TE Bvwg Beschluss 2018/5/24 W123 2195960-1

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Veröffentlicht am 24.05.2018
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Entscheidungsdatum

24.05.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
AsylG 2005 §22 Abs10
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W123 2195960-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Dr. Michael ETLINGER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2018, 1097142607/180462305, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, folgenden Beschluss:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Asylwerber XXXX stellte am 28.11.2015 einen - ersten - Antrag auf internationalen Schutz.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018 wurde der Antrag des Asylwerbers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen den Asylwerber gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte IV.-VI.). Gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass der Asylwerber das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 28.03.2017 verloren habe (Spruchpunkt VII.).

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb der Rechtsmittelfrist keine Beschwerde eingebracht.

2. Am 03.05.2018 stellte der Asylwerber einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung am 04.05.2018 gab der Asylwerber zu Protokoll, dass sich seit dem letzten Asylantrag nicht wirklich etwas geändert habe und er nur gegen den negativen Asylbescheid "Einspruch" einlegen wolle, da er nämlich die Frist zur Erhebung einer Beschwerde versäumt habe. Zudem habe es bei seiner letzten Einvernahme ein Problem mit dem Dolmetscher gegeben. Sein Vater habe in Afghanistan für die Regierung gearbeitet und im Mai 2015 mehrere Anrufe und einen Brief der Taliban erhalten. In diesem Brief sei der Vater des Asylwerbers aufgefordert worden, seinen ältesten Sohn zu ihnen zu schicken, damit er für die Taliban arbeiten könne. Der Asylwerber sei der älteste Sohn und deshalb sei er von seinem Vater nach Europa geschickt worden.

Im Rahmen einer Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 15.15.2018 erklärte der Asylwerber abermals, dass sein Vater Probleme mit den Taliban gehabt habe, da er mit der Regierung zusammengearbeitet habe. Die Taliban hätten den Vater des Asylwerbers sowohl postalisch als auch fernmündlich bedroht. Der Asylwerber habe Afghanistan verlassen, da er als ältester Sohn seines Vaters Probleme mit den Taliban gehabt habe.

Am 17.05.2018 erfolgte eine weitere Einvernahme des Asylwerbers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in Gegenwart einer Rechtsberaterin. Der Asylwerber gab an, dass er seinen Fluchtgrund bereits genannt und Probleme mit den Taliban gehabt habe. Außerdem sei seit Anfang des Jahres 2018 die Lage in Afghanistan schlimmer geworden.

3. Mit gegenständlichem gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 iVm § 22 Abs 10 AsylG 2005 sowie § 62 Abs 2 AVG mündlich verkündetem Bescheid vom 17.05.2018 hob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den faktischen Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 auf.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte insbesondere fest, der Asylwerber habe in seinem Erstantrag auf internationalen Schutz die Zusammenarbeit seines Vaters mit der Regierung als Fluchtgrund angegeben. Die negative Entscheidung im ersten Asylverfahren sei dem Asylwerber durch Hinterlegung im Akt zugestellt worden und sei mit 10.04.2018 in Rechtskraft erwachsen.

Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass das nunmehrige Vorbringen des Asylwerbers - das sich lediglich auf die bereits während des ersten Asylverfahrens vorliegenden Gründe beziehe - nicht geeignet sei, eine wesentliche Sachverhaltsänderung darzutun, wonach die Identität der Sache neu zu beurteilen wäre.

Bezüglich der Angaben des Asylwerbers, dass sich die Lage in Afghanistan in den letzten Monaten geändert habe, und des von der Rechtsberaterin des Asylwerbers vorgelegten Berichtes vom 07.05.2018, wurde ausgeführt, dass mit diesem Bericht nicht den verlässlichen, aktuellen und unbedenklichen Quellen, die dem vorliegenden Bescheid zugrunde zu legen sind, nicht auf gleichem fachlichem Niveau entgegengetreten worden sei.

Nach Rückübersetzung bestätigte der Asylwerber die schriftliche Ausfertigung des Einvernahmeprotokolls samt Beurkundung des mündlich verkündeten Bescheides.

4. Die Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langten am 22.05.2018 bei der zuständigen Gerichtsabteilung W123 des Bundesverwaltungsgerichtes ein, worüber die belangte Behörde gemäß § 22 Abs 2 BFA-VG mit Mitteilung vom 22.05.2018 in Kenntnis gesetzt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

1. Feststellungen:

Der Asylwerber ist Staatsangehöriger Afghanistans.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018 wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung erlassen.

Dieser Bescheid wurde dem Asylwerber durch Hinterlegung im Akt, verfügt am 12.03.2017, zugestellt.

Der Asylwerber stellte in weiterer Folge am 03.05.2018 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen mit den Fluchtgründen des Erstverfahrens. Eine entscheidungswesentliche Änderung der Situation in Afghanistan ist zwischenzeitlich nicht eingetreten.

Der Asylwerber ist gesund, besuchte bereits Deutschkurse und spricht etwas Deutsch.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zu 20 Hv 11/2017w vom 23.03.2017, rechtskräftig am 28.03.2017, wurde der Asylwerber wegen § 27 Abs 2a 2. Fall, § 27 Abs 1 Z 1 2. Fall und § 27 Abs 2 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt.

Der Asylwerber verfügt über kein schützenswertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Person des Asylwerbers, zum Gang des ersten Asylverfahrens, des gegenständlichen Verfahrens sowie zur Situation in Afghanistan wurden auf Grundlage des in Rechtskraft erwachsenen oben zitierten Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018 sowie der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl getroffen. Dass sich die Situation in Afghanistan nicht wesentlich änderte, ergibt sich aus den aktuellen Länderfeststellungen im gegenständlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. So wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im gegenständlichen Bescheid ausführte, vermag an dieser Einschätzung auch der von der Rechtsberaterin des Asylwerbers vorgelegte Bericht von Human Rights Watch vom 07.05.2018 nichts zu ändern.

Die Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Asylwerbers im zweiten Verfahren auf Gewährung von internationalem Schutz gründen sich auf die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 04.05.2018 sowie auf die Einvernahmen durch ein Organ des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl am 15. und 17.05.2018.

Der Asylwerber stützte sich im Zuge der mit ihm durchgeführten Befragungen im Verfahren über seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ausdrücklich auf jene Fluchtgründe, die er bereits in seinem ersten Asylverfahren geltend gemacht hatte.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 161/2013, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl. insbesondere § 1 BFA-VG).

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Nach § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchpunkt A)

3.2. Der mit "Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen" betitelte § 12a Abs 2 AsylG 2005 lautet:

"(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde."

Gemäß § 22 Abs 10 AsylG 2005 ergehen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 leg cit mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese Übermittlung gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

Der mit "Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes" überschriftete § 22

BFA-VG lautet:

"(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakte bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

3.3. Zu den Voraussetzungen des § 12a AsylG 2005, auf den gegenständlichen Fall bezogen, im Detail:

3.3.1. Aufrechte Rückkehrentscheidung:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018 wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung erlassen. Dieser Bescheid wurde dem Asylwerber durch Hinterlegung im Akt, verfügt am 12.03.2018, zugestellt, sodass der Bescheid inzwischen rechtskräftig ist.

Hinweise, dass die Zustellung des ersten Bescheides vom 07.02.2018 nicht rechtmäßig erfolgt wäre, sind im gegenständlichen Verfahren nicht hervorgekommen, zumal der Asylwerber diesbezüglich auch kein Vorbringen in den Einvernahmen des zweiten Asylverfahrens erstattete.

3.3.2. Res iudicata:

Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Relevanz zukommt (vgl. VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048; 13.11.2014, Ra 2014/18/0025; 31.07.2014, 2013/08/0163; vgl. dazu ausführlich die - zu einer früheren Rechtslage des AsylG 2005 getätigten, aber auch auf die nunmehrige Rechtslage übertragbaren - Erwägungen in VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).

Im Folgeantragsverfahren können - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen, nicht aber solche, die bereits vor Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens bestanden (vgl. VwGH 08.09.2015, Ra/2014/18/0089).

Der Asylwerber erklärte im gegenständlichen zweiten Asylverfahren anlässlich seiner niederschriftlichen Befragung ausdrücklich, aus denselben Gründen wie schon im ersten Asylverfahren einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen (vgl. AS 41, arg. "10. Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situation/Ihrer Fluchtgründe bekannt?

- Es gibt keine Änderungen."). Der Asylwerber gab sowohl im ersten als auch im zweiten Asylverfahren zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass sein für die Regierung tätiger Vater Drohungen durch die Taliban ausgesetzt gewesen sei und der Asylwerber als ältester Sohn seines Vaters eine zwangsweise Rekrutierung durch die Taliban zu befürchten gehabt habe. Es wurde vom Asylwerber daher kein geändertes Fluchtvorbringen ins Treffen geführt.

Wenn der Asylwerber diesbezüglich weiters vorbringt, er habe in der letzten Einvernahme ein Problem mit dem Dolmetscher gehabt, ist ihm entgegenzuhalten, dass er ausdrücklich angab, dass es während dieser Einvernahme keine Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher gegeben habe (arg. "F: hat es während der Einvernahme Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher gegeben? - A: Nein.").

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrags nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Auch die für den Asylwerber maßgebliche Ländersituation ist seit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.02.2018 zur Frage der Zuerkennung von Asyl bzw. subsidiärem Schutz in Hinblick auf Afghanistan im Wesentlichen gleich geblieben. So wie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im gegenständlichen Bescheid ausführte, vermag an dieser Einschätzung auch der von der Rechtsberaterin des Asylwerbers vorgelegte Bericht von Human Rights Watch vom 07.05.2018 nichts zu ändern, da die dem vorliegenden Bescheid zugrunde gelegten Länderberichte, aus zahlreichen verlässlichen, aktuellen und unbedenklichen Quellen stammen.

3.3.3. Prüfung der Verletzung von Rechten nach der EMRK:

Im nunmehr zweiten Asylverfahren bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Abschiebung des Asylwerbers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Länderberichte kann nicht erkannt werden, dass in Afghanistan aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095 mwN); in Afghanistan ist eine Zivilperson aktuell nicht alleine aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt.

Es sind keine erheblichen in der Person des Asylwerbers liegenden neuen Sachverhaltselemente bekannt geworden, wie etwa eine schwere Erkrankung, die eine umfassende Refoulementprüfung für notwendig erscheinen lassen würden. Auch seitens des Asylwerbers wurde kein entsprechendes Vorbringen hiezu erstattet.

Es liegt weiters auch keine Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK vor: Hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung ist anzuführen, dass eine solche nur dann positiv ausfallen kann, wenn ein besonders intensives Familienleben zu Personen in Österreich und/oder ein besonders intensives Privatleben vorliegen und der Asylwerber bereits herausragend integriert ist.

Der Asylwerber hat keine Familienangehörigen im Bundesgebiet.

In Bezug auf das Privatleben des Asylwerbers ist festzuhalten, dass er sich weniger als zwei Jahre in Österreich aufhält.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren keine maßgebende Bedeutung für die Interessenabwägung gemäß Art 8 EMRK zu (vgl. etwa VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055). Weiters ist hervorzuheben, dass der Großteil des Aufenthalts lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist. Das Gewicht einer allenfalls erfolgten Integration im Bundesgebiet ist dadurch somit gemindert (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN). Der Asylwerber spricht nach seinen eigenen Angaben lediglich etwas Deutsch und besuchte Deutschkurse. Auch dem Akteninhalt ist keine besondere Integrationsverfestigung des Asylwerbers, etwa in Form von tiefgreifenden Freundschaften oder ehrenamtlichem Engagement, zu entnehmen. Es kann somit von einem fest verankerten Privatleben in Österreich und einer herausragenden Integration keine Rede sein.

Diesen sehr schwach ausgeprägten Gesichtspunkten einer Integration in Österreich steht auch noch der Umstand gegenüber, dass der Asylwerber mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz zu 20 Hv 11/2017w vom 23.03.2017, rechtskräftig am 28.03.2017, wegen § 27 Abs 2a 2. Fall, § 27 Abs 1 Z 1 2. Fall und § 27 Abs 2 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt wurde.

Eine Verletzung eines schutzwürdigen Privat- und Familienlebens des Asylwerbers im Sinne des Art 8 EMRK liegt demgemäß im gegenständlichen Verfahren nicht vor, womit auch die Voraussetzung des § 12a Abs 2 Z 3 AsylG 2005 erfüllt ist.

Der am 03.05.2018 gestellte Folgeantrag wird daher zurückzuweisen sein.

3.3.4. Rechtmäßigkeit des Verfahrens:

Im Verfahren zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 ist durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl. § 18 AsylG 2005), wobei auch der Grundsatz der Einräumung von rechtlichem Gehör (§ 37 und § 45 Abs 3 AVG) zu beachten ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl führte ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durch. Der Asylwerber erhielt Parteiengehör sowie wurde am 17.05.2018 im Beisein seiner Rechtsberaterin und eines Dolmetschers für die Sprache Dari einvernommen. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl räumte dem Asylwerber die Möglichkeit einer Stellungnahme zu den maßgeblichen Länderfeststellungen zu Afghanistan ein, worauf der Asylwerber jedoch verzichtete (vgl. AS 63, arg. "F: Möchten Sie Einsicht nehmen? - A: Nein. Ich weiß selbst, wie es in Afghanistan zugeht.").

Im Lichte des § 22 BFA-VG hatte keine mündliche Verhandlung stattzufinden.

Da insgesamt die Voraussetzungen des § 12a Abs 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes vorlagen, erfolgte der dazu mündlich verkündete Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2018 rechtmäßig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 9 iVm Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -
Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W123.2195960.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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