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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §225 Abs3;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/08/0163 E 29. März 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der W in I, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 9/II, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 6. Dezember 1999, Zl. 122.631/3-7/99, betreffend Anerkennung von Beiträgen als wirksam entrichtet gemäß § 225 Abs. 3 ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeiststraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen, angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt ersichtlich:
Die Beschwerdeführerin beantragte die Anerkennung der Wirksamkeit noch zu entrichtender Pensionsversicherungsbeiträge gemäß § 225 Abs. 3 ASVG für den Zeitraum vom 1. September 1977 bis 30. April 1988 mit der Begründung, sie sei in dieser Zeit bei einem näher bezeichneten Unternehmen als Buchhalterin beschäftigt, jedoch nach "Auskunft des Steuerberaters nur unfallversichert gewesen". Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde diesem Antrag keine Folge gegeben. Die belangte Behörde stützte sich unter anderem auf eine - in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebene - Stellungnahme der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, nach welcher die Beschwerdeführerin zum "fiktiven Stichtag 1.8.1999 271 Versicherungsmonate, davon 222 Beitragsmonate aufzuweisen (habe) und ... am 14.2.2010 das 60. Lebensjahr" vollenden werde. Nach Zitierung des § 225 Abs. 3 ASVG und Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass ein Fall besonderer Härte im Sinne der genannten Gesetzesstelle nicht vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin lässt die Sachverhaltsgrundlage, von welcher die belangte Behörde ausgegangen ist, unbestritten; sie räumt ein, dass sie die Wartezeit für eine Alterspension bereits erfüllt habe, vertritt jedoch die Auffassung, dass ein Fall besonderer Härte nicht nur dann vorliege, wenn eine materielle Notlage damit verbunden sei. Durch den Verlust von zehneinhalb Versicherungsjahren habe die Beschwerdeführerin mit einer vergleichsweisen geringen Pension zu rechnen ; es sei als besondere Härte anzusehen, dass sie im Zeitraum vom 1. September 1977 bis 30. April 1988 durch das Verschulden ihres damaligen Dienstgebers nur unfallversichert gewesen sei. Davon habe die Beschwerdeführerin (im fraglichen Zeitraum) keine Kenntnis gehabt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 225 Abs. 3 ASVG kann das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Fällen besonderer Härte auch Beiträge als wirksam entrichtet anerkennen, die für Zeiten nach Abs. 1 Z 1 oder 2 nach Ablauf von fünf Jahren seit ihrer Fälligkeit entrichtet werden. Ein Fall besonderer Härte ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Versicherten ansonst ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen erwächst, der unter Berücksichtigung seiner Familien- und Einkommensverhältnisse von wesentlicher Bedeutung ist, und der Versicherte die Unterlassung der Anmeldung zur Versicherung nicht vorsätzlich herbeigeführt hat.
Der Sinn und Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung (wie auch jener der im Wesentlichen gleichartigen Bestimmungen des § 226 Abs. 3 ASVG, § 115 Abs. 3 GSVG (=vorm. § 61 Abs. 3 GSPVG), und § 106 Abs. 3 BSVG (=vorm. § 55 Abs. 3 B-PVG)) kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur darin erblickt werden, in Fällen einer besonderen Härte durch die Anerkennung der Wirksamkeit des Erwerbes von Beitragszeiten solchen Versicherten die Möglichkeit zu verschaffen, bei Erreichung des Anfallsalters bzw. bei Invalidität in den Genuss einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu gelangen, die sonst eine solche Leistung deshalb nicht erlangen könnten, weil ihnen trotz des Vorliegens eines nahezu bis an den Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles heranreichenden Versicherungsverlaufes voraussichtlich bei Eintritt des Versicherungsfalles eine im Verhältnis zur Gesamtzahl der für die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen eines Leistungsanspruches erforderlichen Versicherungsmonate nur ganz geringfügige Zeit fehlen würde (vgl. die Erkenntnisse vom 21. März 1985, Zl. 84/08/0010 und vom 25. Mai 1987, Zl. 85/08/0113, mit weiteren Judikaturhinweisen, sowie das Erkenntnis vom 17. April 1964, Slg. Nr. 6.311/A). § 226 Abs. 3 ASVG dient demnach lediglich dazu, Lücken im Versicherungsverlauf zwecks Erlangung einer Leistung aus der Pensionsversicherung zu schließen, nicht aber dazu, die Bestimmungen über die Wartezeit und die Deckung schlechthin illusorisch zu machen (vgl. Erkenntnis vom 18. September 1981, Slg. Nr. 10.541/A, mit weiteren Judikaturhinweisen) oder die Höhe der Leistung aus der Pensionsversicherung zu verbessern (vgl. das Erkenntnis vom 15. Dezember 1965, Slg. Nr. 6.826/A, mit weiteren Judikaturhinweisen und aus jüngerer Zeit das Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 92/08/0069).
Abgesehen davon, dass einer Wirksamerklärung von Beitragszeiten nach dem 31.12.1955 vorliegendenfalls somit der Umstand entgegensteht, dass damit nicht ein Pensionsanspruch hergestellt, sondern ein bereits bestehender Pensionsanspruch erhöht werden soll, sind Beiträge noch nicht entrichtet worden; dies wäre aber Voraussetzung für eine nachträgliche Anerkennung der Wirksamkeit dieser Beiträge (vgl neuerlich das hg. Erkenntnis vom 21. März 1985, Zl. 84/08/0010 unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 19. Mai 1983, Zl. 82/08/0174). Wenn die Beschwerdeführerin in Ablehnung der zitierten Rechtsprechung darauf beharrt, dass auch eine unverschuldet zu geringe Pension eine besondere Härte darstellen könne, so übersieht sie zum einen, dass die Beurteilung einer sozialen Lage als "besondere Härte" nicht bloß die Verschuldensfrage, sondern stets auch das gesamte Umfeld der Einkommens - und Vermögenssituation einschließlich ihrer Ursachen mit einzubeziehen hat, zum anderen aber auch, dass eine soziale Härte im Sinne einer wegen einer zu geringen Pensionsleistung eintretenden Notlage vom Gesetzgeber bereits durch das Rechtsinstitut der Ausgleichszulage (§§ 292 ff ASVG) ausgeglichen wird.
Auch der von der Beschwerdeführerin in den Vordergrund gerückte Umstand, dass die Anmeldung zur Kranken- und Pensionsversicherung aus einem Verschulden des Dienstgebers unterlassen worden sei, vermag daher - soweit dies allein eine niedrigere Pensionshöhe zur Folge hat - keine soziale Härte im Sinne des Gesetzes zu begründen, wohl aber gegebenenfalls einen Schadenersatzanspruch der Beschwerdeführerin gegenüber ihrem Dienstgeber (vgl. dazu etwa OGH 22. Dezember 1993, ObA 238/93).
Der erkennende Senat sieht sich daher auch angesichts des gegenständlichen Beschwerdevorbringens nicht veranlasst, von seiner ständigen Rechtsprechung abzurücken.
Da die vorliegende Beschwerde somit erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt und die maßgebenden Rechtsfragen durch die Vorjudikatur hinreichend geklärt sind, war die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 23. Februar 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000080008.X00Im RIS seit
30.11.2001