TE Bvwg Beschluss 2018/5/24 I415 2148503-2

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Veröffentlicht am 24.05.2018
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Entscheidungsdatum

24.05.2018

Norm

AsylG 2005 §12a Abs2
BFA-VG §22
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I415 2148503-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter in der Verwaltungssache von XXXX (alias XXXX, alias XXXX), geb. XXXX (alias XXXX, XXXX), StA. Algerien, über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.05.2018, Zl. IFA: 561677401 VZ

INT: 180326525 VZ FAS: 180464842, erfolgte Aufhebung des faktischen

Abschiebeschutzes, den Beschluss gefasst:

A)

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. Der Fremde, ein algerischer Staatsbürger, reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte erstmals am 28.07.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Zuge seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, welche noch am selben Tag durchgeführt wurde, gab der Fremde an, den im Spruch genannten Namen zu führen, Staatsangehöriger von Algerien zu sein und Algerien aus wirtschaftlichen Gründen verlassen zu haben.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 02.08.2011 meinte er, dass er wegen der Armut das Land verlassen habe. Weitere Gründe habe er nicht. Im Falle einer Rückkehr fürchte er, dass er auf der Straße leben müsse. Er habe dort nichts mehr.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.08.2011 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 28.07.2011 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß §3 Abs. 1 Asylgesetz abgewiesen und auch der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien gemäß §8 Abs. 1 Asylgesetz abgewiesen. Der Fremde wurde gemäß §10 Abs. 1 Ziffer 2 Asylgesetz aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.02.2012, Zl. B4 420.597-1/2011/4E, abgewiesen.

2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.04.2014, GZ. XXXX wurde der Fremde wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1.2. Fall, 27 Abs. 2 SMG, § 15 StGB §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

3. Am 20.10.2014 stellte der Fremde seinen zweiten Asylantrag, da er Soldat bei der algerischen Armee gewesen und desertiert sei. Er habe jedoch bei seinem ersten Antrag diesen Grund nicht genannt. Dieser Grund sei schon bei seinem ersten Verfahren bekannt gewesen. Er habe Angst wegen Fahnenflucht in Algerien verhaftet zu werden.

Am 25.11.2014 fand eine niederschriftliche Einvernahme durch das BFA statt. Nach seinem Fluchtgrund befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er einen Vertrag mit der algerischen Armee gehabt habe und diese könne man nicht so einfach verlassen. Verlasse man das Land ohne Grund, werde man gesucht und sehr hart bestraft. Er würde jahrelang ins Gefängnis kommen. Er habe das im Erstverfahren nicht angegeben, da er nicht so viel Zeit gehabt habe. Er sei nur sehr schnell gefragt worden und habe nur schnell geantwortet. Die Einvernahme sei ohne Dolmetscher erfolgt. Der Dolmetscher habe nur rückübersetzt, sonst sei alles auf Deutsch gemacht worden.

Mit Bescheid des BFA vom 19.12.2014 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 20.10.2014 gemäß § 68 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Es wurde festgestellt, dass der erste Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mit Bescheid des Bundesasylamts abgewiesen wurde und dass dieser Bescheid in 2. Instanz in Rechtskraft erwuchs. Es habe nicht festgestellt werden können, dass im Vergleich zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Ausweisungsentscheidung zwischenzeitlich eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich neu entstanden sei. Im gegenständlichen Verfahren habe der Fremde keine neuen Fluchtgründe glaubhaft machen können.

4. Am 17.11.2016 stellte der Fremde den dritten Asylantrag. Befragt, gab er an, dass seine alten Gründe nach wie vor aufrecht seien.

Am 01.02.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme durch die belangte Behörde statt. Dabei gab der Fremde an, dass es ihm gut gehe, er jedoch einen Psychiater benötige, da er Alpträume habe. Er sei Algerier, Araber, zu seiner Religion wolle er keine Angaben machen. Er sei von 2003 bis 2005 beim Militär gewesen und danach nach Tunesien geflohen. Dort habe er bis 2011 gearbeitet und sei dann nach Österreich gekommen. In Algerien habe er noch seine Geschwister. Kontakt habe er jedoch keinen. Wirtschaftliche Gründe hätten ihn nicht veranlasst, Algerien zu verlassen. Er sei desertiert und das sei sein Grund. Bei einer Rückkehr fürchte er sich vor einer Haftstrafe. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 03.02.2017 neuerlich wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 08.03.2017, Zl. I407 2148503-1/2E, als unbegründet abgewiesen.

5. Am 04.04.2018 stellte der Fremde seinen nunmehr vierten Antrag auf internationalen Schutz. Bei seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Fremde auf Nachfrage, warum er jetzt einen (neuerlichen) Asylantrag stelle, was sich seit Rechtskraft gegenüber seinem bereits entschiedenen Verfahren in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat verändert habe, Folgendes an:

"Ich habe die gleichen Gründe wie bei meiner zweiten Einvernahme."

Befragt was er bei Rückkehr in seine Heimat befürchte, gab der Fremde an: "Ich habe schon jahrelang keine Papiere mehr. Ich würde in meinem Heimatland Schwierigkeiten bekommen. Ich würde eingesperrt werden."

Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 14.05.2018 hob BFA den faktischen Abschiebeschutz gemäß "§ 12a Abs. 2 AsylG" auf.

Mit Schreiben vom 17.05.2018, eingelangt bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts I415 am 23.05.2018, informierte das BFA das Bundesverwaltungsgericht über die erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und übermittelte zugleich den Verwaltungsakt "zur Überprüfung der Aufhebung".

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

A) 1. Feststellungen

A) 1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Fremden:

Der Fremde ist volljährig und Staatsangehöriger von Algerien. Er gehört der Volksgruppe der Araber an. Er ist Moslem, sunnitischen Glaubens und lebte bzw. arbeitete in Algerien. Er ist ledig und hat keine Kinder. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er leidet an keinen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, insbesondere konnten zum Zeitpunkt der Einvernahme durch das BFA am 14.05.2018 keine psychischen Krankheitssymptome festgestellt werden. Es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Fremden in Österreich.

Im Juli 2011 reiste der Fremde nach Österreich ein. Der Erstantrag des Fremden vom 28.07.2011 wurde mit Bescheid vom 03.08.2011 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 15.02.2012 abgewiesen.

Am 20.10.2014 stellte der Fremde seinen zweiten Asylantrag, da er Soldat bei der algerischen Armee gewesen und desertiert sei. Er habe jedoch bei seinem ersten Antrag diesen Grund nicht genannt. Dieser Grund sei schon bei seinem ersten Verfahren bekannt gewesen. Er habe Angst wegen Fahnenflucht in Algerien verhaftet zu werden. Mit Bescheid des BFA vom 19.12.2014 wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 20.10.2014 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.

Am 17.11.2016 stellte der Fremde den dritten Asylantrag. Befragt, gab er an, dass seine alten Gründe nach wie vor aufrecht seien. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des BFA vom 03.02.2017 neuerlich wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 08.03.2017 als unbegründet abgewiesen.

Am 04.04.2018 stellte der Fremde gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Die Gründe seien dieselben wie beim Zweitverfahren. Die Grundsituation hat sich demnach nicht geändert. Das gesamte Vorbringen des Fremden wurde bereits in den vorangehenden Asylverfahren einer ausreichenden und sorgfältigen Prüfung unterzogen. Das nunmehrige - gleichbleibende - Vorbringen ist ebenfalls nicht geeignet, einen neuen, entscheidungsrelavanten Sachverhalt zu begründen. Es besteht kein glaubhafter Kern. Auch dieser Antrag auf internationalen Schutz wird voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein.

In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Fremden in seinem nunmehr vierten Asylverfahren und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass der Fremde im Fall seiner Rückkehr nach Algerien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 17.04.2014, GZ. XXXX wurde der Fremde wegen §§ 27 Abs. 1 Z 1 1.2. Fall, 27 Abs. 2 SMG, § 15 StGB §§ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, 27 Abs. 3 SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

A) 2. Beweiswürdigung

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Fremden vor diesem und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie in den zu überprüfenden Bescheid.

2.1. Zur Person des Fremden

Die Feststellungen zur Person, seiner Herkunft, der Religionszugehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des Fremden gründen sich auf seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und vor der belangten Behörde sowie aus den rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren.

Das Vorliegen eines geschütztes Familienlebens iSd Art. 8 EMRK ist nicht gegeben und wird vom Fremden auch gar nicht behauptet.

2.2. Zu den Fluchtmotiven des Fremden:

In den rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahren brachte der Fremde vor, seine Heimat Algerien aufgrund der schlechten Wirtschaftslage, der dort herrschenden Armut verlassen zu haben.

Seine drei (Folge-)Anträge auf internationalen Schutz begründete der Fremde damit, dass er Soldat in Algerien gewesen und desertiert wäre. Die Fluchtgründe aus dem zweiten Asylverfahren wären noch vollinhaltlich aufrecht.

Im gegenständlichen Asylverfahren bringt der Beschwerdeführer somit keine neuen Gründe für die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz vor.

Ein Abgleich zwischen den Länderfeststellungen des zweiten Asylverfahrens und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Algerien im gegenständlichen Verfahren ergibt keine Verschlechterung der allgemeinen Situation in Algerien. Eine solche würde auch nicht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechen und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

A) 3. Rechtliche Beurteilung

A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

1. § 12a Abs. 1 und 2 sowie § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, lauten:

"Faktischer Abschiebeschutz bei Folgeanträgen

§ 12a. (1) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) nach einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG gestellt, kommt ihm ein faktischer Abschiebeschutz nicht zu, wenn

1. gegen ihn eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG erlassen wurde,

2. kein Fall des § 19 Abs. 2 BFA-VG vorliegt,

3. im Fall des § 5 eine Zuständigkeit des anderen Staates weiterhin besteht oder dieser die Zuständigkeit weiterhin oder neuerlich anerkennt und sich seit der Entscheidung gemäß § 5 die Umstände im zuständigen anderen Staat im Hinblick auf Art. 3 EMRK nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit maßgeblich verschlechtert haben, und

4. eine Abschiebung unter Berücksichtigung des Art. 8 EMRK (§ 9 Abs. 1 bis 2 BFA-VG) weiterhin zulässig ist.

(2) Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn

1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht,

2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und

3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) ...

Entscheidungen

§ 22. ...

(10) Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakten sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.

...".

2. § 22 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2016, lautet:

"Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes

§ 22. (1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.

(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.

(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden."

A) 3.2. Zur Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes:

1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Fremde einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 Asylgesetz 2005 gestellt hat und dass kein Fall des § 12a Abs. 1 Asylgesetz 2005 vorliegt.

Auch die übrigen Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Z 1 bis 3 Asylgesetz 2005 sind erfüllt:

1.1. So besteht gegen den Fremden in Gestalt des rechtskräftigen Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 15.02.2012 eine Rückkehrentscheidung.

1.2. Weiters wurde mit dem genannten Erkenntnis der Erstantrag des Fremden auf internationalen Schutz rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Somit gibt es dafür, dass dem Fremden im Falle seiner Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, 2003/01/0059), im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt.

Außerdem besteht ganz allgemein in Algerien derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre.

Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Fremden ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Auch führt der Fremde in Österreich kein iSd Art. 8 EMRK geschütztes Familienleben und sein Privatleben weist offenbar keine besonders ausgeprägte Intensität auf.

1.3. Der Folgeantrag des Fremden wird voraussichtlich zurückzuweisen sein, weil - unter Zugrundelegung der unter A) 1.1. getroffenen Feststellungen - keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, jedenfalls wurden keine Tatsachen neu vorgebracht, die zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 2009, 2008/01/0344, mwN).

2. Somit sind die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 Asylgesetz 2005 gegeben, sodass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 14.05.2018 nicht rechtswidrig ist; da § 22 Abs. 10 Asylgesetz 2005 dies ausdrücklich vorsieht, war die vorliegende Entscheidung nicht mit Erkenntnis, sondern mit Beschluss zu treffen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig, Folgeantrag,
individuelle Gefährdung, mangelnder Anknüpfungspunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I415.2148503.2.00

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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