TE Vwgh Beschluss 2018/5/23 Ra 2017/13/0079

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Veröffentlicht am 23.05.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
50/05 Kammern der gewerblichen Wirtschaft;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
WKG 1998 §122 Abs2;
WKG 1998 §122 Abs3;
WKG 1998 §122 Abs9;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/13/0080 Ra 2017/13/0082 Ra 2017/13/0083 Ra 2017/13/0081 Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2017/13/0085 B 23. Mai 2018 Ra 2017/13/0084 B 23. Mai 2018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der 1. F Gesellschaft m.b.H., der 2. F Verwaltungs GmbH, der 3. F GmbH, alle in S, der

4. Fgesellschaft m.b.H. in S und der 5. Fgesellschaft m.b.H. in V, alle vertreten durch Dr. Martin Brenner, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Wiedner Hauptstraße 120-124/5.1, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 31. Jänner 2017, Zlen. VGW- 162/034/7875/2016 und VGW-162/V/034/7891-7894/2016, betreffend Kammerumlage 2012, 2013 und 2014, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die im KFZ-Handel tätig sind, beantragten mit einem an das Erweiterte Präsidium der Wirtschaftskammer Österreich (im Folgenden nur: Erweitertes Präsidium) gerichteten Schriftsatz vom 29. Juni 2015 die "bescheidmäßige Bestimmung der von ihnen geleisteten KU1 der Jahre 2012, 2013 und 2014" sowie die "Rückerstattung dieser von ihnen zuviel bezahlten Kammerumlagen".

2 Mit Schreiben vom 15. September 2015 gab die Wirtschaftskammer Österreich (im Folgenden nur: WKO) u.a. bekannt, das Erweiterte Präsidium sei für die bescheidmäßige Bestimmung der von den revisionswerbenden Parteien geleisteten "Kammerumlage 1" der Jahre 2012 bis 2014 und für die Rückerstattung zu viel gezahlter Kammerumlage nicht zuständig. Bei der Kammerumlage handle es sich um eine Abgabe iSd Bundesabgabenordnung. Zur Entscheidung über deren Höhe sei daher die jeweils zuständige Abgabenbehörde berufen, an welche die im Schriftsatz vom 29. Juni 2015 gestellten Anträge - so gewünscht - weitergeleitet würden.

3 Unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 15. September 2015 stellten die revisionswerbenden Parteien mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2015 klar, es sei "kein Antrag nach § 122 (2) WKG gestellt" worden, "sondern ausdrücklich ein Antrag nach § 122 (3) WKG", für dessen Erledigung das Erweiterte Präsidium zuständig sei. Es liege im Ermessen des Erweiterten Präsidiums, über den Antrag zu entscheiden oder ihn an die örtlich zuständige Abgabenbehörde weiter zu leiten. Aus Sicht der revisionswerbenden Parteien liege "jedoch nicht eine Entscheidungspflicht der Abgabenbehörden, sondern nach § 122 (9) WKG eine des Erweiterten Präsidiums vor". Das Schreiben vom 15. September 2015 könne daher eine entsprechende "Beschlussfassung" nicht ersetzen.

4 Mit Bescheid vom 20. April 2016 (nach Erhebung einer Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgericht) wies das Erweiterte Präsidium die Anträge der revisionswerbenden Parteien "auf bescheidmäßige Bestimmung der von ihnen geleisteten KU1 der Jahre 2012, 2013 und 2014" und "auf Rückerstattung dieser von ihnen zuviel bezahlten Kammerumlagen" zurück. Begründend führte das Erweiterte Präsidium "zur Sache" aus, ihm komme keine Zuständigkeit zur Festsetzung der Höhe der Kammerumlage zu. Die revisionswerbenden Parteien hätten eine Weiterleitung ihrer Anträge an die zuständige Abgabenbehörde abgelehnt und ausdrücklich betont, dass es sich bei ihrem Anbringen um einen Antrag gemäß § 122 Abs. 3 WKG handle, der vom Erweiterten Präsidium zu erledigen sei (dies ergebe sich insbesondere aus dem Schriftsatz vom 12. Oktober 2015 und der erhobenen Säumnisbeschwerde). § 122 Abs. 3 WKG bilde jedoch - ebenso wie § 122 Abs. 9 WKG, der im Schriftsatz vom 12. Oktober 2015 ebenfalls angezogen werde - keine taugliche Rechtsgrundlage für ein Vorgehen im Sinne der revisionswerbenden Parteien. Diese Bestimmungen enthielten keine Ermächtigung zur Erlassung individualisierter Verwaltungsakte, sondern ermächtigten nur zu einem Vorgehen in Ansehung eines ganzen Berufszweigs. § 122 Abs. 3 WKG stelle - ebenso wie § 122 Abs. 9 WKG - die Grundlage für die Erlassung von Verordnungen (Satzungen) dar und ermächtige nicht zur Modifikation der Bemessungsgrundlage für die "Kammerumlage 1" durch Erlassung eines Bescheides gegenüber einem Mitgliedsunternehmen im Einzelfall. Das gehe aus dem Wortlaut der beiden Bestimmungen unmissverständlich hervor, der jeweils auf (ganze) Berufszweige abstelle.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht einer gegen den Bescheid vom 20. April 2016 gerichteten Beschwerde keine Folge.

6 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht (wegen vorliegender Judikatur) für nicht zulässig.

7 Die revisionswerbenden Parteien erhoben zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 9. Juni 2017, E 951/2017-5, ablehnte. Zur Begründung verwies der Verfassungsgerichtshof u.a. auf das Erkenntnis vom 6. März 2017, G 126/2016-12, in welchem er u. a. ausgesprochen hat: "Entscheidend für die Beurteilung der Voraussetzungen einer Ausnahmeregelung gemäß § 122 Abs. 3 WKG ist, dass diese Bestimmung die Möglichkeit, die KU 1 unter bestimmten Voraussetzungen durch Verordnung herabzusetzen, nur für einzelne Berufszweige bzw. Gruppen von Kammermitgliedern vorsieht und nicht für einzelne Kammermitglieder". Im Ablehnungsbeschluss führte der Verfassungsgerichtshof zudem aus: "In § 122 Abs. 3 WKG wird ein Antragsrecht auf Erlassung einer Verordnung nicht eingeräumt. Die Einräumung eines Antragsrechts, das einen den subjektiven Verfahrensrechten der Bescheiderlassung vergleichbaren Anspruch auf Verordnungserlassung gewährleistet, ist in diesem Zusammenhang verfassungsrechtlich auch nicht geboten."

8 Mit Beschluss vom 3. August 2017, E 951/2017-7, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

9 Mit Schriftsatz vom 13. September 2017 erhoben die revisionswerbenden Parteien die vorliegende außerordentliche Revision.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 Die revisionswerbenden Parteien führen unter Punkt " III. Zulässigkeit der außerordentlichen Revision" auf das Wesentliche zusammengefasst aus, die Kammerumlage führe im Berufszweig der Kraftfahrzeughändler zu einer unverhältnismäßigen Inanspruchnahme und es fehle ein Antragsrecht zur Erzwingung des Erlasses einer entsprechenden Verordnung im Sinne des § 122 Abs. 3 WKG zur Herabsetzung der Kammerumlage dieses Berufszweiges.

14 Damit machen sie allenfalls - wie offenbar auch vor dem Verfassungsgerichtshof - auf eine Rechtsschutzlücke aufmerksam. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, von der die Lösung der gegenständlichen Revision abhängig wäre, wird mit diesen Ausführungen nicht aufgezeigt.

15 Mit der Frage, ob die für die Einhebung der Kammerumlage zuständigen Abgabenbehörden im Einzelfall auch ohne Vorliegen entsprechender Verordnungen die Kammerumlage aus Gründen der Verhältnismäßigkeit herabzusetzen hätten, wird ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, von der die Lösung der gegenständlichen Revision abhängig wäre, weil dem angefochtenen Erkenntnis keine abgabenbehördliche Entscheidung zugrunde liegt (vgl. dazu z.B. das auch vom Verwaltungsgericht zitierte Erkenntnis VwGH 12.1.1993, 92/14/0177). Für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zuständig (vgl. den Beschluss VwGH 29.3.2017, Ro 2016/15/0036).

16 Hinsichtlich der unter Punkt "I. Revisionsausführung" vorgetragenen Rüge, das Erweiterte Präsidium der WKO hätte die Anträge der revisionswerbenden Parteien nicht wegen Unzuständigkeit zurückweisen, sondern gemäß § 6 AVG an die örtlich zuständigen Finanzämter weiterleiten müssen, genügt es auf den Schriftsatz vom 12. Oktober 2015 zu verweisen. Mit diesem Schriftsatz wurde klargestellt, dass es sich bei dem Anbringen der revisionswerbenden Parteien vom 29. Juni 2015 aus ihrer Sicht um einen "Antrag nach § 122 (3) WKG" handelt (vgl. dazu auch die eingebrachte Säumnisbeschwerde vom 20. Jänner 2016). Folglich lag kein an die örtlich zuständigen Finanzämter weiterzuleitender Antrag vor.

17 In der Revision, der im Übrigen auch die bestimmte Bezeichnung eines Revisionspunktes fehlt, werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.

Wien, am 23. Mai 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017130079.L00

Im RIS seit

19.06.2018

Zuletzt aktualisiert am

10.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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