TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/28 W124 2103309-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.2018
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Entscheidungsdatum

28.05.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W124 2103309-1/79E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX , XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 52 und 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der 1. Satz von Spruchpunkt III. wie folgt zu lauten hat:

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt."

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nunmehr BF) reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am XXXX gab der BF an, Moslem zu sein und der Volksgruppe der Paschtunen anzugehören. Er sei traditionell verheiratet und habe drei Söhne, vier Töchter und zwei Pflegekinder.

Befragt zum Fluchtgrund gab der BF an, dass er Afghanistan aufgrund von Problemen mit der Regierung und den Taliban verlassen habe. Er wolle nähere Fluchtgründe zu einem späteren Zeitpunkt angeben.

3. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am XXXX vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr BFA) gab der BF an, sich psychisch und physisch in der Lage zu fühlen, die Einvernahme durchzuführen.

Er gab an, 40 Jahre alt zu sein und legte seinen afghanischen Führerschein vor, welcher zum Akt genommen wurde.

Der BF lebe von der Grundversorgung und besuche keinen Deutschkurs. Er sei nicht Mitglied in einem Verein oder dergleichen. Der BF habe in Afghanistan in XXXX , Distrikt XXXX im Dorf XXXX gelebt. Er sei dort aufgewachsen und gehöre das Haus seiner Mutter. Der BF wisse nicht, wer derzeit das Haus bewohne. Seine Frau und Kinder würden in XXXX bei einem Freund wohnen. Seine Brüder seien verheiratet und würden an verschiedenen Adressen in Afghanistan leben.

Der BF habe in Afghanistan als Verkäufer gearbeitet und hätten auch seine Brüder Geschäfte besessen. Sie hätten Stoff und Damenbekleidung verkauft und habe das Geschäftslokal über 100.000 Dollar gekostet. Das Lokal gehöre dem BF. Seine Familie besitze außerdem das Haus in XXXX und verfüge der BF gemeinsam mit seinen Brüdern über ein Grundstück in seinem Dorf und einen Baugrund im Projekt XXXX .

Der BF habe seit seiner Ausreise keinen Kontakt mehr zu seiner Familie gehabt.

Er habe zwei Jahre lang die Grundschule besucht und danach eine Ausbildung als Verkäufer absolviert. Seine wirtschaftliche Situation sei sehr gut gewesen.

Die Beamten der Nationalen Sicherheit würden nach dem BF suchen. Er habe Afghanistan vor ca. 1,5 Jahren verlassen.

Befragt zu seinem Fluchtgrund gab der BF an, zwei Jahre und zwei Monate im Gefängnis gewesen zu sein. Ein Cousin väterlicherseits namens XXXX sei von der Regierung als Selbstmordattentäter der Taliban festgenommen worden. Er habe seinen Cousin angerufen und jemand habe am Telefon gesagt, dass der Cousin im Krankenhaus sei und der BF dorthin kommen solle. Im Krankenhaus sei der BF von Beamten der Nationalen Sicherheit festgenommen und zum XXXX gebracht worden. Dort sei der BF verhört und von Ausländern gefilmt worden, habe Hand- und Fußfessel getragen, und sei 15 Tage geschlagen und gefoltert worden. Insgesamt habe der BF dort 23 bis 25 Tage verbracht. Er sei auch im Intimbereich gefoltert worden und habe man ihm einen Zahn gebrochen. Danach sei er 4 Monate in Untersuchungshaft gewesen und sei von dort in ein Gefängnis gebracht worden, wo er zwei Jahre und zwei Monate gewesen sei. Es habe zwei Gerichtsprozesse gegeben, nach denen der BF freigesprochen worden sei, da man ihm nichts beweisen habe können. Er sei unter Folter gezwungen worden, die Adresse eines Talib namens XXXX bekanntzugeben, welcher mit dem BF und 17 oder 18 anderen Personen verdächtigt und festgenommen worden sei. Der Talib habe den anderen erzählt, dass der BF die Adresse weitergegeben habe. Der Talib sei auch festgenommen und eingesperrt worden und sei nach seiner Freilassung beim BF zu Hause gewesen und habe nach dem BF gesucht und seine Frau und seinen Sohn geschlagen. Der Talib habe seiner Frau gedroht, den BF zu übergeben, da er sonst alle töten würde. Der Talib sei sehr mächtig und würden dessen Brüder und Cousins für einen Kommandanten namens XXXX arbeiten, welcher in mafiöse Grundstücksgeschäfte verwickelt sei. Der BF habe Angst um sein Leben und habe er zwei oder drei Monate nach seiner Freilassung zur Distriktsbehörde gehen müssen, welche ihm gesagt habe, dass er nun unter Beobachtung stehe.

Befragt gab der BF an, nicht zu wissen, ob der Cousin väterlicherseits, welcher als Lehrer gearbeitet habe, tatsächlich etwas mit einem Selbstmordattentat zu tun gehabt habe. Dieser sei im Gefängnis gefoltert worden und sei an Krebs erkrankt. Auf dem Weg zur Behandlung sei er dann verstorben.

Der Anruf sei am XXXX gewesen. Am XXXX sei der BF freigekommen. Der BF habe zunächst 25 Tage im XXXX , danach 4 Monate in Untersuchungshaft der Nationalen Sicherheit, welche sich neben dem Amtssitz des Gouverneurs in XXXX befinde, aufgehalten. Die zwei Jahre und zwei Monate Haft habe er im Gefängnis XXXX verbracht.

XXXX habe mit einem anderen Cousin väterlicherseits namens XXXX eine Straßenbaufirma betrieben.

Der Talib sei im XXXX zu ihm nach Hause gekommen. Die Beamten der Nationalen Sicherheit seien damals auch zwei Mal zu ihm nach Hause gekommen und hätten nach dem BF gesucht, welcher zu diesen Zeitpunkten aber nicht zu Hause gewesen sei. Der BF wisse nicht, warum die Beamten gekommen seien und hätten diese zu seiner Frau und dem Sohn gesagt, dass sie mit dem BF persönlich sprechen wollten.

Der BF habe kein Urteil oder eine Entlassungsbestätigung des Gefängnisses bekommen, die er vorlegen könnte.

XXXX habe gewusst, dass der BF ihn verraten habe, da die Beamten den BF zu diesem mit nach Hause genommen hätten. XXXX sei auch freigesprochen worden.

Der BF habe XXXX erst ein Jahr nach seiner Freilassung verlassen, da XXXX erst nach ihm freigelassen worden sei und erst dann den anderen erzählt habe, dass der BF der Verräter sei.

Befragt gab der BF an, dass die Beamten den Aufenthalt des XXXX nicht gekannt hätten und den BF deswegen nach der Adresse gefragt hätten. Sie hätten zwar die Mobiltelefone von dessen Neffen abgehört, doch sei die Technik in Afghanistan noch nicht so fortgeschritten, als dass man den Standort der Mobiltelefone abhören könne.

Der BF wisse nicht, welche Ausländer ihn verhört hätten.

Er sei mit einem Kabel, einem Schlauch und mit einem Gewehrkolben geschlagen worden und habe Faustschläge und Fußtritte erhalten. Der BF habe noch Narben am Rücken von den Schlägen mit dem Schlauch und dem Kabel.

Der BF hätte sich nirgends anders in Afghanistan in Sicherheit bringen können.

In Falle eine Rückkehr habe der BF Angst vor den Taliban, welcher er verraten habe.

4. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und 55 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Das BFA stellte fest, dass die Fluchtgründe des BF nicht glaubhaft seien.

5. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die " XXXX " als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

6. Gegen den im Spruch genannten Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

Darin wurde vorgebracht, dass der BF entgegen der Ausführungen der Behörde im Rahmen der Einvernahme eine Anklageschrift vorgelegt habe, welche vom BFA aber nicht entgegengenommen worden sei.

Der BF habe aber keine Dokumente bezüglich seiner Freilassung erhalten, sondern sei er mithilfe eines "Regime-Wallah" und durch Zahlung einer Geldsumme formlos freigelassen worden.

Aufgrund der Ineffizienz und Korruption der Behörde herrsche eine große Undurchsichtigkeit und Willkür ihrer Handlungsweisen und lasse sich der Grund der Inhaftierung nicht auf einen Punkt herunterbrechen. Der Prozess habe in Afghanistan große Aufmerksamkeit der Medien hervorgerufen und lege der BF ein Video mittels beiliegendem USB-Stick vor, welches eine diesbezügliche Nachrichtensendung zeige.

Der Talib sei entgegen der Behörde auch kein berüchtigter Talib gewesen, sondern sei vor allem wohlhabend und Mitglied der XXXX -Partei gewesen, welche dafür bekannt sei, die Taliban zu unterstützen. Dieser sei ca. ein Jahr und vier Monate nach dem BF aus der Haft freigelassen worden. Der BF stehe nach wie vor unter strenger Beobachtung der Regierung.

Dem BF sei der Umzug in einen anderen Teil Afghanistans nicht möglich.

Die Lage in XXXX sei unter Hinweis auf eine ACCORD Anfragebeantwortung äußerst unsicher.

Der BF leide außerdem an psychischen Beschwerden und sei die Lage für Menschen mit psychischen Problemen in Afghanistan sehr schwierig.

7. Die mit der Beschwerde vorgelegten Schriftstücke in Dari wurden durch einen vom Bundesverwaltungsgericht beauftragten Dolmetscher übersetzt.

8. Der BF übermittelte einen klinisch-psychologischen Befundbericht vom XXXX , wonach der BF unter stark ausgeprägten Symptomen einer posttraumatischen Belastungsstörung nach schweren psychischen und physischen Traumata durch Folter und Haft mit klinisch relevanten Symptomen und Flashbacks leide.

9. Mit dem beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX eingelangten Schreiben übermittelte der BF einen psychotherapeutischen Bericht der XXXX , wonach sich der BF in psychotherapeutischer Behandlung befinde. Unter anderem wurde ausgeführt, dass es dem BF schwer falle, soziale Kontakte einzugehen, da er sein grundsätzliches Vertrauen in Menschen verloren habe.

10. Mit Schreiben vom XXXX übermittelte der BF folgende Unterlagen:

-

Entlassungsbeschluss des afghanischen Landesgerichts

-

Bestätigung des ICRC

-

Foto des getöteten Bruders und des Cousins

-

Anzeige

-

medizinische Dokumente (Psychotherapeutischer Befund vom 22.07.2015, Medikamentenliste vom 17.06.2015)

11. Mit Schreiben vom XXXX wurden für den BF weitere medizinische Unterlagen, eine Deutschkursbestätigung und eine Bestätigung der afghanischen Sicherheitsbehörde über die Bedrohung der Taliban gegenüber der Mutter und Ehefrau des BF übermittelt.

12. Mit Schreiben vom XXXX legte der BF weitere ärztliche Bestätigungen vor.

13. Am XXXX erstattete der beauftragte Sachverständige XXXX ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten.

Darin wurde ausgeführt, dass sich beim BF aus psychiatrischer Sicht eine leichtgradige depressive Episode mit somatischem Syndrom finde. Der BF habe seit XXXX eine psychiatrische Symptomatik mit depressiver Stimmungslage, deutlichen Belastungsgefühlen, Antriebsverminderung, negativer Befindlichkeit und vorwiegender Schlafstörung, eine Symptomatik, die auch bei der nunmehrigen Untersuchung fassbar gewesen sei, angegeben. Die Symptomatik werde im Zusammenhang mit der derzeitigen Migrationssituation, einen negativen Asylbescheid im XXXX , vor allem aber der Belastung durch Trennung von der Familie und Sorgen um die in Afghanistan verbliebene Familie angeführt, was im Sinne einer reaktiven Depression zu sehen sei.

Hinweise auf das Vorliegen einer früher bestehenden oder auch derzeit bestehenden sonstigen psychischen Erkrankung fänden sich nicht. Es werde zwar in Vorbefunden ab XXXX auch die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung angeführt, doch habe sich bei der nunmehrigen Untersuchung keine für eine posttraumatische Belastungsstörung spezifische Symptomatik gefunden.

Betreffend der Verhandlungsfähigkeit sei festzuhalten, dass die derzeit fassbare psychiatrische Symptomatik im Rahmen eines leichtgradigen depressiven Syndroms keine Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit, der Konzentrationsleistungen und der Antriebsleistungen in einem Ausmaß beinhalte, dass es dadurch zu einer Einschränkung der Verhandlungsfähigkeit komme. Es sei aus psychiatrischer Sicht die Verhandlungsfähigkeit beim BF anzunehmen.

Betreffend der Einvernahmefähigkeit im Dezember 2014 sei festzuhalten, dass keine Anhaltspunkte fassbar seien, dass eine ausgeprägte psychiatrische Erkrankung zu diesem Zeitpunkt, die die Einvemahmefähigkeit beeinträchtigt hätte, bestanden habe. Es werde die nunmehr fassbare psychiatrische Symptomatik ab März 2015 angeführt. Es fänden sich auch bei genauem Studium des Verhandlungsprotokolls keine Hinweise, dass die Einvernahmefähigkeit durch eine psychische Erkrankung beeinträchtigt gewesen wäre.

Der BF befinde sich in einer nervenärztlichen und auch psychotherapeutischen Behandlung. Er sei medikamentös niedrig dosiert eingestellt, gebe an, dass die Medikamente bisher keine wesentliche Wirkung bzw. Besserung der Symptomatik gebracht hätten. Es wäre eine regelmäßige nervenärztliche Behandlung mit entsprechender ausreichender Einstellung auf eine antidepressive Medikation, wobei vormittags Medikamente mit antidepressiver, stimmungsaufhellender und antriebsfördender Wirkung und am Abend eine antidepressive Medikation mit zusätzlich schlafanstoßender Wirkung empfehlenswert.

Bei einer adäquaten auch entsprechend dosierten antidepressiven Einstellung sei auch weiterhin von einer entsprechenden Einvemahmefähigkeit auszugehen.

14. Am XXXX , XXXX und XXXX wurden weitere medizinische Unterlagen für den BF übermittelt.

15. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des BF, seines damals bevollmächtigten Vertreters und des landeskundlichen Sachverständigen XXXX eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt.

Dabei gab der BF an, an der Verhandlung teilnehmen zu können.

Der BF legte ein Schreiben vor, bei welchem es sich um ein Ansuchen seiner Mutter an das Sicherheitsbüro, in dem sie die Probleme des BF angeführt habe, handeln solle. Dieses Schreiben sei vom Dorfvorsteher, vom Vertreter sowie anderen Dorfältesten bestätigt worden.

Der BF gab an, Paschtune zu sein und dem Stamm der Hotak anzugehören. Er sei Sunnite.

In Afghanistan habe er sein ganzes Leben lang in der Provinz XXXX , Distrikt XXXX im Dorf XXXX gelebt.

In der Nacht, als es zu dem Vorfall gekommen sei, sei der BF bei seiner Schwester gewesen. Er sei dann heimgegangen und habe seine Familie von dort mitgenommen. Sein Vater sei vor ca. 10 bis 12 Jahren verstorben. Zu seiner Familie würden seine Ehefrau und seine sieben Kinder gehören. Der BF verfüge noch über eine Mutter und seine Brüder, wobei die Brüder getrennt von ihm leben würden. Der BF habe auch für seine Neffen gesorgt. Seine Familie halte sich derzeit versteckt in einem Haus seines Freundes in XXXX auf, welches sich auch in der Provinz XXXX befinde.

Der Vater seiner Neffen sei sein Bruder und sei dieser nach seiner Rückkehr aus dem Auslandsaufenthalt verschwunden.

Der BF habe nur wenig Kontakt zu seiner Familie und wisse nicht wie es ihr gehe. Der letzte Kontakt sei vor ca. drei Monaten gewesen und sei es ihnen sehr schlecht gegangen. Sie hätten ein schweres Leben und könnten nicht hinausgehen. Der BF wisse nicht, ob sie noch Geld bei sich hätten und würden sie dort wie Gefangene leben.

Der BF habe in Afghanistan Handel betrieben. Sie hätten Geschäfte und viele Grundstücke gehabt. Der BF habe im Geschäft gearbeitet und habe Frauenkleidung und Stoffe verkauft. Sie hätten zwei Geschäfte in XXXX und drei in XXXX gehabt. Die anderen Geschäfte würden von seinen Brüdern betrieben werden. Das Geschäft des BF werde nun vermietet. Sie seien sechs Brüder gewesen, wobei einer verschwunden sei. Ein Bruder lebe in XXXX , ein anderer in XXXX und zwei in XXXX . Ein Bruder sei getötet worden. Das Geschäftslokal um 100.000,-- Dollar befinde sich in XXXX neben XXXX und sei derzeit vermietet und bekomme der Bruder dafür einen Mietzins von 550.000,-- Afghani im Jahr (D: Entspricht ca. 7.300,-- Euro). Das Wohnhaus des BF befinde sich im Distrikt XXXX im Dorf XXXX und die Geschäftslokale seien in der Stadt Kabul.

Der BF gab an, dass sie aus XXXX Kleidung und Stoffe importiert hätten und diese im Großhandel an andere Geschäftsleute verkauft hätten. Sie hätten auch aus XXXX Waren, die aus China und Korea importiert worden seien, in die Stadt XXXX gebracht und dort im Groß- und Einzelhandel verkauft.

Außerdem würden sie sehr viel Land besitzen, welches an Bauern zur Bewirtschaftung gegeben worden sei und von welchen sie Ernte bekommen hätten. Die Fläche der Grundstücke habe ca. 20 Jirib (D: 20 Jirib sind 40.000 m2) betragen.

Der Baugrund befinde sich in XXXX . Die wirtschaftliche Lage des BF in Afghanistan sei gut gewesen.

Der BF kenne sein Geburtsdatum nicht, weil er Analphabet sei. Der BF habe Afghanistan im Jahr XXXX verlassen, wobei er sich nicht an den genauen Monat erinnere XXXX . Es sei Sommer oder Anfang Herbst gewesen.

Seine Mutter lebe im Heimatdorf bei seinem Bruder.

Seine Frau und Kinder würden nicht bei einem Bruder leben, da die Taliban sie geschlagen hätten. Die Taliban seien damals zum Haus der Frau und Kinder gegangen und hätten sie geschlagen und bedroht.

Der BF habe Beschwerde erhoben, da das BFA ihm nicht geglaubt habe und er nun neue Beweismittel vorgelegt habe.

Der BF sei aus Afghanistan ausgereist, da er Probleme dort gehabt habe. Der Mann sei aus dem Gefängnis freigekommen und habe den BF verfolgt. Leute hätten bei ihm zu Hause nach dem BF gefragt. Seine Frau und sein Sohn seien geschlagen worden, als der BF nicht zu Hause gewesen sei. Wenn sie den BF gefunden hätten, hätten sie ihn getötet.

Sein Cousin, ein Lehrer, habe mit den Taliban zusammengearbeitet und sei deshalb von der Regierung festgenommen worden. Dessen Neffen hätten den BF informiert, dass der Cousin nicht nach Hause gekommen sei und habe der BF sodann den Cousin am Handy angerufen, wo ihn eine Frau informiert habe, dass der Cousin auf der Intensivstation im Krankenhaus XXXX sei. Das Krankenhaus befinde sich in der Stadt XXXX , in XXXX . Der BF sei im Krankenhaus von Sicherheitsbeamten festgenommen worden, da die Neffen des XXXX in das Haus von XXXX nach XXXX geflüchtet seien und man vom BF wissen habe wollen, wo sich dieser Ort befinde. Der BF sei geschlagen und misshandelt worden. Das Telefon der Neffen sei abgehört worden, und habe man gewusst, dass sie in das Haus von XXXX i gehen würden und habe man den BF deswegen dazu aufgefordert, die Beamten dorthin zu bringen.

Befragt, warum die Neffen nicht mit ins Krankenhaus gegangen seien, sondern weitergefahren seien, gab der BF an, dass sie möglicherweise etwas über die Probleme des Onkels gewusst hätten. Die Neffen hätten den BF aussteigen lassen und seien selbst, nachdem er in das Krankenhaus gegangen sei, geflüchtet. Die Neffen hätten zu Hause angerufen und mitgeteilt, dass sie die Nacht bei XXXX in XXXX verbringen würden und hätten dies die Sicherheitsbeamten am Telefon mitgehört.

An diesem Tag habe das Sicherheitspräsidium 17 Personen festgenommen, verhört und geschlagen. Dies habe etwa 12 bis 15 Tage gedauert und seien sie drei bis vier Mal pro Tag und pro Nacht einvernommen worden. Danach sei er 22 Nächte lang mit gefesselten Händen und Füßen eingesperrt worden, anschließend vier Monate lang in Untersuchungshaft gewesen und sei dann in das große Gefängnis in XXXX verlegt worden. Die Sicherheitsbeamten hätten den BF festgenommen, da sie angenommen hätten, dass der BF mit der terroristischen Bande zusammenarbeite. Der BF habe den Beamten gesagt, dass er nichts über die Arbeit seines Cousins mit den Taliban wisse und auch nichts damit zu tun habe. Der BF habe nur sagen könne, dass sein Cousin Lehrer sei und nebenbei Grundstücke kaufe und verkaufe. Der BF sei über einen Zeitraum von 12 bis 15 Tagen einvernommen worden und sei drei bis vier Mal am Tag und in der Nacht mitgenommen und befragt worden. Teilweise seien bei den Einvernahmen auch Ausländer anwesend gewesen, die sie fotografiert hätten. Dem BF seien Namen genannt worden und hätte er über diese Informationen weitergeben sollen. Er habe diese Personen aber nicht gekannt. Nachdem sie den BF sehr viel geschlagen hätten, habe der BF schließlich vorgeschlagen, ihn in den Bazar zu bringen, um ihnen irgendwelche Leute zu zeigen.

Gegen den BF sei Anklage erhoben worden und sei der Fall der Staatsanwaltschaft vorgestellt worden. Der BF habe ca. zwei Jahre im Gefängnis in XXXX verbracht, doch sei ihm die Anklageschrift nicht gezeigt worden. Dem BF sei vorgeworfen worden, mit diesen Personen zusammenzuarbeiten, doch sei er schließlich unschuldig befunden worden.

Die erste Verhandlung habe zehneinhalb bis elf Monate nach seiner Festnahme stattgefunden und sei der BF dabei freigesprochen worden. Insgesamt seien 17 Personen, einschließlich des Cousins, angeklagt gewesen.

Der Cousin sei zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Er sei erkrankt und sei immer wieder im Krankenhaus des Sicherheitsamtes behandelt worden. Schließlich sei es ihm so schlecht gegangen, dass er gegen Bürgschaft freigelassen worden sei und am Weg ins Krankenhaus nach Pakistan verstorben sei.

Der BF habe den Cousin damals am Abend nach dem Abendgebet angerufen am XXXX . Es habe insgesamt zwei Verhandlungstermine gegeben. Beim ersten Termin sei bereits festgestellt worden, dass der BF unschuldig sei und bei der zweiten sei ihm das auch gesagt worden. Das Justizsystem in Afghanistan sei sehr schwierig und dauere es oft ein bis zwei Verhandlungen, bis man freigelassen werde.

Der Staatsanwalt habe ihm vorgeworfen, mit den anderen zusammenzuarbeiten, doch habe es keine Beweise gegeben und glaube der BF auch, dass die anderen befragten Personen nicht bezeugt hätten, mit dem BF zusammenzuarbeiten.

Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan würde der BF von den Taliban getötet werden. Die 16 Personen, die festgenommen worden seien, habe der BF den Sicherheitsorganen verraten und habe XXXX auch allen davon erzählt. Sie hätten dem BF gedroht, dass, wenn sie eines Tages freikämen, den BF und seine ganze Familie zu töten.

Befragt gab der BF an, diese 16 Personen nicht gekannt zu haben und ihre Namen nicht nennen zu können.

Der BF sei 22 Tage lang im XXXX der Sicherheit festgehalten worden. Danach sei er ca. vier Monate in Untersuchungshaft in der Nähe des XXXX gewesen. Danach sei er ins Gefängnis in XXXX verlegt worden. Der BF wisse nicht in welcher Zelle genau sein Cousin untergebracht worden sei.

Befragt gab der BF an, dass ihm weder eine Anklageschrift noch eine Anklage bekanntgegeben worden sei. Der Prozess sei nicht öffentlich gewesen, sondern seien nur die Beschuldigten, der Staatsanwalt, Richter und Anwälte anwesend gewesen. Beim Eingang seien außerdem Polizisten gestanden. Die Angeklagten seien beschuldigt worden, mit den Taliban zusammengearbeitet zu haben. Der BF könne sich an das gegen ihn beantragte Strafausmaß der Staatsanwaltschaft nicht mehr erinnern. Dem BF sei nicht gesagt worden, was ihm vorgeworfen werde.

Der BF habe die anderen Personen nicht gekannt und sie auch nie zuvor gesehen. Sie seien nur gemeinsam zu Gericht gebracht worden. Über den Prozess sei im Fernstehen im In- und Ausland berichtet worden. Es sei berichtet worden, wie viele Personen weshalb festgenommen worden seien und wer diese Leute gewesen seien. Auch der BF sei namentlich genannt worden. Der Freispruch sei nicht mehr öffentlich gezeigt worden und habe der BF über die Berichterstattung auch erst durch seine Besucher im Gefängnis erfahren.

Der BF sei selbst kein Talib gewesen, sondern habe ein Geschäft betrieben.

Der BF wisse nichts Genaueres über die Stellung von XXXX bei den Taliban und wisse auch nicht, wer sein Kommandant gewesen sei. XXXX sei ein großer Kommandant und arbeite mit der Regierung zusammen. Soweit der BF wisse, würden die Brüder und Cousins von XXXX für ihn arbeiten.

Auf Vorhalt vor dem BFA angegeben zu habe, dass XXXX ein sehr mächtiger Mann sei, gab der BF an, dass seine Brüder, seine Cousins und auch er selbst mit XXXX zusammenarbeite und XXXX ein mächtiger und einflussreicher Mann sei, weil er im Parlament arbeite. XXXX sei früher Mitglied der XXXX gewesen. XXXX und XXXX seien dieselbe Person. Der BF wisse nicht genau, wie XXXX mit XXXX zusammengearbeitet habe.

Im Gefängnis seien die Eingänge von Polizisten überwacht worden. Es sei den Gefangen nicht bekannt gewesen, welche Personen für ihren Trakt zuständig gewesen seien. Es gebe dort einen Gefängniskommandanten. Außerdem gebe es dort Sicherheitsbeamte, Polizisten und Soldaten.

Die Geschäfte seiner Brüder würden sich in XXXX , 2. Kreuzung, befinden und würden " XXXX " bzw. " XXXX " heißen. Der BF habe keine Nummer des Geschäfts, weil er mit seinem Bruder nicht telefoniere. Er werde aber versuchen, die Nummer herauszufinden. Zwei weitere Geschäfte seiner Brüder befänden sich in XXXX .

Sein Cousin XXXX habe in Österreich den Status des Asylberechtigten. Dieser sei zeitgleich mit dem BF verhaftet worden und ca. ein Jahr nach ihm freigekommen. Der Vertreter führte diesbezüglich aus, entsprechende Unterlagen vorzulegen.

Der BF legte einen USB-Stick mit den Medienberichten vor.

Ein Bruder des BF namens XXXX sei von diesen Leuten, die zu ihnen gekommen seien und nach dem BF gefragt hätten, getötet worden, weil er mit diesen Leuten diskutiert habe.

Zur ICRC-Karte gab der BF an, dass Leute von den Vereinigten Nationen oder vom Roten Kreuz zum BF in die Untersuchungshaft gekommen seien und seine Daten aufgenommen hätten. Sie hätten gesagt, dem BF helfen zu wollen und im Falle einer Entlassung die Reisekosten in die Heimatprovinzen übernehmen würden.

Das vorgelegte Rezept sei für seine Frau ausgestellt worden, da sie an Kopf- und Gliederschmerzen gelitten habe.

Das vorgelegte Bild zeige XXXX nach seinem Tod. Die andere Person auf dem Bild sei ein Bruder des BF.

Sein Cousin XXXX sei nicht gemeinsam mit dem BF auf der Anklagebank gesessen, da dieser ca. ein Jahr nach der Festnahme des BF festgenommen worden sei. An dem Tag der Festnahme des BF habe sich dieser versteckt.

16. Mit Schreiben vom XXXX übermittelte der BF die vollständige Anklageschrift und einen Gerichtsbeschluss in Kopie sowie die Telefonnummern der Brüder des BF.

17. In weiterer Folge langten beim Bundesverwaltungsgericht eine Deutschkursbestätigung der XXXX vom 24.05.2016 und vom 09.12.2016, eine Teilnahmebestätigung des ÖIF vom 14.06.2016 und 11.01.2017, ein Schreiben einer Deutschlehrerin vom 29.04.2016, eine Bestätigung von " XXXX " vom 09.05.2016 und eine Deutschkursbestätigung vom 02.07.2015, sowie medizinische Unterlagen, einschließlich eines psychologischen Befunds vom 03.02.2017 ein.

18. Am XXXX erstatte der beauftragte landeskundliche Sachverständige

XXXX ein Gutachten zum Vorbringen des BF, in welchem ausgeführt wurde, dass die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft des Staatssicherheitsdienstes von Fachleuten als echt klassifiziert worden sei. Da seine Mitarbeiter im Gericht oder in der Staatsanwaltschaft keine Akteneinsicht nehmen hätten dürfen, könne nicht endgültig bestätigen werden, ob die in dieser Anklageschrift erwähnte Person mit dem Namen XXXX , tatsächlich mit dem BF, XXXX ident sei. In seiner Heimatregion sei der BF XXXX genannt worden und hätten die Leute in seinem Dorf den Nachnamen des BF nicht gekannt.

Die Mitarbeiter des BF hätten im Herkunftsdorf des BF die Informationen erhalten, dass der BF tatsächlich mit der Behörde in Schwierigkeiten geraten sei und auch für einige Zeit in Haft gewesen sei, wobei diesbezüglich die Nachbarn und Dorfältesten von XXXX und die Brüder des BF befragt worden seien. Die meisten Informationen würden jedoch von zwei Brüdern des BF, mit den Namen XXXX und XXXX , stammen.

Diese Brüder würden ein Geschäft in XXXX in der Stadt XXXX betreiben, wo auch der BF beschäftigt gewesen sei. Die Namen der Brüder seien XXXX (inzwischen verstorben), XXXX (Landwirt in XXXX und arbeite auf seinem Grundbesitz), XXXX (er habe ein Geschäft in XXXX , ein Außenbezirk der Stadt XXXX ), XXXX und XXXX (sie hätten ein Geschäft in XXXX in der Stadt XXXX ). Seine beiden letztgenannten Brüder hätten beteuert, dass ein Bruder von ihnen seit längerer Zeit verschollen sei. Die Brüder XXXX und XXXX würden mit der Familie des verstorbenen Bruders im selben Dorf XXXX , wo sich auch das Familienhaus der Familie des BF befinde, leben.

Der BF und seine Frau hätten sieben Kinder, nämlich, drei Söhne und vier Töchter. Die Brüder des BF hätten guten Kontakt zu Frau und Kinder des BF, die seit der Flucht des BF aus Afghanistan bei den Eltern der Frau wohnen würden. Dies entspreche auch der Tradition Afghanistans: Wenn ein Mann für längere Zeit abwesend sei, seien Frau und Kinder bei den Eltern der Frau gut aufgeboben und könnten diese langfristig bei ihren Eltern besser zu Recht kommen, als bei ihren Schwägern.

Aus Sicherheitsgründen hätten sich die Mitarbeiter nicht weiter über die Adresse der Schwiegereltern des BF bei den Brüder informieren können, da diese nicht willig gewesen seien, mit den Mitarbeitern ausführlich zu sprechen.

Die Angaben des BF bezüglich seiner Probleme mit der Behörde in Afghanistan, seien durch seine Brüder und Nachbarn bestätigt worden. Während die Brüder des BF die Angaben des BF zu seinem Fluchtgrund wortwörtlich wiederholt hätten, hätten die Nachbarn nicht bestätigt, aus welchen Gründen der BF genau im Gefängnis gewesen sei. Die Nachbarn hätten aber gewusst, dass der BF mit mehreren Personen in Haft gewesen sei. Laut den Brüdern sei dem BF und seinen Mitgefangenen vorgeworfen worden, bei bestimmten Anschlägen in XXXX beteiligt gewesen zu sein. Der BF sei mit vier anderen Personen aus XXXX , darunter XXXX festgenommen worden. Ob XXXX auch in diesem Zusammenhang festgenommen worden sei, habe nicht herausgefunden werden können. Dieser sei aber auch im Gefängnis gewesen und sei später freigelassen worden.

Laut den Angaben der Brüder seien einige dieser Leute, einschließlich des BF, nach zwei Jahren, nach einem Freispruch des Gerichtes, aus der Haft freigelassen worden.

Dorfbewohner und Sicherheitsorgane hätten bestätigt, dass sie einen Bericht über den Prozess im Fernsehen gesehen hätten, in dem der BF und seine Mitgefangenen vorgekommen wären, wobei nicht sicher sei, ob diese Personen den BF richtig identifiziert hätten.

XXXX sei ebenfalls festgenommen und später freigelassen worden. Dieser sei ein Geschäftspartner der Brüder des BF gewesen und wäre es somit für die Behörde nicht schwer gewesen, diesen ohne Hilfe eines anderen zu finden.

Unter Annahme, dass der BF unter Zwang und Folter der Polizei das Haus von XXXX gezeigt hätte, werde der BF nicht unbedingt von XXXX verfolgt. Seit dem kommunistischen Putsch im Jahre 1978 bis zur Gegenwart, seien hunderttausende Menschen unter Folter und Zwang dazu gebracht worden, Namen von Personen und ihre Adressen zu verraten. Diese Tatsache sei in der afghanischen Gesellschaft seit mehr als 35 Jahren bekannt. Die Personen, die gemeinsam im Gefängnis gewesen seien und gezwungen worden seien, gegeneinander unter Folter auszusagen, würden sich heute als Leidensgenossen sehr gut verstehen und hätten füreinander Verständnis. Darüber hinaus sei XXXX nach den Angaben der Nachbarn des BF keine mächtige Person und würde der BF den Schutz seiner Brüder genießen.

Hätte XXXX tatsächlich eine Feindschaft mit dem BF wegen seiner Festnahme, müsste er aufgrund der Sippenhaft auch die Brüder des BF verfolgen. Wenn der Täter nicht greifbar sei, würden die Brüder, Vater und Kinder ins Visier genommen und verfolgt werden.

Die afghanische Behörde gehe gegen Personen nicht mehr vor, die von drei Gerichtsinstanzen freigesprochen worden seien.

Der BF habe in XXXX in XXXX ca. 20 Jerib = 4 Hektar Grundbesitz. Sie hätten ein gemeinsames Geschäft. Das Eigentum der Familie gehöre 6 Brüdern, einschließlich des BF, und möglicherweise drei Schwestern.

19. Am XXXX erstattete der beauftragte Sachverständige XXXX erneut ein psychiatrisch-neurologisches Gutachten.

Darin wurde ausgeführt, dass sich beim BF aus psychiatrischer Sicht ein Zustand nach depressiver Episode finde. Beim BF sei es seinen Angaben nach und nach entsprechenden Vorbefunden Anfang 2015 nach Erhalt des negativen Asylbescheids zum Auftreten eines depressiven Syndroms mit depressiver Stimmungslage, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, die diagnostisch als reaktive Depression zuzuordnen sei, gekommen. Psychiatrische Vorerkrankungen seien nicht bekannt.

Es sei eine regelmäßige psychiatrische Behandlung, medikamentöse Einstellung und auch psychotherapeutische Behandlung erfolgt, die zu einem Rückgang der Symptomatik geführt habe. Bei der nunmehrigen Untersuchung habe sich ein im Wesentlichen unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund gefunden mit entsprechender normothymer Stimmungslage, entsprechenden Antriebsleistungen, entsprechenden Gedächtnisleistungen, ungestörtem Schlafverhalten sowie entsprechender Konzentrationsfähigkeit. Es werde vom BF eine Beschwerdefreiheit seit Monaten angeführt und auch ein Absetzen der vorher verordnet gewesenen Medikation.

Es sei daher beim BF derzeit aus psychiatrischer Sicht keine psychische Erkrankung fassbar.

In den Vorbefunden werde auch das Symptombild einer posttraumatischen Belastungsstörung erwähnt. Diesbezüglich finde sich bei der nunmehrigen Untersuchung ebenso Beschwerdefreiheit. Es sei zum Untersuchungszeitpunkt keine weitere für eine posttraumatische Belastungsstörung spezifische Symptomatik explorierbar gewesen. Es könne aber im gegenständlichen Fall nicht ausgeschlossen werden, dass eine posttraumatische Belastungsstörung bestanden habe. Der BF habe über bedrohliche Erlebnisse im Rahmen einer Haft mit körperlichen Gewaltanwendungen berichtet, die geeignet wären, eine posttraumatische Belastungsstörung auszulösen, wenn sie in der Form stattgefunden hätten. Er habe auch bei den durchgeführten Behandlungen 2015 und 2016 entsprechender Beschwerdesymptomatik berichtet. Es sei daher nicht auszuschließen, dass eine derartige posttraumatische Belastungsstörung bestanden habe, die sich unter der regelmäßigen nervenärztlichen und auch psychotherapeutischen Behandlung wiederum rückgebildet habe.

Aufgrund des nunmehr wiederum stabilen psychischen Zustandes sei derzeit keine weitere psychiatrische Behandlung indiziert.

Es sei derzeit auch keine medikamentöse Behandlung aufgrund der Beschwerdefreiheit indiziert.

20. Am XXXX langten beim Bundesverwaltungsgericht eine Teilnahmebestätigung des BF zum Modul "Polizei und Sicherheit" vom 14.07.2017 und ein Zeitungsbericht über die XXXX ein.

21. In der am XXXX eingelangten Stellungnahme des nunmehr bevollmächtigten Rechtsvertreters des BF zum Gutachten des Sachverständigen XXXX wurde ausgeführt, dass die vom BF vorgelegten Schriftstücke als echt klassifiziert worden seien und es sich dabei um eine Anklageschrift der Staatsanwaltschaft des Staatssicherheitsdienstes handle.

Die Identität des BF sei bestätigt worden. Zum Zweifel an der Existenz der zwei Pflegekinder werde ausgeführt, dass es sich bei diesen zwei Kindern um die Neffen handle und die nähere Verwandtschaft, somit die Neffen nicht als Pflegekinder angesehen würden.

Die Verschollenheit des einen Bruders werde von zwei Brüdern des BF beteuert und bestätige dies die Aussagen des BF während der Verhandlung.

Die Feststellung, dass sich die Familie des BF bei den Schwiegereltern befinde, sei falsch. Er habe auch bei der Verhandlung angegeben, dass diese versteckt bei einem Freund von ihm lebe.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Rede von Schwiegereltern sei und mache es den Eindruck, dass das Gutachten nicht korrekt sei.

Es sei außerdem nicht nachvollziehbar, warum jemand, der von jemand angezeigt worden sei, nachher mit diesem befreundet sein sollte. Der BF habe in seiner Verhandlung glaubhaft angegeben, dass nach der Entlassung dieser Person, der BF zu Hause aufgesucht worden sei. Da er aber nicht zu Hause gewesen sei, seien die Ehefrau und der Sohn des BF geschlagen worden.

Weiters werde festgehalten, dass es sich um Pashtunen handle und dass diese im Zuge der Pashtunwali auch nach Jahrzehnten Rache ausüben würden, um die Ehre wieder herzustellen.

XXXX werde sich auf jeden Fall rächen und werde hervorgehoben, dass dieser mit XXXX zusammenarbeite, welcher ein mächtiger und einflussreicher Mann und zugleich Parlamentsabgeordneter sei.

Entgegen des Gutachtens sei XXXX kein Geschäftspartner der Brüder des BF gewesen und könne dies von den Brüden bezeugt werden. Der größte Teil der Aussagen des BF sei vom Gutachten bestätigt worden. Ob nun der BF einer Verfolgung ausgesetzt sei oder nicht werde durch den Sachverständigen nur spekuliert und werde vermutet, dass es so sein könnte.

Festzuhalten sei, dass der BF in zwei Instanzen und nicht in drei Instanzen freigesprochen worden sei.

Wären die Brüder des BF dazu in der Lage, so würden sie die Familie des BF schützen und würden diese bei den Brüdern wohnen. Dies sei aber nicht der Fall und lebe die Familie des BF versteckt bei einem Freund des BF. Dies bestätige, dass die Familie des BF einer Verfolgung ausgesetzt sei und sich versteckt halten müsse. Deswegen hätten die Brüder des BF auch die Adresse nicht preisgegeben.

Der BF habe durch seine Inhaftierung einen schlechten Ruf bei den Einheimischen und glaube man ihm nicht, dass er mit den Anschlägen nichts zu tun gehabt habe. Einheimische, die durch Anschläge ihre Angehörigen verloren hätten, würden ebenfalls den BF verfolgen.

Aus all diesen Gründen gehe hervor, dass das Gutachten nicht korrekt sei und dass der BF einer Verfolgung im Sinne der GFK bei einer etwaigen Rückkehr ausgesetzt sein würde und die staatlichen Behörden nicht gewillt seien, ihm entsprechenden Schutz zu gewähren.

22. Für XXXX wurde am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung anberaumt, welcher der BF unentschuldigt fernblieb. Sein anwesender bevollmächtigter Rechtsvertreter gab an, dass sich hinsichtlich der Integration des BF nicht viel geändert habe, weil der BF weiterhin an psychischen Problemen leide und in den Deutschkursen nicht wirklich aufnahmefähig sei. Der psychische Gesundheitszustand des BF habe sich weiterhin verschlechtert. Er habe einen neuen Termin beim Psychiater bzw. Neurologen vereinbart.

Der Vertreter gab außerdem an, dass es sich beim BF um einen Paschtunen handle und denjenigen, den der BF angezeigt hätte und welcher deswegen inhaftiert worden sei, ebenso Paschtune sei. Sohin werde sich dieser im Zuge des Racheaktes der Paschtunwali auf jeden Fall an dem BF rächen. Die Racheakte der Paschtunwali könnten über 100 Jahre andauern.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1 Der 40-jährige BF ist Staatsangehöriger von Afghanistan, reiste illegal nach Österreich ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Er gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist sunnitischer Moslem.

Der BF stammt aus dem Dorf XXXX , Distrikt XXXX in der Provinz XXXX . Seine Frau und sieben Kinder leben bei den Eltern der Ehefrau.

Der BF betrieb Handel mit seinen Brüdern und besitzt ein Geschäft für Stoffe und Damenbekleidung in XXXX , welches derzeit vermietet ist. Der BF hat vier Brüder, welche weitere Geschäftslokale in der Stadt XXXX besitzen. Der BF besitzt außerdem ein Grundstück, welches an Bauern verpachtet wurde und einen Baugrund. Die wirtschaftliche Situation des BF in Afghanistan war seinen Angaben nach gut.

1.2. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA wurde der Antrag des BF abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen.

1.3. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder zu einer sozialen Gruppe von staatlicher Seite oder von privaten Dritten verfolgt wird.

Es wird festgestellt, dass der BF aufgrund des Verdachts einer Zusammenarbeit mit den Taliban von der Nationalen Sicherheit verhaftet und anschließend zwei Jahre in einem Gefängnis untergebracht wurde. Der BF wurde nach zwei Verhandlungen freigesprochen und aus der Haft entlassen.

Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass der BF von den Mitangeklagten oder von den nationalen Behörden aktuell verfolgt wird.

1.4. Dem BF würde bei einer Rückkehr in sein Heimatdorf kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Ihm wäre es jedenfalls auch möglich und zumutbar, sich in der Hauptstadt XXXX niederzulassen. Der BF hat nicht glaubhaft gemacht, dass ihm im Fall einer Rückkehr in die Stadt XXXX ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde oder er Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der BF ist im erwerbsfähigen Alter und männlich. Er hat den Großteil seines Lebens in Afghanistan verbracht, spricht Pashtu und ist mit den kulturellen Traditionen und Gepflogenheiten seines Herkunftsstaates vertraut. Der BF verfügt über ein großes familiäres Netzwerk in der Stadt und Provinz XXXX . Der BF verfügt über Berufserfahrung als Geschäftsmann als auch über materielle Güter in Form eines Wohnhauses und Grundstücken in seinem Heimatdorf und eines Geschäftslokals in XXXX und kann daher, wie bereits vor seiner Ausreise auch, seinen Lebensunterhalt durch Handel und Verpachtung bestreiten. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Heimatdorf als auch in XXXX in der Lage sein wird, sich - sonst auch notfalls mit Hilfstätigkeiten - ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen.

Der BF kann die Stadt XXXX von Österreich aus sicher mit dem Flugzeug erreichen.

1.6. Der BF leidet an einer reaktiven Depression, jedoch ist aus psychiatrischer Sicht keine psychische Erkrankung fassbar. Es ist nicht auszuschließen, dass der BF zwischenzeitlich an einer posttraumatische Belastungsstörung gelitten hat, welche sich jedoch unter regelmäßiger nervenärztlicher und psychotherapeutischer Behandlung rückgebildet hat. Der BF leidet an keiner psychiatrischen Erkrankung, die zu einer Beeinträchtigung der geistigen Leistungsfähigkeit bzw. zu einer Beeinträchtigung der Einvernahmefähigkeit führen würde. Der BF befindet sich in einem psychischen Zustand, der einerseits nunmehr keine weitere psychiatrische Behandlung erfordert und andererseits auch keine medikamentöse Behandlung auf Grund der Beschwerdefreiheit erfordert.

1.7. Der BF verfügt in Österreich über keine Familienangehörigen oder sonstigen intensiven Bindungen. Der BF hat Deutschkurse besucht, jedoch noch kein Deutschzertifikat vorgelegt. Er hat sich bei der XXXX engagiert und ist strafgerichtlich unbescholten.

1.8. Zur Lage in Afghanistan wird Folgendes festgestellt:

Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, 02.03.2017 (letzte Kurzinformation eingefügt am 30.01.2018)

KI vom 21.12.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q4.2017 (betrifft: Abschnitt Sicherheitslage)

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).

Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).

Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017).

Sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.).

Zivilist/innen

Im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des letzten Jahres registrierte die UNAMA zwischen 1.1. und 30.9.2017 8.019 zivile Opfer (2.640 Tote und 5.379 Verletzte). Dies deutet insgesamt einen Rückgang von fast 6% gegenüber dem Vorjahreswert an (UNAMA 10.2017); konkret hat sich die Anzahl getöteter Zivilist/innen um 1% erhöht, während sich die Zahl verletzter Zivilist/innen um 9% verringert hat (UN GASC 20.12.2017).Wenngleich Bodenoffensiven auch weiterhin Hauptursache für zivile Opfer waren - führte der Rückgang der Anzahl von Bodenoffensiven zu einer deutlichen Verringerung von 15% bei zivilen Opfern. Viele Zivilist/innen fielen Selbstmordattentaten, sowie komplexen Angriffen und IEDs zum Opfer - speziell in den Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Kandahar und Faryab (UNAMA 10.2017).

Zivile Opfer, die regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben wurden, sind um 37% zurückgegangen: Von insgesamt 849 waren 228 Tote und 621 Verletzte zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Elementen zugeschrieben werden, um 7%: von den 1.150 zivilen Opfer starben 225, während 895 verletzt wurden. Die restlichen Opfer konnten keiner Tätergruppe zugeschrieben werden (UNAMA 10.2017).

High-profile Angriffe:

Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)

Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017).

Am 19.10.2017 wurde im Rahmen eines landesweit koordinierten Angriffes der Taliban 58 afghanische Sicherheitskräfte getötet: ein militärisches Gelände, eine Polizeistationen und ein militärischer Stützpunkt in Kandahar wären beinahe überrannt worden (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017). Einige Tage vor diesem Angriff töteten ein Selbstmordattentäter und ein Schütze mindestens 41 Menschen, als sie ein Polizeiausbildungszentrum in der Provinzhauptstadt Gardez stürmten (Provinz Paktia) (BBC 21.10.2017). In der Woche davor wurden 14 Offiziere der Militärakademie auf dem Weg nach Hause getötet, als ein Selbstmordattentäter den Minibus in die Luft sprengte in dem sie unterwegs waren (NYT 20.10.2017). Die afghanische Armee und Polizei haben dieses Jahr schwere Verlusten aufgrund der Taliban erlitten (BBC 21.10.2017).

Am 7.11.2017 griffen als Polizisten verkleidete Personen/regierungsfeindliche Kräfte eine Fernsehstation "Shamshad TV" an; dabei wurde mindestens eine Person getötet und zwei Dutzend weitere verletzt. Die afghanischen Spezialkräfte konnten nach drei Stunden Kampf, die Angreifer überwältigen. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Guardian 7.11.2017; vgl. NYT 7.11.2017; UN GASC 20.12.2017).

Bei einem Selbstmordangriff im November 2017 wurden mindestens neun Menschen getötet und einige weitere verletzt; die Versammelten hatten einem Treffen beigewohnt, um den Gouverneur der Provinz Balkh - Atta Noor - zu unterstützen; auch hier bekannte sich der IS zu diesem Selbstmordattentat (Reuters 16.11.2017; vgl. UN GASC 20.12.2017)

Interreligiöse Angriffe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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