TE Vwgh Beschluss 2018/4/25 Ra 2017/06/0194

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Veröffentlicht am 25.04.2018
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Index

L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
BauO Tir 1998 §22;
BauO Tir 2011 §21;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Dr. Bayjones und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des F F in I, vertreten durch Dr. Karl Hepperger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 27, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 12. Jänner 2017, LVwG-2016/43/2810-1, betreffend ein Verfahren nach der Tiroler Bauordnung 2011 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde Pfaffenhofen; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Eingabe an den Bürgermeister der Gemeinde Pfaffenhofen vom 6. September 2016 teilte der Revisionswerber unter dem Betreff "Erteilung eines baupolizeilichen Auftrages zur Entfernung einer Einfriedung auf GST-NR X, KG (P.)" mit, es sei beabsichtigt, den bereits seit langem bestehenden Zaun hinsichtlich der einzelnen Felder auf eine Höhe von 2 m (gemäß Planskizze) zu kürzen. Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass seitens der zuständigen Behörden nicht eine Höhe von 2,80 m für zulässig erklärt werden sollte (was der Rechtsansicht des Revisionswerbers entspräche). Sollten die zuständigen Behörden anders entscheiden, erkläre sich der Revisionswerber in eventu auch mit einer Einfriedungshöhe von 2,0 m einverstanden, was "hiermit ausdrücklich in eventu beantragt" werde.

2 In der Erledigung des Bürgermeisters der Gemeinde Pfaffenhofen vom 19. Oktober 2016 zum Betreff "Errichtung einer Einfriedung auf Gst. Nr. X, KG (P.) - Genehmigung einer Bauanzeige" wurde dem Revisionswerber unter Bezugnahme auf dessen Schreiben vom 6. September 2016 mitgeteilt, dass das Vorhaben der Errichtung einer Einfriedung auf Gst. Nr. X gemäß §§ 21 Abs. 2 lit. b und 23 Abs. 3 lit. c (gemeint wohl: § 21 Abs. 3 lit. c) Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011) geprüft worden sei. Als Ergebnis dieser Prüfung werde das Vorhaben "gemäß § 23 Abs. 4 TBO 2011 ausdrücklich genehmigt". Ferner wurde ausgeführt, für die gegenständliche Bauanzeige seien eine Verwaltungsabgabe in näher bezeichneter Höhe sowie ein weiterer Betrag für das Ansuchen zu entrichten. Darüber hinaus enthält die Erledigung in vier Punkten gegliederte "Hinweise".

3 Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) vom 12. Jänner 2017 wurde die gegen die Erledigung des Bürgermeisters der Gemeinde Pfaffenhofen vom 19. Oktober 2016 erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unzulässig zurückgewiesen.

4 In seinen Erwägungen kam das Verwaltungsgericht zum Ergebnis, dass es sich bei der Erledigung des Bürgermeisters vom 19. Oktober 2016 nicht um einen Bescheid im Sinn des AVG handle. So sei die Erledigung nicht als "Bescheid" bezeichnet und sie weise weder eine Rechtsmittelbelehrung noch eine Begründung auf, auch die Bezeichnung "Spruch" werde nicht verwendet. Die in der Erledigung verwendete Wortwahl, das Vorhaben werde "gemäß § 23 Abs. 4 TBO 2011 ausdrücklich genehmigt", entspreche zwar nicht der Terminologie dieser Vorschrift, es handle sich hierbei jedoch lediglich um ein Vergreifen im Ausdruck. Ein über das in der zitierten Vorschrift vorgesehene Zustimmungsrecht hinausgehender normativer Inhalt sei dieser "Genehmigung" daher nicht beizumessen, zumal dies der von der Behörde ausdrücklich zitierten gesetzlichen Grundlage widerspräche. Die in der gegenständlichen Erledigung enthaltenen "Hinweise" seien ausdrücklich als solche bezeichnet, weshalb schon aus diesem Grund keine Veranlassung bestehe, ihnen den normativen Gehalt von Nebenbestimmungen im Sinne des Verwaltungsverfahrensrechts beizumessen.

5 Gegen den Bescheidcharakter der behördlichen Erledigung vom 19. Oktober 2016 sprächen somit nicht nur die formellen Kriterien, sondern auch der Umstand, dass - trotz unzutreffender Formulierung und Aufnahme von "Hinweisen" - ein normativer Inhalt nicht entnommen werden könne. Hinzu komme, dass eine gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung eines Bescheides nicht vorliege. Da die in Beschwerde gezogene Erledigung des Bürgermeisters vom 19. Oktober 2016 keinen Bescheid darstelle, fehle der Beschwerde die Grundlage und komme dem Revisionswerber keine Beschwerdelegitimation zu.

6 Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 8. Juni 2017, E 561/2017-5, die Behandlung der vom Revisionswerber gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 12. Jänner 2017 erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

7 Gegen den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 12. Jänner 2017 richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

12 Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Bescheidqualität von behördlichen Erledigungen erweist sich die Interpretation des Schreibens des Bürgermeisters der Gemeinde Pfaffenhofen vom 19. Oktober 2016 (als nicht normativ) durch das Verwaltungsgericht als nicht unplausibel (vgl. dazu unter anderem VwGH 16.5.2001, 2001/08/0046, 0047, VwGH 28.1.2009, 2007/05/0015, VwGH 26.3.2014, Ro 2014/03/0038, und VwGH 25.2.2016, Ra 2016/19/0007; vgl. ferner das zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach der Tiroler Bauordnung 1998 ergangene Erkenntnis des VwGH vom 18.6.2003, 2001/06/0165, gemäß dem es sich - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - bei der ausdrücklichen behördlichen Zustimmung zur Bauanzeige betreffend ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben nicht um einen Bescheid handle). Insbesondere trifft es auch zu, dass letztlich - sollte man von Zweifeln hinsichtlich der Normativität einer Erledigung ausgehen - nach der hg. Rechtsprechung die Bescheidbezeichnung ausschlagebend ist (vgl. z.B. VwGH 13.10.2004, 2004/10/0117).

13 Ausgehend vom nicht normativen Charakter der Erledigung vom 19. Oktober 2016 ergeben sich aus dieser auch keine Bindungen für den Revisionswerber. Schon deshalb ist die von ihm in der Zulässigkeitsbegründung aufgeworfene Frage des Verhältnisses des § 4 Tiroler Feldschutzgesetz 2000 und der Tiroler Bauordnung für die gegenständliche Entscheidung nicht relevant.

14 Der dem Revisionswerber erteilte baupolizeiliche Auftrag betreffend die Entfernung einer Einfriedung auf seinem Grundstück (vgl. VwGH 29.1.2016, Ra 2016/06/0001, sowie die hg. Beschlüsse vom heutigen Tag, Ra 2017/06/0101 und Ra 2017/06/0109) ist nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichtes vom 12. Jänner 2017. Mit dem diesbezüglichen Vorbringen wurden daher keine für die Entscheidung des Falles maßgeblichen Fragen angesprochen und somit die Zulässigkeit der Revision ebenfalls nicht begründet.

15 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2018

Schlagworte

Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidcharakter Bescheidbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017060194.L00

Im RIS seit

19.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.06.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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