unter die Dublin III-VO ergebe und nicht wie im Bescheid festgehalten unter § 4a AsylG 2005. Unterlagen als Nachweis dieser neuen Information wurden nicht übermittelt.
Mit Beschluss des BVwG vom 24.05.2018, W240 2194322-1, wurde das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.05.2018, Zl. W240 2194322-1/2E, rechtskräftig abgeschlossene Verfahren gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 VwGVG von Amts wegen wiederaufgenommen.
Zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts kann der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht mit Sicherheit festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die Asylantragstellung in Italien ergibt sich aus der diesbezüglichen EURODAC-Treffermeldung im Zusammenhalt mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem mit Italien geführten aktenmäßig dokumentierten Konsultationsverfahren.
Die Feststellung, dass der Verfahrensstand des Beschwerdeführers in Italien zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, da das Verfahren des Beschwerdeführers in Italien möglicherweise noch offen ist, weshalb hinsichtlich des in Österreich gestellten Asylantrages des Beschwerdeführers eine Beurteilung nach § 5 AsylG 2005 im Wege der Dublin III-VO und nicht wie im Bescheid des BFA gemäß § 4a AsylG 2005 zu erfolgen hat, ergibt sich aus der Mitteilung des BFA vom 18.05.2018. Diesbezüglich wurden jedoch keine Nachweise für diese neue Information übermittelt. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellung im nunmehr angefochtenen Bescheid, wonach dem Beschwerdeführer in Italien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in der Beschwerde nicht bestritten wurde, weshalb der entscheidungsrelevante Sachverhalt zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgebung der Beschwerde
3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idF BGBl I 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl § 75 Abs 18 AsylG 2005 idF BGBl I 2013/144).
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 144/2013 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.
...
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
...
§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
..."
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 40/2014 lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:
"§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 87/2012 lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."
3.2. § 21 Abs. 3 BFA-VG: "Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."
Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 3 BFA-VG (vgl. jüngst Ra2016/19/0208-8 vom 5. Oktober 2016 mwN) hat eine Entscheidung nach
§ 21 Abs. 3 zweiter Satz BFA-VG gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG in Form eines (das Beschwerdeverfahren beendenden und nicht bloß verfahrensleitenden) Beschlusses zu ergehen.
3.3. Gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
3.4. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien nicht zulässig ist, da in casu die gegenständliche Entscheidung des Bundesamtes auf Basis eines insgesamt qualifiziert mangelhaften Verfahrens ergangen ist, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zu erfolgen hatte.
Dies aus folgenden Erwägungen:
Die belangte Behörde hat aufgrund der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung der Kategorie "1" zu Italien vom 19.04.2016 am 15.12.2017 ein Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien gerichtet. Mit dem im Akt einliegenden Schreiben vom 29.12.2017 gab die italienische Dublin-Behörde dem BFA bekannt, dass dem Beschwerdeführer unter angeführten Aliasnamen in Italien bis 22.01.2022 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei, weshalb der Fall nicht unter die Dublin III-VO zu subsumieren sei. Der Beschwerdeführer hatte wiederum im Verfahren behauptet, er habe Italien verlassen müssen, weil ein negativer Bescheid im Asylverfahren in Italien ergangen sein. Der Feststellung, dass dem Beschwerdeführer in Italien der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, wurde mit der dagegen erhobenen Beschwerde jedoch nicht widersprochen und wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 15.05.2018, Zl. W240 2194322-1/2E, die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 09.03.2018 gemäß § 4a,
§ 10 Abs. 1 Z 1, § 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Am 18.05.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des BFA ein, wonach auf nochmalige Nachfrage bei den italienischen Behörden die Information erteilt worden sei, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers in Italien doch nicht abgeschlossen sei, woraus sich eine Subsumierung des gegenständlichen Falles unter die Dublin III-VO ergebe und nicht wie im Bescheid festgehalten unter § 4a AsylG 2005. Unterlagen wurden in diesem Zusammenhang keine übermittelt. Mit Beschluss des BVwG vom 24.05.2018, W240 2194322-1, wurde das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15.05.2018, Zl. W240 2194322-1/2E, rechtskräftig abgeschlossene Verfahren gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 und
Abs. 3 VwGVG von Amts wegen wiederaufgenommen, da aufgrund dieser neuen Information durch das BFA, welches sich auf Informationen der italienischen Behörden beruft, das BVwG zur Feststellung gelangt, dass der Verfahrensstand des Beschwerdeführers in Italien zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann. Dass das Verfahren des Beschwerdeführers in Italien möglicherweise noch offen ist, weshalb hinsichtlich des in Österreich gestellten Asylantrages des Beschwerdeführers eine Beurteilung nach § 5 AsylG 2005 im Wege der Dublin III-VO und nicht wie im Bescheid des BFA gemäß § 4a AsylG 2005 zu erfolgen hat.
Das Bundesamt wird daher im fortgesetzten Verfahren eine eingehende Prüfung des tatsächlichen Standes des italienischen Asylverfahrens des Beschwerdeführers durchzuführen und diesbezüglich Ermittlungen anzustellen und Unterlagen von Italien anzufordern haben, welche unzweifelhaft den Verfahrensstand des Asylverfahrens betreffend den Beschwerdeführer in Italien festzustellen haben.
Das BFA wird im fortgesetzten Verfahren zunächst nachweislich den tatsächlichen Stand des Asylverfahrens betreffend den Beschwerdeführer unter Zugrundelegung hinreichender Beweismittel festzustellen haben und den Beschwerdeführer unter Vorhalt der unstrittigen Unterlagen neuerlich zu befragen haben, um den entscheidungsrelevanten Sachverhalt im gegenständlichen Fall unzweifelhaft festzustellen.
3.5. Im vorliegenden Fall kann zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der unzureichenden Sachverhaltserhebungen durch die erstinstanzliche Behörde sowie aufgrund der neu eingelangten Information durch das BFA, welches sich wiederum auf eine Information der italienischen Behörden beruft, der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht mit Sicherheit festgestellt werden.
3.6. Wie dargelegt wurde im gegenständlichen Fall der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, weshalb gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zwingend vorzugehend war.
3.7. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelndeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W240.2194322.1.01Zuletzt aktualisiert am
14.06.2018